Spruch:
Im Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 42 Hv 93/13x, verletzen
1./ der Beschluss vom 17. April 2014 (ON 17), infolge Fehlens der Rechtsmittelbelehrung § 86 Abs 1 StPO;
2./ die Beschlussfassung vom 10. Februar 2015 (ON 31) ohne vorherige Einholung einer den Angeklagten betreffenden Strafregisterauskunft § 495 Abs 3 StPO;
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Gründe:
Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. Dezember 2013, GZ 42 Hv 93/13x‑11, wurde DI Erwin S***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und mehrerer Vergehen schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, deren Vollzug gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Unter einem fasste das Gericht folgenden Beschluss (ON 11 S 6):
„Für die Dauer der Probezeit wird die Weisung erteilt, eine Alkoholtherapie zu absolvieren und dem Gericht den Beginn binnen eines Monats und sodann in weiteren zweimonatigen Abständen die Fortsetzung der Therapie bei sonstigem Widerruf nachzuweisen.“
Das Urteil und der Beschluss erwuchsen noch am selben Tag in Rechtskraft.
Die Zustimmung des Angeklagten, sich im Rahmen der „Alkoholtherapie“ einer Entwöhnungs‑ behandlung, einer psychotherapeutischen oder medizinischen Behandlung zu unterziehen (§ 51 Abs 3 StGB), ist dem Protokollsvermerk und der gekürzten Urteilsausfertigung ebenso wenig zu entnehmen wie eine Begründung des Beschlusses.
Am 7. Jänner 2014 langten bei Gericht ein ärztlicher „Befundbericht“ Dris. Helmut Sc***** vom 11. Dezember 2013 und eine Bestätigung der Caritas Suchtberatung K***** ein (ON 15), wonach der Verurteilte in ärztlicher Behandlung des genannten Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin sei und bei der Suchtberatung der Caritas „einen Termin für ein Beratungsgespräch wahrgenommen hat“.
Mit Schreiben vom 14. März 2014 übermittelte der Verurteilte neuerlich die oben genannten Bestätigungen sowie einen von der Suchtberatung ausgestellten Nachweis, dass er „am 10. 3. 2014 für ein Gespräch in der Einrichtung war“ (ON 16). Unter einem ersuchte der Verurteilte, die erteilte Weisung „einzustellen“.
Diesen Antrag wies das Gericht mit Beschluss vom 17. April 2014 (ON 17) ab. In seiner Begründung führte es aus, dass die mit Zustimmung des Verurteilten erteilte „Weisung, sich einer Entwöhnungsbehandlung zu unterziehen“, nicht so viel Zeit beanspruche, dass sie die Berufsausübung behindere. Eine Zurückziehung des Einverständnisses käme einer Nichtbefolgung der Weisung gleich und könne zu einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht führen. Da der Antragsteller keine ärztliche Bestätigung hinsichtlich der Fortschritte seiner Entwöhnungsbehandlung vorgelegt habe, sei davon auszugehen, dass die Behandlung weiterhin erforderlich wäre. Letztlich forderte das Erstgericht ‑ ersichtlich unter Bezugnahme auf die bereits am 14. März 2014 zugestellte förmliche Mahnung (ON 15 S 1) ‑ den Verurteilten auf, unverzüglich eine Bestätigung über die Fortsetzung der Therapie vorzulegen, weil sonst die bedingte Strafnachsicht widerrufen werde.
Dieser Beschluss, der keine Rechtsmittel‑ belehrung enthielt, wurde dem Verurteilten erstmalig in der Verwaltungshaft am 3. Juni 2014 sowie am 5. Juni 2014 ein weiteres Mal zugestellt.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 (ON 21) teilte der Verurteilte unter dem Titel „Ärztliche Bestätigung Entwöhnungsbehandlung“ mit, die erforderliche ärztliche Bestätigung erst mit 4. Juli 2014 erbringen zu können, „da vorher kein freier Termin zu bekommen war“. Nach einer weiteren förmlichen Mahnung vom 28. Juli 2014 (ON 21), die dem Verurteilten am 22. August 2014 nachweislich zuging, übermittelte der Verurteilte eine „Ärztliche Bestätigung an den Dienstgeber/die Schule“, wonach er am 27. August 2014 in der Ordination Dris. Sc***** gewesen war. Weiters schloss er eine Notiz über den nächsten bei der Suchtberatung vorgesehenen Termin an und führte dazu aus, dass er urlaubsbedingt keinen früheren Termin beim genannten psychosozialen Dienst erhalten hätte (ON 24).
