OGH 7Ob174/15m

OGH7Ob174/15m27.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** e.U. (Inhaber K***** O*****), *****, vertreten durch Dr. Nader Karl Mahdi, Rechtsanwalt in Wattens, gegen die beklagten Parteien 1. A***** Versicherungs-AG, *****, 2. U***** Sachversicherung AG, *****, 3. W***** Versicherung AG, *****, 4. H***** Versicherungsgesellschaft AG, *****, 5. G***** Versicherungs AG, *****, 6. O***** Versicherung AG, *****, alle vertreten durch Dr. Gerhard Horak und Mag. Andreas Stolz, Rechtsanwälte in Wien, wegen 46.282,81 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juli 2015, GZ 5 R 154/14z‑28, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 19. August 2014, GZ 61 Cg 89/13p‑24, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00174.15M.0127.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien mit dem Anteil der erst- bis drittbeklagten Partei von je 28 %, der viertbeklagten Partei von 10 % und der fünft- und sechstbeklagten Partei von je 3 % die mit 8.337,36 EUR (darin enthalten 935,56 EUR an USt und 2.724 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist im Transportgeschäft tätig und hat bei den Beklagten eine Speditions‑ und Rollfuhrversicherung abgeschlossen. Die Beklagten, die unter der Geschäftsführung der Erstbeklagten die SVS‑Versicherungsgemeinschaft bilden, haften aus dieser Versicherung nach Quoten; die Erst‑ bis Drittbeklagte haften jeweils zu 28 %, die Viertbeklagte zu 10 % und die Fünft‑ und Sechstbeklagte jeweils zu 3 %. Auf das Versicherungsverhältnis kommen der „Speditionsversicherungsschein SVS“ (in der Folge: „SVS“) idF ab 1. 6. 2007 und die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Speditionsmantelpolizze (EV)“ (in der Folge: „EV“) zur Anwendung.

Art 6 EV lautet auszugsweise wie folgt:

6. Obliegenheiten des Spediteurs

b) Der Spediteur ist verpflichtet, für die Abwendung und Minderung des Schadens Sorge zu tragen. Er ist insbesondere verpflichtet, die Rechte gegenüber den beteiligten Spediteuren und Frächtern und die Regreßrechte der Versicherer zu wahren, sowie die Ansprüche bei den beteiligten Spediteuren und Frächtern zu verfolgen.

c) Gegen Zahlungsbefehle oder gegen Verfügungen von Verwaltungsbehörden auf Schadenersatz hat er, ohne die Weisung der Versicherer abzuwarten, fristgerecht Widerspruch zu erheben oder die erforderlichen Rechtsmittel zu ergreifen.

...“

Die Beklagten werden vom Versicherungsbüro Dr. I***** Gesellschaft mbH (in der Folge: „Versicherungsbüro“) vertreten.

Die I***** GmbH mit Sitz in Hamburg (in der Folge: „I***** GmbH“) beauftragte die Klägerin mit dem Transport von Textilien von Hamburg nach Rom. Die Durchführung des Transports übernahm die Subunternehmerin der Klägerin, die S***** a.s. (in der Folge: „S*****“). Am 2. 12. 2010 wurden die Waren aus der Obhut der S***** gestohlen, wovon die Klägerin am 2. oder 3. 12. 2010 erfuhr. Entsprechend den ihr erteilten Informationen habe der Fahrer der STD den LKW weisungsgemäß auf einem nachts bewachten Parkplatz abgestellt und im Fahrzeug geschlafen. Trotzdem habe sich der Diebstahl - möglicherweise unter Verwendung von Betäubungsgas - ereignet.

