OGH 5Ob25/15k

OGH5Ob25/15k25.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V ***** GmbH, *****, vertreten durch die Kadlec  &  Weimann Rechtsanwalts KG in Wien, gegen die beklagte Partei S***** S*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen 23.288,48 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. November 2014, GZ 40 R 140/14f ‑32, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 7. Februar 2014, GZ 95 C 62/12p‑27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00025.15K.0825.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.400,04 EUR (darin 233,34 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Alleineigentümerin der Liegenschaft mit dem Haus *****. Die Klägerin ist aufgrund eines mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrags seit 1. Jänner 1990 Mieterin der in diesem Haus gelegenen Geschäftslokale Top 6, 7 und 8.

Im Mietvertrag wurde festgehalten, dass das Mietobjekt mit einer Zentral-(Etagen-)Heizung ausgestattet ist. Mit Schreiben vom 17. November 1999 wies die klagende Partei die bestellte Hausverwaltung auf die mangelnde Beheizbarkeit ihres Mietobjekts hin. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1999 gab der Rechtsvertreter der Klägerin der damaligen Vermieterin bekannt, dass laut Mietvertrag die Ausstattung des Mietobjekts mit einer Zentraletagenheizung vereinbart wurde, diese nach wie vor nicht funktioniere und das Geschäftslokal im Winter nur eingeschränkt benützbar sei. Sollte die Heizung bis Ende des Jahres nicht ordnungsgemäß wiederhergestellt sein, müssten entsprechende gerichtliche Schritte eingeleitet werden, wobei darauf hingewiesen werde, dass für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses die Mieterin befreit sei, wenn der Bestandgegenstand zum bedungenen Gebrauch nicht tauge. Daher behalte sich die Klägerin vor, den rechtsirrtümlich zu viel bezahlten Mietzins zu einem späteren Zeitpunkt zurückzufordern bzw einzubehalten.

Der Klägerin wurden im Zeitraum Oktober 1999 bis Jänner 2002 jeweils in den Monaten Oktober, November, Dezember, Jänner, Februar, März ein Mietzins von je 921,61 EUR vorgeschrieben und in den Monaten Februar, März, Oktober, November und Dezember 2002, sowie Jänner, Februar und März 2003 ein Mietzins in Höhe von je 1.067,84 EUR. Die Klägerin bezahlte diese Entgelte jeweils fristgerecht.

Mit der am 1. März 2012 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung dieser Entgelte in Höhe von insgesamt 23.288,48 EUR samt gestaffelten Zinsen. Die Klägerin habe die Mietzinse für die Wintermonate Oktober bis Dezember 1999, Jänner bis März 2000, Oktober bis Dezember 2000, Jänner bis März 2001, Oktober bis Dezember 2001, Jänner bis März 2002, Oktober bis Dezember 2002 sowie Jänner bis März 2003 zu Unrecht bezahlt. In diesen Monaten habe es an einer Heizversorgung des Mietobjekts gemangelt. Die gemessene Heizleistung der Heizanlage sei in diesen Heizperioden praktisch null gewesen. Aus diesem Grund mache sie eine Mietzinsminderung von 100 % für die genannten Wintermonate geltend, weil sie in ihrem bedungenen Gebrauch des Betriebs einer Galerie für angewandte Kunst gestört worden sei. Die Klägerin habe erst im Zeitpunkt der Klagseinbringung aufgrund von Unterlagen, welche die Beklagte in anderen Verfahren vorgelegt habe, beweisen können, dass im klagsgegenständlichen Zeitraum keinerlei Heizversorgung gegeben gewesen sei. Im Schreiben vom 21. Dezember 1999 habe sich die Klägerin vorbehalten, den rechtsirrtümlich zu viel bezahlten Mietzins zu einem späteren Zeitpunkt zurückzufordern.

