European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00122.15B.1111.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Enes N***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen ‑ auch einen rechtskräftigen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthaltenden ‑ Urteil wurde Enes N***** des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (I.) und des Vergehens des unerlaubten Waffenbesitzes nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (II.) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
I. am 9. April 2015 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Adnan A***** als Mittäter (§ 12 StGB) an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem sie sich mit zwei mit Benzin gefüllten 1,5 Liter‑Flaschen, einem Geißfuß, einem Schlitzschraubenzieher und einem Paar Handschuhe ausgestattet und zwei über den Kopf gezogene Masken bekleidet beim Café „N*****“ des Gerhard K***** bei einem abgestellten PKW versteckt hielten, nachdem sie bereits versucht hatten, das Geschäftslokal aufzubrechen, um das Lokal in Brand zu setzen, wobei sie an der Tatausführung nur durch eine zufällig vorbeifahrende Polizeistreife gehindert wurden;
II. bis zum 9. April 2015, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt eine Schusswaffe der Kategorie B besessen, und zwar eine Pistole mit weggeschliffener Identifikationsnummer und geladenem Magazin mit acht Patronen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten N***** aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gegen I. des Schuldspruchs ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Die Mängelrüge wirft dem Erstgericht betreffend die Feststellungen zur subjektiven Tatseite eine „beweislose Vermutung zum Nachteil des Angeklagten“ vor und führt aus, die Erwägungen des Schöffengerichts zum Umstand, dass keine Zündmittel (wie Feuerzeuge oder Streichhölzer) sichergestellt wurden, die Angeklagten hätten sich vor der Verhaftung dieser entledigen können, stelle eine offenbar unzureichende Begründung dar (Z 5 vierter Fall).
Mit diesem Vorbringen verfehlt der Nichtigkeitswerber den gesetzlichen Bezugspunkt, weil er nicht sämtliche beweiswürdigende Argumente der Tatrichter in Ansehung der bekämpften Feststellung berücksichtigt (RIS‑Justiz RS0119370). Die Tatrichter gründeten ihre Feststellungen zur subjektiven Tatseite nämlich insbesondere auf die sichergestellten Flaschen mit dem Benzin‑Schmiermittelgemisch, Werkzeuge, Handschuhe und Masken sowie die widersprüchliche Verantwortung der Angeklagten (US 7 f). Auch aus
äußeren Umständen der Tat können durchaus
Schlüsse auf die subjektive Tatseite gezogen werden (RIS‑Justiz RS0098671).
Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Überprüfung erhebliche Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt ‑ wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583). Indem der Rechtsmittelwerber auf die Aussage des Angeklagten A***** verweist, wonach sie das Benzingemisch lediglich im Lokal verschütten wollten, um durch den dadurch entstehenden üblen Geruch die Gäste des Konkurrenten zu vertreiben, gelingt es jedenfalls nicht, derartige Bedenken beim Obersten Gerichtshof zu wecken. Mit den Ausführungen, wonach dieser Geschehensvariante „ein wesentlich höherer Wahrscheinlichkeitsgrad beizumessen“ wäre, verlässt der Nichtigkeitswerber den Anfechtungsrahmen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Feststellungen dazu, ob und wie viele Menschen sich zur Tatzeit in dem Mehrparteienhaus, in welchem laut erstgerichtlichen Konstatierungen das Feuer gelegt werden sollte, aufhielten, sowie „welche Brandemmissionen aus dem Lokal ausgetreten wären und wohin sich diese ausgewirkt hätten“, und „ob und wohin der dem Tatplan des Angeklagten zugerechnete Brand sich aus dem Lokal allenfalls ausgebreitet hätte“. Der Nichtigkeitswerber legt jedoch nicht dar, weshalb die diesbezüglich vom Schöffengericht getroffenen Konstatierungen nicht genügen sollten, wonach sich das Café „N*****“ in einem Wohnhaus im dicht bebauten Stadtgebiet befindet, im Fall eines ausgedehnten Feuers daher zumindest die „abstrakte ... Gefährdung einer unbestimmten Anzahl von Menschen“ (US 5) bestanden hätte, wonach es den Angeklagten darauf ankam, ein ausgedehntes Feuer zu legen und sie es darüber hinaus ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, dass es zu einem von Menschenhand mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr löschbaren Feuer an dem Haus kommen könnte, welches den Einsatz der Feuerwehr notwendig gemacht und eine zumindest abstrakte Gefährdung einer unbestimmten Anzahl von Menschen zur Folge gehabt hätte (US 6; vgl RIS‑Justiz RS0094944; 13 Os 54/06z; 12 Os 149/09t = EvBl 2010/35, 231). Warum es darauf ankommen sollte, „ob und wie viele Menschen“ sich zur Tatzeit in dem Mehrparteienhaus aufhielten, bleibt offen. Im Übrigen liegt dem Angeklagten einerseits lediglich Versuch zur Last, andererseits verlangt der Begriff der Feuersbrunst keine konkrete Gefährdung von Menschen (vgl Murschetz in WK² StGB § 169 Rz 6).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)