OGH 4Ob102/15a

OGH4Ob102/15a11.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T*****, vertreten durch Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 30.712,21 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. April 2015, GZ 2 R 25/15s‑37, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. Dezember 2014, GZ 40 Cg 78/12z‑33, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die Vorinstanzen sprachen dem klagenden Immobilienmakler die aufgrund des zwischen den Streitteilen geschlossene Alleinvermittlungsauftrags begehrten Provisionen in voller Höhe zu. Der Beklagte sei Unternehmer und könne sich nicht auf das KSchG berufen. Die der Provisionsforderung zugrunde liegenden Kauf‑/Bauträgerverträge seien während der vereinbarten und ausreichend bestimmt befristeten Vertragslaufzeit des Alleinvermittlungsauftrags geschlossen worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte vermag in seiner außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

1. Es muss zur Beurteilung der Anwendbarkeit der Vorschrift über das Verbrauchergeschäft konkret geprüft werden, ob sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit einer Person im Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft mit einer bestimmten Person wegen der auch hiezu erforderlichen dauernden Organisation als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur von dem funktionellen Verhältnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS‑Justiz RS0065241). Eine bestimmte Betriebsgröße, ein Mindestkapital oder eine sonstige Mindestorganisation ist nicht erforderlich. Maßgeblich ist nur, dass sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft als unternehmerisch darstellt (RIS‑Justiz RS0065309). Dabei sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (6 Ob 93/12p), weshalb die Beurteilung der Unternehmereigenschaft im Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft.

Der Beklagte wollte von Anfang an durch Errichtung und Verkauf von Wohnungseigentumsobjekten seine eigenen Aufwendungen übersteigende Erlöse auf dem Markt erzielen. Zur Erreichung dieses Zwecks musste er eine Organisationsstruktur schaffen, um das Gebäude bauen und vermarkten zu können. Dies erforderte die Einschaltung anderer Unternehmer mit teils längerfristigen Vertragsbindungen (vgl 2 Ob 154/12d). Die Umsetzung dieses Projekts begann mit dem Liegenschaftserwerb 2008 und dauerte bis mindestens 2013 an. Der Beklagte trug offensichtlich das gesamte wirtschaftliche Risiko. Dass das Berufungsgericht unter diesen Voraussetzungen die Unternehmereigenschaft annahm, ist jedenfalls vertretbar.

Die Erklärung im Alleinvermittlungsauftrag, der Beklagte sei Verbraucher, ist als Wissenserklärung anzusehen, nicht hingegen als Willensäußerung mit dem Zweck, bestimmte Rechtsfolgen zu bewirken (RIS‑Justiz RS0120267). Selbst wenn man aber den Parteien den Rechtsfolgewillen in Richtung Anwendbarkeit des KSchG unterstellen wollte, müsste man davon ausgehen, dass die ausdrückliche Fristbestimmung allfällig entgegenstehenden Regelungen des KSchG vorgeht, weil nicht unterstellt werden kann, die Parteien hätten einen von vornherein ungültig befristeten Vertrag schließen wollen.

Im Übrigen steht aber auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Befristung wäre selbst unter Berücksichtigung des § 14 Abs 2 MaklerG als angemessen zu beurteilen, nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung.

Der Alleinvermittlungsauftrag ist, wenn er ohne zeitliche Begrenzung ausgesprochen oder eine zu lange Frist vereinbart wurde, nicht unwirksam, sondern es gilt die unter Berücksichtigung der Umstände des Falls nach der Verkehrssitte und nach billigem Ermessen zu ermittelnde angemessene Zeitdauer (RIS‑Justiz RS0062788). Der erkennende Senat billigte einen Zeitraum von über zwei Jahren ab Abschluss des Alleinvermittlungsauftrags als angemessen im Sinn des § 14 Abs 2 MaklerG im Rahmen der Zurückweisung einer außerordentlichen Revision.

2. Ein Vertrag ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn sich die Leistungen aus dem Vertrag selbst, allenfalls unter Berücksichtigung der gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB feststellen lassen (RIS‑Justiz RS0013954, vgl auch RS0014010). Bestimmt ist die Erklärung, wenn ihr die wesentlichen Rechtsfolgen, die der Erklärende anstrebt, entnehmbar sind, wobei eindeutige Bestimmbarkeit genügt (RIS‑Justiz RS0014693). Waren sich die Vertragsparteien nach den Feststellungen über den Vertragsgegenstand einig, dann schadet eine unvollständige Bezeichnung des Vertragsgegenstands in der schriftlichen Urkunde nicht (8 Ob 69/64; vgl 5 Ob 33/14k).

Zu den essentialia negotii des Maklervertrags gehört die Vermittlung eines Geschäfts gegen Provisionszusage ( Knittl/Holzapfel , Maklerrecht Österreich, 49; Fromherz , MaklerG § 1 Rz 28), nicht jedoch der für das zu vermittelnde Geschäft zu zahlende Preis. Wenn die „Preise laut Liste/Tabelle“ dem ursprünglichen Vertragsschluss tatsächlich nicht zugrunde gelegen sein sollten, berührte das die Gültigkeit des Maklervertrags nicht. Nach den getroffenen Feststellungen war das zu vermittelnde Geschäft der Abverkauf aller Wohnungen in dem (in verschiedenen Varianten) geplanten Neubau auf dem vom Beklagten erworbenen Grundstück, deren Zahl mit „5‑6“ geschätzt wurde. Dies entsprach auch der Annahme der Parteien während aufrechter Vertragsbeziehung. Dass das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung daher die für den Vertragsabschluss geforderte Bestimmtheit/Bestimmbarkeit als gegeben annahm, bildet keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung. Dies gilt auch für die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts, wonach aus der vereinbarten Verpflichtung des Beklagten, Änderungen des Bauvorhabens umgehend dem Kläger mitzuteilen, eine Weitergeltung auch bei Abänderungen des ursprünglichen Einreichplans abzuleiten sei. Auch die Frage, ob eine Novation vorliegt, ist eine solche des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0032502 [T8]).

3. Ein in zweiter Instanz verneinter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens kann nicht in der Revision nochmals geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist daher zurückzuweisen.

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