Die Beklagte bestritt. Die Heizung sei voll funktionstüchtig gewesen. Die offensichtlich aufgrund der Beratung durch einen Rechtsanwalt bestens über ihre Rechte informierte Klägerin habe während des klagsgegenständlichen Zeitraums den vereinbarten und geschuldeten Mietzins vorbehaltlos bezahlt und das Objekt auch vereinbarungsgemäß und uneingeschränkt benutzt. In der vorbehalts- und irrtumslosen Zahlung des Mietzinses liege ein Verzicht auf die Zinsbefreiung für den jeweiligen Zinstermin. Ein Mietzinsminderungsanspruch oder sonstige wie immer geartete Refundierungsansprüche stünden der Klägerin daher nicht zu. Ein diesbezüglicher Anspruch wäre auch bereits verjährt. Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre. Die Beklagte sei zudem gar nicht passiv klagslegitimiert, weil sie im Zeitpunkt der Zahlung nur Minderheitseigentümerin gewesen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Liege eine gänzliche oder teilweise Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts vor, trete gemäß § 1096 ABGB insoweit von Gesetzes wegen Zinsminderung ein. Ein irrtümlich dennoch bezahlter Mietzins könne gemäß § 1431 ABGB zurückverlangt werden. Nach der älteren Judikatur unterliege dieser Rückforderungsanspruch des Mieters der 30‑jährigen Verjährungsfrist. In Anbetracht der Entwicklungen in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur (analogen) Anwendbarkeit der §§ 1480 ABGB, § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG sowie der Stimmen in der Lehre vertrete das Erstgericht jedoch die Ansicht, dass (auch) die Kondiktion des Mieters bei Mietzinsminderung innerhalb von drei Jahren verjähre. Diese dreijährige Verjährungsfrist beginne mit der Zahlung des rückgeforderten Mietzinses. Der von der Klägerin erst mit der Klage vom 1. März 2012 geltend gemachte Rückforderungsanspruch wegen Mietzinszahlungen in den Wintermonaten Oktober 1999 bis März 2003 sei daher jedenfalls verjährt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Erstgericht sei mit zutreffender Begründung von einer kurzen Verjährungsfrist ausgegangen. Der Oberste Gerichtshof habe wiederholt ausgesprochen, dass der Anspruch des Kreditschuldners auf Rückzahlung zu viel gezahlter Zinsen in drei Jahren verjähre. Dabei handle es sich ebenso wie im MRG um periodische Leistungen, bei denen jedoch Irrtümer in der Zahlung bzw Verrechnung nach einer gewissen Zeit in analoger Anwendung des § 1480 ABGB geklärt sein sollten. Auch die Betrachtung der Rückforderungsinhalte gemäß § 27 MRG und jener nach §§ 1096, 1431 ABGB würden in ihrer Wertung für den Rechtsstandpunkt des Erstgerichts sprechen. Bei den Rückforderungsansprüchen gemäß § 27 Abs 3 MRG handle es sich um Rückforderungsansprüche aufgrund von nichtigen Vereinbarungen, denen aufgrund der besonderen Schutzwürdigkeit des Mieters jegliche rechtliche Wirkung versagt werde. Die Mietzinsminderungsansprüche des § 1096 ABGB seien eine Herabsetzung des an und für sich wirksam vereinbarten Entgelts infolge von auftretenden Mängeln des Bestandobjekts, die zu einer Störung des Gebrauchs führen. Nach herrschender Ansicht und Rechtsprechung handle es sich dabei um einen Gewährleistungsbehelf eigener Art. Es erscheine nicht nachvollziehbar, dass die Rückforderung aufgrund einer nichtigen Leistung verjährungsmäßig schlechter gestellt sein sollte, als ein Gewährleistungsanspruch. Hier ergebe bereits ein Größenschluss, dass derartige Ansprüche ebenso der Verjährungsvorschrift des § 27 Abs 3 MRG unterstellt werden müssten. Im Übrigen sei zu beachten, dass die besondere Gewährleistungsvorschrift des § 1096 ABGB, die eine Mietzinsminderung ex lege bedeute, der Sache nach eine Preisminderung ohne Wahlmöglichkeit des Schuldners darstelle. Es erscheine nicht verständlich, dass im allgemeinen Gewährleistungsrecht ein derartiger Preisminderungsanspruch hinsichtlich einer unbeweglichen Sache mit drei Jahren befristet sei und ein Anspruch auf Rückzahlung des geminderten Mietentgelts erst in 30 Jahren verjähren solle. Eine systematische Interpretation ergebe, dass die kurze Verjährungsfrist des § 27 Abs 3 MRG als sachgerechter anzusehen sei. Die ordentliche Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zuzulassen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Verjährung eines Rückforderungsanspruchs aufgrund einer Mietzinsminderung nach § 1096 ABGB nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer vollständigen Klagsstattgebung. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Der Bestandnehmer ist gemäß § 1096 ABGB für die Dauer und im Ausmaß der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von der Entrichtung des Zinses befreit, wenn dieses schon bei der Übergabe so mangelhaft war oder während der Bestandzeit ohne Verschulden des Bestandnehmers derart mangelhaft wurde, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht taugt. Diese Zinsbefreiung (Zinsminderung) tritt ex lege ein und besteht ab Beginn der Unbrauchbarkeit oder Gebrauchsbeeinträchtigung des Bestandobjekts bis zu deren Behebung (RIS‑Justiz RS0107866, RS0021326, RS0021457 [T4, T7]). Bestandzinsüberzahlungen können nach § 1431 ABGB, also im Falle des Irrtums (auch Rechtsirrtums) bei der Zahlung, zurückgefordert und/oder gegen laufende oder spätere Bestandzinsforderungen aufgerechnet werden (

