OGH 9ObA1/15k

OGH9ObA1/15k28.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Dehn als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI Dr. P*****, Russische Föderation, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch Greiter Pegger Kofle & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Entlassungsanfechtung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 18. November 2014, GZ 8 Nc 19/14k‑2, mit dem der Ablehnungsantrag der klagenden Partei gegen den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck Dr. ***** sowie gegen die Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck Dr. ***** und Dr. ***** abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00001.15K.1028.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.823,58 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 303,93 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung der von der Beklagten ausgesprochenen Entlassung. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit seinem im dritten Rechtsgang ergangenen Urteil statt. Über Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht diese Entscheidung ab und wies das Klagebegehren ab.

Gleichzeitig mit seiner gegen dieses Urteil eingebrachten außerordentlichen Revision lehnte der Kläger mit dem hier zu behandelnden Antrag die oben genannten Mitglieder des Berufungssenats als befangen ab. Es sei der ident besetzte Senat gewesen, der bereits zu einem früheren Zeitpunkt dem Kläger strafbare Handlungen, deren der Kläger angeklagt war, im Indikativ als begangen unterstellt habe. Dies sei damals noch mit sprachlichen Verwerfungen erklärt worden. Im nunmehrigen Verfahren liege aber tatsächlich Befangenheit vor. Die abgelehnten Richter hätten Urkundenbeweise herangezogen, um denjenigen Sachverhalt zu „generieren“, der zur Abweisung der Klage dienlich sei. Dabei hätten sie dem Anschein nach bewusst übergangen, dass zu denselben Themen andere Beweisergebnisse, die unmittelbar aufgenommen worden seien, vorlägen. Deren Außerachtlassung komme einer bewusst unter Ausschluss des Rechts auf unmittelbare Beweisaufnahme vorgenommenen Beweisergänzung gleich. Ohne diese Vorgangsweise hätte das Berufungsgericht die Entlassung des Klägers, wie seiner eigenen Entscheidungsbegründung zu entnehmen sei, nicht rechtfertigen können.

Der gemäß § 23 JN für die Entscheidung über Ablehnungsangelegenheiten zuständige Senat des Oberlandesgerichts Innsbruck (in der Folge Erstgericht) gab dem Ablehnungsantrag nicht Folge. Der Ablehnungswerber stütze die behauptete Befangenheit der Mitglieder des Berufungssenats ausschließlich auf behauptete Verfahrensfehler bzw eine angeblich verfehlte Rechtsansicht. Verfahrensmängel als solche oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung könnten lediglich dann den Anschein der Befangenheit begründen, wenn es sich dabei um schwerwiegende Verstöße handle, die an der Objektivität des Richters mit Grund zweifeln ließen. Solche schwerwiegenden Verfahrensverstöße seien nicht zu erkennen, zumal die abgelehnten Mitglieder des Berufungssenats ihren Rechtsstandpunkt in ihrer Entscheidung nachvollziehbar dargelegt hätten. Eine bestimmte Rechtsmeinung zu vertreten, bilde keinen Ablehnungsgrund. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Berufungssenats sei nicht im Ablehnungsverfahren, sondern im Rechtsmittelverfahren zu prüfen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der ‑ zulässige, (§ 24 Abs 2 JN) ‑ Rekurs des Klägers.

Die Beklagte beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Befangenheit zutreffend dargestellt und ausgeführt, dass eine allfällige Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung oder deren Begründung grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund bildet. Auch soll das Ablehnungsverfahren nicht die Möglichkeit bieten, sich nicht genehmer Richter zu entledigen (9 ObA 6/12s; RIS‑Justiz RS0111290). Dies gilt grundsätzlich auch für Verfahrensmängel oder eine unrichtige Beweiswürdigung. Diese könnten lediglich dann eine Befangenheit begründen, wenn diese Mängel so schwerwiegend wären, dass sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen ließen (RIS‑Justiz RS0046090 [T1]). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die abgelehnten Richter in ihrer Entscheidung begründet haben, warum sie die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht für erforderlich hielten, und aus welchen Gründen sie den Inhalt von Urkunden im Rahmen der rechtlichen Beurteilung berücksichtigten. Der Ablehnungswerber vertritt eine andere Auffassung. Meinungsverschiedenheiten sind aber nicht im Ablehnungsverfahren, sondern im Rechtsmittelverfahren auszutragen (RIS‑Justiz RS0111290). Dass die Verwendung von Formulierungen im Indikativ in dem im Rekurs zitierten Beschluss des (damaligen) Rekursgerichts in der Hauptsache vom 14. 5. 2010 (ON 45), mit denen dem Kläger angeblich strafbare Handlungen unterstellt worden seien, keinen Ablehnungsgrund bilden, wurde bereits in 9 ObA 6/12s bestätigt, sodass daraus für den Rekurswerber ebenfalls nichts zu gewinnen ist.

Dem Rekurs kommt daher keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO iVm §§ 2 Abs 1, 58 Abs 1 ASGG (RIS‑Justiz RS0126588; 2 Ob 43/11d; 9 Ob 47/14y).

Stichworte