OGH 4Ob149/15p

OGH4Ob149/15p15.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1. L***** Rechtsanwälte GmbH, 2. Dr. G*****, beide vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Gegner der gefährdeten Parteien 1. Dr. S*****, 2. P***** Rechtsanwälte GmbH, *****, beide vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 26. Juni 2015, GZ 3 R 28/15g, 3 R 29/15d‑22, womit die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 18. März 2015, GZ 18 Cg 105/14a‑15, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00149.15P.1215.000

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der gefährdeten Parteien gegen die Gegner der gefährdeten Parteien auf Unterlassung unlauterer und ehrenrühriger Handlungen wird den Gegnern der gefährdeten Parteien aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, in der Öffentlichkeit, insbesondere auch auf der Website p***** der P***** Rechtsanwälte GmbH durch dort wiedergegebene Zeitungsartikel, die Verhängung der Untersuchungshaft gegen die zweitgefährdete Partei zu verlangen.

Diese einstweilige Verfügung wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die von den Antragstellern binnen einem Monat nach rechtskräftigem Abschluss dieses Provisorialverfahrens einzubringende Klage auf Unterlassung erlassen.

Der Antrag der gefährdeten Parteien, darüber hinaus den Gegnern der gefährdeten Parteien mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es zu unterlassen, in Kenntnis der Tatsache, dass ‑ insbesondere nach dem rechtskräftigen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. August 2014, AZ 32 Bs 46/14w ‑ gegen die zweitgefährdete Partei kein dringender Tatverdacht bestehe, die Verhängung der Untersuchungshaft gegen die zweitgefährdete Partei anzuregen, wird hingegen abgewiesen.

Die gefährdeten Parteien sind schuldig, den Gegnern der gefährdeten Parteien die mit 1.396,93 EUR bestimmten anteiligen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (darin 232,82 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die gefährdeten Parteien haben die Kosten des Verfahrens erster Instanz zur Hälfte einstweilen und zur Hälfte endgültig selbst zu tragen.“

Die gefährdeten Parteien sind weiters schuldig, den Gegnern der gefährdeten Parteien die mit 1.919,92 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 319,99 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die gefährdeten Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Hälfte einstweilen und zur Hälfte endgültig selbst zu tragen.

 

Begründung:

Der Zweitantragsteller ist geschäftsführender Gesellschafter der Erstantragstellerin, einer Rechtsanwälte GmbH, und als Rechtsanwalt tätig. Der Erstantragsgegner ist geschäftsführender Gesellschafter der Zweitantragsgegnerin, ebenfalls einer Rechtsanwälte GmbH, und auch Rechtsanwalt.

Seit mehreren Jahren ist bei der Staatsanwaltschaft gegen einen mittlerweile Verstorbenen und andere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Mordes und der Begehung anderer Verbrechen anhängig.

Die Erstantragstellerin vertritt in diesem Verfahren die Opfer. Die Zweitantragsgegnerin war einer der Verteidiger des (ursprünglichen) Hauptangeklagten.

Die Erstantragstellerin vertritt auch einen Verein, der tatsächlich die Interessen eines bestimmten ausländischen Geheimdienstes in Österreich abdeckt. Aus diesem Grund und aufgrund des Verdachts, dass der Zweitantragsteller und zwei weitere Mitarbeiter der Erstantragstellerin einen Mitangeklagten des Hauptverdächtigen genötigt hätten, mit der Erstantragstellerin zusammenzuarbeiten, ist gegen den Zweitantragsteller und zwei weitere Mitarbeiter der Erstantragstellerin ein Verfahren wegen des Verdachts nach §§ 105, 106 und 256 StGB anhängig.

Die Zweitantragsgegnerin vertrat in diesem Verfahren den Hauptangeklagten als Privatbeteiligten. Der Privatbeteiligtenanschluss wurde nur zu den Vorwürfen nach §§ 105, 106 StGB zugelassen; hinsichtlich des Vorwurfs nach § 256 StGB wurde die Opferstellung verneint.

