OGH 10ObS22/16g

OGH10ObS22/16g15.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Johann Schneller (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. M*****, vertreten durch Mag. Gerhard Eigner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei ***** Gebietskrankenkasse, *****, vertreten durch Mag. Andreas Nösterer, Rechtsanwalt in Pregarten, wegen Wochengeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. November 2015, GZ 11 Rs 117/15b‑15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 8. Juli 2015, GZ 19 Cgs 117/15x‑6 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. August 2015, GZ 19 Cgs 117/15x‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00022.16G.0315.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin beantragte am 23. 7. 2014 die Zahlung von Wochengeld bei der beklagten Gebietskrankenkasse. Als voraussichtlicher Geburtstermin wurde der 9. 10. 2014 fachärztlich bestätigt. Der sich daraus errechnende Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft am 14. 8. 2014 ist im Verfahren zwischen den Parteien nicht strittig. Ebenso unstrittig ist die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 122 Abs 3 erster Satz ASVG erfüllt. Strittig ist ‑ auch im Revisionsverfahren ‑ die Auslegung der Bestimmung des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG und die damit verbundene Frage, welcher Beobachtungszeitraum für die Berechnung des Anspruchs der Klägerin auf Wochengeld im konkreten Fall heranzuziehen ist: Dezember 2013 bis Februar 2014 (Standpunkt der Klägerin) oder März 2014 bis Mai 2014 (Standpunkt der Beklagten).

Die Klägerin war vom 14. 2. 2006 bis 28. 9. 2012 als Dienstnehmerin bei der L***** beschäftigt. Aus Anlass der Geburt eines Sohnes erhielt die Klägerin vom 29. 9. 2012 bis 23. 1. 2013 Wochengeld. Im Anschluss daran bezog die Klägerin bis einschließlich 27. 11. 2013 Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens. Ab 28. 11. 2013 war die Klägerin bis 10. 3. 2014 wiederum bei der L***** beschäftigt. Die Nettoeinkünfte der Klägerin betrugen für den Zeitraum 1. 3. 2014 bis 10. 3. 2014 641,44 EUR.

Im Anschluss an dieses Dienstverhältnis war die Klägerin vom 1. 3. 2014 bis 31. 5. 2014 Dienstnehmerin des R*****. Sie erzielte für den gesamten Zeitraum dieser Tätigkeit einen Nettoarbeitsverdienst von 3.792,06 EUR und erwarb einen Anspruch auf Sonderzahlungen in Höhe von zwei Monatsbezügen. Die Pflichtversicherung der Klägerin endete am 31. 5. 2014.

Mit Bescheid vom 16. 4. 2015 sprach die Beklagte der Klägerin über deren Antrag vom 23. 7. 2014 ab 14. 8. 2014 ein tägliches Wochengeld in Höhe von 56,38 EUR zu. Die Beklagte legte der Berechnung des Wochengeldes die Verdienste der Klägerin im Zeitraum 1. 3. 2014 bis 31. 5. 2014 zugrunde, weil vom Ende der Pflichtversicherung mit diesem Tag auszugehen sei.

Mit der gegen diesen Bescheid rechtzeitig beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin den Zuspruch von Wochengeld im gesetzlichen Ausmaß ab 14. 8. 2014, berechnet nach dem Verdienst im Zeitraum von 1. 12. 2013 bis 28. 2. 2014. § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG lasse offen, auf welches Dienstverhältnis bzw welche Pflichtversicherung abzustellen sei. Der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls falle auf den 2. 1. 2014. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin bei der L***** beschäftigt gewesen. Dieses Dienstverhältnis habe am 10. 3. 2014 geendet. Für die Berechnung des Wochengeldes sei daher, weil das für die Klägerin günstiger sei, auf das Ende dieses ‑ den Anspruch der Klägerin begründenden ‑ Dienstverhältnisses abzustellen, woraus sich der Beobachtungszeitraum von Dezember 2013 bis Februar 2014 ergebe.

Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass § 122 Abs 3 ASVG normiere, ob überhaupt ein Anspruch auf Wochengeld besteht. § 162 Abs 3 ASVG regle hingegen die Höhe des Wochengeldes. Diese Regelung ordne aber nicht an, dass bei einem Günstigkeitsvergleich auf das Dienstverhältnis abzustellen sei, das den Anspruch begründet habe. § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG spreche bloß vom „Ende der Pflichtversicherung“ bzw dem „Ende des Dienstverhältnisses“ ohne zu spezifizieren, dass damit eine bestimmte Pflichtversicherung gemeint sein müsse. Das Wochengeld habe eine Einkommensersatzfunktion und sei vom letzten Einkommen vor dem Ende der Pflichtversicherung zu berechnen. Für die Berechnung des Wochengeldes seien im konkreten Fall daher die letzten drei Kalendermonate vor dem Ende der Pflichtversicherung bzw dem Ende des letzten Dienstverhältnisses der Klägerin am 31. 5. 2014 heranzuziehen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin ab 14. 8. 2014 Wochengeld im gesetzlichen Ausmaß, berechnet nach dem Verdienst im Zeitraum vom (berichtigt) 1. 3. 2014 bis 31. 5. 2014 zu. Der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls falle in den Bestand der Pflichtversicherung, weil die Klägerin am 2. 1. 2014 als Dienstnehmerin beschäftigt gewesen sei. Gemäß § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG bemesse sich die Höhe des Wochengeldes nach den letzten drei Monaten vor dem Ende der Pflichtversicherung, weil dies für die Klägerin im konkreten Fall günstiger sei. Aus § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG ergebe sich nicht, dass bei der Berechnung auf eine bestimmte Pflichtversicherung abzustellen sei. Für die Berechnung des Wochengeldes seien daher die Monate März, April und Mai 2014 heranzuziehen.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung mit der Maßgabe nicht Folge, dass es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin ab 14. 8. 2014 für die gesetzliche Bezugsdauer ein tägliches Wochengeld von 56,38 EUR zu zahlen. Der von der Klägerin vertretene Rechtsstandpunkt finde in § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG keine Deckung. Der Wortlaut dieser Regelung sei mehrdeutig, weil danach sowohl auf das Ende jenes Dienstverhältnisses abgestellt werden könne, das zu Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls bestanden habe, als auch auf das Ende des letzten Dienstverhältnisses vor Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft. Während aber § 122 ASVG lediglich normiere, ob überhaupt ein Anspruch auf Wochengeld bestehe, regle § 162 Abs 3 ASVG die Höhe des Anspruchs auf Wochengeld. § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG spreche trotz des vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Zwecks, unbeabsichtigte Härten für Versicherte zu vermeiden, lediglich vom „Ende der Pflichtversicherung“ bzw „Ende des Dienstverhältnisses“ ohne zu spezifizieren, ob damit das zu Beginn der Schwangerschaft (Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls) bestehende Dienstverhältnis gemeint sei. Auch eine teleologische Auslegung des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG führe nicht zu dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis: Das Wochengeld diene dem Einkommensersatz. Nach dem anzuwendenden Durchschnittsprinzip könne dies dazu führen, dass die Versicherte trotz Wochengeldanspruchs einen Verdienstentfall erleide. Gerade aufgrund der Einkommensersatzfunktion des Wochengeldes sei es geboten, auch in den sogenannten Schutzfristfällen nach § 122 Abs 3 ASVG auf das Ende des letzten Dienstverhältnisses vor Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft abzustellen, wenn die Versicherte während der Schwangerschaft teils neben‑ teils nacheinander mehrere Beschäftigungsverhältnisse gehabt habe. Zu Recht habe das Erstgericht daher den Beobachtungszeitraum 1. 3. 2014 - 31. 5. 2014 herangezogen. Da § 89 Abs 2 ASGG im konkreten Fall nicht anwendbar sei, sei der Klägerin das Wochengeld, dessen Berechnung durch die Beklagte im Verfahren insofern nicht strittig sei, in ziffernmäßig bestimmter Höhe zuzuerkennen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Auslegung des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG bei unmittelbar aufeinanderfolgenden bzw sich teilweise überschneidenden Dienstverhältnissen fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie den Zuspruch von Wochengeld im gesetzlichen Ausmaß, berechnet nach dem von ihr im Zeitraum 1. 12. 2013 bis 28. 2. 2014 erzielten Verdienst anstrebt.

Die Beklagte beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Klägerin hält auch in der Revision an ihrem Standpunkt fest, dass § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG ausdrücklich Bezug auf § 122 Abs 3 ASVG nehme und sich daher nur auf die in § 122 Abs 3 erster Satz ASVG angeführte Pflichtversicherung beziehen könne. Wäre die Klägerin bei Beginn der 32. Woche nicht bei der L***** beschäftigt gewesen, hätte sie gar keinen Anspruch auf Wochengeld gehabt. Es könne nicht dieses Dienstverhältnis für die Begründung des Anspruchs maßgeblich sein, für die Berechnung der Höhe hingegen eine andere Pflichtversicherung.

