Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 648,-- bestimmten Revisionskosten (darin enthalten S 108,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bezog - nach Geburt ihres ersten Kindes - vom 6. März 1987 bis zum 8. Jänner 1988 Karenzurlaubsgeld. Im Anschluß daran gewährte ihr der Dienstgeber bis 8. Jänner 1989 Urlaub gegen Entfall der Bezüge. Während der zweiten Hälfte des Jahres 1988 wurde die Klägerin erneut schwanger. Ab 9. Jänner 1989 stand sie wieder in Beschäftigung; seither war sie bei der beklagten Partei zur Krankenversicherung gemeldet. Ab 7. Feber 1989 war ihre weitere Beschäftigung gemäß § 3 Abs 3 MSchG untersagt worden. Die Klägerin erhielt ab diesem Zeitpunkt Wochengeld von S 180,75 täglich; der Berechnung dieses Betrages lag ein in der Zeit vom 9. Jänner bis 31. Jänner 1989 erzielter Nettoverdienst von S 14.213,16 zugrunde. Mit Bescheid vom 14. April 1989 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines höheren Wochengeldes ab. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Klage. Der Berechnung des Wochengeldes sei nicht, wie es die beklagte Partei getan habe, der Arbeitsverdienst der letzten drei Monate zugrundezulegen. Die gesetzlich geregelten Ausnahmefälle des § 162 ASVG seien nicht taxativ aufgezählt, so daß ähnlich gelagerte Fälle wie der gegenständliche analog zu behandeln seien. Insbesondere sei mittels Größenschluß aus § 11 Abs 3 lit a ASVG abzuleiten, daß auch längere als einmonatige Sonderurlaube bei der Berechnung des Wochengeldes keine Auswirkung haben sollten. Allen Zeiten, die auf Grund des § 162 Abs 3 ASVG nicht in den Bemessungszeitraum einzubeziehen seien, sei gemeinsam, daß während eines aufrechten Dienstverhältnisses keine Arbeitsleistung erbracht werde und Schuldlosigkeit betreffend dieser Untätigkeit vorliege. Dies sei auch bei der Klägerin der Fall. Darüber hinaus sei die Leistungsbemessung infern unrichtihg, als die Klägerin bis 3. Feber 1989 einen Arbeitsverdienst erzielt und bis 6. Feber 1989 Krankengeld bezogen habe. Im Gegensatz zu Arbeitern, denen die letzten 13 Wochen als Bemessungszeitraum zugestanden würden, wäre die Klägerin als Angestellte sachlich nicht gerechtfertigt diskriminiert.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von dem oben wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhalt führte es aus, die Bestimmung des § 162 ASVG verfolge den Zweck, der Versicherten beim Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft die gleichen Einkommensverhältnisse sicherzustellen, die in den letzten 13 Wochen bzw. drei Monaten davor bestanden hätten. Sei die Versicherte nur während eines Teiles dieser Zeit in Beschäftigung gestanden, so sei der durchschnittliche Arbeitsverdienst auf Grund der tatsächlichen Beschäftigungszeit zu ermitteln. Dieser Durchschnittsarbeitsverdienst sei der im Beobachtungszeitraum erzielte, durch die Anzahl der in diesen Zeitraum fallenden Kalendertage geteilte Arbeitsverdienst. Der Meinung der Klägerin, es handle sich im gegenständlichen Fall um einen von dieser grundsätzlichen Regel auszunehmenden Sonderfall, könne nicht gefolgt werden. Die Ausnahmebestimmungen des § 162 Abs 3 ASVG bezüglich Zeiten der in § 11 Abs 3 ASVG bezeichneten Art stelle jedenfalls auf das Vorliegen einer Pflichtversicherung ab, die von der Klägerin nicht behauptet worden sei. Insbesonders widerspreche das Argument, aus § 11 Abs 3 ASVG sei ein Größenschluß zu ziehen, dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Gesetzesstelle. Es sei daher der in den Beobachtungszeitraum fallende Sonderurlaub bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, wenn er die Dauer eines Monates übersteige, mitzuberücksichtigen (so auch Oberlandesgericht Wien, SVSlg. 