Am 3. Dezember 2014 stellte die Staatsanwaltschaft Wien den Antrag auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht gemäß § 53 Abs 2 StGB (ON 25). Der Ladung zwecks Anhörung zum Widerrufsantrag für 15. Jänner 2014 konnte der Verurteilte keine Folge mehr leisten, weil er seit 6. Jänner 2015 zu AZ 315 HR 3/15a des Landesgerichts für Strafsachen Wien in Haft war (ON 26).
Im Rahmen der letztlich vor dem Bezirksgericht Amstetten durchgeführten Anhörung erklärte DI Erwin S***** unter anderem, dass ihm nicht klar gewesen wäre, was „eine Weisung zu einer Alkoholtherapie genau beinhaltet“ und ob er die „dann über die ganze Dauer der Probezeit machen muss“ (ON 29).
Ohne vorangehende Einholung einer Strafregisterauskunft widerrief das Erstgericht mit Beschluss vom 10. Februar 2015 (ON 31) die bedingte Strafnachsicht gemäß § 53 Abs 2 StGB wegen Nichtbefolgung der erteilten Weisung.
Begründend führte das Erstgericht aus, dass DI Erwin S***** die Weisung trotz mehrmaliger förmlicher Mahnungen mutwillig nicht befolgt habe, weil er dem Gericht nicht in zweimonatigen Abständen die Fortsetzung der Alkoholtherapie nachgewiesen und innerhalb von 13 Monaten lediglich drei Bestätigungen betreffend Gespräche mit Ärzten oder Sozialarbeitern vorgelegt hätte. Darüber hinaus verwies das Erstgericht auf das zum Zeitpunkt der Beschlussfassung gegen DI Erwin S***** beim Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 107 Abs 1 und Abs 2 und § 107a Abs 1 und 2 StGB zu AZ 315 HR 3/15a anhängige Strafverfahren. In diesem sei „am 6. Februar 2015 die Untersuchungshaft im Rahmen einer Haftprüfungsverhandlung verlängert“ worden.
Dieser Beschluss wurde DI Erwin S***** am 16. Februar 2015 zugestellt. Er erhob dagegen mit allerdings erst am 9. März 2015 zur Post gegebenem und somit verspätet eingebrachten Schriftsatz Beschwerde (ON 32).
1./ Zum Beschluss vom 6. Dezember 2013 (ON 11) führt die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aus:
1./a./ Nach § 51 Abs 1 StGB kommen als Weisungen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung geeignet scheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Weisungen, die einen unzumutbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte oder in die Lebensführung des Rechtsbrechers darstellen würden, sind unzulässig.
Die Weisung muss das auferlegte Gebot oder Verbot hinreichend deutlich bezeichnen und sich direkt an den Verurteilten richten. Unbestimmte oder unklare Anordnungen, die das vom Verurteilten erwartete Verhalten nur mangelhaft konkretisieren und daher die verhaltensbestimmende Wirkung nicht entfalten können, widersprechen dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0092363, 13 Os 142/10x, Schroll in WK2 § 51 Rz 7).
Die Weisung, „für die Dauer der Probezeit […] eine Alkoholtherapie zu absolvieren und dem Gericht den Beginn binnen eines Monats und sodann in weiteren zweimonatigen Abständen die Fortsetzung der Therapie bei sonstigem Widerruf nachzuweisen“ erweist sich im Umfang der auferlegten Verpflichtung „eine Alkoholtherapie zu absolvieren“ als zu unbestimmt und verstößt daher gegen § 51 Abs 1 StGB. Diese lässt nämlich offen, ob sie auf eine Entwöhnungsbehandlung des Verurteilten oder auf eine psychotherapeutische oder medizinische Behandlung abstellt (vgl 13 Os 142/10x, 13 Os 89/11d [13 Os 90/11a]).
Die auf die Erteilung der genannten Weisung, „eine Alkoholtherapie zu absolvieren […]“ Bezug nehmenden (ON 17 erster Absatz der Begründung), auf eine (mit Zustimmung des Angeklagten aufgetragene) „Entwöhnungsbehandlung“ abstellenden Ausführungen im Beschluss vom 17. April 2014 (ON 17 S 3 zweiter Absatz) sind nicht geeignet, die mündlich verkündete, unangefochten in Rechtskraft erwachsene Weisung zu präzisieren, weil mit diesem Beschluss (nur) über den Antrag des Verurteilten auf Aufhebung der Weisung und nicht über deren inhaltliche Ausgestaltung abgesprochen wird.