Die Klägerin behielt in weiterer Folge Transportentgelte der S***** in der Höhe von etwa 96.000 EUR zurück, eine Aufrechnung mit dem Wert der gestohlenen Waren erfolgte nicht. Das Versicherungsbüro hatte der Klägerin mehrfach von der Einbehaltung der Transportentgelte abgeraten und sie mehrmals darauf hingewiesen, dass sie der S***** den Streit verkünden müsse, falls sie von der A***** KG (in der Folge: „A***** KG“) als Versicherer der I***** GmbH gerichtlich in Anspruch genommen werde; in diesem Zusammenhang führte das Versicherungsbüro in seinem E‑Mail vom 29. 7. 2011 aus, dass an einem Obsiegen der A***** KG gegen die Klägerin zumindest im Ausmaß der „CMR‑Haftung“ in Höhe von 33.550,92 EUR kein Zweifel bestehe, weil die Ware im Gewahrsam ihrer Erfüllungsgehilfin gestohlen worden sei. Das Versicherungsbüro wies die Klägerin darauf hin, dass es von ihr zu verständigen sei, wenn die A***** KG weitere Schritte setze.

Die A***** KG brachte eine Klage gegen die Klägerin beim Landgericht Hamburg ein. Die Klägerin ließ die Monatsfrist zur Einbringung einer Verteidigungsanzeige ungenutzt verstreichen, weil sie dies für aussichtslos hielt, und teilte dem Versicherungsbüro erst nach Ablauf dieser Frist mit, dass ein Verfahren anhängig sei. Am 2. 1. 2012 erging - unter gleichzeitiger Setzung einer dreiwöchigen Einspruchsfrist - ein Versäumnisurteil gegen die Klägerin, das diese zur Zahlung von 42.806,80 EUR samt 5 % Zinsen seit 2. 12. 2010 verpflichtete; dieses wurde der Klägerin am 17. 1. 2012 zugestellt. Mit E‑Mail vom 30. 1. 2012 informierte der Klagevertreter das Versicherungsbüro über das Versäumnisurteil und forderte es auf, bei der Klägerin das genaue Zustelldatum zu erfragen, falls es einen Einspruch erheben wolle. Im Antwortschreiben des Versicherungsbüros vom 2. 2. 2012 wurde auf das wenig kooperative Verhalten der Klägerin sowie darauf verwiesen, dass diese das Versicherungsbüro von der Klagszustellung weder umgehend informiert noch selbst Vorkehrungen für einen rechtlichen Beistand getroffen habe, sondern tatenlos ein Versäumnisurteil ergehen habe lassen, sodass dem Versicherungsbüro jede Möglichkeit genommen worden sei, durch die Wahl eines geeigneten Rechtsbeistands seine Rechtsschutzfunktion im Verfahren auszuüben, eventuell haftungsbeschränkende oder haftungsausschließende Einwände zu erheben sowie für eine Streitverkündung an den tatsächlichen Verursacher zu sorgen; infolge mutwilliger Verletzung der Obliegenheit nach Art 6.c EV bestehe Leistungsfreiheit. Die Klägerin unternahm keine Schritte gegen das Versäumnisurteil.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. 3. 2012 verpflichtete das Landgericht Hamburg die Klägerin zur Zahlung von 3.476,11 EUR an Verfahrenskosten.

