OGH 9ObA115/14y

OGH9ObA115/14y24.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Wolfgang Cadilek in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. Zentralbetriebsrat der Oesterreichischen Nationalbank, *****, 2. bis 1395., *****, alle vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Oesterreichische Nationalbank, *****, vertreten durch Burgstaller & Preyer Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. Republik Österreich (Bundesministerium für Finanzen), *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17‑19, 1011 Wien, wegen 4.368.953,44 EUR sA (Revisionsinteresse: 4.338.495,22 EUR) und Feststellung (Streitwert 230.900 EUR; Revisionsinteresse: 230.600 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 23. Juli 2014, GZ 8 Ra 43/14y‑16, mit dem der Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 14. Jänner 2014, GZ 15 Cga 161/13z‑10, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00115.14Y.0624.000

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 3 B‑VG (Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den

Antrag,

auszusprechen, dass Art 81 des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 ‑ 2. StabG 2012 in der bis 31. Dezember 2014 geltenden Fassung BGBl I 2012/35 verfassungswidrig war.

Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Begründung

1. Sachverhalt

Der Erstkläger ist der Zentralbetriebsrat der Erstbeklagten. Die 2.‑ bis 973.‑klagenden Parteien sind pensionierte, ehemalige Dienstnehmer der Erstbeklagten, teilweise auch deren Angehörige oder Hinterbliebene; die 974.‑ bis 1.395.‑klagenden Parteien sind derzeit aktive Dienstnehmer der Erstbeklagten (idF alle als Kläger bezeichnet).

Die Dienstnehmer der Erstbeklagten stehen in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Erstbeklagten (§ 38 Abs 1 Nationalbankgesetz 1984 [NBG]). Ihre Anstellungsbedingungen, dienstlichen Pflichten und Rechte sowie die Besoldung und die Pensionsbezüge richten sich nach den vom Generalrat der Erstbeklagten festgesetzten Bestimmungen (§ 38 Abs 2 S 1 NBG). Die Dienstnehmer, welche aufgrund der Pensionsordnungen der Erstbeklagten eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, sind in der Unfall‑, Invaliden‑ und Angestelltenversicherung (Pensionsversicherung) ver-sicherungsfrei (§ 38 Abs 3 NBG).

Mit den Klägern wurden die „Dienstbestimmungen I“ (DB I) für vor dem 1. April 1993 eingetretene Dienstnehmer und die „Dienstbestimmungen II“ (DB II) für nach dem 1. April 1993 eingetretene Dienstnehmer vereinbart. Die Dienstbestimmungen stellen den Einzelarbeitsverträgen der (ehemaligen) Dienstnehmer zugrunde gelegte Vertragsschablonen dar (RIS‑Justiz RS0071779), die jeweils auch eine Pensionsordnung enthalten.

Die Erstbeklagte ist eine Aktiengesellschaft (§ 2 NBG), die nun im Alleineigentum der Zweitbeklagten steht (§ 9 NBG idF BGBl I 2011/50). Die Erstbeklagte bestreitet die Pensionsleistungen für die Dienstnehmer der DB I und II aus eigenen budgetären Mitteln. Dafür hat sie auch eine Pensionsreserve zu bilden (§ 69 Abs 2 NBG). Die Zweitbeklagte ist für die Pensionsleistungen auch im Ausfall nicht zahlungspflichtig. Da sich die gesetzlich festgelegte Gewinnabfuhr an die Zweitbeklagte (§ 69 Abs 3 NBG) am Reingewinn der Erstbeklagten (Bilanzgewinn abzüglich Zufuhr zur Pensionsreserve) orientiert, schmälert eine höhere Zufuhr zur Pensionsreserve die Gewinnabfuhr an die Zweitbeklagte und bedeutet für diese einen Einnahmenentfall.

