European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0170OS00019.15W.0914.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die von Christine T***** ergriffene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die gegen die Strafaussprüche gerichteten Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den beiden Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Helmut T***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (I), weiters Christine T***** und Helmut T***** (dieser insoweit durchwegs als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) der Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (II/A und III/A), der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB (II/B und III/B) sowie des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146 und 147 Abs 3 StGB (II/C und III/C) schuldig erkannt.
Danach haben
(I) Helmut T***** am 20. April 2011 in S***** als Bediensteter eines Landeskriminalamts, somit als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat an dessen Recht auf Verfolgung und Aufklärung von Straftaten sowie das „Johannes R***** bzw. der Ra***** gewährleistete Anzeigerecht“ zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er es unter bewusster Verletzung der Bestimmungen der „§§ 2 Abs 1, 20 Abs 1 und 78 Abs 1 StPO“ (ersichtlich gemeint [vgl US 12 f]: §§ 2 Abs 1, 95, 99 Abs 1 und 100 StPO) unterließ, einen Amtsvermerk „bzw. eine Anzeige anlässlich des von Johannes R***** angezeigten Sachverhalts“, wonach Gheorghe und Violeta G***** auf ihrem Konto irrtümlich gutgeschriebene Beträge zu Unrecht abgehoben und solcherart einen Betrug begangen hätten, anzufertigen (zu ergänzen: diesen Verdacht einer Straftat in einem Ermittlungsverfahren aufzuklären) und einen Bericht an die Staatsanwaltschaft zu erstatten;
(II) Christine T*****
(A) am 7. Februar 2011 zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, wissentlich vorgetäuscht, indem sie zunächst gegenüber dem diensthabenden Beamten der Funkstelle der Landespolizeidirektion Wien und gegenüber den (am Vorfallsort) einschreitenden Beamten sowie gegenüber den ermittelnden Beamten des Landeskriminalamts Wien sinngemäß wahrheitswidrig behauptete, ein „unbekannter Schwarzafrikaner“ sei am selben Tag, als sie im Begriff gewesen sei, die Eingangstür ihres Einfamilienhauses in Wien zu öffnen, unvermittelt hinter ihr gestanden und habe versucht, ihre am rechten Unterarm getragene Handtasche, in der sich unter anderem ein Bargeldbetrag von 97.800 Euro befunden habe, gewaltsam zu entreißen, ihr sei es aufgrund ihrer Gegenwehr jedoch gelungen, die Tür aufzusperren und in das Vorzimmer ihres Hauses zu gelangen, der Täter habe daraufhin eine Pistole gezogen und einen Schuss in ihre Richtung abgegeben, sodass sie die Tasche losgelassen habe und der Täter mit dieser geflüchtet sei;
(B) als Zeugin im (aufgrund des zu A beschriebenen Sachverhalts geführten) Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, und zwar
(1) am 7. Februar 2011 gegenüber einem ermittelnden Beamten des Landeskriminalamts Wien, indem sie den zu A dargestellten Geschehensablauf mit ergänzenden Details zu Protokoll gab;
(2) am 15. Februar 2011 gegenüber einem weiteren ermittelnden Beamten des Landeskriminalamts Wien, indem sie in Ergänzung der früheren Aussage unter anderem wahrheitswidrig behauptete, der Mitangeklagte habe in der Woche vor dem 7. Februar 2011 dreimal verschiedene Beträge auf ihr Konto eingezahlt;
(C) am 9. Februar 2011 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der W***** AG durch Täuschung über die Tatsache, dass die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme einer Leistung aus einer bestehenden Haushaltsversicherung erfüllt seien, zu einer dieses Versicherungsunternehmen im 50.000 Euro übersteigenden Betrag von 97.800 Euro am Vermögen schädigenden Handlung, nämlich der Auszahlung der Versicherungsleistung in dieser Höhe, zu verleiten versucht, indem sie eine Schadenmeldung unter Anschluss des Protokolls über die zu II/A erwähnte Vernehmung als Zeugin im Weg des Versicherungsmaklers Michael S***** erstattete, wobei es beim Versuch blieb, weil das Versicherungsunternehmen die Auszahlung verweigerte;