Entsprechend den Haftungsquoten begehrte die Klägerin von den Beklagten den Ersatz der titulierten Forderungen von 46.282,81 EUR sA aus der Speditions‑ und Rollfuhrversicherung sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle aus dem Schadensereignis vom 2. 12. 2010 resultierenden Schäden bis zur Haftungshöchstsumme von 600.000 EUR. Der Betrag von 42.806,80 EUR entspreche dem Wert des gestohlenen Gutes. Dieser Schaden sei bereits vor der Klagsführung in Hamburg dem Grunde und der Höhe nach von allen Beteiligten außer Streit gestellt worden. Es habe daher kein Grund für eine - weitere Kosten verursachende - Bestreitung des Klagebegehrens bestanden. Demnach habe die Klägerin ihre Obliegenheiten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Zudem habe das Versicherungsbüro trotz Inkenntnissetzung vom Versäumnisurteil nichts gegen dieses unternommen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe sich am Verfahren vor dem Landgericht Hamburg vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig nicht beteiligt und ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen; diese Obliegenheitsverletzung führe gemäß § 10.3. SVS sowie Art 6.b und 6.c EV zur Leistungsfreiheit der Beklagten. Das Versicherungsbüro sei erst zu einem Zeitpunkt über dieses Verfahren informiert worden, als Abwehrmaßnahmen nicht mehr möglich gewesen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe ihre Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag grob fahrlässig verletzt. Aufgrund der Versicherungsbedingungen sei sie ausdrücklich dazu angehalten gewesen, die Wahrung ihrer Ansprüche in gerichtlichen Verfahren sicherzustellen. Ihr wäre es auch möglich gewesen, nach Einlangen der Klage beim Versicherungsbüro oder bei den Beklagten konkret nachzufragen, wie sie angesichts der Klage vorgehen solle, bevor ihre Möglichkeiten zur Beteiligung am Verfahren wegen Fristablaufs ausgeschöpft gewesen seien. Dadurch sei eine Einbeziehung der S***** in das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg zur Klärung von deren Verschulden verhindert worden. Es stehe nicht fest, dass die Klägerin vor dem Landgericht Hamburg jedenfalls unterlegen wäre.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in eine Klagsstattgebung ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei. Zur im Revisionsverfahren allein maßgeblichen Frage der Obliegenheitsverletzung führte es aus, dass die Klägerin das Versicherungsbüro nicht innerhalb der Frist zur Setzung einer Verteidigungshandlung von der Klagsführung in Hamburg verständigt und auch selbst keine Verteidigungshandlung gesetzt habe. Damit habe sie gegen Art 6.c EV verstoßen, zumal es gegenüber der Klägerin ausdrücklich erklärter Wunsch der Beklagten gewesen sei, eine allfällige Klage der A***** KG zu bestreiten, um der S***** - zur Verstärkung der Regressmöglichkeiten - den Streit verkünden zu können. Auch das Unterbleiben einer Rechtsmittelerhebung gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Hamburg stehe im Widerspruch zu Art 6.c EV. Mangels gegenteiliger Weisung hätte die Klägerin dieses bekämpfen müssen. Allerdings treffe die Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit an den Obliegenheitsverletzungen. Für die Klägerin sei - insbesondere angesichts des E‑Mails des Versicherungsbüros vom 29. 7. 2011 - nicht ersichtlich gewesen, weshalb die von der A***** KG geltend gemachte Forderung der I***** GmbH nicht zu Recht bestehen sollte. Der Klägerin als juristischer Laie seien die Folgen der Unterlassung einer Streitverkündung nicht ohne weiteres absehbar; weder darauf noch auf das Erfordernis der Streiteinlassung zur Streitverkündung sei die Klägerin vom Versicherungsbüro in aller Deutlichkeit hingewiesen worden. In ihrem E‑Mail vom 30. 1. 2012 habe die Klägerin ihre Absicht deutlich gemacht, aus eigenem keinen Einspruch zu erheben; dem sei das Versicherungsbüro in seinem Antwortschreiben vom 2. 2. 2012 nicht entgegen getreten. Erst der Ablauf der Frist zur Einspruchserhebung am 7. 2. 2012 habe die Möglichkeit zur Streiteinlassung und Streitverkündung endgültig verhindert. Dies hätten die Beklagten bei rechtzeitiger Reaktion verhindern können, weshalb sie sich den Wegfall dieser Möglichkeiten selbst zuzuschreiben hätten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag.

