OGH 1Ob242/15t

OGH1Ob242/15t28.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** E*****, 2. Mag. arch. I***** E*****, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Felix Jurak, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde *****, vertreten durch Mag. Ingomar Arnez, Mag. Klaus R. Nagele, Rechtsanwälte in Villach, wegen 5.481,95 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt am Wörthersee als Berufungsgericht vom 30. Juli 2015, GZ 2 R 185/15f‑18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 21. Mai 2015, GZ 16 C 2010/14i‑14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00242.15T.0428.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisonsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Begründung

Die beklagte Gemeinde ließ in den Jahren 1987 und 1988 Maßnahmen zur Wildbachverbauung durchführen, wobei mit dem Einverständnis des damaligen Grundbesitzers der nunmehr im Eigentum der Kläger stehende Güterweg zum Transport von Material benützt wurde. Nachdem es wegen Starkregens zu einem Abrutschen des Weges gekommen war, wurde zu dessen Abstützung eine Krainerwand aus Holzschwellen errichtet, wobei das Material vom damaligen Grundeigentümer zur Verfügung gestellt wurde und die Arbeiten durch die „Wildbachverbauung“ des Landes erfolgten.

Die Kläger begehrten, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen die Kosten für die Sanierung der Krainerwand zu ersetzen. Diese falle als Schutzbau in deren Erhaltungspflicht als Interessentin der Wildbachverbauung.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Klage durch das Erstgericht. Zwar sei die Zufahrt über den Güterweg erforderlich gewesen, um die Wildbachverbauung abzuschließen. Die Krainerwand stehe aber mit den hochwasserschutzbaulichen Maßnahmen in keinem Zusammenhang und gehöre daher auch nicht zu den Werken im Sinne des § 18 Wildbachverbauungsgesetz. Ihre Erhaltung obliege den Klägern als deren Eigentümer. Die Revision ließ das Berufungsgericht über Antrag der Kläger gemäß § 508 ZPO zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

1. Mit dem von ihnen herangezogenen Revisionsgrund der Nichtigkeit (§ 477 Abs 1 Z 9 iVm § 503 Abs 1 Z 1 ZPO) sprechen die Kläger in Wahrheit allein materielle Rechtsfragen an.

2.1

Die Eindämmung der Lawinen- und Wildbachgefahr ist das Ziel verschiedener Gesetze. Neben dem Forstgesetz enthalten das Wasserrechtsgesetz, das Wasserschutzförderungsgesetz und das Gesetz betreffend Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern, RGBl 1884/117 idF BGBl 1959/54 (WildbachverbauungsG) derartige Bestimmungen (1 Ob 197/08i; Kalss, Forstrecht, 97 f). Nach § 1 WildbachverbauungsG sind bei der Anordnung und Durchführung der Vorkehrungen zur tunlichst unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern oder zur Verhinderung der Entstehung oder des schädlichen Abganges bestimmter Lawinen die Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes und des Forstgesetzes insofern anzuwenden, als nicht im WildbachverbauungsG selbst eine abweichende Bestimmung enthalten ist. Dieses Gesetz sieht die Durchführung der in ihm geregelten Vorkehrungen durch „Unternehmer“ vor. Dies können nach seinem § 9 die Staatsverwaltung, beteiligte Länder, Bezirke, Gemeinden oder andere Interessenten einzeln oder in Gemeinschaft sein. Nach § 18 WildbachverbauungsG sind die mit der Ausführung des Unternehmens verbundenen Kosten von den Unternehmern zu tragen, denen auch die Kosten für die fernere Erhaltung des Werks obliegen, falls die Erhaltungspflicht nicht in anderer Weise geregelt wird. Die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes über eine etwaige Heranziehung Anderer zu Beiträgen für die Erhaltung des Werks bleiben dadurch unberührt.

2.2 Die Revisionswerber meinen, die zur Abstützung des Güterwegs errichtete Krainerwand sei als Maßnahme zur möglichst unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern dem WildbachverbauungsG zu unterstellen und falle daher gemäß dessen § 18 in die Erhaltungspflicht der beklagten Gemeinde als „Unternehmerin“ im Sinne dieses Gesetzes. Der damit angesprochenen Auslegungsfrage kommt ungeachtet dessen, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu (hier:) einer Norm des Verwaltungsrechts fehlt aber stets dann keine Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO zu, wenn bereits nach dem Wortlaut ein eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann (vgl nur RIS‑Justiz RS0042656 [T32]).

2.3 Das Gebiet, auf das sich die Schutzvorkehrungen erstrecken, wird nach § 1 Abs 1 WildbachverbauungsG als Arbeitsfeld (Perimeter, Verbauungsgebiet) definiert und umfasst neben den Gerinnen oder Lawinenstrichen jene Parzellen des Sammelbeckens, die Vorsorge ‑ hier von Relevanz ‑ hinsichtlich der Ansammlung oder des Abflusses des Wassers erfordern. Welche Bauten und Vorkehrungen innerhalb dieses Bereiches angeordnet werden können, regelt § 2 dieses Gesetzes. Dass diese Anordnungen bloß demonstrativ (arg: insbesondere) genannt sind, vermag hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schon deshalb keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu begründen, weil der Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls klarstellt, dass es sich um Vorkehrungen zur Sicherung einer unschädlichen Ableitung des Gebirgswassers handeln muss. Demgegenüber stellt die in Rede stehende Krainerwand eine Sicherungsmaßnahme gegen ein Abrutschen des nunmehr im Eigentum der Kläger stehenden Güterwegs und damit zweifellos nicht eine Vorkehrung dar, die in einem Gerinne oder Sammelbecken (Arbeitsfeld) zur unschädlichen Ableitung eines Gebirgsgewässers erforderlich war, mag der Weg auch zum Erreichen der Wildbachverbauung erforderlich gewesen sein (vgl dazu § 3 WildbachverbauungsG). Dass die Krainerwand in einem solchen Bereich (Arbeitsfeld) situiert wäre, lässt sich auch aus dem Sachvorbringen der Kläger nicht entnehmen. Kommt schon nach der örtlichen Lage eine Qualifikation der hier in Rede stehenden Krainerwand als Vorkehrung im Sinne des § 1 WildbachverbauungsG nicht in Betracht, erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der von den Klägern aufgeworfenen Frage, ob diese einem Flechtzaun, wie er in § 2 beispielsweise genannt ist, gleichgehalten werden kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob Ursache für das Abrutschen des Weges allenfalls ein Starkregen war, weil auch dieser Umstand entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung keine Qualifikation der Wegabstützung als Vorkehrung im dargestellten Sinn nach sich zieht.

3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

4. Die Revisionsbeantwortung der beklagten Gemeinde ist verspätet:

Gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO ist die Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht einzubringen, wenn dieses ‑ wie hier ‑ dem Revisionsgegner nach § 508 Abs 5 ZPO freigestellt hat, eine Revisionsbeantwortung einzubringen. Die Mitteilung des Berufungsgerichts, dass der beklagten Gemeinde die Beantwortung der Revision freigestellt werde (§ 507a Abs 2 Z 2 ZPO) wurde dem Beklagtenvertreter am 28. 10. 2015 zugestellt. Die irrtümlich zunächst beim Erstgericht eingebrachte Revisionsbeantwortung langte beim Berufungsgericht am 27. 11. 2015 ein. Die somit erst nach Fristende (das war der 25. 11. 2015) beim Berufungsgericht eingelangte Revisionsbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen (1 Ob 221/13a ua).

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