OGH 4Ob126/15f

OGH4Ob126/15f17.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Markenrechtssache der Antragstellerin L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Georg Zeiner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Eintragung der Wortmarke BUKHARA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 7. Mai 2015, GZ 34 R 50/15w‑3, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00126.15F.1117.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO iVm § 42 MSchG mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Patentamt wies die Eintragung der Wortmarke BUKHARA für die Waren der Klasse 29 (Rosinen) aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ab, weil Bukhara eine der bedeutendsten Städte Usbekistans und die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz ist. Die beteiligten Verkehrskreise sähen daher im angemeldeten Zeichen nur einen beschreibenden Hinweis auf die geografische Herkunft der so bezeichneten Waren. Ohne Verkehrsgeltungsnachweis könne das Zeichen nicht eingetragen werden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ausgehend davon, dass zumindest der (mit‑)beteiligte Verkehrskreis des (Fach‑)Handels (Importeure, Zwischenhändler, Delikatessenhändler), aber auch Teile der baukunst‑, fremdkultur‑ oder weltpolitikinteressierten Endverbraucher BUKHARA als geografische Bezeichnung kennen, fassten diese die Wortmarke als bloßen, konkreten und direkten Hinweis auf die Herkunft der Ware oder den Ort der Erzeugung der angebotenen Waren auf, ohne dass es dazu eines aufwändigen oder längeren Denkprozesses oder Interpretationsaufwands bedürfe. Bei gespaltener Verkehrsauffassung genüge es, dass der beschreibende Charakter ‑ im konkreten Fall als geografische Herkunftsangabe ‑ nur einem dieser Verkehrskreise geläufig sei. Dem angemeldeten Zeichen fehle daher wegen des ausschließlich beschreibenden Charakters die Kennzeichnungskraft. Auch bestehe ein zukünftiges Freihaltebedürfnis, weil bereits genügend Einträge dieses Begriffs im Internet zu finden seien, auch im Zusammenhang mit der beantragten Ware, beispielsweise als „Schwarze Bukhara Weinbeere“ oder „Rosinen aus Bukhara“.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, das gegenständliche Zeichen sei durchaus unterscheidungskräftig. Zur Frage, unter welchen Bedingungen geografische Herkunftsbezeichnungen als Marke eintragungsfähig seien, gebe es keine (jüngere) höchstgerichtliche Rechtsprechung. Vielmehr sei in einer älteren Entscheidung (4 Ob 8/95 ‑ Moosalm) festgehalten worden, dass für den Fall der weitgehenden Unbekanntheit des Namens die Marke schutzfähig sei. Außerdem gebe es keine Rechtsprechung, unter welchen Bedingungen das Patentamt Inhalte einfacher Interneteintragungen zur Beurteilung der Eintragungsfähigkeit der Marke heranziehen dürfe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen unzulässig:

1. Bei der Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen abzustellen (4 Ob 49/14f). Ein geografischer Begriff ist von der Registrierung als Marke nur dann ausgeschlossen, wenn er im Geschäftsverkehr tatsächlich als Herkunftsangabe aufgefasst wird. Es kommt dabei auf das Verständnis der beteiligten Verkehrskreise an (4 Ob 59/95 ‑ New Yorker). Bei geografischen Begriffen fehlt in der Regel die Unterscheidungskraft. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn Begriffe im Geschäftsverkehr nicht als Herkunftsnachweis, sondern als Phantasiebezeichnung aufgefasst werden, also der Phantasiecharakter überwiegt und eine allfällige geografische Bedeutung ganz zurücktritt (4 Ob 45/04b ‑ St. Zeno).

2. In der Entscheidung 4 Ob 8/95 ‑ Moosalm wurde ausgeführt, dass diese Bezeichnung als Ortsangabe weitgehend unbekannt und sie daher im Ergebnis als Phantasiebezeichnung schutzfähig ist. Hingegen wurde der Marke „New Yorker“ der Phantasiecharakter abgesprochen (4 Ob 59/95 ‑ New Yorker), weil New York als amerikanische Großstadt so gut wie jedermann bekannt ist. Nach der Entscheidung 4 Ob 45/04b ‑ St. Zeno kann der Name eines Orts, der wenig bekannt ist und weder historisch noch kulturell oder wirtschaftliche Bedeutung hat und daher nur einem ganz kleinen, auf solchen Gebieten besonders versierten Kreis geläufig ist, als Marke eingetragen werden. Nach der Entscheidung des EuGH C‑108 und 109/97, Chiemsee , ist nicht nur die Eintragung solcher geografischer Bezeichnungen als Marken verboten, die Orte bezeichnen, die von den beteiligten Verkehrskreisen aktuell mit der betreffenden Warengruppe in Verbindung gebracht werden, sondern auch solcher geografischer Bezeichnungen, die zukünftig von den betroffenen Unternehmen als Herkunftsangaben für die betreffende Warengruppe verwendet werden können.

3. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass dem angemeldeten Zeichen die Kennzeichnungskraft fehle, hält sich noch im Rahmen dieser (von der Revisionsrekurswerberin zu Unrecht vermissten) Rechtsprechung. Der Rekurssenat ist nämlich ‑ unabhängig vom Ergebnis allfälliger Abfragen im Internet (dessen Heranziehung als eines mehrerer Mittel zur Bestimmung des Verkehrsverständnisses im Übrigen nicht zu beanstanden ist) ‑ davon ausgegangen, dass zumindest der (mit‑)beteiligte Verkehrskreis des (Fach‑)Handels, aber auch Endverbraucher mit speziellen Interessen, den Begriff BUKHARA als geografische Bezeichnung kennen, was insoweit auch unstrittig ist. Ausgehend davon hat das Rekursgericht die Frage, ob das Wortzeichen BUKHARA beschreibend im Sinn von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist, vertretbar gelöst. Denn es kann bereits das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen entscheidend sein und das Registrierungshindernis bewirken, dies auch ungeachtet des Umstands, dass es sich um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt. Das Eintragungshindernis darf in keinem dieser Kreise vorliegen (vgl 4 Ob 77/15z).

Stichworte