OGH 9ObA17/16i

OGH9ObA17/16i25.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und Dr. Weixelbraun‑Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Univ.‑Prof. Dr. H*, vertreten durch Dr. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T* GmbH, * vertreten durch Dr. Sabine Prantner, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen 229.991,96 EUR brutto sA und Feststellung (20.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. November 2015, GZ 13 Ra 36/15i‑57, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E113927

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

 

Begründung:

Der Kläger ist außerordentlicher Universitätsprofessor und stand bis Juni 2014 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war das Amt der * Universität * und bis zu seiner Suspendierung im August 2008 war er in einer Krankenanstalt tätig, deren Trägerin die Beklagte ist. Zwischen den Streitteilen bestand kein Dienstverhältnis. Nach der Aufhebung seiner Suspendierung wurde der Kläger von der Beklagten nicht wieder in der Patientenversorgung eingesetzt.

Die Vorinstanzen haben die Begehren des Klägers auf Ersatz des ihm entgangenen Entgelts (Dienste und Poolgelder) sowie auf Feststellung der Haftung der Beklagten für in Zukunft entstehende Entgeltdifferenzen abgewiesen.

Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, die Beklagte habe rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, indem sie ihn trotz Aufhebung seiner Suspendierung durch die Weisung, ihn nicht in der Patientenversorgung einzusetzen, an der Erfüllung seiner Dienstpflichten behindert habe und auch weiterhin behindere. Es gelingt ihm jedoch nicht, in seiner außerordentlichen Revision eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:

Rechtliche Beurteilung

1. Universitätskliniken (bzw Klinische Institute) sind gleichzeitig Organisationseinheit der Universität sowie der Krankenanstalt und haben sowohl einen universitären (insbesondere Lehre und Forschung) als auch einen krankenanstaltlichen (insbesondere Untersuchung und Behandlung von Menschen) Funktionsbereich mit einer entsprechenden Verzahnung aller Bereiche (§ 29 UG; 9 ObA 68/10f; Kopetzki in Mayer UG2.03 § 29 I.1, I.4 ua). Entsprechend der Doppelfunktion der Organisationseinheiten hat das in ärztlicher Verwendung stehende wissenschaftliche Universitätspersonal auch die krankenanstaltlichen Aufgaben der Krankenversorgung zu erfüllen. Die Universität hat gemäß § 29 Abs 4 Z 1 Universitätsgesetz 2002 (UG) ihre in ärztlicher Verwendung stehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Mitwirkung an der Erfüllung der Aufgaben der Organisationseinheiten des Klinischen Bereichs als Einrichtungen der Krankenanstalt zu beauftragen. Ein Arbeitsverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt wird ‑ dies stellt das Gesetz in § 29 Abs 4 Z 1 UG (ebenso wie in der zuvor geltenden Bestimmung des § 63 Abs 3 UOG 1993) klar ‑ dadurch nicht begründet.

Die hier vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sind solche, die die konkrete Ausübung (eines Teils) seiner beruflichen Tätigkeit betreffen. Die Beklagte war jedoch zu keinem Zeitpunkt seine Arbeitgeberin. Auf eine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger in einer bestimmten Weise zu beschäftigen (hier im Rahmen der Patientenversorgung in ihrer Krankenanstalt), kann sich der Kläger daher nicht berufen. Von einem arbeitsrechtlichen „Weisungsrecht“ der Beklagten sind auch die Vorinstanzen nicht ausgegangen. Dass die Beklagte den Kläger „von der Arbeit abgehalten“ und ihm deswegen für entgangene Entgeltbeträge zu haften habe, lässt sich allein daraus, dass die Suspendierung des Klägers zwar aufgehoben, er aber dennoch nicht wie gewünscht wieder im klinischen Bereich der Krankenanstalt eingesetzt wurde, ebenfalls nicht ableiten. Dass die Beklagte auf die (weitere) Mitwirkung des Klägers bei der Patientenversorgung in der Krankenanstalt wegen des eingetretenen Vertrauensverlusts und ‑ entgegen der Meinung des Klägers ‑ ohne Schädigungsabsicht verzichtete, steht fest.

2. Die in § 29 Abs 4 UG geregelte Verpflichtung der Universitäten (Medizinische Universität bzw die Universität, an der eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist), ihr in ärztlicher Verwendung stehendes Personal mit der Mitwirkung an der Erfüllung der Aufgaben der Organisationseinheiten des Klinischen Bereichs als Einrichtungen der Krankenanstalt zu beauftragen, betrifft (nur) die Universitäten. Daraus ergibt sich ‑ entgegen der Rechtsansicht des Klägers ‑ keine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger, diesen in einer bestimmten Weise in ihrer Krankenanstalt einzusetzen. Die rein funktionelle Zurechnung der Tätigkeit der Universitätsangehörigen an den Rechtsträger der Krankenanstalt hat lediglich klarstellenden Charakter (dazu Kopetzki in Mayer UG2.03 § 29 IV.2 mwN) und begründet ebenfalls keinen Anspruch des Universitätspersonals gegen den Rechtsträger der Krankenanstalt auf Beschäftigung. Wie bereits ausgeführt, wird kein Dienstverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt begründet (§ 29 Abs 1 Z 4 UG).

Gemäß § 29 Abs 5 UG haben die Universitäten mit dem Rechtsträger der Krankenanstalt eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit beim Betrieb der Krankenanstalt zu treffen, wobei durch die darin (im letzten Satz) vorgesehene inhaltliche Vorgabe sichergestellt werden soll, dass sich die Universitätsangehörigen in ausreichendem Ausmaß der universitären Lehre und Forschung widmen (ErläutRV 225 BlgNR 24. GP  16 f). Aus der ‑ vom Gesetz vorgesehenen ‑ Verpflichtung der beiden Rechtsträger zum Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung (dazu näher Kopetzki in Mayer UG2.03 § 29 V.1 bis V.4) lässt sich jedoch ‑ entgegen der Auffassung des Klägers ‑ ebenfalls kein Argument für einen Anspruch des Klägers (als Dienstnehmer des Bundes) gegen die Beklagte, mit der er in keinem Vertragsverhältnis steht, auf eine bestimmte Tätigkeit oder (Mindest-)Beschäftigung in deren Krankenanstalt gewinnen.

3. Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die Rechtsprechung hingewiesen, nach der die Verursachung eines Vermögensschadens nur dann ersatzpflichtig macht, wenn die Schädigung rechtswidrig war, was sich insbesondere aus der Verletzung vertraglicher Pflichten oder absoluter Rechte sowie aus der Übertretung von Schutzgesetzen ergeben kann (RIS‑Justiz RS0022813; RS0022462 [T1]; RS0023122). Eine vertragliche Vereinbarung der Parteien steht nicht fest; ein Schutzgesetz, dessen Verletzung die Ansprüche des Klägers rechtfertigen könnte, bildet keine der hier vom Berufungsgericht jedenfalls vertretbar ausgelegten (RIS‑Justiz RS0082346) Bestimmungen. Anhaltspunkte für eine Haftung der Beklagten wegen „sittenwidriger Schädigung“ im Sinn des § 1295 Abs 2 ABGB lassen sich dem ‑ für den Obersten Gerichtshof bindenden (RIS‑Justiz RS0112242 uva) ‑ Sachverhalt ebenfalls nicht entnehmen.

4. Andere für die Lösung des Falles erhebliche Gründe macht die Revision nicht geltend, weshalb insgesamt keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen war.

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