Mit Art 81 des am 25. April 2012 in Kraft getretenen 2. Stabilitätsgesetzes 2012 (2. StabG 2012), BGBl I 2012/35, wurden die ehemaligen Bediensteten der Erstbeklagten verpflichtet, ab 1. Jänner 2013 einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an die Zweitbeklagte zu entrichten (Abs 1). Die aktiven Bediensteten der Erstbeklagten, die am 31. Dezember 2012 eine Pensionsanwartschaft hatten, hatten künftig von ihren Ruhe‑ und Versorgungsbezügen einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an die Zweitbeklagte zu entrichten (Abs 2). Der Pensionssicherungsbeitrag gemäß Abs 1 und 2 ist auch von zu den Ruhe‑ und Versorgungsbezügen gebührenden Sonderzahlungen zu entrichten. Er ist nur so weit zu entrichten, als damit der Ausgleichzulagenrichtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG nicht unterschritten wird (Abs 3). Die vor dem 1. April 1993 in ein Dienstverhältnis zur Erstbeklagten aufgenommenen Bediensteten, die eine Pensionsanwartschaft haben, hatten ab 1. Jänner 2013 einen Pensionsbeitrag in Höhe von 3 % ihrer Monatsbezüge und Sonderzahlungen an den Bund zu leisten. Allfällige freiwillig an die Erstbeklagte geleistete Pensionsbeiträge konnten ab diesem Zeitpunkt entfallen (Abs 4). Die Pensionssicherungsbeiträge und Pensionsbeiträge waren von der gehalts‑ bzw pensionsauszahlenden Stelle einzubehalten und an den Bund abzuführen (Abs 5).

Die Erstbeklagte behielt gemäß dieser Bestimmung von den auszuzahlenden Aktivbezügen und von den nach der Pensionsordung auszuzahlenden Leistungen Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge für die aktiven und ehemaligen Dienstnehmer bzw deren Angehörige/Hinterbliebene ab den Jänner‑Bezügen 2013 ‑ die gemäß § 45 der DB I und II schon im Dezember 2012 ausbezahlt wurden - ein und führte sie an die Zweitbeklagte ab.

Die Bestimmung des Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 stand bis 31. Dezember 2014 in Kraft und wurde mit Wirksamkeit zum 1. Jänner 2015 durch eine mit Art 6 des Sonderpensionenbegrenzungsgesetzes (SpBegrG), BGBl I 2014/46, erfolgte grundlegende Neufassung ersetzt.

2. Bisheriger Verfahrensgang:

Mit Klage vom 18. 10. 2013 begehrten die Kläger:

1. a)

Die erst‑ und die zweitbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, im Bezug auf die 2.- bis 902.‑, die 904.‑ bis 909.‑, 911.‑ bis 918.‑, 920.‑ bis 922.‑, 925.‑ bis 931.‑, 933.‑ bis 934.‑ und 939.‑ bis 972.‑klagenden Parteien die im Dezember 2012 von der erstbeklagten Partei einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionssicherungsbeiträge gemäß Art 81 Abs 1 und Abs 3 iVm 5, 2. StabG und im Bezug auf die 974.‑ bis 1.395.‑klagenden Parteien die im Dezember 2012 von der erstbeklagten Partei einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionsbeiträge gemäß Art 81 Abs 4 iVm 5, 2. StabG zu zahlen sowie

b) die erst‑ und zweitbeklagte Partei zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, den 2.‑ bis 973.‑klagenden Parteien die im Zeitraum Februar 2013 bis September 2013 von der erstbeklagten Partei einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionssicherungsbeiträge gemäß Art 81 Abs 1 und 3 iVm Abs 5, 2. StabG und den 974.‑ bis 1.395.‑klagenden Parteien die im Zeitraum Februar 2013 bis September 2013 von der erstbeklagten Partei einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionsbeiträge gemäß Art 81 Abs 4 iVm 5, 2. StabG zu zahlen sowie die erst- und die zweitbeklagte Partei zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, den 2.‑ bis 973.‑klagenden Parteien die im Zeitraum Oktober 2013 bis Jänner 2014 von der erstbeklagten Partei einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionssicherungsbeiträge gemäß Art 81 Abs 1 und 3 iVm Abs 5, 2. StabG und den 974.‑ bis 1.395.‑klagenden Parteien die im Zeitraum Oktober 2013 bis Jänner 2014 von der erstbeklagten Partei einbehaltenen und an die zweitbeklagte Partei abgeführten in der Klage näher bezifferten Pensionsbeiträge gemäß Art 81 Abs 4 iVm 5, 2. StabG zu zahlen (ausgedehntes Klagebegehren ON 7),