Das Interesse der von der Erstantragstellerin vertretenen Witwen der vermeintlichen Opfer des Hauptangeklagten und des erwähnten Vereins bestand unter anderem darin, den Sachverhalt derart aufzubereiten, dass eine strafrechtliche Verfolgung des Hauptangeklagten Aussicht auf Erfolg haben würde.

Am 18. Oktober 2013 ordnete die Staatsanwaltschaft Wien die Sicherstellung bestimmter Daten an, die die Erstantragstellerin betreffende Korrespondenz enthalten sollten. Das Oberlandesgericht Wien hob diese Anordnung mit Beschluss vom 18. August 2014 auf, trug der Staatsanwaltschaft auf, das Rechtshilfeersuchen zu widerrufen und die aufgrund dieser Anordnung sichergestellten Gegenstände an die Eigentümer herauszugeben, sowie allenfalls bereits hergestellte Kopien von Datenträger zu löschen. Es stellte unter Aufbereitung der gesamten bisherigen Beweisergebnisse zur Verdachtslage betreffend den Vorwurf gemäß § 256 StGB fest, dass der Tatverdacht letztlich doch nicht die für den Zugriff gebotene, verdichtete Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung erreiche, weshalb die staatsanwaltschaftliche Anordnung gegen § 144 Abs 3 StPO verstoße.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2014 sprach das Landesgericht für Strafsachen Wien aus, dass die Rechte unter anderem des Zweitantragstellers durch die Entgegennahme von Mitteilungen sowie durch die Vernehmung eines bestimmten Zeugen verletzt worden seien und dass Mitteilungen dieses Zeugen sowie Protokolle über dessen Vernehmung als Zeuge ohne Einverständnis von (unter anderem) des Zweitantragstellers nicht zu dessen Nachteil als Beweis verwendet werden dürften.

Mit Schriftsatz vom 24. November 2014 erklärte der durch die Zweitantragsgegnerin vertretene Hauptangeklagte in dem (unter anderem) gegen den Zweitantragsteller geführten Strafverfahren seinen Anschluss als Privatbeteiligter, wobei der Schriftsatz neuerlich auf § 256 StGB Bezug nahm. Die Zweitantragsgegnerin legte mit diesem Schriftsatz Urkunden vor und regte neben Beweisanträgen auch die Verhängung der Untersuchungshaft über alle Beschuldigten, darunter auch den Zweitantragsteller, an. Eine gleiche Anregung enthält der Schriftsatz der Zweitantragsgegnerin vom 12. Dezember 2014.

In der Folge berichteten mehrere Medien darüber, dass die Zweitantragsgegnerin die Verhängung der Untersuchungshaft über den Zweitantragsteller angeregt habe. Einige dieser Artikel veröffentlichte die Zweitantragsgegnerin auf ihrer Website, um sie so zu Marketingzwecken zu instrumentalisieren.

Nach einer Pressemeldung der Antragsteller wandten sich der Erstantragsgegner und einer seiner Mitarbeiter persönlich an die Medien, um richtigzustellen, dass die Antragsgegner die Untersuchungshaft für den Antragsteller nicht verlangt, sondern nur angeregt haben.