RIS‑Justiz RS0021337 [T2]). Der Bestandnehmer, der Zweifel über den Bestand seiner Bestandzinsschuld hatte und dennoch leistete, kann die Leistung nicht zurückfordern. Wenn er in einem solchen Fall den Verlust des Rückforderungsanspruchs vermeiden will, muss er bei der Zahlung einen Vorbehalt machen; sonst ist eine Rückforderung unter Berufung auf

§ 1431 ABGB ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0033612, RS0033576).

2. Die Verjährungsfrist für Bereicherungs-ansprüche nach § 1431 ABGB beträgt nach der allgemeinen Regel des § 1479 ABGB grundsätzlich 30 Jahre (RIS‑Justiz RS0033819; RS0020167). Davon bestehen gesetzliche und von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmen. Zu prüfen ist daher, ob ein Rückforderungsanspruch im einzelnen Fall nicht unter einen besonderen gesetzlichen Tatbestand fällt, der eine kurze Verjährungsfrist vorsieht. Dabei kommen nicht nur Bestimmungen in Frage, die die Verjährung bestimmter Ansprüche ausdrücklich besonders regeln; vielmehr ist auch die analoge Anwendung solcher Vorschriften in Betracht zu ziehen, ist doch auch im Verjährungsrecht die Analogie grundsätzlich zulässig (4 Ob 73/03v). Ist keine jener Bestimmungen, die eine kurze Verjährungsfrist vorsehen, unmittelbar oder kraft Analogieschlusses anwendbar, hat es bei einer Verjährungszeit von 30 Jahren zu bleiben (RIS‑Justiz RS0086687).

