Spruch:
1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Begründung
Der Betreibende führt gegen die Verpflichtete Exekution durch Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaften.
Das Erstgericht gab nach Einholung eines Bewertungsgutachtens über zwei Liegenschaftsanteile den Parteien und den Buchberechtigten gemäß § 144 Abs 1 EO die Schätzwerte bekannt und forderte sie zur Erhebung allfälliger Einwendungen binnen 14 Tagen auf.
Die Verpflichtete erhob daraufhin Einwendungen gegen den Schätzwert und beantragte unter anderem die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen (ON 46). Am selben Tag erhob sie Rekurs gegen die Bekanntgabe des Schätzwerts und stellte gleichzeitig an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B‑VG den Antrag, die in „§ 62 Abs 3 Z 9“ (gemeint: § 62a Abs 1 Z 9) VfGG enthaltene Wortfolge „in Exekutionssachen“ und die Bestimmung des § 144 EO (gemeint: den darin enthaltenen Ausschluss einer Anfechtungsmöglichkeit) als verfassungswidrig aufzuheben (ON 47).
Das Rekursgericht wies den Rekurs ebenso wie den Antrag der Verpflichteten auf Unterbrechung des Rekursverfahrens bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über ihre Gesetzesbeschwerde zurück. Nach ständiger Rechtsprechung sei gegen die Bekanntgabe des Schätzwerts nach § 144 EO kein Rechtsmittel zulässig. Da der Rekurs somit zurückzuweisen sei, fehle es dem Unterbrechungsantrag an der gesetzlichen Grundlage.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.
Die Verpflichtete erhob gegen die Zurückweisung ihres Rekurses einen außerordentlichen Revisionsrekurs und gegen die Zurückweisung ihres Unterbrechungsantrags Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
1. In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Verpflichtete keine erhebliche Rechtsfrage auf:
1.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist
seit der Neufassung des § 144 Abs 1, § 145 EO durch die EO‑Novelle 2000 eine beschlussmäßige Festsetzung des Schätzwerts ‑ auch nach Einwendungen der Parteien gegen den bekannt gegebenen Schätzwert ‑ nicht mehr vorgesehen; für die Parteien und Beteiligten besteht deshalb auch keine Rechtsmittelmöglichkeit (RIS‑Justiz
RS0116953; zuletzt 3 Ob 61/12k mwN). Das Rekursgericht hat deshalb den Rekurs der Verpflichteten im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als unzulässig zurückgewiesen.
1.2. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der von der Revisionsrekurswerberin behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 144 EO (insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Art 5 StGG) bereits in der Entscheidung 3 Ob 214/02w (= RIS‑Justiz
RS0116953 [T1]) auseinandergesetzt und diese verneint. Der erkennende Senat sieht sich durch die Revisionsrekursausführungen nicht veranlasst, von dieser Ansicht abzugehen.
1.3. Für die von der Verpflichteten angestrebte Unterbrechung des Revisionsrekursverfahrens bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Gesetzesbeschwerde fehlt eine gesetzliche Grundlage.
2. Der Rekurs der Verpflichteten gegen die Zurückweisung ihres an das Rekursgericht gerichteten Unterbrechungsantrags ist zulässig, aber nicht berechtigt.
2.1. Zu Recht unterließ das Rekursgericht insoweit einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO beziehen sich nämlich nur auf Entscheidungen des Rekursgerichts, mit denen über ein an dieses gerichtete Rechtsmittel abgesprochen wird, nicht aber auf solche, die das Gericht zweiter Instanz nur „im Rahmen“ eines Rekursverfahrens, somit funktionell als Erstgericht trifft. Im vorliegenden Fall fasste das Rekursgericht den bekämpften Beschluss auf Zurückweisung des Unterbrechungsantrags funktionell als Gericht erster Instanz, sodass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist (RIS‑Justiz
RS0115511 [T1]). Auch der Rechtsmittelausschluss des § 192 Abs 2 ZPO (iVm § 78 EO) kommt hier nicht zum Tragen, weil die Unterbrechung (der Stillstand) des Rekursverfahrens unter den Voraussetzungen des § 62a Abs 6 VfGG zwingend vorgeschrieben ist (vgl RIS‑Justiz RS0037110; RS0037034).
2.2. Die Verpflichtete steht auf dem Standpunkt, das Rekursgericht hätte das Rekursverfahren unterbrechen müssen, weil (auch) die sich aus § 144 EO ergebende Unzulässigkeit des Rekurses Gegenstand ihrer Gesetzesbeschwerde sei.
2.3. Diese Ansicht ist verfehlt. § 62a Abs 6 VfGG regelt zwar, dass das Rechtsmittelgericht bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs über die aus Anlass des Rechtsmittels erhobene Gesetzesbeschwerde nur solche Handlungen vornehmen oder Anordnungen und Entscheidungen treffen darf, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten. Die Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit des Rechtsmittels ist jedoch zufolge § 62a Abs 5 VfGG vorab vom ordentlichen Gericht ‑ und nicht vom Verfassungs-gerichtshof ‑ zu prüfen ( Grabenwarter/Musger , Praxisfragen der Gesetzesbeschwerde im Zivilverfahren, ÖJZ 2015/75, 551 [555, 558]). Das Rechtsmittel ist also vom (Erst‑ oder Rekurs‑)Gericht ungeachtet der anhängigen Gesetzesbeschwerde gegebenenfalls als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ( Grabenwarter/Musger aaO 559; Klicka , Der Antrag auf Normenkontrolle durch die Verfahrenspartei im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, wobl 2015, 10 [14]; Stefula , Der Parteiantrag auf Normenkontrolle an den VfGH im Zivilverfahren, Zak 2015/7, 5 [7]; vgl dazu die Verständigungspflichten nach § 62a Abs 5 Satz 2 VfGG und § 528b Abs 2 Satz 2 ZPO). In solchen Fällen kommt eine auf § 62a Abs 6 VfGG gestützte Unterbrechung des ‑ damit beendeten -Rekursverfahrens aber nicht mehr in Betracht ( Grabenwarter/Musger aaO 559 f).
2.4. Dass die Verpflichtete (auch) die Verfassungswidrigkeit des Rechtsmittelausschlusses gemäß § 144 EO behauptet, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Da eine Gesetzesbeschwerde nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B‑VG aus Anlass eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung erster Instanz zu erheben ist, kann sie nur die ‑ die Rechte der antragstellenden Partei verletzende -Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes durch das Erstgericht zum Gegenstand haben, während eine Anfechtung der bloß für die Rechtsmittelentscheidung präjudiziellen Vorschriften ausscheidet ( Kneihs , Der Subsidiarantrag auf Verordnungs‑ und Gesetzeskontrolle, ZfV 2015/5, 35 [42]; ebenso Stefula aaO 5). Es bedarf keiner näheren Begründung, dass das Erstgericht bei seiner Entscheidung (Bekanntgabe des Schätzwerts) den Rechtsmittelausschluss des § 144 EO nicht anzuwenden hatte, und dass die in den erstgerichtlichen Beschluss aufgenommene Rechtsmittelbelehrung („zur Nachricht“) keine Entscheidung „in erster Instanz“ darstellt.
2.5. Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.
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