Die Antragsteller begehren, den Antragsgegnern zur Sicherung ihres Anspruchs auf Unterlassung unlauterer und ehrenrühriger Handlungen mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, in Kenntnis der Tatsache, dass ‑ insbesondere nach dem rechtskräftigen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. August 2014 ‑ gegen den Zweitantragsteller kein dringender Tatverdacht bestehe, die Verhängung der Untersuchungshaft gegen den Zweitantragsteller anzuregen und/oder in der Öffentlichkeit, insbesondere auch in auf der Website der Zweitantragsgegnerin wiedergegebenen Zeitungsartikeln, die Verhängung der Untersuchungshaft gegen den Zweitantragsteller zu verlangen. In Umsetzung ihrer aggressiven Verteidigungsstrategie, die die Verunglimpfung des Zweitantragstellers als Handlanger eines ausländischen Geheimdienstes und die Behauptung der Manipulation von Beweismitteln umfasse, sowie aus persönlichen Motiven (Konkurrenzverhältnis nach Ausschluss des Erstantragsgegners aus der ursprünglich gemeinsam geführten Rechtsanwaltskanzlei) haben die Antragsgegner in ihrem an die Staatsanwaltschaft gerichteten Schriftsatz vom 24. November 2014 angeregt, über den Zweitantragsteller wegen angeblich dringenden Tatverdachts und angeblicher Flucht‑ und Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft zu verhängen. Der Schriftsatz sei unverzüglich den Medien zugespielt worden, die in der Folge über diese Anregung berichtet hätten. Einige dieser Artikel hätten die Antragsgegner mit dem Ziel der Diskreditierung der Opfervertreter auf ihrer Website veröffentlicht. Die Anregung und die Veröffentlichung der Medienberichte sei wider besseres Wissen erfolgt und verstoße gegen die Berufs‑ und Standespflichten der Rechtsanwälte. Diese rechtswidrige Vorgangsweise der Antragsgegner sei geeignet, den Wettbewerb entscheidend zum Nachteil der Antragsteller zu beeinflussen und beeinträchtige deren Integrität massiv.

Die Antragsgegner wendeten ein, die Rechtsmeinung des Oberlandesgerichts in seinem Beschluss vom 14. August 2014 sei überholt, weil später weitere gewichtige Umstände und Beweismittel hervorgekommen seien, die die Antragsteller schwer belasteten und jedenfalls mittlerweile einen dringenden Tatverdacht in Richtung §§ 105, 106 und 256 StGB rechtfertigten. Den Antragsgegnern stehe wie jedermann das Anzeigerecht nach § 80 StPO zu, überdies seien sie als Verteidiger des Hauptangeklagten verpflichtet und berechtigt (gewesen), alles, was sie nach dem Gesetz zur Vertretung ihrer Partei für dienlich erachtet haben, unumwunden vorzubringen. Diese Verpflichtung und Befugnis umfasse auch das Recht, die Verhängung der Untersuchungshaft über verdächtige Personen anzuregen.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Der von den Antragsgegnern vertretene Hauptangeklagte sei in dem gegen den Zweitantragsteller anhängigen Strafverfahren nur hinsichtlich §§ 105, 106 StGB, nicht aber hinsichtlich § 256 StGB als Privatbeteiligter zugelassen worden. Die Antragsgegner hätten daher mit ihrer Anregung auf Verhängung der Untersuchungshaft wegen des zuletzt genannten Straftatbestands nicht im Interesse ihres Mandanten handeln können. Sie hätten mehrfach ungerechtfertigt die Verhängung der Untersuchungshaft angeregt und mit dieser Anregung, nachdem darüber in den Medien berichtet worden sei, auch noch auf ihrer Homepage geworben. All dies habe dazu gedient, die Antragsteller zu diskreditieren, einen Mitbewerber öffentlich zu denunzieren, ihn pauschal verbrecherischer Handlungen zu verdächtigen und damit krass herabzusetzen. Dieses Verhalten verstoße gegen § 1330 ABGB und § 7 UWG, sei darüber hinaus aber auch ein gravierender Verstoß gegen anwaltliches Standesrecht und damit auch gegen § 1 UWG.