Die Klägerin beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, sie ist auch zur Wahrung der Rechtssicherheit berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Rechtsfrage, ob der Klägerin eine grob fahrlässige Verletzung der Obliegenheit nach Eintritt des Versicherungsfalls nach Art 6 EV anzulasten ist, wodurch die Beklagten leistungsfrei würden. Obliegenheiten dienen dem Zweck, den Versicherer vor vermeidbaren Beweisbelastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen. Die Drohung mit dem Anspruchsverlust soll den Versicherungsnehmer motivieren, die Verhaltensregeln ordnungsgemäß zu erfüllen; ihr kommt eine generalpräventive Funktion zu (RIS‑Justiz RS0116978). Den Versicherer trifft die Beweislast für das Vorliegen des objektiven Tatbestands einer Obliegenheitsverletzung. Im Fall eines solchen Nachweises ist es dann Sache des Versicherungsnehmers, zu behaupten und zu beweisen, dass er die ihm angelastete Obliegenheitsverletzung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig begangen hat (RIS‑Justiz RS0081313). Eine leichte Fahrlässigkeit bleibt demnach ohne Sanktion (RIS‑Justiz RS0043728 [T4]). Gelingt dem Versicherungsnehmer der Beweis der leichten Fahrlässigkeit nicht, so steht ihm nach § 6 Abs 3 VersVG auch bei „schlicht“ vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung der Kausalitätsgegenbeweis offen (RIS‑Justiz RS0116979 [T8]). Unter Kausalitätsgegenbeweis ist der Nachweis zu verstehen, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers einen Einfluss gehabt hat (RIS‑Justiz RS0116979). Nur wenn der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit mit dem Vorsatz verletzt, die Beweislage nach dem Versicherungsfall zu Lasten des Versicherers zu manipulieren (sogenannter „dolus coloratus“), ist der Kausalitätsgegenbeweis ausgeschlossen und der Anspruch verwirkt (RIS‑Justiz RS0081253 [T10], RS0109766 [T2]). Der Kausalitätsgegenbeweis ist strikt zu führen (RIS‑Justiz RS0079993).

2.2. Art 6.c EV regelt als Obliegenheit nach dem Versicherungsfall, dass der Versicherungsnehmer bei Inanspruchnahme auf Schadenersatz - ohne Weisung der Versicherer - die erforderlichen Verteidigungsmittel zu ergreifen hat. Demnach hätte sich die Klägerin bereits ohne Zutun des Versicherungsbüros in das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg einlassen müssen. Dazu wäre sie nur dann nicht verpflichtet gewesen, wenn ihr die Beklagten zu erkennen gegeben hätten, dass dies nicht erforderlich wäre. Dies war aber nicht der Fall; vielmehr gab deren Vertreter mehrmals eindeutig zu erkennen, dass im Fall einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch die A***** KG ein Verfahren durchzuführen und dabei der Subunternehmerin der Klägerin der Streit zu verkünden sei. Auch dem Antwortschreiben des Versicherungsbüros vom 2. 2. 2012 ist kein Verzicht auf die Setzung von Verteidigungshandlungen zu entnehmen. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht der Klägerin jeweils eine Obliegenheitsverletzung angelastet, indem sie zunächst die Frist zur Einbringung einer Verteidigungsanzeige ungenützt verstreichen ließ und sodann keinen Einspruch gegen das Versäumnisurteil erhob.

2.3. Nun ist zu prüfen, ob der Klägerin grobe Fahrlässigkeit bei der jeweiligen Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist.

2.3.1. Grobe Fahrlässigkeit wird allgemein im Versicherungsvertragsrecht dann als gegeben erachtet, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen; wenn jedenfalls völlige Gleichgültigkeit gegen das vorliegt, was offenbar unter den gegebenen Umständen hätte geschehen müssen (RIS‑Justiz RS0080371). Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (RIS‑Justiz RS0030272). Bei der Beurteilung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, müssen die Umstände des einzelnen Falls und die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden (RIS‑Justiz RS0080387, RS0030309).

