OGH 6Ob86/16i

OGH6Ob86/16i30.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt *****, vertreten durch *****, diese vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** A*****, vertreten durch Mag. Nora Huemer-Stolzenburg, Rechtsanwältin in Wien als Verfahrenshelferin, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Mai 2015, GZ 38 R 313/14g‑24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00086.16I.0530.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens (hier die angeblich unzureichende Manuduzierung des unvertretenen Beklagten) kann vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).

2. Im Rahmen des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 3 MRG verantwortet der Mieter auch das Verhalten anderer Personen, die mit seinem Willen den Mietgegenstand benützen. Ihm steht zwar die Einwendung zu, dass es ihm unmöglich sei, Abhilfe zu schaffen; dafür trifft ihn aber nicht nur die Behauptungs- und Beweislast, sondern ist diese auch streng auszulegen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I23 [2015] § 30 MRG Rz 23 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Der im Verfahren erster Instanz unvertretene Beklagte hat sich weder in seinem Vorbringen noch in seiner Aussage darauf berufen, es sei ihm unmöglich gewesen Abhilfe zu schaffen. Er hat zwar darauf verwiesen, über einen längeren Zeitraum in Pakistan gewesen zu sein, währenddessen seine Schwester und ihre Familie die Wohnung bewohnten; er gestand jedoch weiters ein, bereits vor längerer Zeit von Beschwerden der Nachbarn gehört zu haben. Im Übrigen ist der Beklagte seit Jänner 2013 wieder in Wien, nach den Feststellungen der Vorinstanzen dauerte der Lärm in der Wohnung des Beklagten aber bis Oktober 2013 an.

3. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Berechtigung der Aufkündigung wesentlich, ob der Tatbestand zur Zeit der Aufkündigung erfüllt war. Zwar kann eine Einstellung eines dem Mieter zum Vorwurf gemachten Verhaltens nach der Aufkündigung bei der Beurteilung, ob das Gesamtverhalten die Aufkündigung im Einzelfall rechtfertigte, mitberücksichtigt werden (RIS-Justiz RS0070378). Verhaltensänderungen nach Einbringung der Aufkündigung haben aber nur dann Einfluss auf das Schicksal der Aufkündigung, wenn der Schluss zulässig ist, dass die Wiederholung der bisherigen Unzukömmlichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist (RIS-Justiz RS0070340, RS0067534).

Abgesehen davon, dass der Lärm aus der Wohnung des Beklagten auch noch nach Zustellung der Aufkündigung mehrere Wochen anhielt, hat der Beklagte selbst zugestanden, dass seine Schwester und deren Familie zwar die Wohnung verlassen, jedoch noch immer keine eigene Wohnung gefunden haben. Es kann daher keineswegs mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass der Beklagte sie und ihre Familie wieder bei sich aufnehmen könnte.

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