Diesen Ausführungen kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

1.  Die Mutterschaft stellt in der Krankenversicherung einen selbständigen Versicherungsfall dar (§ 116 Abs 1 Z 2 dritter Fall ASVG), dessen Eintritt ‑ hier unstrittig der 14. 8. 2014 ‑ § 120 Z 3 ASVG regelt. Aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft gebührt weiblichen Versicherten die Geldleistung Wochengeld (§ 117 Z 4 lit d iVm §§ 162 ff ASVG), um den durch die Mutterschaft entstehenden Einkommensausfall auszugleichen. Das Wochengeld dient dem Einkommensersatz (10 ObS 33/11t, SSV‑NF 25/38 ua). Es bietet daher ‑ anders als andere sozialversicherungsrechtliche Leistungen ‑ gemäß § 162 Abs 3 ASVG grundsätzlich vollen Ersatz des Arbeitsverdienstes ( Drs in SV‑Komm [29. Lfg] § 162 ASVG Rz 2 mwH). Der Gesetzgeber entschied sich allerdings ‑ worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat ‑ dabei für das Durchschnittsprinzip, das vergangene Werte berücksichtigt, und nicht für das ‑ zukünftige Entwicklungen in Rechnung stellende ‑ Ausfallsprinzip (RIS‑Justiz RS0117195). Dies kann dazu führen, dass die Versicherte trotz Wochengeldanspruchs einen Verdienstentfall erleidet (etwa im Fall einer längeren als vom Gesetz vorgesehenen Unterbrechung der Arbeitstätigkeit infolge Urlaubs ohne Entgeltzahlung, 10 ObS 445/89, SSV‑NF 4/19; vgl auch 10 ObS 85/87, SSV‑NF 1/38).

2.1  § 122 ASVG regelt die Anspruchsberechtigung auf Leistungen aus der Krankenversicherung während der Dauer der Versicherung und nach dem Ausscheiden aus der Versicherung. Nach § 122 Abs 3 ASVG sind über die Bestimmungen des § 122 Abs 2 ASVG hinaus die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch dann zu gewähren, wenn der Versicherungsfall nach dem Ende der Pflichtversicherung eintritt und der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls in den Zeitraum des Bestands der beendeten Pflichtversicherung fällt, welche mindestens 13 Wochen bzw drei Kalendermonate ununterbrochen gedauert haben muss. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Anlassfall nicht strittig. Die Erweiterung des Wochengeldanspruchs gemäß § 122 Abs 3 ASVG auf Mütter, die (ungefähr) zu Beginn der Schwangerschaft krankenversichert waren, dient vor allem familienpolitischen Zielsetzungen (vgl die Materialien zur Schaffung dieser Bestimmung mit dem Karenzurlaubserweiterungsgesetz, BGBl 1990/408, AB 1410 BlgNR 17. GP  4). Es soll dadurch der Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch bei Ausscheiden der Dienstnehmerin aus dem Dienstverhältnis während der Schwangerschaft aufrechterhalten werden, sofern die Schwangerschaft (ungefähr ‑ vgl 10 ObS 59/14w) während des Bestehens der Pflichtversicherung eingetreten ist, und zwar unabhängig davon, wann die Pflichtversicherung endet (10 ObS 133/06s, SSV‑NF 20/69; 10 ObS 189/06a).

2.2  Die Höhe und das Ausmaß des Anspruchs auf Wochengeld regeln hingegen die §§ 162 ff ASVG.

2.2.1 Nach der Grundregel des § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG wird das Wochengeld in der Höhe des Durchschnittsnettoeinkommens der letzten 13 Wochen oder ‑ bei Versicherten mit monatlicher Bemessung oder Abrechnung des Entgelts, vgl § 1154 Abs 2 ABGB, § 15 iVm § 40 AngG ‑ der letzten drei Kalendermonate vor Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft pro Kalendertag (10 ObS 85/87, SSV‑NF 1/38) gewährt. Der Beobachtungs‑ oder Durchrechnungszeitraum beginnt daher grundsätzlich acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung (10 ObS 395/02i, SSV‑NF 17/8; RIS‑Justiz RS0084105). Der Monat, in dem der Versicherungsfall eintritt, ist nicht in den dreimonatigen Beobachtungszeitraum einzubeziehen (ausgenommen sind die hier nicht zu beurteilenden Fälle, in denen nur in diesem Monat ein Arbeitsverdienst erzielt wurde, vgl Drs in SV‑Komm § 162 ASVG Rz 60 mwH).