2.3.2. Aufgrund der Gesamtumstände hat die Klägerin grob fahrlässig die Monatsfrist für die Einbringung einer Verteidigungsanzeige ungenutzt verstreichen lassen. Abgesehen davon, dass sie dazu schon nach dem klaren Wortlaut der Versicherungsbedingungen ohne Einholung einer Weisung der Versicherer verpflichtet gewesen wäre, hat das Versicherungsbüro zuvor mehrmals klar zu erkennen gegeben, dass es eine Streiteinlassung wünsche, wobei es auch wiederholt darauf verwies, dass die Klägerin ihrer Subunternehmerin den Streit zu verkünden habe. Damit im Einklang forderte es die Klägerin auch auf, sie über weitere Schritte der A***** KG zu verständigen. Aus dem E‑Mail des Versicherungsbüros vom 29. 7. 2011 folgt jedenfalls nicht, dass eine Bestreitung eines namhaften Betrags von über 9.000 EUR von vornherein keine Erfolgsaussichten hätte. Demnach erfolgte die Einschätzung der Klägerin, (auf die es nach Art 6 EV aber nicht ankommt), dass eine Streiteinlassung aussichtslos sei, überdies ohne Grundlage. Vielmehr hätte die Klägerin eine Streiteinlassung nur nach Einholung eines entsprechenden Einverständnisses durch die Beklagten unterlassen dürfen. Die Klägerin verständigte das Versicherungsbüro jedoch erst nach Ablauf der Frist für die Einbringung der Verteidigungsanzeige. Vor diesem Hintergrund kann das Verhalten der Klägerin nur als völlige Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen der beklagten Versicherer an einer Verfahrensführung gewertet werden.

2.3.3. Aufgrund der Versicherungsbedingungen wäre die Klägerin zusätzlich verpflichtet gewesen, von sich aus einen Einspruch gegen das Versäumnisurteil zu erheben. Über das Vorliegen des Versäumnisurteils wurde das Versicherungsbüro zwar noch innerhalb der Einspruchsfrist - allerdings ohne Bekanntgabe des Zustelldatums - verständigt. Wie seinem Antwortschreiben jedoch zu entnehmen ist, ging es offenbar irrtümlich davon aus, dass es nicht mehr möglich wäre, noch erfolgreich „in das Verfahren zu gelangen“ (vgl dazu jedoch § 342 dZPO, wonach durch einen [hier grundsätzlich] zulässigen Einspruch das Verfahren in die Lage zurückversetzt wird, in welcher es sich vor Eintritt der Versäumnis befand); der (aufrecht erhaltene) Wunsch, ein Verfahren durchzuführen, kommt aber unzweifelhaft im Schreiben zum Ausdruck. Damit hätte aber die Klägerin nicht weiter untätig bleiben dürfen, sondern wäre zur fristgerechten Einsprucherhebung verpflichtet gewesen. Angesichts dieser Umstände beruht ihre Untätigkeit wiederum auf völliger Gleichgültigkeit gegenüber den ihr gegenüber auch erklärten Interessen der beklagten Versicherer an einer Verfahrensführung.

2.4. Der Klägerin ist daher nicht der Beweis gelungen, dass ihre Obliegenheitsverletzung nach Art 6.c EV nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Damit ist noch der Kausalitätsgegenbeweis zu prüfen. Ein diesem entgegenstehender dolus coloratus liegt nicht vor. Berechtigt verweist das Berufungsgericht zwar darauf, dass erst das Unterbleiben der Einspruchserhebung gegen das Versäumnisurteil dazu führte, dass eine Einlassung in das Verfahren endgültig scheiterte; allerdings hat die Klägerin auch in diesem Zusammenhang eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung zu verantworten. Demnach müsste von der Klägerin der Nachweis erbracht werden, dass die unterbliebene inhaltliche Prüfung der vor dem Landgericht Hamburg geltend gemachten Ansprüche und auf die Rechtsbeziehung zur Subunternehmerin insgesamt keine Auswirkung im Hinblick auf den Leistungsumfang der beklagten Versicherer gehabt hätte. Dazu hat die Klägerin kein Vorbringen erstattet. Das Verfahren lieferte dazu auch keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat daher den Kausalitätsgegenbeweis nicht erbracht.

3. Zusammengefasst folgt, dass die Beklagten leistungsfrei sind. Es ist daher das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 46, 50 ZPO.

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