OGH 9ObA55/16b

OGH9ObA55/16b25.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Robert Brunner in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** N*****, vertreten durch Wille Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: 60.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. Februar 2016, GZ 10 Ra 96/15h‑28, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00055.16B.0525.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs‑ oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0106298 [T13] ua). Das ist auch hier nicht der Fall:

Der Kläger wurde von der Beklagten entlassen, weil er bei dem die Entlassung auslösenden Vorfall auf einen Kollegen, den er nicht mochte, in alkoholisiertem Zustand sehr aggressiv losging, ihn beschimpfte, ihn anspucken wollte und ihm mit beiden Händen von hinten einen heftigen Stoß gegen den Rücken versetzte, wodurch dieser auf dem Gehsteig fast zu Sturz gekommen wäre. Bereits in den Monaten davor hatte er den Kollegen wiederholt massiv beschimpft, ihn ins Gesicht zu schlagen versucht und mit einer brennenden Zigarette nach ihm geworfen. Die Vorinstanzen sahen hier den Tatbestand des § 45 Abs 2 Z 2 VBO als verwirklicht an.

Selbst wenn – wie der Kläger in seiner außerordentlichen Revision meint – die Beklagte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht verhalten gewesen wäre, Maßnahmen gegen das ihr bekannte Spannungsverhältnis zu seinem Kollegen zu setzen, wären Beschimpfungen und Tätlichkeiten im hier vorliegenden Ausmaß nicht zu rechtfertigen. Dass ein Arbeitnehmer vor dem Ausspruch der Entlassung der Ernst der Lage bewusst gemacht werden müsste, ist nicht erforderlich, wenn die Verletzung der Verpflichtungen offensichtlich ist (RIS‑Justiz RS0060643 [T10]). Der Entscheidung 9 ObA 230/02t, auf die der Kläger verweist, lag ein anderer Sachverhalt zugrunde (dort: vom Kollegen als Spaß empfundene Auseinandersetzung mit unmittelbarer Versöhnung). Ein Korrekturbedarf zur Beurteilung der Vorinstanzen besteht nicht.

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