OGH 3Ob2/16i

OGH3Ob2/16i17.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. F***** OHG, 2. F*****, beide vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in Gleisdorf, gegen die verpflichteten Parteien 1. J***** und 2. A*****, beide vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassungen gemäß § 355 EO, über den Rekurs der verpflichteten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. November 2015, GZ 4 R 183/15h‑25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Weiz vom 21. Juli 2015, GZ 11 E 4115/15p‑21, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00002.16I.0217.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Bezirksgericht Gleisdorf gebot den Verpflichteten mit Urteil vom 23. 11. 2011, AZ 6 C 161/11s, von ihrer Liegenschaft ausgehende und auf die Liegenschaft der Betreibenden einwirkende Geruchsimmissionen zu unterlassen, soweit dadurch das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Nutzung der Liegenschaft der Betreibenden wesentlich beeinträchtigt werde.

Am 10. 10. 2013 bewilligte das Bezirksgericht Gleisdorf den Betreibenden wider die Verpflichteten die Exekution infolge Titelverstoßes am 8. 9. 2013 und verhängte über beide Verpflichtete Geldstrafen von jeweils 500 EUR.

Am 4., 27. und 31. 3. 2014 stellten die Betreibenden weitere Strafanträge, in denen sie mehrfache Verstöße gegen das Unterlassungsgebot in den Monaten Februar und März 2014 behaupteten.

Mit Beschluss vom 8. 4. 2014 schob das Bezirksgericht Gleisdorf über einen mit einer Impugnationsklage der Verpflichteten verbundenen Antrag die Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des bei ihm anhängigen Impugnationsverfahrens gemäß § 42 Abs 1 Z 5 EO auf.

In diesem Verfahren schlossen die Betreibenden und die Verpflichteten am 7. 10. 2014 einen Vergleich, in dem sich die Verpflichteten zum Kostenersatz an die Betreibenden verpflichteten, die Betreibenden ihre Strafanträge vom 4., 27. und 31. 3. 2014 zurückzogen und im Übrigen ewiges Ruhen des Verfahrens vereinbart wurde.

Am 26. 6. 2015 begehrten die Betreibenden mit „neuerlichem Strafantrag“ wegen behaupteter Verstöße der Verpflichteten gegen das Unterlassungsgebot im Mai und Juni 2015 die Verhängung von Geldstrafen von je 10.000 EUR.

Das Erstgericht wies den Strafantrag mit der Begründung ab, die behaupteten Verstöße der Verpflichteten lägen zeitlich nach der Aufschiebung der Exekution. Diesfalls sei eine neue Exekutionsbewilligung, nicht aber ein Vollstreckungsbeschluss zu beantragen.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss über Rekurs der Betreibenden auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über den Strafantrag der Betreibenden auf. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Aufschiebung einer Unterlassungsexekution nach § 355 EO die Stellung weiterer Strafanträge generell hindere, wenn die Aufschiebung auf eine Impugnationsklage gestützt werde. Die bewilligte Aufschiebung habe sich nur auf die inzwischen zurückgezogenen Anträge vom 4., 27. und 31. 3. 2014 bezogen. Sie stehe daher der Bewilligung weiterer Strafanträge nicht entgegen. In der Unterlassungsexekution seien einzelne Strafbeschlüsse selbständig. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestrafung sei bei jedem Antrag einzeln zu prüfen, eine Bindung an die Exekutionsbewilligung bestehe nicht. Es könnten auch Strafbeschlüsse gefasst werden, ohne dass es eine (aufrecht bleibende) Exekutionsbewilligung gebe.

Der Rekurs der Verpflichteten, mit dem sie die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Antragsabweisung anstreben, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im Rahmen der Unterlassungsexekution nach § 355 EO ist Voraussetzung für die Verhängung einer Geldstrafe nicht das Zuwiderhandeln gegen die Exekutionsbewilligung, sondern das Handeln oder Unterlassen entgegen einer nach einem vollstreckbaren Exekutionstitel bestehenden Verpflichtung (RIS‑Justiz RS0027927). Ein Strafantrag ist nach den Vorgaben des Exekutionstitels und nicht nach einer allenfalls vorangehenden Exekutionsbewilligung zu prüfen (3 Ob 302/04i). Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestrafung ist bei jedem Strafantrag wie beim Exekutionsantrag zu prüfen, eine Bindung an die Exekutionsbewilligung besteht nicht (3 Ob 256/04z; 3 Ob 136/07g).

Das Rekursgericht ist daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt, wenn es dem Erstgericht eine von der ursprünglichen Exekutionsbewilligung und früher gestellten Strafanträgen unabhängige Prüfung der wegen neuerlicher Titelverstöße in einem späteren Zeitraum gestellten Strafanträge auftrug. Es kommt im Übrigen gar nicht darauf an, ob die seinerzeit erhobene Impugnationsklage und die damit verbundene Aufschiebung der Exekution nur die im März 2014 gestellten Strafanträge erfasste, oder sich auch auf die Exekutionsbewilligung vom 10. 10. 2013 bezog, weil im Fall der Aufhebung der Exekutionsbewilligung (und darauf folgender weiterer Strafbeschlüsse) der nächste Strafbeschluss die Exekutionsbewilligung ersetzt (RIS‑Justiz RS0013532). Nach den dargelegten Grundsätzen ist jedenfalls auch bedeutungslos, ob die Betreibenden ihren Antrag vom 26. 6. 2015 wegen neuerlicher Titelverstöße als Strafantrag oder Antrag auf Exekutionsbewilligung bezeichneten.

Stichworte