European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00189.15F.0217.000
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 7. Oktober 2015, GZ 7 Hv 53/15h-20, verletzt im Ausspruch über die Konfiskation § 19a Abs 1 StGB.
Das Urteil, das sonst unberührt bleibt, wird im Konfiskationserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs einer Freiheitsstrafe werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 7. Oktober 2015, GZ 7 Hv 53/15h‑20, wurde Cristian C***** des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 2 Z 1 und 2, Abs 4 erster Fall FPG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Weiters wurde „gemäß § 19a Abs 1 StGB“ das „vom Erstangeklagten bei der Tat verwendete Mobiltelefon der Marke Samsung konfisziert“ (US 2). In den Entscheidungsgründen (US 3‑11) finden sich keine Angaben zu dem im Konfiskationserkenntnis erwähnten Gerät, damit auch weder zu dessen Eigentümer noch zu dessen Verwendung bei der Tat. Die Entscheidung endet mit dem Satz: „Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die angeführten Gesetzesstellen“ (US 11). Besondere Erwägungen zum Ausspruch über die Konfiskation sind ihr nicht zu entnehmen.
Gegen das Urteil meldete der Angeklagte rechtzeitig „Berufung wegen Strafe“ an (ON 19 S 5). In der Berufungsausführung beantragte er lediglich, die verhängte Freiheitsstrafe auf ein tat‑ und schuldangemessenes Maß herabzusetzen (ON 26 S 11). Ein gegen den Ausspruch nach § 19a StGB gerichteter Anfechtungswille ist weder der Anmeldung noch der Ausführung der Berufung zu entnehmen.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht das Konfiskationserkenntnis mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Nach § 19a Abs 1 StGB sind ‑ unter anderem - vom Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendete Gegenstände zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung in dessen Eigentum stehen. Nach Abs 2 leg cit ist von der Konfiskation (bloß) abzusehen, soweit sie zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht.
Bindet das materielle Strafrecht das gerichtliche Sanktionsermessen unabdingbar an einen Sachverhaltsbezug, ist dieser im Urteil festzustellen (Danek, WK‑StPO § 270 Rz 44 mwN).
Im vorliegenden Fall hat das Gericht weder festgestellt, dass die zu konfiszierenden Gegenstände im Alleineigentum des Täters standen, noch, dass sie zur Tatbegehung verwendet wurden, weshalb der Konfiskationsausspruch zum Nachteil des Angeklagten § 19a Abs 1 StGB verletzt (vgl 15 Os 134/13i).
Da sich die Berufung des Angeklagten ausdrücklich nur gegen die verhängte Freiheitsstrafe richtet (§ 294 Abs 2 vierter Satz StPO), ist es dem Oberlandesgericht verwehrt, das (im Übrigen soweit iSd § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO auch nichtige) Konfiskationserkenntnis im Rahmen oder aus Anlass seiner Entscheidung über die Berufung von Amts wegen zu korrigieren (§ 295 Abs 1 StPO; 14 Os 132/13p; 14 Os 72/15t; 12 Os 93/15s; vgl auch RIS‑Justiz RS0122140, RS0119220, RS0114427; Ratz, WK‑StPO § 294 Rz 10 und § 295 Rz 6 f, 14).
Aus diesem Grund sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Verletzung des § 19a Abs 1 StGB mit der aus dem Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO).
Eine Kassation der über Cristian C***** verhängten Freiheitsstrafe war nicht erforderlich, weil diese nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Konfiskationsausspruch steht. Ebensowenig ist die Konfiskation bei der Ausmessung der Hauptstrafe mildernd zu berücksichtigen (zu beidem ausführlich 15 Os 187/15m).
Soweit die Generalprokuratur des Weiteren unter Berufung auf Judikatur des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0088035) auf die Feststellung einer Verletzung (auch) des § 19 Abs 2 StGB zufolge behaupteter Unterlassung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abzielt, ist ihr zu erwidern:
Weshalb das Erstgericht im Zusammenhang mit der Konfiskation des Mobiltelefons ‑ losgelöst von dem bereits festgestellten Rechtsfehler mangels Feststellungen im Zusammenhang mit der Strafbefugnis als solcher ‑ auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen haben soll, macht die ‑ dies bloß behauptende ‑ Beschwerde nicht klar.
Es bestand insoweit im Übrigen auch kein Anlass zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO, weil Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht gegeben ist. Da § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO auf keinen Sachverhaltsbezug abstellt, folgt daraus einerseits keine Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 677, 680, 691). Andererseits zieht auch das bloße Fehlen rechtlicher Erwägungen zur Strafbemessung keine Nichtigkeit nach sich (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 681, 691). Nichtigkeitsrelevant ist vielmehr nur die (rechts‑)fehlerhafte Beurteilung von Strafzumessungstatsachen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 680). Zudem liegen auch keine Verfahrensergebnisse vor, die eine schlechthin unverständliche Vernachlässigung maßgeblicher rechtlicher Gesichtspunkte erkennen ließen (zur vergleichbaren Sachlage im Zusammenhang mit der Begründungspflicht von Negativentscheidungen bei der Strafbemessung iwS vgl Jerabek in WK2 § 43 Rz 24, 28).
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