OGH 10Ob48/15d

OGH10Ob48/15d30.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, Dr. Schramm, Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI G***** und 2. Ing. Mag. Dr. R*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in Lilienfeld, gegen die beklagten Parteien 1. F*****, 2. V*****, beide *****, Schweiz, 3. K*****, und 4. K*****, alle vertreten durch Mag. Franz Hofmann, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Abschreibung eines Grundstücksteils (16.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. April 2015, GZ 2 R 55/15v‑17, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Wels vom 3. Februar 2015, GZ 5 Cg 46/14k‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00048.15D.0630.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Parteien auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Das Berufungsgericht hat das Zustandekommen einer ‑ von den Klägerinnen behaupteten ‑ bindenden Vereinbarung über die Abtretung von Grundstücksteilen durch die Beklagten an die Klägerinnen (im Gegenzug gegen die Einräumung eines Geh‑ und Fahrtrechts auf einer zu errichtenden Zufahrtsstraße) verneint und die vom Erstgericht ausgesprochene Abweisung der Klage auf Übertragung eines neu gebildeten Grundstücks in das gleichteilige Eigentum der Klägerinnen, in eventu auf Fertigung eines entsprechenden verbücherungsfähigen Vertrags, bestätigt. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und die Revision nicht zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision zeigen die Klägerinnen keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Die Frage des Zustandekommens eines Vertrags richtet sich nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls; dieser Frage kommt regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0043253, RS0081754; ähnlich RS0042936 [T9]; ebenso zur Vertragsaufhebung RIS‑Justiz RS0113249). Eine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung in Bezug auf die Frage, ob in der als „Vorvertrag“ bezeichneten Vereinbarung vom 19. April 2013 ein endgültiger Bindungswille der Vertragsparteien zum Ausdruck kommt (vgl RIS‑Justiz RS0042555 [T7]), liegt nicht vor.

Nach dem Urteil des Berufungsgerichts liegt in der in der Vereinbarung enthaltenen Formulierung „nach Vorliegen eines Teilungsplanes“ eine aufschiebende Bedingung; die Ansicht der Klägerinnen, die Erfüllung dieser Bedingung mit den Schriftstücken vom 10. Dezember 2013 nachgewiesen zu haben, lasse außer Acht, dass die Pläne aus Dezember 2013 erheblich von jenen vom 18. April 2013 abwichen. Wäre die Umschreibung in der Vereinbarung vom 19. April 2013 hingegen lediglich als grober Umriss der Situierung und des Ausmaßes zu verstehen, in der die Pläne aus Dezember 2013 Deckung fänden, so fehlte es der Vereinbarung vom 19. April 2013 an der ausreichenden Determinierung der Tauschgegenstände und damit der essentialia negotii. Insbesondere der Passus, wonach die Beklagten in Sachen Zufahrtsstraße nur oder prioritär mit den Klägerinnen zu verhandeln hätten, deute darauf hin, dass bloß ein Zwischenergebnis von Verhandlungen oder ein Arbeitsergebnis festgehalten worden sei, was der Annahme eines entsprechenden, sowohl für einen Haupt- als auch einen Vorvertrag erforderlichen Bindungswillen entgegenstehe.

Diese Ansicht ist unter den gegebenen Umständen durchaus vertretbar. Sowohl der in der Vereinbarung vom 19. April 2013 explizit enthaltene Hinweis auf weitere Verhandlungen als auch die damals noch offene Abklärung mit der Gemeinde, die zumindest von den Erst‑ und Zweitbeklagten bereits zuvor als wesentlicher Punkt in die Verhandlungen eingebracht wurde, sprechen dafür, die Vereinbarung lediglich im Sinne eines Festhaltens der bisher erzielten Verhandlungsergebnisse ohne endgültige Bindung auszulegen. Da für das verbindliche Zustandekommen eines Vertrags zusätzlich zur Einigung über den Vertragsinhalt die ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung des Abschlusswillens erforderlich ist (RIS‑Justiz RS0014007, RS0038607), kommt es nicht darauf an, ob die Vereinbarung bereits die wechselseitigen Leistungen hinreichend bestimmt (im Sinne von bestimmbar) festlegt.

Der Umstand, dass den Klägerinnen durch ihre Vorarbeiten Kosten entstanden sind, vermag nichts an dem vertretbaren Ergebnis der Vorinstanzen zu ändern, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 19. April 2013 am Willen aller Vertragsparteien fehlte, endgültig gebunden zu sein.

Die außerordentliche Revision der Klägerinnen ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO.

Stichworte