European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00134.15T.0806.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 dritter Satz AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 810 Abs 1 ABGB idF FamErbRÄG 2004 kommt dem erbantrittserklärten Erben ex lege ein subjektives Recht auf Benützung und Verwaltung des Verlassenschaftsvermögens sowie die Vertretung des Nachlasses zu (RIS-Justiz RS0008167 [T4 und T5]; Sailer in KBB4 § 810 Rz 2; Welser in Rummel, ABGB4 § 810 Rz 1). Nach Vorliegen von Erbantrittserklärungen zum gesamten Nachlass bedürfen auch Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung keiner abhandlungsgerichtlichen Genehmigung mehr. Anderes gilt zufolge § 810 Abs 2 ABGB lediglich für die Veräußerung von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen (RIS-Justiz RS0122155). Die Veräußerung von Nachlassliegenschaften bedarf aus diesem Grund der gerichtlichen Genehmigung (2 Ob 148/10v SZ 2011/10 mwN).
2. Auch nach aktueller Rechtslage bleibt die Parteistellung der Noterben im Verlassenschaftsverfahren auf die Rechte nach den §§ 784, 804 und 812 ABGB beschränkt (vgl 3 Ob 229/09m; 6 Ob 78/12g; 7 Ob 212/13x; RIS-Justiz RS0006519, RS0012909; Welser aaO §§ 762-764 ABGB Rz 10 f; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 2 Rz 143 ff). Von der Verwaltung des Verlassenschafts-vermögens sind sie hingegen ausgeschlossen; Genehmigungsbeschlüsse sind ihnen daher nicht zuzustellen (vgl 1 Ob 347/36 SZ 18/81; 7 Ob 333/57 RZ 1958, 58; 8 Ob 114/97s; 8 Ob 159/02v; RIS-Justiz RS0008198; Sailer aaO § 810 Rz 8; Welser aaO § 786 Rz 6 und § 810 Rz 4). Das bezieht sich auch auf Maßnahmen, die den Nachlass und damit auch den Pflichtteil erheblich schmälern könnten (8 Ob 114/97s; 8 Ob 159/02v). Die Rekurslegitimation der Noterben gegen solche Genehmigungsbeschlüsse wird in der Rechtsprechung daher regelmäßig verneint (1 Ob 113/46 JBl 1946, 462; 7 Ob 333/57 RZ 1958, 58; 4 Ob 1612/94). Abweichend wurden nur Fälle beurteilt, in denen über den Separationsantrag eines Noterben iSd § 812 ABGB noch nicht entschieden war (vgl 6 Ob 587/84 NZ 1985, 148; 4 Ob 1612/94; 8 Ob 114/97s; 6 Ob 202/98v mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, wurde doch der Separationsantrag der Noterbin bereits rechtskräftig abgewiesen (vgl 8 Ob 114/97s).
3. Beteiligtenstellung wird den Noterben auch zugebilligt, wenn durch eine Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts eine Verkürzung ihrer materiellen Rechte herbeigeführt wird (6 Ob 34/13p mwN; RIS-Justiz RS0006500 [T9 und T12]). Dass dies im Falle der Genehmigung einer Liegenschaftsveräußerung auch unter dem Gesichtspunkt des § 786 ABGB nicht zutrifft, hat der Oberste Gerichtshof bereits zum Ausdruck gebracht (1 Ob 113/46 JBl 1946, 462; 4 Ob 1612/94; vgl auch RIS-Justiz RS0012905). Mindert sich der Pflichtteil durch ein nachteiliges Geschäft des Erben, so kann daraus allenfalls eine im streitigen Rechtsweg zu verfolgende Schadenersatzpflicht des Erben entstehen (2 Ob 65/12s mwN; Apathy in KBB4 § 786 Rz 1; Welser aaO § 786 Rz 6).
4. Die Verneinung der Rechtsmittellegitimation der Noterbin durch das Rekursgericht steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)