3. Eine solche vonder Rechtsprechung entwickelte Ausnahme besteht für die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Kreditzinsen. Für diese hat die Rechtsprechung wiederholt ‑ der Argumentation Vonkilchs (in „Wann verjähren bei Langzeitverträgen Rückforderungsansprüche?“, WoBl 2003, 161 ff) folgend ‑ die dreijährige Frist iSd § 1480 ABGB herangezogen (RIS‑Justiz RS0117773). Nach dieser Bestimmung verjähren Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere von Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen und zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten in drei Jahren. Unter „rückständigen jährlichen Leistungen“ sind periodisch, das heißt jährlich oder in kürzeren Zeiträumen wiederkehrende Leistungen zu verstehen (RIS‑Justiz RS0034320). Die Anwendung dieser Bestimmung auf die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Kreditzinsen wird vor allem auf eine Rechtsanalogie zu § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG gestützt (8 Ob 12/13t). Es bestehe nämlich kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass dem Gesetzgeber Bestandnehmer weniger schutzwürdig erscheinen als Kreditnehmer. Es läge daher ein Wertungswiderspruch darin, dass ein Mieter einen gesetzwidrig überhöhten Zins nur drei Jahre, ein Kreditnehmer aber überhöhte Zinsen 30 Jahre lang zurückfordern könnte. Die kurze Verjährungsfrist beuge nicht nur der Gefahr vor, dass die Kreditgläubiger und Rückforderungsschuldner im Hinblick auf möglicherweise in exorbitantem Ausmaß geltend gemachte Rückforderungsansprüche in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, sondern es werde auch vermieden, dass sich Kreditschuldner im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Ermittlung der vor vielen Jahren angemessen gewesenen Zinsen einem hohen Prozessrisiko aussetzen müssten (4 Ob 73/03v). Diese Rechtsprechung zur dreijährigen Verjährungsfrist für Bereicherungsansprüche auf Rückforderung zu Unrecht eingehobener periodisch wiederkehrender Zahlungen ist ungeachtet teilweiser Kritik in der Lehre als gefestigt anzusehen (8 Ob 12/13t).

4.1 Zur Frage der Verjährungsfrist für den Anspruch auf Rückforderung des angesichts einer Zinsbefreiung oder Zinsminderung nach § 1096 ABGB zu viel bezahlten Bestandzinses liegt keine

gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

4.2 Der von der Revisionswerberin für ihren Standpunkt ins Treffen geführte Rechtssatz, wonach die „Geltendmachung des Zinsnachlasses“ an keine Frist gebunden ist (RIS‑Justiz RS0021373), bezieht sich auf die Geltendmachung der Zinsbefreiung oder Zinsminderung als Recht als solches und bringt lediglich zum Ausdruck, dass sich dieses

besondere Gewährleistungsrecht im Bestandrecht nur nach den Bestimmungen des § 1096 ABGB und nicht nach den Bestimmungen der §§ 932, 933 ABGB richtet, insbesondere also die allgemeinen, als Präklusivfristen ausgestalteten Gewährleistungsfristen nicht gelten (vgl RIS‑Justiz

RS0024152, RS0018577; Riss in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 §   1096 ABGB Rz   29). Für die Frage der Verjährung der Rückforderung der einzelnen Bestandzinsüberzahlungen ist daraus freilich nichts zu gewinnen.

4.3 In der Entscheidung 3 Ob 616/78 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass ein solcher Rückforderungsanspruch der allgemeinen Verjährungsfrist unterliege. Diese Entscheidung erging allerdings noch zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes, sodass sich insbesondere die Frage der (analogen) Anwendung der gesetzlichen Ausnahmebestimmung des § 27 Abs 3 MRG nicht stellte.

4.4 Die Maßgeblichkeit der 30‑jährigen Verjährungspflicht findet auch in den zu MietSlg 35.175 und 38.154 veröffentlichten Leitsätzen aus zwei zweitinstanzlichen Entscheidungen Erwähnung; eine eingehendere Auseinandersetzung mit dieser Frage (und deren Entscheidungsrelevanz für den konkreten Fall) ist der jeweiligen Veröffentlichung aber nicht zu entnehmen.