(III) Helmut T*****
(A) zur strafbaren Handlung laut II/A dadurch beigetragen, dass er gemeinsam mit Christine T***** den Tatplan entwickelte, die von dieser zwischen 31. Jänner und 2. Februar 2011 auf ihr Konto eingezahlten 70.400 Euro (zumindest überwiegend) zur Verfügung stellte und am 7. Februar 2011 zwischen 11:41 Uhr und 11:58 Uhr sechsmal das Mobiltelefon der Christine T***** anrief, um so deren Behauptung zu untermauern, sie habe ihr Mobiltelefon zuhause vergessen, weshalb sie nach dem Banktermin dorthin zurückgekehrt sei, um es zu holen;
(B) zur strafbaren Handlung laut II/B/1 durch das zu III/A beschriebene Verhalten beigetragen;
(C) zur strafbaren Handlung laut II/C durch das zu III/A beschriebene Verhalten sowie dadurch beigetragen, dass er am 17. März 2011 per E‑Mail und am 18. März 2011 telefonisch bei einem Mitarbeiter der W***** AG mit dem Hinweis auf seine dienstliche Stellung als Polizeibeamter eines Landeskriminalamts anfragte, welche weiteren Unterlagen zur Abwicklung des Versicherungsfalls noch benötigt würden.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von Helmut T***** und Christine T***** jeweils aus Z 5 und 9 lit a, von Letzterer (nominell) auch aus Z 5a, des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht im Recht.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Helmut T*****:
Die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner (von mehreren) als erheblich beurteilter Umstände, die je für sich keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellen, sind nicht Gegenstand der Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0116737, Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 410). Einen solchen Umstand stellt die zum Schuldspruch I getroffene, als offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) kritisierte Annahme, der Beschwerdeführer habe die Voraussetzungen der tätigen Reue (§ 167 StGB) aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung im Polizeidienst (zuletzt als Leiter der Ermittlungsgruppe Raub) gekannt (US 26 f, vgl auch US 24 f), als begründendes ‑ im Übrigen keineswegs gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstoßendes (RIS‑Justiz RS0118317) ‑ Element der Feststellung zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs (US 12 f) dar. Der ‑ offenbar mit Blick auf § 78 Abs 2 Z 2 StPO ‑ erstattete Einwand, der Beschwerdeführer habe von Aufhebung der Strafbarkeit durch Abschluss einer Ratenvereinbarung zwischen Gheorghe und Violeta G***** sowie der Ra***** ausgehen können, übersieht, dass sich dieser Ausnahmetatbestand nicht an Organe der Kriminalpolizei richtet, die aufgrund des ihnen zur Kenntnis gebrachten Verdachts jedenfalls zu ermitteln und Bericht an die Staatsanwaltschaft zu erstatten haben ( Schwaighofer , WK‑StPO § 78 Rz 2, 18 und 32 f; vgl auch die Materialien zum StrafprozessreformG [25 BlgNR 22. GP , 111 f], die betonen, dass die frühere Rechtslage „inhaltlich unverändert übernommen werden“ solle und eine „explizit eingefügte Anzeigepflicht der Sicherheitsbehörden“ [vgl § 84 Abs 3 StPO aF, der eine solche Pflicht ungeachtet schadensbereinigender Maßnahmen normierte] im Hinblick auf die umfassenden Pflichten der Kriminalpolizei [etwa zu amtswegigen Ermittlungen] „entbehrlich“ erscheine).
Dass Johannes R***** als Direktor der Ra***** dem Beschwerdeführer per E‑Mail mitgeteilt habe, sein Ziel sei nicht, „eine Anzeige mit Gerichtsverhandlung zu produzieren“, sondern das Geld für die Bank zurückzubekommen, haben die Tatrichter ‑ dem implizit erhobenen Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider ‑ ohnehin festgestellt (US 11 iVm US 27), aber mit Blick auf den zur Kenntnis gebrachten Verdacht eines Offizialdelikts dem Tatumstand (zutreffend) keine Bedeutung für die Frage des Befugnismissbrauchs beigemessen.
Weshalb das Erstgericht ‑ ohne Angabe der Fundstelle im Akt behauptete ‑ mehrmalige telefonische Aufforderungen (von nicht näher bezeichneten Personen) an Gheorghe G*****, „das Geld zu retournieren“, hätte erörtern müssen, erklärt die weitere Mängelrüge nicht.