c) festzustellen, dass von der erstbeklagten Partei keine weiteren Pensionsbeiträge gemäß Art 81 Abs 4 iVm Abs 5, 2. StabG von den Monatsbezügen und Sonderzahlungen der 974.‑ bis 1.395.‑klagenden Parteien einzubehalten und an die zweitbeklagte Partei abzuführen seien,

d) festzustellen, dass von der erstbeklagten Partei keine weiteren Pensionssicherungsbeiträge gemäß Art 81 Abs 1 iVm Abs 3 und 5, 2. StabG von den monatlichen Leistungen der Ruhe‑ und Hinterbliebenenversorgung sowie von dem zu den Ruhe‑ und Versorgungsbezügen gebührenden Sonderzahlungen der 2.‑ bis 973.‑klagenden Partei einzubehalten und an die zweitbeklagte Partei abzuführen seien,

2. festzustellen, dass von der erstbeklagten Partei künftig keine Pensionssicherungsbeiträge in der Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung gemäß Art 81 Abs 2 iVm Abs 1, 3 und 5, 2. StabG der Ruhe‑ und Versorgungsbezügen der Bediensteten (bzw ihrer versorgungsberechtigten Angehörigen und Hinterbliebenen) der erstbeklagten Partei, die aufgrund der Pensionsordnungen der DB I und II der erstbeklagten Partei am 31. Dezember 2012 eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, abzuziehen und an die zweitbeklagte Partei abzuführen seien.

Vorgebracht wurde dazu, dass die Beiträge „ab Jänner 2013“ zu entrichten seien, sodass die Abzüge für die bereits im Dezember 2012 fälligen Jänner‑Bezüge 2013 ohne gesetzliche Grundlage erfolgt seien. Zudem seien der Abzug und die Abführung von gesetzlichen Pensions‑ und Pensionssicherungsbeiträgen nach Art 81 des 2. StabG 2012 verfassungswidrig, weil es an einer Kompetenzgrundlage fehle und die Regelung eine nur die Erstbeklagte treffende gleichheitswidrige Sonderabgabe sei. Da die Beiträge dem Bund zufließen würden, obwohl er die Pensionslasten der Erstbeklagten nicht zu finanzieren und dafür nicht einzustehen hätte, sei die Regelung auch sachlich nicht gerechtfertigt. (Die von den Klägern vorgetragenen Gründe werden im Detail nachstehend unter Punkt 4 wiedergegeben).

Die Beklagten bestritten und beantragten Klagsabweisung. Die Beträge seien gesetzeskonform bereits von den im Dezember 2012 ausbezahlten Bezügen abgezogen worden. Insbesondere die Zweitbeklagte entgegnete, dass die gesetzlichen Eingriffe in die Rechtsposition der klagenden Dienstnehmer und Pensionisten sachlich gerechtfertigt, maßvoll und damit verfassungskonform seien, weil die pensionsrechtlichen Normen der DB I und II für die Leistungsbezieher erheblich günstiger als die pensionsrechtlichen Bestimmungen für die Bundesbeamten und die ASVG‑Versicherten seien und der dadurch bedingte Mehraufwand für die Ruhe‑ und Versorgungsbezüge bzw die Mindereinnahmen aufgrund von geringeren Pensionsbeiträgen die Gewinnabfuhr der Erstbeklagten an den Bund schmälere. Das besonders günstige Pensionsrecht der Kläger werde daher in einem relevanten Ausmaß durch Einnahmeentfälle der öffentlichen Hand finanziert.

