OGH 14Os72/15t

OGH14Os72/15t15.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich W***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 13. Mai 2015, GZ 34 Hv 9/15z-52, weiters die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00072.15T.0915.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Konfiskation aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Friedrich W***** ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (B) schuldig erkannt.

Danach hat er in L***** und an anderen Orten

(A) durch entsprechende Beauftragung und Vorauszahlung des Ankaufspreises dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge durch Transport mit dem PKW aus Tschechien aus- und nach Österreich einzuführen, nämlich

I) von Mitte März bis Ende August 2014 die abgesondert verfolgten Marcel K***** und Silvia K***** zu 17 Schmuggelfahrten hinsichtlich 340 Gramm Crystal-Meth (Reinsubstanz 268,6 Gramm Methamphetamin);

II) Anfang September 2014 Marcel K***** zum Schmuggel von 20 Gramm Crystal-Meth (Reinsubstanz 15,8 Gramm Methamphetamin), wobei Marcel K***** am 10. September 2014 während der Schmuggelfahrt verhaftet wurde;

(B) von Februar bis September 2014 Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er von der zu Punkt A/I genannten Menge insgesamt 300 Gramm Crystal-Meth (237 Gramm Reinsubstanz Methamphetamin) sowie zumindest 12 bis 13 Gramm Cannabiskraut (Reinsubstanz 1,09 Gramm THCA und 0,083 Gramm Delta-9-THC) im angefochtenen Urteil teils namentlich genannten Abnehmern überwiegend mit Gewinnaufschlag verkaufte, in geringem Ausmaß auch unentgeltlich überließ.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Schuldsprüche aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Mängelrüge kritisiert die Feststellungen als unvollständig begründet (Z 5 zweiter Fall), weil das Erstgericht die Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen Marcel K***** „nicht oder nur unzureichend“ gewürdigt habe. Da die Tatrichter aber dem genannten Zeugen (US 10 f) und dem Beschwerdeführer (US 12 ff) die Glaubwürdigkeit versagt haben, waren sie nicht verpflichtet, auf den Inhalt dieser Aussagen (zumal, wie von der Rüge gefordert, im Detail) einzugehen (RIS-Justiz RS0098642). Im Übrigen hat sich das Erstgericht mit den gegen die Konstatierungen sprechenden Aussagepassagen ohnehin ausführlich auseinandergesetzt. Dies betrifft insbesondere den Hinweis des Zeugen Marcel K*****, Silvia K***** habe stets im Auto gewartet und deshalb die Suchtgiftübergaben nicht beobachtet (US 11 iVm ON 51 S 7).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich im Wesentlichen darauf, die Annahme der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeugin Silvia K***** sowie von der Unglaubwürdigkeit des Zeugen Marcel K***** und des Beschwerdeführers nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen, indem sie aus den im Urteil ohnehin erörterten Aussagedetails ‑ etwa aus den teils widersprüchlichen Angaben des Marcel K***** zur vom Beschwerdeführer jeweils bestellten Suchtgiftmenge (vgl US 10 iVm ON 8 S 25 und ON 51 S 5) ‑ andere Schlussfolgerungen als die Tatrichter zieht (RIS-Justiz RS0099649, RS0099674). Soweit die Rüge Bedenken bloß aus den Urteilserwägungen (etwa zur Frequenz der Schmuggelfahrten im Zusammenhang mit dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer während des Tatzeitraums mehrere Wochen in Haft befunden habe [US 9 und 14]) entwickelt, unterlässt sie die gebotene direkte Bezugnahme auf aktenkundiges Beweismaterial (RIS-Justiz RS0117961).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil im Ausspruch, „die sichergestellten Suchtgiftutensilien“ zu konfiszieren, nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 11 erster und dritter Fall) anhaftet. Denn das Erstgericht hat die konfiszierten Gegenstände weder konkret bezeichnet, noch Feststellungen zum Eigentümer dieser Gegenstände getroffen, noch die in § 19a Abs 2 StGB zwingend angeordnete Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen (RIS-Justiz RS0088035 [T7]; insbesondere 14 Os 109/14g), sondern sich mit der inhaltsleeren Begründungsfloskel begnügt, „die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die angeführten Gesetzesstellen“ (US 20). Da sich die Berufung des Angeklagten bloß gegen die verhängte Freiheitsstrafe (nicht auch gegen die Konfiskation) richtet, ist dem Berufungsgericht zufolge Beschränkung auf die der Berufung unterzogenen Punkte die amtswegige Wahrnehmung dieser Nichtigkeit zugunsten des Angeklagten nicht möglich. Sie war daher vom Obersten Gerichtshof ‑ insoweit entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ gemäß §§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO aufzugreifen (14 Os 83/10b; 11 Os 83/11g; Ratz , WK‑StPO § 295 Rz 14).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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