Das Rekursgericht wies das Sicherungsbegehren zur Gänze ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Das von den Antragstellern erhobene Sicherungsbegehren ziele nicht darauf ab, den Antragsgegnern (zu Wettbewerbszwecken) bestimmte ehrenbeleidigende und/oder kreditschädigende Äußerungen zu verbieten, sondern (in seinem ersten Teil), ihnen eine konkrete prozessuale Handlung, nämlich die Anregung der Verhängung der Untersuchungshaft gegenüber der Staatsanwaltschaft zu untersagen. Ein solches Verhalten sei weder vom Wortlaut noch vom Regelungszweck der §§ 1330 ABGB und 7 UWG gedeckt. Da die Antragsgegner nicht öffentlich verlangt hätten, den Zweitantragsteller in Untersuchungshaft zu nehmen, fehle auch dem zweiten Teil des Sicherungsbegehrens die Berechtigung. Der den Antragstellern obliegende Beweis, dass die Antragsgegner die in Rede stehende Anregung vorsätzlich und in Kenntnis der Unwahrheit der darin behaupteten Tatsachen vorgenommen haben, sei nicht erbracht. Die Beurteilung, ob tatsächlich ein dringender Tatverdacht vorliege, obliege ausschließlich dem Gericht. Da die Antragsgegner die Verhängung der Untersuchungshaft über den Zweitantragsteller ausschließlich in an die Staatsanwaltschaft gerichteten Schriftsätzen angeregt hätten, liege von vornherein kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller, mit dem sie ihr Sicherungsbegehren weiter verfolgen, ist zur Klärung der Rechtslage zulässig und teilweise auch berechtigt.

1. Die von den Revisionsrekurswerbern im Zusammenhang mit gerügten Aktenwidrigkeiten und Mängeln des Rekursverfahrens ins Treffen geführten Tatsachenfeststellungen erweisen sich teilweise als rechtliche Beurteilungen, weshalb ‑ zumindest in Ansehung des Erstunterlassungsbegehrens ‑ die Rüge, das Rekursgericht gehe nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, nicht zutrifft.

Ob ein bestehender Tatverdacht als dringend zu beurteilen ist, also die Voraussetzung für die Verhängung der Untersuchungshaft erfüllt, bildet auch eine rechtliche Beurteilung und keine bloße Tatsachenfeststellung. Dies gilt auch dafür, ob bestimmte mit einem Antrag vorgelegte Unterlagen geeignet sind, das Tatsachensubstrat, das einer bestimmten Gerichtsentscheidung zugrunde liegt, zum Nachteil einer bestimmten Person zu ergänzen oder zu ändern. Soweit also in den diesbezüglichen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen in Wahrheit eine rechtliche Beurteilung enthalten ist, besteht keine Bindung des Rekursgerichts an diese rechtliche Beurteilung.

2. Der Anspruch nach § 1330 ABGB, § 7 UWG setzt voraus, dass die Tatsachenmitteilungen öffentlich verbreitet wurden. Die Vertraulichkeit einer Mitteilung kann ein Rechtfertigungsgrund im Sinn des § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB, § 7 Abs 2 UWG sein. Eine vertrauliche Mitteilung nach den genannten Bestimmungen liegt dann vor, wenn sie sich an einen ganz bestimmten Personenkreis richtet, die vertrauliche Behandlung entweder ausdrücklich zur Pflicht gemacht wurde, sie sich aus den Umständen eindeutig ergibt oder nach den Regeln des Verkehrs besteht (RIS‑Justiz RS0112016, RS0079767). Ein Rechtfertigungsgrund für eine herabsetzende Tatsachenbehauptung kann dann vorliegen, wenn sie in Ausübung eines Rechts aufgestellt wurde. Dies gilt insbesondere für Strafanzeigen und Disziplinaranzeigen sowie grundsätzlich für jede Prozessführung wie für Parteiaussagen und Zeugenaussagen oder für Äußerungen eines Sachverständigen in einem Prozess. Das Prozessvorbringen durch einen Rechtsanwalt ist überdies nach § 9 Abs 1 RAO gerechtfertigt. Wesentliche Voraussetzung der Rechtfertigung ist hiebei, dass die Ausübung des Rechts im Rahmen der Prozessführung nicht missbräuchlich erfolgt. Die Herabsetzung des Gegners darf nicht wider besseres Wissen geschehen (RIS‑Justiz RS0114015).