Die Zweitbeklagte trug auch die Eckpunkte der Pensionsregelungen der Erstbeklagten vor (erforderliche Dienstzeit nach DB I: 35 Dienstjahre; nach DB II: 40 Dienstjahre; Möglichkeit zum Pensionsantritt mit 65 oder, bei 35 Dienstjahren, ab 55 bzw 60 Jahren; Bemessungsgrundlage: 85 % [DB I] bzw 80 % [DB II] des Letztbezugs; deutlich vorteilhaftere Indexierung der Pensionsbezüge im Vergleich zu den ASVG‑Regelungen; 15 Mal pro Jahr erfolgende Auszahlung der Pensionen; auf freiwilliger Basis zu leistende Pensionsbeiträge in Höhe von 2 % [DB I] bzw 10,25 % bis zur Höchstbeitragsgrundlage und darüber 2 % [DB II]), die zu Pensionsleistungen auf einem betraglich sehr hohen Niveau weit über der Höchstbemessungsgrundlage nach ASVG führten. Dies wurde von den Klägern nicht bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die erfolgten und zu erwartenden Abzüge fänden ihre gesetzliche Grundlage in Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35. Da ein in erster Instanz tätiges ordentliches Gericht beim Verfassungsgerichtshof (im Entscheidungszeitpunkt) keinen Antrag auf Prüfung eines Gesetzes stellen könne, sei auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Bestimmung nicht einzugehen.

Die 187.‑ und 395.‑Kläger haben ihre Berufung zurückgezogen (ON 12).

Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung der übrigen Kläger keine Folge. Im Hinblick auf die von ihnen geäußerten Bedenken gegen die Verfassungskonformität des Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 führte es aus, die mit dieser Bestimmung vorgeschriebenen Pensionssicherungs‑ und Pensionsbeiträge würden dem Abgabenbegriff des F‑VG 1948 entsprechen; der Bestimmung liege der Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 4 B‑VG („öffentliche Abgabe“) zugrunde. Der gesetzliche Eingriff sei eine zulässige Beschränkung des Eigentums, weil damit ein Schritt zur angestrebten allgemeinen Harmonisierung des Pensionsrechts gesetzt und ein Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts geleistet werde. Dies stünde im öffentlichen Interesse. Die Regelung widerspreche im Hinblick auf die angestrebte Pensionsharmonisierung, die nur mit mehreren Maßnahmen über einen längeren Zeitraum verwirklichbar sei, und angesichts der gegenüber dem ASVG‑Pensionsrecht und dem Pensionsrecht der Bundesbeamten eklatant günstigeren Pensionsregelungen der Erstbeklagten auch nicht dem Gleichheitssatz. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sei gewahrt, weil der Eingriff im Ausmaß von 3,3 % bzw 3 % des Pensions‑(Sicherungs‑)beitrags vertretbar und angemessen sei. Im Hinblick auf die Geringfügigkeit des Einriffs sei auch der Vertrauensschutz nicht beeinträchtigt. Die Bestimmung verstoße schließlich nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B‑VG. Gegenüber der Zweitbeklagten fehle es den Klägern überdies an einem Feststellungsinteresse, weil zu Unrecht eingehaltene Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge nicht im Zivilrechtsweg, sondern in dem in der BAO vorgesehenen Verwaltungsweg zurückzufordern seien. Die Revision sei zulässig, weil die Frage einer Verfassungswidrigkeit durch Einführung von Pensions‑(Sicherungs‑)beiträgen hinsichtlich bereits in Pension befindlicher Dienstnehmer bzw hinsichtlich Dienstnehmer mit Anwartschaftsrechten auch andere Personen in vergleichbaren Fällen berühren könnte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der 1.‑ bis 186.‑, der 188.‑ bis 394.‑ sowie der 396.- bis 1.395.‑Kläger mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Darin wird auch die Vorlage der Rechtssache an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Art 81, 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35, angeregt.

Die Beklagten beantragten in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der die Rechtsposition der Kläger betreffenden Bestimmungen des Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO).

3.1. Gesetzliche Grundlagen:

Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 lautete:

5. Abschnitt

Artikel 81

Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank

(1) Die ehemaligen Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank sowie Angehörige und Hinterbliebene ehemaliger Bediensteter, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der Oesterreichischen Nationalbank am 31. Dezember 2012 einen Anspruch auf Ruhe‑ und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, haben ab 1. Jänner 2013 einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an den Bund zu entrichten.

