OGH 2Ob138/15f

OGH2Ob138/15f6.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach J***** N*****, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00138.15F.0806.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

DI N***** N***** beantragte die Einleitung einer Verlassenschaftsabhandlung nach seiner 1995 verstorbenen Mutter. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Rekursentscheidung wurde dem Antragsteller am 12. Mai 2015 durch Hinterlegung zugestellt, ausgefolgt wurde sie ihm am 13. Mai 2015.

Ebenfalls am 12. Mai 2015 überreichte der Antragsteller beim Rekursgericht eine mit 5. Mai 2015 datierte und an das Rekursgericht gerichtete Eingabe. Darin nannte er die Aktenzahlen der Verfahren erster und zweiter Instanz sowie eines weiteren Verlassenschaftsverfahrens und beantragte „für die oben genannten Verfahren“ unter Hinweis auf ein Urteil des EGMR eine öffentliche mündliche Verhandlung.

Das Rekursgericht leitete die Eingabe an das Erstgericht weiter. Dieses erteilte am 19. Mai 2015 einen „Verbesserungsauftrag“. Die Eingabe sei „kein geeignetes Rechtsmittel“, um die Rekursentscheidung anzufechten. Dem Antragsteller stehe es frei, binnen 14 Tagen ab Zustellung der Rekursentscheidung einen von einem Anwalt unterfertigten Revisionsrekurs einzubringen oder dafür Verfahrenshilfe zu beantragen. Die Eingabe werde im Original zurückgestellt. Werde ein Revisionsrekurs „begehrt“, sei dieser „den obigen Ausführungen entsprechend binnen 10 Tagen“ durch einen Anwalt unterfertigt einzubringen. Sollte der Antragsteller diesem Auftrag nicht „fristgerecht und vollständig“ nachkommen, werde die Eingabe „mangels Verbesserung“ zurückgewiesen werden.

Der „Verbesserungsauftrag“ wurde dem Antragsteller mit dem Original der Eingabe am 22. Mai 2015 zugestellt. Er erhob weder einen Revisionsrekurs noch „verbesserte“ er die Eingabe. Das Erstgericht legte daraufhin die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über einen „ao Revisionsrekurs“ vor.

Die Akten sind dem Erstgericht zurückzustellen.

Wird ein Rechtsmittel der Partei zur Verbesserung zurückgestellt, diese Verbesserung aber nicht vorgenommen und das (unverbesserte) Rechtsmittel nicht mehr vorgelegt, liegt kein zu behandelndes Rechtsmittel (mehr) vor (3 Ob 23/02g; 5 Ob 48/09h; Gitschthaler in Rechberger , ZPO 4 §§ 84, 85 Rz 24/2). Eine Entscheidung ist in einem solchen Fall auch dann nicht mehr erforderlich, wenn eine Kopie des zur Verbesserung zurückgestellten Rechtsmittels zum Akt genommen wurde ( G. Kodek in Fasching/Konecny, ZPO² §§ 84, 85 Rz 272; 5 Ob 48/09h, RIS‑Justiz RS0115805 [T4]). Die überwiegende Rechtsprechung sieht es dennoch aus Gründen der Rechtssicherheit als „zweckmäßig“ oder auch „geboten“ an, einen ausdrücklichen Zurückweisungsbeschluss zu fassen (zuletzt etwa 6 Ob 211/14v und 8 Ob 29/15w; RIS-Justiz RS0115805; ausführlich auch Danzl , Geo 6 § 58 Anm 38 mwN).

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Eingabe des Antragstellers kann auch bei weitester Auslegung nicht als Rechtsmittel gegen die ‑ bei Verfassen der Eingabe noch gar nicht zugestellte ‑ Rekursentscheidung gewertet werden. Vielmehr stellte der Einschreiter (nur) den Antrag, im Verfahren erster und zweiter Instanz eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Für die Entscheidung darüber ist der Oberste Gerichtshof keinesfalls zuständig. Die Akten sind daher dem Erstgericht zurückzustellen (vgl 5 Ob 48/09h).

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