Die von den Antragstellern beanstandete Anregung, über den Zweitantragsteller die Untersuchungshaft zu verhängen, erfolgte in einem Schriftsatz, der im Zusammenhang mit einem bei der Staatsanwaltschaft gegen den Zweitantragsteller geführten Ermittlungsverfahren an diese eingebracht wurde. Es mag zwar zutreffen, dass dem von den Antragsgegnern vertretenen Mandanten in Bezug auf § 256 StGB (geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs) keine Opferstellung und damit auch nicht die Parteirolle als Privatbeteiligter zukommt, dies ändert aber nichts daran, dass der Mandant ein nachvollziehbares Interesse in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren hat, dass der seine Verfolgung/Verurteilung betreibende Anwalt der Opfer seinerseits verfolgt wird, wenn in einem Zusammenhang mit diesem Strafverfahren der Verdacht besteht, dass er nicht nur gegen den Mandanten der Antragsgegner gerichtete Delikte, sondern darüber hinaus auch die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Frage stellende Delikte im Zusammenhang mit diesem Strafverfahren und seiner Rolle darin begangen habe. Es liegt schließlich im Interesse des von den Antragsgegnern vertretenen Hauptangeklagten, den mit besonders auffallender Hartnäckigkeit auftretenden gegnerischen Vertreter allenfalls auch durch die Verhängung der Untersuchungshaft „aus dem Verkehr zu ziehen“, jedenfalls aber in seiner gegen den Mandanten gerichteten Tätigkeit zumindest einzuschränken.

Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, das Parteivorbringen der Antragsgegner im Zusammenhang mit der Anregung, über den Zweitantragsteller die Untersuchungshaft zu verhängen, sei im Sinn einer dem Rechtsanwalt obliegenden Verfolgung der Interessen seines Mandanten als gerechtfertigt anzusehen, steht daher im Einklang mit der Rechtsprechung.

Dem Anwalt muss es auch frei stehen, entgegen bereits vorliegender rechtlicher Beurteilung eines Gerichts im Interesse seines Mandanten eine andere Rechtsmeinung zu vertreten. Er darf/muss versuchen, die Beurteilung eines Tatverdachts im Sinn des Standpunkts seines Mandanten als dringend zu erreichen oder auf die Eignung bestimmten Materials, eine andere rechtliche Beurteilung herbeizuführen, hinweisen. Die gegenüber der Staatsanwaltschaft vertretene Anregung, den Zweitantragsteller in Untersuchungshaft zu nehmen, mag durchaus implizite Tatsachenbehauptungen zu den Voraussetzungen für die Verhängung der Untersuchungshaft enthalten. Dass die Anregung wider besseres Wissen erfolgt wäre, lässt sich aber aus dem von den Antragstellern ins Treffen geführten Beschluss des Oberlandesgerichts Wien nicht ableiten, weil die diesem zugrunde liegende rechtliche Beurteilung von den Antragsgegnern in Vertretung ihres Mandanten wohl kritisiert, hinterfragt oder ihr auch widersprochen werden darf.

Dem auf die Untersagung bestimmten Prozessvorbringen und die Stellung bestimmter Anträge an die Staatsanwaltschaft gerichteten Sicherungsbegehren fehlt daher die Berechtigung.

3. Im Gegensatz zur rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts ist aber die Wiedergabe der Presseartikel über die Anregung/das Verlangen der Antragsgegner, den Zweitantragsteller in Untersuchungshaft zu nehmen, im Rahmen des Internetauftritts der Antragsgegner als Verbreiten kreditschädigender/herabsetzender (impliziter) Tatsachen‑ behauptungen zu werten.