2.2.2 Alternativ zur dargestellten Grundregel des § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG sieht § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG in den Schutzfristfällen des § 122 Abs 3 Satz 1 ASVG zwei weitere (10 ObS 193/91, SSV‑NF 5/95; von einer zusätzlichen Alternative der Bemessung spricht Binder , Wochengeld bei kurz aufeinander folgenden Schwangerschaften? DRdA 2008/9, 135 [139]) Möglichkeiten für die Berechnung der Höhe des Wochengeldes vor. Danach ist in diesen Fällen für die Berechnung der Höhe des Wochengeldes maßgeblich der Zeitraum der letzten 13 Wochen oder drei Kalendermonate entweder

a) vor dem Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft (§ 162 Abs 3 Satz 1 ASVG), oder

b) vor dem Ende der Pflichtversicherung (zB bei Bezug von Kinderbetreuungsgeld; bei Verlängerung der Pflichtversicherung über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus durch Zahlung einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt, § 10 UrlG, § 11 Abs 2 Satz 2 ASVG), oder

c) vor dem Ende des Dienstverhältnisses.

Unter diesen drei möglichen Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Höhe des Wochengeldes ist die für die Versicherte jeweils günstigste heranzuziehen (10 ObS 133/06s, SSV‑NF 20/69; 10 ObS 189/06a).

2.3 § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG wurde ebenso wie § 122 Abs 3 ASVG im Rahmen der bereits dargestellten Erweiterung des Wochengeldanspruchs mit dem Karenzurlaubserweiterungsgesetz geschaffen und erhielt seine heutige Gestalt ohne weitere inhaltliche Änderungen mit der 50. ASVG‑Novelle, BGBl 1991/676 (vgl dazu ErläutRV 284 BlgNR 18. GP  32). Mit der Schaffung des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG erweiterte der Gesetzgeber für die Schutzfristfälle des § 122 Abs 3 ASVG die bis dahin geregelte Berechnung der Höhe des Wochengeldanspruchs um die dargestellten beiden weiteren Alternativen zu Gunsten der Versicherten. Er veränderte damit aber nicht das bis heute bestehende System, wonach § 122 ASVG die Anspruchsberechtigung, die §§ 162 ff ASVG hingegen die Berechnung der Höhe des Anspruchs regeln. Für die Auslegung des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG ist darüber hinaus zu beachten, dass diese Bestimmung nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern nur gemeinsam mit dem Grundmodell der Berechnung des Anspruchs auf Wochengeld in § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG, das sie lediglich ergänzt.

3.1 Der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, dass der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls auf einen Zeitpunkt fällt, in dem sie noch Dienstnehmerin der L***** war, begründet daher ‑ wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben ‑ lediglich ihre Anspruchsberechtigung auf den Bezug von Wochengeld gemäß § 122 Abs 3 ASVG. Daraus lässt sich entgegen der Rechtsansicht der Klägerin aber keine Schlussfolgerung über die Berechnung der Höhe ihres Anspruchs ziehen, die gemäß § 162 Abs 3 ASVG zu erfolgen hat.

3.2 Für die von der Klägerin vertretene Ansicht, dass es in ihrem Fall für die Berechnung des Wochengeldanspruchs auf das Ende jenes Dienstverhältnisses ankomme, in das der Beginn der 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls falle, bietet auch § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG weder nach dem Wortlaut noch nach seiner Systematik eine Grundlage. Diese Bestimmung lautet:

„In den Fällen des § 122 Abs 3 erster Satz sind, wenn dies für die Versicherte günstiger ist, für die Ermittlung der Höhe des Wochengeldes nicht die letzten 13 Wochen bzw drei Kalendermonate vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft heranzuziehen, sondern die letzten 13 Wochen bzw drei Kalendermonate vor dem Ende der Pflichtversicherung oder vor dem Ende des Dienstverhältnisses.“