28.982 = SoSi 1986, 461). Die gesetzliche Regelung widerspreche auch nicht dem Gleichheitsgrundsatz. Die Klägerin übersehe, daß den in § 162 Abs 3 genannten Ausnahmetatbeständen der Umstand der aufrechten Pflichtversicherung gemein sei, eine solche im streitgegenständlichen Fall nicht vorliege und daher die Differenzierung auch sachlich gerechtfertigt sei. Auch der Einwand der Klägerin, sie sei auf Grund der unterschiedlichen Berechnungsmethode durch das Abstellen auf die letzten drei Kalendermonate gegenüber den Arbeitern im Gleichheitsgrundsatz verletzt, gehe ins Leere. Durch die Verwendung des Begriffes Kalendermonat habe der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er nicht einen drei Monaten entsprechenden Zeitraum vor dem Tag des Beginns der Schutzfrist festsetzen wollte, sondern drei volle Kalendermonate vor jenem Monat, in dem die Schutzfrist begann. Die Regelung des Beobachtungszeitraumes nach Wochen bzw. Monaten nehme gerechtfertigt auf die unterschiedliche Entlohnungsart der Versicherten Bedacht, es handle sich dabei um eine sachlich begründete Differenzierung (vgl. OLG Wien SSV 26/32). Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und ergänzte, ein Urlaub ohne Entgeltanspruch im Anschluß an einen Karenzurlaub mit Anspruch auf Karenzurlaubsgeld werde "im eigenen Interesse" genommen; mit allfälligen Härten habe der Dienstnehmer von vornherein rechnen können. Die für Lehrlinge bestehende Regelung sei nicht analog anzuwenden. Nur unterschiedliche Regelungen, die nicht in entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen eine Grundlage haben, wären gleichheitswidrig. Nach der Rechtsprechung sei gemäß § 162 Abs 3 ASVG der Zeitraum der letzten vollen frei Kalendermonate vor Eintritt des Versicherungsfalls heranzuziehen. Nur im Falle der hier nicht zutreffenden Ausnahme des Lehrlings sei, wenn für den Lehrling günstiger, der Arbeitsverdienst im letzten Beitragszeitraum der Bemessung zugrundezulegen. Da dieser Ausnahmefall hier nicht gegeben sei und auch eine analoge Anwendung ausscheide, könne auch der Arbeitsverdienst der Klägerin im letzten Beitragszeitraum nicht herangezogen werden, so daß mit Recht nur der dreimonatige Bemessungszeitraum berücksichtigt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Unbestritten ist, daß die Klägerin zu den in § 162 Abs 3 ASVG genannten "anderen" weiblichen Versicherten gehört, denen das Wochengeld in der Höhe des auf den Kalendertag entfallenden Teiles des durchschnittlichen, in den letzten drei Kalendermonaten gebührenden Arbeitsverdienstes, vermindert um die gesetzlichen Abzüge, gebührt. Das Wochengeld soll einen Ersatz für den im Zusammenhang mit der Entbindung stehenden Verlust des Arbeitsverdienstes darstellen (Initiativantrag zur 9. ASVG-Nov. 517 BlgNR 9. GP 75); der Gesetzgeber entschied sich dabei aber für das Durchschnittsprinzip, das vergangene Werte berücksichtigt, und nicht für das Ausfallsprinzip, das die in Zukunft voraussichtlich zu erwartende Entwicklung in Rechnung stellt (vgl. Löschnigg, Wochengeldberechnung unter Berücksichtigung von Probelehrzeiten, DrdA 1982, 395 bei FN 22; Binder in Tomandl, SV-System 4. Ergänzungslieferung 256), er nimmt daher in Kauf, daß die Versicherte trotz des Wochengeldes einen Verdienstausfall erleidet. Unter Bezugnahme auf diese Erwägungen sprach der Oberste Gerichtshof bereits aus, daß bei Berechnung des Wochengeldes der um die gesetzlichen Abzüge verminderte Arbeitsverdienst durch die Gesamtzahl der Tage zu teilen ist, die in den Beobachtungszeitraum fallen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Versicherte an allen Tagen Arbeitsleistungen erbrachte und damit Anspruch auf Entgelt hatte (SSV-NF 1/38). Bei den der Berechnung des Wochengeldes nach dieser Gesetzesstelle zugrundezulegenden letzten drei Kalendermonaten handelt es sich, wie der Oberste Gerichtshof weiter ausgesprochen hat, um die letzten drei vollen Kalendermonate und nicht um einen Zeitraum von 90 Tagen vor dem Eintritt des Versicherungsfalles (SSV-NF 3/5). Lediglich die unter § 11 Abs 3 ASVG fallenden Arbeitsunterbrechungen, bei denen die Pflichtversicherung weiterbesteht, so wie die infolge Krankheit oder Kurzarbeit entgeltmäßig nicht voll abgedeckten Zeiträume sind nicht zu berücksichtigen, d.h. diese Zeiten bleiben bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht. Nach