1./b./ Darüber hinaus mangelt es dem Beschluss vom 6. Dezember 2013 (ON 11 S 6) an einer Begründung. Gemäß § 86 Abs 1 StPO hat jeder Beschluss neben dem Spruch auch eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Bei mündlicher Verkündung eines Beschlusses, die grundsätzlich bei allen Entscheidungen in Gegenwart des Angeklagten in der Hauptverhandlung möglich ist, ist diese zu protokollieren, wobei bei Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen auch ein Protokollsvermerk ausreicht, in welchen der verkündete Beschluss aufzunehmen ist (§ 270 Abs 4, § 271 Abs 1a StPO; 15 Os 114/88; Nimmervoll, Beschluss und Beschwerde in der StPO, S 99 f). Gemäß § 86 Abs 3 StPO ist im Falle der mündlichen Verkündung bei ‑ wie gegenständlich wegen Rechtsmittelverzichts ‑ fehlender Verpflichtung zur Ausfertigung der Entscheidung „der wesentliche Inhalt des Beschlusses im Protokoll zu beurkunden“. Diesem Erfordernis (13 Os 142/10x) genügt der Beschluss nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 51 Abs 1 erster Satz StGB kommen als Weisungen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung geeignet scheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten.
Insoweit zeigt die Generalprokuratur zutreffend auf, dass die Begriffe „Gebote“ und „Verbote“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch für bindende Verhaltensanordnungen stehen, aus welchem Grund hinreichende Konkretisierung Teil des Begriffsinhalts ist. Gemäß § 51 StGB erteilte Weisungen müssen das vom Verurteilten geforderte Verhalten daher deutlich und bestimmt bezeichnen und sich direkt an diesen richten (vgl RIS-Justiz RS0092363; Schroll in WK² StGB § 51 Rz 7).
Vorliegend ergibt sich aus dem Kontext der Weisungserteilung, nämlich der vorliegenden Delinquenz im Zusammenhang mit einer Alkoholmissbrauchsproblematik, noch hinreichend deutlich, dass dem Verurteilten ‑ mit seiner Zustimmung und im Übrigen von ihm auch in diesem Sinn verstanden (vgl sein Schreiben ON 21 „Ärztliche Bestätigung Entwöhnungsbehandlung“) ‑ die Anordnung erteilt wurde, sich einer Entwöhnungsbehandlung ‑ und nicht einer hier primär nicht indizierten sonstigen psychotherapeutischen oder medizinischen Behandlung ‑ zu unterziehen (vgl auch die auf eine Entwöhnungsbehandlung abstellenden Ausführungen des Erstgerichts ON 17). Zu einer näheren Bestimmung der Modalitäten (Bezeichnung des Therapeuten, Festlegung des Behandlungsablaufs) war das Gericht nicht verhalten (13 Os 89/11d; Schroll in WK² StGB § 51 Rz 7).
Da der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. Dezember 2013 (ON 11) daneben auch die Nachweismodalitäten (erstmals nach einem Monat, danach in zweimonatigen Abständen) bestimmt festlegt, erweist er sich insgesamt als ausreichend konkretisiert, um verhaltensbestimmende Wirkung zu entfalten.
Über die Erteilung von Weisungen entscheidet in der Hauptverhandlung das erkennende Gericht durch mündlich zu verkündenden Beschluss (§ 494 Abs 1 StPO). Die Verkündung des Beschlusses ist zu protokollieren, wobei bei Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen auch ein Protokollsvermerk ausreicht, in welchen der verkündete Beschluss aufzunehmen ist (§ 270 Abs 4, § 271 Abs 1a StPO). Gemäß § 86 Abs 3 StPO können Ausfertigung und Zustellung des Beschlusses unterbleiben, wenn die Berechtigten sogleich nach der Verhandlung auf Beschwerde verzichten (erster Fall) oder ein selbständiges, die weitere Verhandlung hemmendes Rechtsmittel nicht zulässig ist (zweiter Fall). In diesen Fällen ist „der wesentliche Inhalt des Beschlusses im Protokoll zu beurkunden“ (§ 86 Abs 3 zweiter Satz StPO). Ist der Beschluss anfechtbar, lediglich ein selbständiges Rechtsmittel nicht vorgesehen, so bedeutet dies, dass (im Sinn des § 86 Abs 1 StPO) die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen, die der Entscheidung zugrunde gelegt wurden, (soweit) anzugeben sind, um die Parteien über die Erwägungen des Gerichts in Kenntnis zu setzen und ihnen zu ermöglichen, ihr Prozessverhalten danach auszurichten, sowie um das Rechtsmittelgericht in die Lage zu versetzen, die Entscheidung zu überprüfen (vgl § 238 Abs 3 StPO, der die Verkündung der Entscheidungsgründe ausdrücklich vorsieht; Danek/Mann, WK-StPO § 238 Rz 10).