3.2.1 Der von der Klägerin gewünschten Auslegung steht vor allem, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, die Einkommensersatzfunktion des Wochengeldes entgegen. Das Wochengeld gebührt nach der Konzeption des Gesetzgebers gerade für Zeiten des generellen und individuellen Beschäftigungsverbots (§ 3 Abs 1 und 3, § 5 MSchG) und soll ‑ möglichst nahtlos an das bis zum Beginn des Beschäftigungsverbots bezahlte Entgelt aus dem Dienstverhältnis anschließend ‑ den Einkommensausfall der Versicherten ausgleichen. Gleichzeitig mit dem Beginn des Wochengeldanspruchs wird der Dienstgeber von der Entgeltfortzahlungspflicht befreit (§ 14 Abs 3 MSchG), womit auch die Pflichtversicherung endet (§ 11 Abs 1 ASVG; Drs in SV‑Komm § 162 ASVG Rz 21). Auch bei mehreren, aufeinander folgenden oder einander überschneidenden Dienstverhältnissen innerhalb des Beobachtungszeitraums ist nach dieser gesetzgeberischen Absicht daher auf das Ende des letzten dieser Dienstverhältnisse ‑ das regelmäßig auch mit dem ebenfalls in § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG genannten Ende der Pflichtversicherung zusammenfallen wird ‑ abzustellen.

3.2.2 § 162 Abs 3 ASVG stellt generell für die Berechnung des Wochengeldanspruchs nicht auf ein oder mehrere Dienstverhältnisse, sondern auf einen Beobachtungszeitraum und den ‑ gesamten ‑ in ihm erzielten Verdienst ab (RIS‑Justiz RS0084112). Für die Berücksichtigung als Arbeitsverdienst iSd § 162 Abs 3 ASVG kommt es maßgeblich auf das Vorliegen einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG an (10 ObS 197/03y, SSV‑NF 18/53). Weder § 162 Abs 3 Satz 1 noch Abs 3 letzter Satz ASVG unterscheiden danach, ob der im Beobachtungszeitraum erzielte Arbeitsverdienst bei Vorliegen einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG nur in einem oder in mehreren Beschäftigungsverhältnissen erzielt wurde (Teschner/Widlar/Pöltner, MGA‑ASVG, 119. Erg.‑Lfg, § 162 Anm 6, 7c; Drs in SV‑Komm § 162 ASVG Rz 56).

3.2.3 Schließlich ist für die Auslegung des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG, wie bereits ausgeführt, zu beachten, dass immer der im gesamten Beobachtungszeitraum erzielte durchschnittliche Arbeitsverdienst der Versicherten in die Berechnung des Wochengeldes einfließt (10 ObS 179/10m, SSV‑NF 25/4 ua). Dies hat gerade auch im Fall mehrerer im Beobachtungszeitraum liegender Dienstverhältnisse mit unterschiedlich hohen Bezügen zu geschehen. Der Gesetzgeber nimmt dabei ‑ ungeachtet der zeitlichen Lage dieser Dienstverhältnisse ‑ in Kauf, dass die Versicherte trotz des Wochengeldes einen Verdienstausfall erleiden kann (10 ObS 29/10b, SSV‑NF 24/70 mwH). Gerade aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 162 Abs 3 ASVG generell auf einen für die Berechnung des Wochengeldes maßgeblichen Gesamtzeitraum abstellt, folgt, dass er auch in den für die Schutzfristfälle relevanten Alternativen des § 162 Abs 3 letzter Satz ASVG auf das Ende dieses Gesamtzeitraums abstellt, von dem aus sich dessen Beginn errechnet. Mit den Alternativen „Ende der Pflichtversicherung“ und „Ende des Dienstverhältnisses“ ist daher nach Wortlaut und Systematik dieser Bestimmung jeweils das Ende des Gesamtzeitraums gemeint, nicht aber dazwischen liegende Zeitpunkte, wie etwa das Ende eines von mehreren im Beobachtungszeitraum liegenden Dienstverhältnissen.

4. Ausgehend davon sind die Vorinstanzen zu Recht dem von der Beklagten vertretenen Standpunkt, dass der Beobachtungszeitraum gemäß § 162 Abs 3 letzter Fall ASVG im Anlassfall den Zeitraum 1. 3. 2014 - 31. 5. 2014 umfasst, gefolgt. Eine Unrichtigkeit der darauf beruhenden Berechnung des Anspruchs auf Wochengeld zeigt die Revisionswerberin nicht auf.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage (RIS‑Justiz RS0085829 [T1]).

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