European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00002.16Z.0308.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Fahrudin S***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB (I) sowie mehrerer Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (II; jeweils idF vor BGBl I 2015/112) schuldig erkannt.
Danach hat er in S*****
(I) von 4. Mai bis 7. Juli 2015 an 32 im Urteilsspruch angeführten Tagen in zahlreichen Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstahl eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Kurt V***** als Inhaber einer Tabak-Trafik fremde bewegliche Sachen, nämlich Wettscheine über Sportwetten im Gesamtwert von 19.170 Euro weggenommen, indem er jeweils in unbeobachteten Momenten Wetten am Spielterminal der Trafik abschloss und die Quittungen ohne zu bezahlen an sich nahm;
(II) von Mitte Mai bis 21. Juli 2015 Kurt V***** in zahlreichen Angriffen durch gefährliche
Drohung mit
gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), nämlich die Ankündigung, er werde ihn „in die Pappn hauen“ oder jemand schicken, der ihn „in die Pappn haue“, Bargeldbeträge in Höhe von insgesamt etwa 42.300 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Mit ihrem ‑ undifferenziert auf „Z 5 und 10“ gestützten ‑ Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (der Sache nach Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (Schuldspruch I) geht die Rüge nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus und verfehlt damit den Bezugspunkt des inhaltlich in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0119370). Die Ableitung der bekämpften Konstatierungen aus dem äußeren Tatgeschehen, der insoweit geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers, den von ihm selbst bestimmten hohen Wetteinsätzen und seiner schlechten finanziellen Lage (US 13) entspricht sowohl den Gesetzen logischen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist
solcherart
aus dem Blickwinkel der
Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116732 und RS0116882).
Weshalb die ‑ von der Beschwerde ohnehin zitierten ‑ Urteilsannahmen, nach denen der Angeklagte sich zur Steigerung seiner Gewinne möglichst viele Wettscheine mit hohen Einsätzen (US 13) ohne Bezahlung zueignen wollte und dabei in der Absicht handelte, sich durch die inkriminierten Taten eine zur Finanzierung seines Lebensunterhalts und seiner Spielleidenschaft über mehrere Wochen wirksame Einnahmequelle zu eröffnen (US 10), im Verein mit dem konstatierten Tatzeitraum als Tatsachengrundlage für die vorgenommene Subsumtion (auch nach § 130 erster Fall StGB) ungenügend sein soll und es hiefür darüber hinausgehender Feststellungen „zur Länge des Zeitraums“ sowie „über die fortlaufende Verwertung der Beute und die maßgebliche beabsichtigte Einnahmegewinnung“ bedurft hätte, erklärt die Rüge (nominell erneut „Z 5 und 10“, der Sache nach Z 10) nicht (RIS-Justiz RS0099620; vgl im Übrigen auch RS0092381; Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7, 10 f).
Mit dem Hinweis auf einzelne ‑ isoliert und aus dem Zusammenhang gerissen zitierte ‑ Passagen aus der Aussage des Zeugen Kurt V***** (vgl dazu im Übrigen auch US 13 ff, ON 33 S 21, ON 36 S 15 ff) gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zum Schuldspruch II zu wecken.
Soweit mit dem Vorbringen in Frage gestellt werden soll, dass der Angeklagte das Opfer bei jedem der zahlreichen Angriffe („stets“) mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bedrohte und auf eine unmittelbare Sachwegnahme abzielte, spricht die Beschwerde zudem keine entscheidende Tatsache an. Der Angeklagte wurde nämlich insoweit einer unbestimmten Anzahl bloß
pauschal individualisierter, gleichartiger Taten schuldig erkannt (sogenannte gleichartige Verbrechensmenge, vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 33, 291 f), womit die der Sache nach angestrebte Reduktion der ‑ gar nicht feststehenden ‑ Anzahl der Tathandlungen oder der Schadenssumme keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betrifft.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch II übergeht mit ihrem Vorwurf fehlender Feststellungen zu einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben die ‑ im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung nachgetragenen ‑ Konstatierungen zum Bedeutungsinhalt der Ankündigung, dem Tatopfer „eine in die Pappn zu hauen“, als Drohung mit einer Verletzung am Körper (US 16, US 17 f), und verfehlt damit den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Der ‑ an sich zutreffende ‑ Einwand, der Ankündigung, jemanden zu schicken, der das Opfer „in die Pappn hauen“ werde, fehle es an der für die Subsumtion nach § 142 Abs 1 StGB erforderlichen Immanenz des Übels, weil damit dessen sofortige Realisierung nicht angedroht werde, bezieht sich mit Blick auf die Feststellung, nach der die angesprochene Drohung stets auch mit der ‑ die vorgenommene rechtliche Beurteilung nach dem Vorgesagten schon für sich tragenden ‑ sinngemäßen Äußerung verbunden war, der Angeklagte selbst werde dem Opfer (bei Verweigerung des abgeforderten Bargeldes sogleich) Schläge ins Gesicht (auf den Mund) versetzen und es dadurch am Körper verletzen (US 11, vgl auch US 14), nicht auf entscheidende Tatsachen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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