OGH 3Ob129/15i

OGH3Ob129/15i15.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** OG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P*****, 2. J*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Gert Kleinschuster, Rechtsanwalt in Graz, und den Nebenintervenienten Mag. A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 27. April 2015, GZ 7 R 133/14a‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00129.15I.0715.000

 

Spruch:

1. Der Antrag der klagenden Partei, beim Verfassungsgerichtshof die Prüfung des § 2 Abs 1 MRG auf Verfassungskonformität zu beantragen und eine Vorabentscheidung des EuGH zur Frage einzuholen, ob diese Bestimmung „EU‑rechtskonform“ ist, wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.

Eine Prozesspartei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen verfahrensrechtlichen Anspruch, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 267 AEUV vor dem EuGH zu beantragen, sodass der entsprechende Antrag der Klägerin zurückzuweisen war (RIS‑Justiz RS0058452 [insb T3, T12, T14, T21]). Der Oberste Gerichtshof sieht sich auch nicht veranlasst, amtswegig ein Gesetzesprüfungs‑ oder Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.

2. Die Klägerin zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf:

2.1. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist im Verfahren schon deshalb nicht unstrittig, dass sie „jedenfalls obligatorisch und jedenfalls zu 50 %“ Fruchtgenussberechtigte der gesamten Liegenschaft ist, weil sie ein solches Vorbringen in erster Instanz nicht erstattet hat. Vielmehr hat sie sich ‑ neben der unrichtigen Behauptung, bücherliche Zwei-Drittel-Eigentümerin zu sein ‑ zur Begründung ihrer Aktivlegitimation für die auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützte Räumungsklage darauf berufen, dass ihr Hälfteeigentum an der Liegenschaft im Grundbuch vorgemerkt sei, dass sie im Hinblick auf eine Treuhandvereinbarung (auch) mit dem zweiten bücherlichen Hälfteeigentümer, dem Nebenintervenienten, „außerbücherliche Zwei-Drittel-Eigentümerin“ sei und ihr die bücherliche Hälfteeigentümerin, ob deren Anteil das Eigentumsrecht der Klägerin vorgemerkt ist, den Besitz und die Verwaltung ihres (treuhändig gehaltenen) Liegenschaftsanteils bereits übertragen habe. Auf das nunmehr behauptete Fruchtgenussrecht der Klägerin „am gesamten Haus im Ausmaß ihrer ideellen Miteigentumsanteile, jedenfalls zu 50 %“ ist deshalb nicht weiter einzugehen.

2.2. Zur Einbringung einer auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützten Räumungsklage ist die Anteilsmehrheit der Miteigentümer legitimiert. Der bloße Hälfteeigentümer ist nur dann aktiv legitimiert, wenn er das Einverständnis solcher Miteigentümer nachweist, denen mit ihm zusammen die Mehrheit der Anteile gehört (RIS‑Justiz RS0013441 [T5, T6];

RS0013437).

2.3. Ein außerbücherlicher Erwerber einer Liegenschaft, dem der Besitz daran schon vor der Einverleibung seines Eigentumsrechts übertragen wurde, ist zwar legitimiert, rückständige Mietzinse geltend zu machen und wegen rückständiger Mietzinse die Räumung gemäß § 1118 ABGB zu begehren (RIS‑Justiz RS0106071 [T3]). Da der außerbücherliche Erwerber aber nicht besser gestellt sein kann als der bücherliche Miteigentümer (oder der Fruchtnießer eines Liegenschaftsanteils, [vgl RIS‑Justiz RS0011819]), gilt dies nur für den Fall, dass dem außerbücherlichen Erwerber der Besitz und die Verwaltung der gesamten Liegenschaft oder zumindest der Mehrheit der Anteile übertragen wurde. Dass auch der Nebenintervenient Besitz und Verwaltung an den nach dem Vorbringen der Klägerin von ihm treuhändig gehaltenen Liegenschaftsanteilen bereits an sie übertragen hätte, behauptet die Revisionswerberin aber gar nicht. Die bloße (allfällige) vertragliche Verpflichtung des Nebenintervenienten hiezu reicht nicht aus (vgl RIS‑Justiz RS0112406).

Stichworte