Die Überzeugung, der Beschwerdeführer habe zu den strafbaren Handlungen der Mitangeklagten beigetragen (III/A bis C), stützte das Schöffengericht insbesondere auf die Annahme, er habe als über viele Jahre mit Raubermittlungen befasster Kriminalbeamter über Bedingungen von Haushaltsversicherungen (im Zusammenhang mit Raubüberfällen) Bescheid gewusst, dieses Wissen an die Mitangeklagte weitergegeben, mit dieser den Tatplan entwickelt und die vorgetäuschte Tat so inszeniert, dass diese (zumindest teilweise) im Wohnhaus begangen worden und damit eine Leistungspflicht der Versicherung entstanden sei (US 14 ff iVm US 37 f). Dazu steht die Feststellung, die Beamten der über polizeilichen Notruf eingeschrittenen Funkstreife hätten die ersten Angaben der Christine T***** in einem Amtsvermerk derart protokolliert, dass der angebliche Raub unmittelbar vor der Eingangstür, also außerhalb des Hauses begangen worden sei (US 18 iVm ON 2 S 29 ff in ON 67 [in welchem Fall die Leistung der Versicherung betragsmäßig stark eingeschränkt gewesen wäre]), nicht in Widerspruch (Z 5 dritter Fall). Die von entsprechendem Wissen getragene Planung des Beschwerdeführers lässt sich nämlich nach Maßgabe von Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung (vgl RIS‑Justiz RS0117402) sehr wohl mit derartigen (allenfalls irrtümlich tatsächlich so getätigten oder bloß ungenau protokollierten) Angaben der Mitangeklagten in Einklang bringen. Bei der ersten förmlichen Vernehmung (§ 153 StPO) als Zeugin hat Christine T***** die Schilderung des angeblichen Raubes jedenfalls im Sinn der konstatierten Planung präzisiert (Schuldsprüche II/A und II/B/1 [vgl US 18 f iVm ON 2 S 39 ff in ON 67]).
Dass Christine T***** nach den Urteilsannahmen später als Beschuldigte im (unter anderem) gegen sie geführten Strafverfahren vernommen behauptete, der Raub habe doch außerhalb des Hauses stattgefunden (US 35), steht zur Annahme präziser Planung durch den Beschwerdeführer ebenso wenig im Widerspruch, war doch diese Version ‑ wie das Erstgericht hervorhebt (US 40) ‑ im Strafverfahren von Vorteil, weil sie das Tatmotiv (die Erschleichung der Versicherungsleistung weitgehend) beseitigte.
Das weitere Vorbringen zu einem von den Angeklagten angeblich geplanten Ankauf der von ihnen gepachteten Liegenschaft verfehlt die Bezugnahme auf entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0117499) und erschöpft sich in einer ‑ im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen ‑ Kritik an den diesbezüglichen (gegenteiligen) Erwägungen der Tatrichter (US 13 f und 30). Gleiches gilt für die Einwände gegen die Überlegungen des Erstgerichts zur Länge der zwischen den Angeklagten unmittelbar nach dem angeblichen Raub geführten Telefonate (US 17 und 38) und zur fehlenden Plausibilität des von Christine T***** geschilderten Geschehens (US 32 ff).
Das ‑ nur die Sanktionsfrage berührende -Argument, „dass niemals seitens des Versicherungsinstitutes eine Auszahlung verweigert wurde“, weshalb bloß versuchte Tatausführung zu Unrecht angenommen worden sei, ist nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers. Warum keine Versicherungsleistung erfolgt ist, kann als unerheblich dahinstehen.
Dem weiteren Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurden mehrere von der Mängelrüge hervorgehobene Umstände (die Erhöhung der Versicherungssumme im Jahr 2008, die Aussage des Zeugen Mag. Ga*****, das Gutachten betreffend Schmauchspuren am Pullover der Mitangeklagten) im Urteil ohnehin berücksichtigt (US 14, 16 und 31 f).
Der von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch I erhobene Einwand fehlender Feststellungen zur Wissentlichkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Beamteneigenschaft im Zeitpunkt der Mitteilung des Tatverdachts durch Johannes R***** übergeht die dazu unmissverständlich getroffenen Konstatierungen (US 12 f).