(2) Die Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der Oesterreichischen Nationalbank am 31. Dezember 2012 eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, und ihre versorgungsberechtigten Angehörigen und Hinterbliebenen haben künftig von ihren Ruhe‑ und Versorgungsbezügen einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an den Bund zu entrichten.

(3) Der Pensionssicherungsbeitrag gemäß Abs. 1 und 2 ist auch von zu den Ruhe‑ und Versorgungsbezügen gebührenden Sonderzahlungen zu entrichten. Er ist nur so weit zu entrichten, als damit der Ausgleichzulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG nicht unterschritten wird.

(4) Die vor dem 1. April 1993 in ein Dienstverhältnis zur Oesterreichischen Nationalbank aufgenommenen Bediensteten, welche auf Grund der Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, haben ab 1. Jänner 2013 einen Pensionsbeitrag in Höhe von 3 % ihrer Monatsbezüge und Sonderzahlungen an den Bund zu leisten. Allfällige freiwillig an die Oesterreichische Nationalbank geleistete Pensionsbeiträge können ab diesem Zeitpunkt entfallen.

(5) Die Pensionssicherungsbeiträge und Pensionsbeiträge sind von der gehalts- bzw. pensionsauszahlenden Stelle einzubehalten und an den Bund abzuführen.“

Zur Begründung der Bestimmung wird im Allgemeinen Teil der Erläuterungen zum 2. StabG 2012, RV 1685 BlgNR XXIV. GP , S 3, ausgeführt, dass mit dem Gesetz im Hinblick auf die gestiegene Staatsschuldenquote und dem höheren Maastricht‑Defizit ein Weg der Budgetkonsolidierung beschritten werden soll. Dafür seien eine Reihe von Strukturmaßnahmen in Aussicht genommen, die den Staatshaushalt nachhaltig entlasten sollen („Konsolidierungspaket 2012 bis 2016“). Zur Bestimmung des Art 81 (in der Regierungsvorlage noch als Art 82 geführt) im Besonderen heißt es:

Im Rahmen des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 werden weitere Schritte zur Harmonisierung des Pensionsrechts unternommen. Dabei sollen auch die Pensionsordnungen der Oesterreichischen Nationalbank nicht völlig unberücksichtigt bleiben: Für bestehende und künftige Pensionen der Oesterreichischen Nationalbank wird ab 1. Jänner 2013 ein Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % und für die vor dem 1. April 1993 in ein Dienstverhältnis zur Bank aufgenommenen Bediensteten, die eine Anwartschaft auf Ruhe‑ und Hinterbliebenenversorgung gegen die Bank erworben haben, ab demselben Datum ein Pensionsbeitrag in Höhe von 3 % eingeführt. Die derzeit von den Bediensteten freiwillig entrichteten Pensionsbeiträge können aufgrund der nunmehr gesetzlich geregelten Pensionsbeitragspflicht ab 1. Jänner 2013 entfallen. Die Beiträge sind von der Oesterreichischen Nationalbank einzuheben und an den Bund abzuführen.

Vor dem Hintergrund der im Vergleich zu den Pensionsregelungen der Bundesbeamtinnen und ‑beamten und der ASVG‑Versicherten höheren Pensionsversorgung der Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank erreicht der durch die Einführung von Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen bewirkte Eingriff in die Rechte der Anspruchs‑ und Anwartschaftsberechtigten nicht jene Intensität, die ihn im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnte. Das öffentliche Interesse an diesem gesetzlichen Eingriff liegt in der Harmonisierung des Pensionsrechts. Wie dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. 12. 2003, G 298/02 zum ÖBB‑Pensionsgesetz zu entnehmen ist, rechtfertigen derartige Umstände die Eigentumsbeschränkung als im öffentlichen Interesse gelegen.

