OGH 6Ob34/13p

OGH6Ob34/13p20.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am 20. Mai 2011 verstorbenen W***** S***** über den Revisionsekurs der Pflichtteilsberechtigten 1. K***** E*****, 2. E***** R*****, 3. W***** U*****, alle vertreten durch Dr. Bärbel Humitsch, Rechtsanwältin in Spittal an der Drau, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 6. Dezember 2012, GZ 2 R 222/12t‑62, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 19. September 2012, GZ 15 A 250/11i‑59, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00034.13P.0320.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

I***** E***** ist testamentarische Erbin nach dem Verstorbenen, ihrem Vater, in dessen Nachlass unter anderem ein Erbhof im Sinn des Kärntner Erbhöfegesetzes fällt. Am 6. 9. 2012 entschlug sich A***** S*****, eine weitere Tochter des Erblassers, die ursprünglich ebenfalls testamentarische Erbin gewesen war, zugunsten ihrer Schwester unter Vorbehalt ihres Pflichtteilsanspruchs.

Die Revisionsrekurswerber sind (lediglich) pflichtteilsberechtigte Kinder des Verstorbenen.

Das Erstgericht wies den Antrag der beiden Erbinnen auf Ermittlung des Übernahmswerts des Erbhofs mangels Anwendbarkeit des Kärntner Erbhöfegesetzes ab; beide Kinder seien ursprünglich letztwillig zu Erben und damit Hofübernehmern eingesetzt worden. Daran ändere auch nichts, dass sie sich in weiterer Folge auf einen Hofübernehmer geeinigt haben.

Das Rekursgericht trug dem Erstgericht auf, „den Übernahmswert des erblasserischen Liegenschaftsbesitzes festzusetzen“ und ließ den „ordentlichen Revisionsrekurs“ nicht zu. Es vertrat die Auffassung, § 11 Kärntner ErbhöfeG zeige die Intention des Gesetzgebers, eine Einigung zwischen potenziellen Hofübernehmern zu erzielen; eine solche sei hier zwischen den Testamentserbinnen erfolgt. Weitere Intention des Gesetzgebers sei die Erhaltung eines lebensfähigen Bauernstands und die Erhaltung eines Erbhofs im Familienbesitz; damit wäre es aber nicht vereinbar, die Hofübernehmerin aufgrund von Pflichtteilsleistungen, die sich nach dem Verkehrswert des Erbhofs bemessen würden, zur Aufgabe des Erbhofs zu zwingen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Pflichtteils-berechtigten ist nicht zulässig.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind Pflichtteilsberechtigte im Verlassenschaftsverfahren unter anderem dann Beteiligte, wenn durch eine Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts eine Verkürzung ihrer materiellen Rechte herbeigeführt würde (4 Ob 208/97k; 4 Ob 202/02p ‑ je mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Da nach § 15 Abs 1 Satz 2 Kärntner ErbhöfeG der Pflichtteilsberechnung der nach § 12 leg cit bestimmte Wert des Erbhofs zugrunde zu legen wäre, wird durch die Entscheidung des Rekursgerichts in die materiellen Rechte der pflichtteilsberechtigten Kinder des Erblassers eingegriffen, womit diese rechtsmittellegitimiert wären.

Allerdings handelt es sich bei der angefochtenen Entscheidung tatsächlich um einen Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 64 AußStrG, hat doch das Rekursgericht dem Erstgericht (inhaltlich) die Fortsetzung des Verfahrens zwecks Ermittlung des Übernahmswerts des Erbhofs aufgetragen. Nach § 64 Abs 1 Satz 1 AußStrG ist ein solcher Beschluss aber nur anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig ist. Da dies hier nicht der Fall ist, ist der als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete Rekurs der Pflichtteilsberechtigten nicht zulässig.

2. Zur Vermeidung weiterer Verfahrens-verzögerungen sieht es der Oberste Gerichtshof als notwendig an, darauf hinzuweisen, dass bei gewillkürter Rechtsnachfolge von Todes wegen nach den ‑ insoweit wortidenten ‑ Regelungen des § 26 Abs 2 Z 1 Tiroler HöfeG und des § 1 Abs 2 Z 1 Kärntner ErbhöfeG eine Festsetzung eines Übernahmswerts (§ 21 Tiroler HöfeG, § 12 Kärntner ErbhöfeG) nur dann in Betracht kommt, wenn der Alleineigentümer eines Erbhofs eine der unter die gesetzlichen Erben fallenden Personen allein oder gemeinsam mit ihrem Ehegatten, Elternteil oder Kind als Übernehmer berufen hat. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, wenn ‑ wie auch im vorliegenden Fall ‑ der Erblasser mehrere Personen zu Erben einsetzte, ohne einen von ihnen zum Hofübernehmer zu berufen (6 Ob 14/95; ebenso Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB4 Bd III [2013] § 1 Kärntner ErbhöfeG Rz 2). In einem solchen Fall hat es bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche nach § 784 ABGB zu bleiben (vgl Kathrein, Anerbenrecht [1990] § 26 Tiroler HöfeG Anm 3). Eine dem § 8 Abs 5 AnerbenG vergleichbare Bestimmung, wonach der Übernahmswert auch dann festzusetzen ist, wenn sich die eingesetzten Miterben einigen, dass einer von ihnen den Erbhof als Anerbe übernimmt, kennen weder das Tiroler noch das Kärntner Höferecht. Im Hinblick auf die ausdrückliche Regelung des § 21 AnerbenG kommt eine analoge Anwendung dieser Bestimmung im vorliegenden Fall nicht in Betracht (6 Ob 8/81). Damit besand aber für den Auftrag zur Ermittlung eines Übernahmswerts keine gesetzliche Grundlage.

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