Das weitere ‑ auf die Feststellung, Gheorghe G***** habe sich vor der Behebung beim Schalterpersonal erkundigt, ob er über die seinem Konto (irrtümlich) gutgeschriebenen Beträge verfügen dürfe (US 9), gestützte ‑ Argument, der Genannte habe gar keine strafbare Handlung begangen, zu deren Aufklärung der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen sei, geht ebenfalls nicht vom gesamten Urteilssachverhalt aus (RIS‑Justiz RS0099810). Diesem ist nämlich nicht zu entnehmen, dass Johannes R***** dem Beschwerdeführer von derartigen Erkundigungen des Gheorghe G***** erzählt habe. Vielmehr habe er auf Umstände (insbesondere das zeitliche Naheverhältnis zwischen Fehlbuchungen und Behebungen) hingewiesen, welche seiner Meinung nach den Betrugsverdacht untermauerten (US 10 f). Auf dieser Basis bestand (nach der hier maßgeblichen Ex-ante-Sicht) sehr wohl eine Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Verfassung eines Amtsvermerks, zur Durchführung von Ermittlungen in einem Strafverfahren zwecks Aufklärung des ihm mitgeteilten Tatverdachts und zur Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft (vgl RIS‑Justiz RS0117254; zur Betrugsstrafbarkeit bei Behebungen von [hier vorliegenden] Fehlbuchungen durch die Bank vgl RIS‑Justiz RS0094687; Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 34 und 145; Stricker SbgK § 134 Rz 109; kritisch [für bestimmte Konstellationen allerdings ebenfalls bejahend] Schmoller , Fehlüberweisung und Fehlbuchung im Strafrecht, in FS Weber [2004] 251 [257 f]).
Weshalb es mit Blick auf den (unter anderem) konstatierten Vorsatz, den Staat an dessen Recht auf Verfolgung und Aufklärung von Straftaten zu schädigen (US 13), für die Strafbarkeit nach § 302 Abs 1 StGB von Bedeutung sein soll, dass Johannes R***** als Vertreter der Ra***** „keine Anzeige wollte“, erklärt die weitere Rechtsrüge nicht.
Mit dem Einwand, der Beschwerdeführer sei „nicht als Organ im Rahmen seiner kriminalpolizeilichen Aufgaben kontaktiert worden“, entfernt sich die Rechtsrüge ein weiteres Mal vom gegenteiligen Urteilssachverhalt (US 10 f iVm US 26; RIS‑Justiz RS0099810).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Christine T*****:
Soweit die Mängelrüge (Z 5) dieser Angeklagten inhaltsgleich wie jene des Mitangeklagten argumentiert, kann auf die dort gegebenen Antworten verwiesen werden. Dies betrifft die Behauptung von Widersprüchen (Z 5 dritter Fall) im Zusammenhang mit den Feststellungen zu unterschiedlichen Darstellungen des angeblichen Raubes durch sie und zur ‑ auf die Versicherungsbedingungen abgestimmten ‑ Tatplanung; weiters den Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) wegen angeblich unterbliebener Erörterung des Gutachtens über Schmauchspuren am Pullover der Beschwerdeführerin und die Kritik an den Erwägungen zur fehlenden Plausibilität des von ihr geschilderten Geschehensablaufs (US 32 ff). Die in diesem Zusammenhang angestellte Überlegung der Tatrichter, für einen „Schwarzafrikaner“ sei es in der ruhigen Wohngegend in der Nähe des Hauses der Angeklagten (im Vergleich zum innerstädtischen Bereich) nicht leicht, „in der Anonymität der Masse unterzutauchen“ (US 33), steht nicht im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zur Feststellung, die Angeklagten hätten wegen der Nähe eines Asylheims einen „Schwarzafrikaner“ als vorgeblichen Täter gewählt (US 14).
Wieso sich das Erstgericht, das gerade nicht von einem tatsächlichen Raub ausgegangen ist, mit dem Verbleib „der Tatwaffe“ und der „geraubten Handtasche“ hätte auseinandersetzen sollen, bleibt unklar.
