European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00257.15B.0125.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das kennzeichnende Merkmal einer Bittleihe (§ 974 ABGB) besteht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung darin, dass keine Verbindlichkeit des Verleihers zur Gestattung des Gebrauchs besteht, weder die Dauer des Gebrauchs noch die Absicht des Gebrauchs bestimmt werden und die Überlassung im Wesentlichen unentgeltlich erfolgte (RIS‑Justiz RS0083418 [T2]; RS0019221 [T1]; RS0019083 [T2]; RS0019196 [T3]; RS0020524 [T6]).
2. Die Übernahme der Kosten für notwendige und nützliche Aufwendungen sowie Arbeitsleistungen können nach der Rechtsprechung als Entgelt in Frage kommen (RIS‑Justiz RS0020589). Steht es jedoch im Belieben eines Gebrauchsberechtigten, die Leistungen zu erbringen, handelt es sich nicht um Entgelt. Als solches kann nur eine rechtliche Verpflichtung gewertet werden. Die Bereitschaft eines im persönlichen Naheverhältnis zum Eigentümer stehenden Nutzungsberechtigten, die Wohnung zu sanieren, reicht zur Begründung eines Mietverhältnisses nicht aus (6 Ob 51/03y). Werden bei einem familienrechtlichen Wohnverhältnis Investitionen in die Wohnung vorgenommen, so lässt dies nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch keinen Schluss auf das Zustandekommen eines Mietvertrags zu (RIS‑Justiz RS0020511).
3. Die Frage, ob aus der Übernahme bestimmter Aufwendungen auf die Begründung eines anderen Rechtsverhältnisses als einer bloßen Bittleihe geschlossen werden kann, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS‑Justiz RS0083418 [T3]; RS0019196 [T4]). Die Vorinstanzen haben das Vorliegen eines Prekariums bejaht und die Beklagten nach dessen Widerruf zur Räumung verpflichtet. Darin liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.
4. Der Voreigentümer gestattete seinem Neffen und dessen damaliger Ehegattin (Erstbeklagten) ohne Bezahlung einer Miete im Haus zu wohnen. Nach der Vereinbarung hatte das Ehepaar „auf das Haus zu schauen“ und Investitionen oder Sanierungs‑ und Umbauarbeiten mit dem Eigentümer abzusprechen. Die Vorinstanzen sahen in der Überlassung des Gebrauchs zu diesen Bedingungen keine Vereinbarung, welche die Benützer zur Erbringung von Gegenleistungen im Sinn eines Entgelts verpflichtete.
5. Diese einzelfallbezogene (RIS‑Justiz RS0112106 ua) Auslegung begründet keine erhebliche Rechtsfrage. Das Haus war bei Einzug der Familie der Erstbeklagten an sich bewohnbar. Die Renovierungsarbeiten, welche die Benützer im Laufe der Jahre vornahmen und die teilweise vom damaligen Eigentümer finanziert wurden, bezogen sich nicht nur auf allgemeine Teile des Hauses, sondern auch auf neue Küchenmöbel. Dass die Bewohner nach Absprache mit dem Eigentümer Investitionen vornehmen durften, ist einer rechtlichen Verpflichtung im Sinn der Zahlung eines Entgelts nicht gleichzusetzen. Ihre Pflicht, „auf das Haus zu schauen“, ist bei Überlassung des Gebrauchs im Familienkreis nicht als rechtliche Verpflichtung anzusehen, etwa Leistungen zu erbringen, die nahezu alle Tätigkeiten professioneller Hausverwalter und Hausbesorger umfassen und deshalb Entgelt darstellen (vgl RIS-Justiz RS0019152 [T4]).
6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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