5. In der jüngeren Lehre stieß diese („bisherige“) Rechtsprechung auf Ablehnung. Vor allem Riss setzte sich mit der Frage der Verjährung der bereicherungsrechtlichen Rückforderung der angesichts einer Zinsbefreiung oder Zinsminderung nach § 1096 ABGB zu viel bezahlten Bestandzinse eingehend auseinander (Riss, Die Erhaltungspflicht des Vermieters, 245 ff). Er kommt dabei zu dem Ergebnis (vgl Riss in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON1.01 § 1096 ABGB Rz 29), dass für die (von ihm so bezeichnete) Minderungskondiktion in Analogie zu den Sonderverjährungsbestimmungen des Bestandschutzrechts, deren Analogiefähigkeit im Rahmen der Rückforderung überhöht verrechneter Kreditzinsen von der Rechtsprechung anerkannt worden sei, die kurze dreijährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Diese Auffassung vertreten, jeweils unter Berufung auf Riss, auch Iro (in KBB4, § 1096 Rz 9) und Pesek (in Schwimann³, § 1096 Rz 113). Auch Vonkilch (Glosse zu 6 Ob 38/11y, wobl 2011/66, 142) verweist im Zusammenhang mit der Problematik des Anwachsens von Rückforderungsansprüchen im Falle einer auf einem Dauertatbestand beruhenden Bestandzinsminderung auf seinen Vorschlag, rechtsanalog die bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüche bei jeglicher periodischer Leistung überhöhten Entgelts bereits nach drei Jahren verjähren zu lassen. Prader (inMRG § 1096 ABGB Anm 5; Glosse zu 8 Ob 12/13t, immolex 2013, 210) hebt diese Tendenzen in der Lehre und Rechtsprechung, für auf § 1096 ABGB beruhende Rückforderungsansprüche die dreijährige Verjährungsfrist anzuwenden, offenbar zustimmend hervor.

6.1 Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht der Vorinstanzen und der ‑ oben dargestellten ‑ Lehre. Für Rückforderungsansprüche, die aus einer Zinsbefreiung (Zinsminderung) nach § 1096 ABGB resultieren, gilt analog den Bestimmungen des § 27 Abs 3 MRG und des § 5 Abs 4 KlGG die kurze Verjährungsfrist von drei Jahren.

6.2 § 27 Abs 3 MRG normiert ausdrücklich eine dreijährige Verjährungsfrist für die Rückforderung zu Unrecht vorgeschriebener und eingehobener Beträge nach den §§ 15 bis 26 MRG. Dies gilt also vor allem für unzulässig überwälzte oder überhöhte Hauptmietzinse, Betriebskosten und laufende öffentliche Abgaben, weiters für Auslagen für die Verwaltung und Hausbetreuung oder Entgelte für mitvermietete Einrichtungsgegenstände. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine spezielle Verjährungsregelung für die Kondizierung einer Nichtschuld im Mietverhältnis. Nach der Rechtsprechung sind alle Kondiktionsansprüche des Mieters gegen den Vermieter erfasst (8 Ob 12/13t mwN).

6.3 Die dreijährige Verjährungsfrist des § 27 Abs 3 MRG gilt für die Rückforderung von zu Unrecht eingehobenen Bestandentgelten außerhalb des MRG analog. Dieser Analogieschluss ist schon deshalb gerechtfertigt, weil Mieter, die dem MRG unterliegen, nach den Wertungen des Gesetzes besonders schutzwürdig sind und nicht schlechter gestellt sein können als Bestandnehmer, für die das MRG nicht gilt (8 Ob 12/13t).