Was die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes betrifft, ist entsprechend dem oa. VfGH‑Erkenntnis einerseits darauf hinzuweisen, dass auch die bisher bestehende Rechtslage dem einzelnen OeNB‑Bediensteten keine Gewähr für die Unabänderbarkeit seiner pensionsrechtlichen Position bot, da durch Generalrat und Betriebsrat Änderungen der Pensionsordnungen beschlossen werden können. Andererseits erscheint ein Eingriff im Ausmaß von 3,3 % (Pensionssicherungsbeitrag) bzw. 3 % (Pensionsbeitrag) angesichts der gegenüber dem ASVG‑Pensionsrecht bzw. dem Pensionsrecht der Bundesbeamten eklatant günstigeren Regelungen gemäß den Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der OeNB (DB I: 85 % des Letztbezuges, 2 % Pensionsbeitrag freiwillig, Pensionsantritt ab 55; DB II: 80 % des Letztbezuges, ab Höchstbeitragsgrundlage nur 2 % Pensionsbeitrag, Pensionsantritt ab 60) durchaus vertretbar und angemessen.“

3.2. Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen:

Gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 140 B-VG hat der Oberste Gerichtshof, schon wenn er Bedenken gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit hat, den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Nicht erforderlich ist, dass er von der Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden gesetzlichen Regelung überzeugt sein muss (RIS‑Justiz RS0053977).

Die Vorinstanzen haben nach Maßgabe von Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 die Rückzahlungs‑ und Feststellungsbegehren der Kläger zu den von der Erstbeklagten einbehaltenen und an die Zweitbeklagte abgeführten Pensions‑(Sicherungs‑)beiträgen verneint. Die Abweisung der die Zweitbeklagte betreffenden Feststellungsbegehren wird in der Revision nicht bekämpft. Vorbehaltlich der Beurteilung des zeitlichen Geltungsbereichs der Bestimmung (Punkt 1.a. des Klagebegehrens) wären im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit jedenfalls die gegen die Erstbeklagte gerichteten Klagebegehren berechtigt, weil die Erstbeklagte dann nach den Dienstverträgen zu einer abzugslosen Auszahlung der Bezüge verpflichtet gewesen wäre. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hängt damit vom Bestand der Regelung ab.

3.3. Zum Anfechtungsumfang:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungs-gerichtshofs sind die aufzuhebenden Stellen eines Gesetzes genau und eindeutig zu bezeichnen (VfSlg 18.175 ua). Dabei sind die Grenzen der Aufhebung so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Normteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammen-hängenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 19.639 mwN). Die Anfechtung muss zwar den engstmöglichen Teil des Gesetzes umfassen (VfSlg 14.802). Der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm darf bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags aber auch nicht zu eng gewählt werden (VfSlg 19.639; G 45/12 ua).

Den konkreten Gegenstand des Verfahrens bilden die Verschlechterungen der Pensionsbestimmungen für aktive und ehemalige Bedienstete der Erstbeklagten durch Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35. Inhalt dieser Bestimmung ist ausschließlich die Einführung eines ab 1. Jänner 2013 von den aktiven und ehemaligen Bediensteten zu leistenden Pensions‑(Sicherungs‑)beitrags sowie die Festlegung der Details dieses Beitrags (Abzug auch bezüglich Sonderzahlungen; kein Unterschreiten des Ausgleichszulagenrichtsatzes; möglicher Entfall freiwilliger geleisteter Pensionsbeiträge; Regelung der Einbehaltung und Abführung). Eine allfällige Verfassungswidrigkeit der Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge hätte daher Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 in seiner Gesamtheit zu erfassen, weil den genannten Detailbestimmungen für sich genommen kein eigenständiger normativer Sinn zukäme. Sie stehen vielmehr mit der Festlegung der Beitragsleistungen in untrennbarem Zusammenhang.

4. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:

4.1. Gemäß § 62 Abs 1 VfGG hat der Antrag die gegen die Verfassungsmäßigkeit sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Die Normprüfungsanträge sind nur dann zulässig, wenn sie ein Mindestmaß an Begründung enthalten. Dieses Erfordernis ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit ‑ in überprüfbarer Art ‑ präzise dargelegt werden und dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (VfSlg 19.496; G 37/12 ua).