Dass eine Zeugin den Zustand der Beschwerdeführerin nach dem behaupteten Raub als „schlecht, geschockt und ängstlich“ bezeichnet hat, wurde von den Tatrichtern erörtert, jedoch mit unbedenklicher Begründung als unerheblich beurteilt (US 36). Das dazu erstattete Vorbringen erschöpft sich in unzulässiger Beweiswürdigungskritik.
Gleiches gilt für die gegen die Annahme, der Mitangeklagte habe Kenntnis von den Voraussetzungen einer Leistungspflicht der Haushaltsversicherung im Fall eines Raubes gehabt (US 37), vorgetragenen Argumente. Der begründende Hinweis auf seine langjährige berufliche Erfahrung als mit „Raubermittlungen“ befasster Kriminalbeamter begegnet unter dem Aspekt der Sache nach geltend gemachter offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) keinen Bedenken.
Mit eigenständigen Schlussfolgerungen aus den Aussagen der Beschwerdeführerin betreffend die Einzahlungen auf ihr Konto (vgl Schuldspruch II/B/2) werden abermals bloß die Feststellungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bekämpft. Die lapidare Behauptung, es fehlten zum Schuldspruch II/B/2 „jegliche Feststellungen und Beweiswürdigungen“, übergeht einerseits die dazu getroffenen Konstatierungen (US 15 f und 20) und legt andererseits nicht deutlich und bestimmt dar, weshalb die korrespondierende Begründung (US 29 und 40) gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstoßen soll (vgl RIS‑Justiz RS0118317).
Die Kritik an den Feststellungen zur Länge der zwischen den Angeklagten nach dem angeblichen Raub geführten Telefonate und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen behauptet gar keine unrichtige Wiedergabe des Inhalts eines Beweismittels; nur eine solche begründet aber die hier geltend gemachte Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall; RIS‑Justiz RS0099431).
Aktenwidrigkeit liegt zudem nur vor, wenn der Widerspruch zum im Urteil wiedergegebenen Urkunden- oder Protokollsinhalt erheblich, also von Bedeutung für die Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der Feststellung entscheidender Tatsachen ist (RIS‑Justiz RS0099408; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 466). Dies trifft auf die unter diesem Aspekt kritisierte Urteilspassage, die Beschwerdeführerin habe bei ihrer Vernehmung als Beschuldigte ‑ in Abkehr von ihren früheren Angaben als Zeugin ‑ einen außerhalb des Hauses gelegenen Ort des angeblichen Raubüberfalls geschildert (US 35), nicht zu. Das Erstgericht hat seine Überzeugung vom (hier entscheidenden) Nichtvorliegen eines (von der Beschwerdeführerin behaupteten) Raubes nämlich auf umfangreiche andere Erwägungen gestützt (US 27 ff). Der Inhalt ihrer (späteren) Beschuldigtenvernehmung spielte bei diesen Überlegungen keine Rolle, weshalb auf angebliche Unrichtigkeit bei deren Wiedergabe im Einzelnen nicht einzugehen ist.
Soweit die Beschwerdeführerin das Vorbringen der Mängelrüge pauschal auch unter dem Aspekt der Z 5a erstattet, übersieht sie, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher getrennt unter deutlicher und bestimmter Bezeichnung der den jeweiligen Nichtigkeitsgrund bildenden Umstände darzustellen sind (RIS‑Justiz RS0115902).
Mit dem ohne nähere Begründung erhobenen Einwand, die „unter den Tatfakten II./A. und II./B./) aufgelisteten Tathandlungen“ seien „im Zuge der Ausführung des unter II./C./ inkriminierten versuchten Versicherungsbetruges gesetzt worden und Teil eines einheitlichen Tatplanes“, weshalb sie „keine eigenen Straftaten“ darstellten, wird ‑ ersichtlich gemeinte ‑ Scheinkonkurrenz nicht methodengerecht dargelegt (RIS‑Justiz RS0116565; zur möglichen Konkurrenz von Betrug, falscher Beweisaussage und Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung vgl im Übrigen Plöchl/Seidl in WK 2 StGB § 288 Rz 64 und 66; Pilnacek in WK 2 StGB § 298 Rz 24 f [jeweils mwN]).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher ‑ ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ‑ bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die gegen die Strafaussprüche gerichteten Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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