dem hier in Betracht kommenden § 11 Abs 3 lit a ASVG besteht die Pflichtversicherung für die Zeit einer Arbeitsunterbrechung infolge Urlaubes ohne Entgeltzahlung, sofern dieser Urlaub die Dauer eines Monates nicht überschreitet, weiter. Diese ausdrückliche zeitliche Beschränkung verbietet die Berücksichtigung des der Klägerin gewährten längeren Urlaubs gegen Entfall der Bezüge vom 8. Jänner 1988 bis 8. Jänner 1989; die Pflichtversicherung erlosch vielmehr in ihrem Fall mit dem Ende des Entgeltanspruchs (vgl. Weclay, Die versicherungsrechtliche Behandlung von unbezahlten Urlauben, SoSi 1963, 193). Die Ausnahmen des § 11 Abs 3 lit b bis d ASVG (Zeiten einer Arbeitsunterbrechung infolge Heranziehung zum Dienst als Schöffe oder Geschworener, Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz und dem Tierseuchengesetz, Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen) kommen für die Klägerin nicht in Betracht. Soweit die Revisionswerberin auf dem Standpunkt steht, die vom Gesetzgeber in § 162 Abs 3 lit a ASVG gewählte Diktion "Zeiten der in § 11 Abs 3 bezeichneten Art" ließe Analogieschlüsse zu und auch der Ausnahmetatbestand bezüglich Versicherter, deren Lehrverhältnis während des Beobachtungszeitraumes geendet hat, zeige, daß der Gesetzgeber Härtefälle grundsätzlich vermeiden wolle, ist ihr entgegenzuhalten, daß Vorschriften, die gegenüber der generellen Normierung eine Ausnahme und Begünstigung darstellen, im allgemeinen einer extensiven Auslegung nicht zugänglich sind (vgl. SSV-NF 3/44). Um eine Ausnahme, auch der Sache nach, handelt es sich dort, wo das Gesetz eine Regel, der es in möglichst weitem Umfang Geltung zu verschaffen sucht, für bestimmte, meist eng umgrenzte Fälle durchbrochen hat, weil ihre Durchführung auch in diesen Fällen dem Gesetzgeber als wenig praktikabel oder als unangebracht erschien. Es muß vermieden werden, durch eine allzuweite Auslegung der Ausnahmebestimmung oder durch deren analoge Anwendung die Regelungsabsicht des Gesetzgebers in ihr Gegenteil zu verkehren (Larenz, Methodenlehre5 339 f). Wenn der hier anzuwendende § 162 Abs 3 lit a ASVG anordnet, daß Zeiten einer Arbeitsunterbrechung infolge Urlaubes ohne Entgeltzahlung, sofern dieser Urlaub die Dauer eines Monates nicht überschreitet (§ 11 Abs 3 lit a ASVG), bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht bleiben, dann steht schon der eindeutige Wortlaut einer Erweiterung des Anwendungsbereiches auf solche Urlaube mit längerer Dauer entgegen, weil richterliche Rechtsfortbildung contra legem ausgeschlossen ist (Bydlinski in Rummel, ABGB, Rz 25 zu § 6; derselbe, Jurist. Methodenlehre und Rechtsbegriff 500) und der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung absteckt (Larenz aaO 307, 410; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts8 I 21). Die Begrenzung des bei der Wochengeldbemessung außer Betracht bleibenden Urlaubes ohne Entgeltzahlung mit einem Monat ist aber deshalb sachgerecht (und daher nicht gleichheitswidrig), weil - wie oben dargelegt - nur bei Nichtüberschreitung dieser Dauer die Pflichtversicherung weiter besteht.
In diesem Zusammenhang sei erneut (vgl. SSV-NV 3/5) auf die im Erlaß des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 4. Mai 1973, 26.063/4-10/1972, zitiert nach MGA-ASVG
46. Ergänzungslieferung 883 f, vertretenen Meinung hingewiesen, daß Härtefälle durch die gesetzliche Festlegung einer Mindesthöhe des Wochengeldes vermieden werden könnten; zu einer solchen Änderung der gesetzlichen Bestimmungen ist es jedoch bisher nicht gekommen. Die von der beklagten Partei vorgenommene Berechnung des der Klägerin gebührenden Wochengeldes entspricht der dargestellten Rechtslage.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG:
Da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage iS des § 46 Abs 2 Z 1 ASGG abhing, entspricht es der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin die Hälfte der Kosten ihres Vertreters zuzusprechen (SSV-NF 1/66, 2/29 ua.).
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