6.4 Bestandzinse, die im Hinblick auf eine Zinsminderung nach § 1096 ABGB ohne Rechtsgrund bezahlt wurden, sind in diesem Sinne zu Unrecht eingehobene Bestandentgelte. Die Rückforderungsansprüche eines Mieters, die sich aus einer im Nachhinein eingetretenen Zinsminderung ergeben, sind jenen wegen eines schon ursprünglich überhöht vereinbarten Entgelts, wie sie § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG zu Grunde liegen, wertungsmäßig zumindest gleich zu halten. Da wie dort wird überhöhtes Entgelt bezahlt und gestützt auf § 1431 ABGB wegen Zahlung einer Nichtschuld zurückgefordert. Im Unterschied zu den ausdrücklich gesetzlich geregelten Fällen liegt der Überzahlung zwar keine infolge Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Preisbestimmungen von vornherein unzulässige Vereinbarung zu Grunde, zumal die Zahlung des vollen Bestandzinses auf einer an sich zulässigen und wirksamen Vereinbarung beruht. Dieser Unterschied spricht aber, wie Riss (in Die Erhaltungspflicht des Vermieters, 251 f) und das Berufungsgericht zutreffend aufzeigen, gerade für (und nicht gegen) die analoge Anwendung der kurzen Verjährung für Rückforderungsansprüche nach § 1096ABGB. Wenn nach § 27 Abs 3 MRG sogar gesetzwidrig geleistete Entgelte schon nach drei Jahren nicht mehr rückgefordert werden können, muss dies argumentum a maiori ad minus auch für die Rückforderung von (bloß) infolge einer Äquivalenzstörung vertragswidrigen Leistungen gelten.

6.5 Die Revisionswerberin sieht den maßgeblichen, der analogen Anwendung der § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG entgegen stehenden Unterschied der Rückforderungsansprüche darin, dass Überzahlungen nach § 1096ABGB nicht als „periodisch zu erbringende Leistungen“ zu qualifizieren seien. Die Gründe, die zu einer Mietzinsminderung führen könnten, seien keine sich wiederholenden und gleichartigen Sachverhalte, der Anspruch auf Rückforderung entstehe vielmehr in jedem einzelnen Fall neu. Auch eine länger dauernde Beeinträchtigung des Nutzungsrechts müsse nicht notwendiger Weise über den gesamten Zeitraum gleichförmig sein. Diese Argumentation mag zwar dem Grunde nach zutreffen und auch gegen die unmittelbare oder analoge Anwendbarkeit der kurzen Verjährungsfrist nach § 1480 ABGB sprechen (vgl Riss, Die Erhaltungspflicht des Vermieters, 245), weil nach der Rechtsprechung für die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1480 ABGB wesentlich ist, dass sich die Ansprüche von vornherein und ihrer Natur nach auf Leistungen richten, die in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (RIS‑Justiz RS0109640). Diese Einschränkung auf Ansprüche, für die die regelmäßige Wiederkehr typisch ist, findet sich in der Rechtsprechung zur dreijährigen Verjährungsfrist des § 27 Abs 3 MRG nicht; diese soll vielmehr alle Kondiktionsansprüche des Mieters gegen den Vermieter umfassen und für die Rückforderung aller zu Unrecht eingehobenen Bestandentgelte gelten (8 Ob 12/13t mwN). Abgesehen davon, beruht eine Zinsminderung nach § 1096 ABGB häufig auf einem dauerhaften Gebrauchsmangel, sodass die rückforderbaren Überzahlungen faktisch mit den periodisch wiederkehrenden Zinszahlungen einhergehen. Daher kommt der primäre Erwägungsgrund des Gesetzgebers für die ausnahmsweise Normierung der kurzen Verjährungsfrist für periodisch wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB, nämlich das Verhindern der den Schuldner möglicherweise wirtschaftlich gefährdenden Ansammlung von Zahlungsrückständen über lange Zeit (M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1480 ABGB Rz 1), auch in Fällen der Bestandzinsminderung nach § 1096 ABGB zum Tragen (vgl Vonkilch, Glosse zu 6 Ob 38/11y, wobl 2011/66). Vor diesem Hintergrund spricht auch das Argument, dass sich das Ausmaß des Minderungsanspruchs ändern kann, nicht gegen die analoge Anwendung der Sonderverjährungsbestimmungen des Bestandschutzrechts (zur Irrelevanz der Gleichmäßigkeit der Beträge für die dreijährige Verjährung nach § 1480 ABGB vgl RIS‑Justiz RS0109640).

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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