European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00116.15P.1215.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Byulent H***** des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Ab s 1, Abs 3 Z 1, 2 und 3, Abs 4 erster Fall FPG (idF vor BGBl I 2015/121) schuldig erkannt.
Danach hat er am 22. Juli 2015 in N***** und an anderen Orten Österreichs im einverständlichen Zusammenwirken mit nicht ausgeforschten Mittätern gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die rechtswidrige Einreise oder Durchreise einer größeren Zahl von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf eine Art und Weise, durch die die Fremden, insbesondere während der Beförderung, längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden, mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt (in Höhe von 3.000 bis 5.500 Euro pro Person) unrechtmäßig zu bereichern, indem er gegen einen (eigenen) Schlepperlohn in unbekannter Höhe 17 afghanische Staatsangehörige und 23 Personen unbekannter Nationalität, die jeweils über keinen Titel für den Aufenthalt in der Europäischen Union verfügten, in einem Kleintransporter von Ungarn nach N***** transportierte, wobei die Geschleppten auf der mehrstündigen Fahrt ohne Zwischenstopp, Verpflegung und Wasser bei unzureichender Luftzufuhr, teils hockend, teils stehend, teils übereinander liegend auf der für eine derartige Anzahl von Personen viel zu kleinen Ladefläche verharren mussten, sodass einige der Fremden ohnmächtig wurden und andere sich übergeben mussten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Mit dessen leugnender Verantwortung hat sich das Erstgericht auseinandergesetzt und in eingehender Beweiswürdigung mängelfrei dargelegt, aus welchen Gründen es ‑ im Wesentlichen gestützt auf die kriminalpolizeilichen Erhebungsergebnisse und die für glaubwürdig erachteten Angaben der Geschleppten ‑ zu gegenteiligen Feststellungen gelangte (US 5 ff).
Indem die Mängelrüge ein einzelnes Element dieser Argumentationskette (wonach „außerdem“ die Behauptung des Beschwerdeführers, die Fremden hätten ihn durch Drohung mit einem Messer oder einem ähnlichen Gegenstand zur Mitnahme gezwungen, schon aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit unglaubwürdig sei) isoliert herausgreift und daran auf Basis eigener Beweiswerterwägungen die Behauptung bloßer Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) knüpft, unterlässt sie die insoweit gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370, RS0116737) und bekämpft bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0106588).
Der Beantwortung der weiteren Mängelrüge ist klarstellend vorauszuschicken, dass eine auf eigene unrechtmäßige Bereicherung gerichtete Täterintention ‑ entgegen dem ersichtlich vertretenen Beschwerde-standpunkt ‑ keine Voraussetzung für die Subsumtion nach § 114 Abs 1 FPG („sich oder einen Dritten“) ist.
Mit Blick auf die ‑ von der Beschwerde nicht in Frage gestellten ‑ Feststellungen, nach denen der Beschwerdeführer in Kenntnis des ungewöhnlich hohen Entgelts in Höhe von 3.000 bis 5.500 Euro pro Person war, das die Fremden für die Schleppung „an den Organisator im Heimatland“ bezahlen mussten, und solcherart die unrechtmäßige Bereicherung Dritter ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (US 4, 8), bezieht sich der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsannahmen zu seiner eigenen Entlohnung daher nur in Ansehung der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 114 Abs 3 Z 1 FPG) auf entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0089670; vgl auch Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 407).
Auch insoweit verfehlt die Rüge aber den Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes, indem sie bloß auf eine einzelne Urteilspassage rekurriert und die insoweit zentralen Überlegungen der Tatrichter übergeht.
Diese leiteten ihre Überzeugung, wonach der Beschwerdeführer nach Verbringung der Fremden zum vereinbarten Zielort einen Anteil des an die kriminelle Organisation geleisteten Entgelts als „Schlepperlohn“ erhalten sollte (US 4 iVm US 8 ff) und in der Absicht handelte, sich durch die wiederholte Begehung von Schlepperei eine fortlaufende Einnahme in dieser Form zu verschaffen (US 9 f iVm US 10), aus dem äußeren Tatgeschehen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452; RIS-Justiz RS0116882), der Höhe der von der kriminellen Organisation lukrierten Beträge im Verein mit allgemeiner Lebenserfahrung, dem einschlägig wegen Vermögensdelikten getrübten Vorleben des Beschwerdeführers, seiner angespannten finanziellen Situation und der arbeitsteiligen Vorgangsweise im Rahmen einer kriminellen Organisation ab (US 8 f), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) keinen Bedenken begegnet.
Mit dem Hinweis auf das Fehlen von Verfahrensergebnissen zu einer unmittelbaren Geldübergabe durch die Fremden an den Angeklagten und den ‑ vom Erstgericht erörterten (US 8) ‑ Umstand, dass dieser bei seiner Festnahme nur einen Bargeldbetrag von 150 Euro bei sich hatte, erschöpft sich die Beschwerde erneut in
unzulässiger
Beweiswürdigungskritik.
Mit der
Berufung auf den
Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO; Art 6 Abs 2 MRK) wird keiner der von der Z 5 bezeichneten Fehler behauptet (RIS‑Justiz RS0117445).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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