Bei einem aufgrund Rechtsmittelverzichts unanfechtbaren (und hier überdies von der Zustimmung des Angeklagten abhängigen) Beschluss hingegen ist der „wesentliche Inhalt“ nicht dahin zu verstehen, dass die Protokollierung einer die Erwägungen darstellenden Begründung erforderlich wäre, ist dies doch unter dem Aspekt der Nachvollziehbarkeit weder für die Parteien noch für eine Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht notwendig. Soweit das Hauptverhandlungsprotokoll ‑ wie hier ‑ durch einen Protokollsvermerk ersetzt wird, hat dieser zwar (neben den in § 271 Abs 1 Z 1 ‑ 3 StPO angeführten Angaben) auch einen nach § 494 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO in der Hauptverhandlung gefassten und verkündeten rechtskräftigen Beschluss zu enthalten (vgl RIS‑Justiz RS0096920, Nimmervoll; Beschluss und Beschwerde, 99 f), hinsichtlich der Dokumentation dessen Inhalts ist aber naturgemäß kein „Mehr“ erforderlich (vgl auch die für Urteile geltende Regelung des § 270 Abs 4 Z 1 StPO: „mit Ausnahme der Entscheidungsgründe“). Eine Gesetzesverletzung liegt somit nicht vor.
2./ Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. April 2014 (ON 17) verstößt gegen § 86 Abs 1 erster Satz StPO, weil die einen integrierenden Bestandteil jedes Beschlusses bildende Rechtsmittelbelehrung fehlt.
Da die Zustellung des Beschlusses ohne Rechtsmittelbelehrung die Frist für die ‑ nicht aufschiebende (§ 87 Abs 3 StPO) ‑ Beschwerde jedoch nicht auslöst (RIS‑Justiz RS0123942), wirkte sich diese Gesetzesverletzung im Ergebnis nicht nachteilig für den Verurteilten aus (§ 292 letzter Satz StPO).
3./a./ Vor der Beschlussfassung über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht vom 10. Februar 2015 (ON 31) unterblieb ‑ wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt ‑ die in § 495 Abs 3 StPO verpflichtend vorgesehene Einholung einer Strafregisterauskunft (Jerabek, WK-StPO § 495 Rz 8). Bei einer auf § 53 Abs 2 StGB gestützten Beschlussfassung konnte sich diese Gesetzesverletzung jedoch nicht zum Nachteil des Verurteilten auswirken (§ 292 letzter Satz StPO).
3./b./ Zum Beschluss vom 10. Februar 2015 führt die Generalprokuratur weiters aus:
Der Beschluss vom 10. Februar 2015 (ON 31), mit dem wegen weisungswidrigen Verhaltens der Widerruf der mit Urteil vom 6. Dezember 2013, GZ 42 Hv 93/13x‑11 des Landesgerichts für Strafsachen Wien, gewährten bedingten Strafnachsicht ausgesprochen wurde, verstößt in den zur Begründung dieser Entscheidung auf das gegen DI Erwin S***** anhängige, im Zeitpunkt der Beschlussfassung jedoch nicht rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren, AZ 73 Hv 30/15p des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Bezug nehmenden Passagen, im Besonderen zum dort verfolgten Tatverdacht, zur Verhängung der Untersuchungshaft sowie zu deren Verlängerung gegen die in § 8 StPO in Verbindung mit Art 6 Abs 2 MRK statuierte Unschuldsvermutung (Grabenwarter in Fuchs/Ratz WK‑StPO § 8 Rz 8).
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Das Recht auf Achtung der Unschuldsvermutung wird verletzt, wenn der Widerruf einer bedingten Strafnachsicht damit begründet wird, dass das Gericht Gewissheit darüber erlangt hat, dass der Verurteilte eine neue strafbare Handlung während der Probezeit begangen hat, noch bevor dieser hiefür rechtskräftig verurteilt worden ist (Grabenwarter, WK‑StPO § 8 Rz 8). Vorliegend hat das Gericht seine Widerrufsentscheidung ausschließlich auf die mutwillige Nichtbefolgung der Weisung trotz förmlicher Mahnung gestützt (§ 53 Abs 2 StGB). Die ersichtlich bloß illustrative Erwähnung des neuen, zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens gegen den Verurteilten und der über ihn verhängten Untersuchungshaft war daher bei der Beschlussfassung nicht begründungsrelevant, weshalb auch keine Verletzung der Unschuldsvermutung vorliegt (vgl RIS‑Justiz RS0128232).
Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
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