4.2. Kompetenztatbestand

Die Kläger sind der Ansicht, dass der strittigen Regelung kein bundesgesetzlicher Kompetenztatbestand zugrunde liege. Da im Zusammenhang mit der Erhebung der Geldleistung jegliche hoheitliche Befugnisse fehlten und die Beiträge auch nur von den (ehemaligen) Mitarbeitern eines einzigen Dienstgebers einbehalten würden, seien die Beiträge als privatrechtliche Forderungen und nicht als Abgabe zu qualifizieren. Im Vordergrund der Regelung stehe nicht der Finanzierungs‑, sondern der Lenkungszweck der Regelung. Das Ziel der Harmonisierung der Pensionssysteme sei vorgeschoben, zumal ein nach abstrakten Kriterien formuliertes systematisches Vorgehen des Gesetzgebers nicht erkennbar sei. Es handle sich um eine aus populistischen Gründen erfolgte „Anlassfallgesetzgebung“, für die eine Qualifikation als Abgabe iSd F‑VG 1948 ausscheide.

Der Senat hält dazu fest:

Gemäß Art 10 Abs 1 Z 4 B‑VG sind Bundesfinanzen, insbesondere öffentliche Abgaben, die ausschließlich oder teilweise für den Bund einzuheben sind, in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache.

Gemäß Art 13 Abs 1 B‑VG werden die Zuständigkeiten des Bundes und der Länder auf dem Gebiet des Abgabenwesens durch ein eigenes Bundes-verfassungsgesetz („Finanz‑Verfassungsgesetz“) geregelt.

Gemäß § 7 Abs 1 F‑VG 1948 regelt die Bundesgesetzgebung die Bundesabgaben, das sind die ausschließlichen Bundesabgaben, die gemeinschaftlichen Bundesabgaben und bei Zuschlagsabgaben und Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand die für den Bund erhobene Abgabe.

Das F‑VG 1948 entbehrt einer Definition des Abgabenbegriffs (vgl Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11 Rz 3; Kofler, § 5 F‑VG, II., in Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill‑Schäffer‑Kommentar zum Bundesverfassungsrecht).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sind unter öffentlichen Abgaben iSd F‑VG 1948 Geldleistungen zu verstehen, die von Gebietskörperschaften kraft öffentlichen Rechts zur Deckung ihres Finanzbedarfs erhoben werden, wobei die gesetzliche Zweckwidmung für die Beurteilung der Qualifikation dieser Leistung irrelevant ist (VfSlg 17.414). Eine Abgabe iSd F‑VG 1948 und des Art 10 Abs 1 Z 4 B‑VG liegt demnach vor, wenn der Inhalt der gesetzlichen Regelung die Geldbeschaffung für eine Gebietskörperschaft in der rechtlichen Art der Abgabenerhebung ist; Art und Zweck der Verwendung des erlangten Geldes sind unwesentlich. Der Gesetzgeber kann die seinem Zugriff offen stehenden Steuerquellen bestmöglich erschließen und dabei auch andere als fiskalische Zwecke mitverfolgen (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 1 E 1b, 3 und 5 mwN). Für die Qualifizierung einer Geldleistung als Abgabe im finanzverfassungsrechtlichen Sinn kommt es in erster Linie darauf an, ob die Ertragshoheit, das heißt die primäre Verfügungsberechtigung über den Ertrag der Geldleistung, bei einer Gebietskörperschaft liegt. Zumindest in Grenzfällen kann für die Qualifizierung als Abgabe auch eine entsprechende, explizite Einordnung durch den Gesetzgeber, somit die erschließbare Absicht des Gesetzgebers, eine Abgabe regeln zu wollen, maßgebend sein (VfSlg 16.454 [Kabelrundfunkbeitrag nach dem Kunstförderungs-beitragsG 1981]; VfSlg 17.414 [Dienstgeberabgabe]). Bei der Zuordnung einer Zahlungspflicht zu den Abgaben wird dem einfachen Gesetzgeber sohin ein Gestaltungsspielraum eingeräumt (s dazu auch M. Lang, Die Geldleistung an eine Gebietskörperschaft als Kriterium des finanzverfassungs-rechtlichen Abgabenbegriffs, in FS Schäffer [2006], 411 ff, 423).