In diesem Zusammenhang ist auf die erstgerichtliche Feststellung zu verweisen, dass die Antragsgegner die über die vorher genannten Umstände berichtenden Medienartikel auf ihrer Homepage veröffentlicht und sie zu Marketingzwecken instrumentalisiert haben. Damit ist nicht nur die ‑ bei der Wiedergabe von die eigene Handlungsweise (zumindest nach der eigenen Meinung) positiv darstellenden Presseberichten auf der die eigene Geschäftstätigkeit bewerbenden Internetseite naheliegende ‑ Wettbewerbsabsicht festgestellt, sondern der festgestellte Sachverhalt auch rechtlich dahin beurteilt, dass die Verbreitung dieser Presseberichte als Handeln im geschäftlichen Verkehr bzw in Wettbewerbsabsicht im Sinn des § 7 UWG erfolgte.

Eine Wettbewerbshandlung erfordert auch die Absicht, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen Mitbewerbers zu fördern. Beim Zusammentreffen mehrerer Beweggründe reicht es aus, dass die Absicht, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, nicht völlig zurücktritt (RIS‑Justiz RS0077780). Ob das der Fall ist, ist als Wertung eine Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0077780 [T2]). Es genügt, dass die behauptete Tatsache objektiv geeignet ist, das Unternehmen oder den Kredit des anderen zu schädigen (RIS‑Justiz RS0079623).

Veröffentlicht ein Rechtsanwalt auf der seine Tätigkeit darstellenden Internetseite Presseberichte über von ihm gestellte Anträge im Strafverfahren und erstattetes Prozessvorbringen, will er das angesprochene Publikum offensichtlich davon überzeugen, wie durchschlagskräftig und unerschrocken er die Interessen seines Mandanten vertritt und auch nicht davor zurückschreckt, gegen Angehörige seines eigenen Standes einzuschreiten, wenn diese den Interessen seines Mandanten zuwider handeln oder zu deren Nachteil Gesetze verletzen/dessen verdächtig sind. Dass er damit geschäftliche Interessen verfolgt, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Ein Handeln zu Wettbewerbszwecken setzt nicht voraus, dass die auf Wettbewerb gerichtete Absicht die einzige oder wesentliche Zielsetzung für die Handlung ist. Sie darf nur gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (RIS‑Justiz RS0077647). Ob die (mitspielende) Wettbewerbsabsicht neben anderen Zielen der Handlung noch Gewicht hat, ist als Wertung eine ‑ auch noch in dritter Instanz zu überprüfende ‑ Rechtsfrage, die aufgrund der zu den konkurrierenden Motiven und Zwecken des Handelnden getroffenen Tatsachenfeststellungen zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0077647 [T8, T16]). Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Handeln im geschäftlichen Verkehr bzw in Wettbewerbsabsicht gegenüber anderen Motiven und Zwecken der Antragsgegner in den Hintergrund tritt.

Der Oberste Gerichtshof sprach bereits wiederholt aus, dass die Erstattung einer Strafanzeige ‑ den Fall einer wissentlich falschen Anzeige ausgenommen ‑ gerechtfertigt ist, der Rechtfertigungsgrund aber nicht mehr zur Verfügung steht, wenn der Anzeiger die in die Ehre des anderen eingreifenden Behauptungen öffentlich in Presseaussendungen oder Zeitungsinterviews wiederholt, weil er dies nicht mehr im öffentlichen Interesse am Funktionieren der Strafrechtspflege tut (6 Ob 265/03v mwN). Nichts anderes gilt auch für andere Anträge oder Anregungen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren gegenüber den Ermittlungsbehörden. Die von den Antragsgegnern gegenüber der Staatsanwaltschaft vorgebrachte Anregung, den Zweitantragsteller in Untersuchungshaft zu nehmen, ist daher gerechtfertigt, nicht aber die öffentliche Verbreitung der nachfolgenden Medienberichte über diesen Sachverhalt auf der Internetseite der Erstantragsgegnerin.

Die Entscheidung über die Kosten des Sicherungsverfahrens beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm § 43 Abs 1 ZPO. Die Antragsteller waren mit einem Teil (der Hälfte) ihres aus zwei Punkten bestehenden Sicherungsbegehrens erfolgreich.

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