Es bestehen keine Zweifel, dass es sich bei den hier zu beurteilenden Pensions‑(Sicherungs‑)beiträgen um Geldleistungen handelt und diese aufgrund der gesetzlichen Anordnung des Einbehalts und der Abführung durch den Dienstgeber an den Bund nicht der privatautonomen Gestaltung der Parteien unterliegen. Dem Bund kommt auch die Ertragshoheit über die Beiträge zu. Wie die Einhebung konkret zu erfolgen hat, bleibt dem Bundesgesetzgeber vorbehalten (vgl § 11 Abs 1 F‑VG 1948). Sowohl die sachliche Rechtfertigung der Einhebung der Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge als auch Art und Zweck ihrer Verwendung berühren die Frage ihrer Qualifikation als Abgabe iSd F‑VG 1948 nicht. Nicht zuletzt angesichts des dem Gesetzgeber vom VfGH eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums bei der Zuordnung einer Zahlungspflicht zu den Abgaben erscheint es dem Obersten Gerichtshof danach nicht zweifelhaft, dass die von Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 erfassten Beiträge als „Abgabe“ iSd Art 10 Abs 1 Z 4, Art 13 Abs 1 B‑VG zu qualifizieren sind, sodass in kompetenzrechtlicher Hinsicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung bestehen. Eine Notwendigkeit zur Prüfung, ob die Regelung einer Materienkompetenz zugeordnet werden kann, besteht unter diesem Blickwinkel nicht. Die nachstehenden Bedenken werden daher vor dem Hintergrund des Verständnisses der Beiträge als Abgabe vorgetragen.

4.3. Die Frage des zeitlichen Anwendungsbereichs der Bestimmung (Gültigkeit bereits für die im Dezember 2012 einbehaltenen Beiträge für die Bezüge für Jänner 2013?) wird von den Klägern unter verfassungsrechtlichen Aspekten nicht bekämpft.

4.4. Grundrechtliche Bedenken der Kläger

Die Kläger heben hervor, die Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht auf einen unverhältnismäßigen und unzumutbaren Eingriff durch Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 zu stützen und die Frage der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Regelung als irrelevant zu erachten. Es bestünden jedoch primär gleichheitsrechtliche Bedenken, weil es sich bei den Beiträgen um eine „Sonderabgabe“ handle, die nur Dienstnehmer eines einzigen Dienstgebers, nicht aber vergleichbare Dienstnehmer im privaten und halböffentlichen Bereich treffe, die aufgrund eines Kollektivvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder Dienstvertrags Anspruch auf eine ähnlich konzipierte direkte Leistungszusage des (ehemaligen) Dienstgebers (80 % des Letztbezugs nach ca 40 Dienstjahren) hätten und wie es sie auch bei öffentlichen Körperschaften (insb Kammern) und anderen großen Unternehmen, insbesondere jenen des ehemaligen staatsnahen Bereichs und bei Banken gegeben habe.

Auch liege keine sachliche Rechtfertigung der Belastungsentscheidung selbst vor: Es fehle an Äquivalenz, weil die betroffenen Dienstnehmer Beiträge an den Bund zu leisten hätten, ohne selbst zur Sicherung ihrer Pension den Haftungsfonds des Bundes in Anspruch nehmen zu können. Auch eine Verhaltenslenkung scheide aus, weil es dem Dienstgeber frei stehe, die Abgabenbelastung durch Erhöhung von Gehaltszahlungen oder Pensionszusagen „abzufedern“. Die Verfassungskonformität könne nicht dadurch erreicht werden, dass der Eingriff nicht jene Intensität erreiche, die im Sinne der Rechtsprechung des VfGH verhältnismäßig sei.

Auch unter Vertrauensschutzüberlegungen fehle eine sachliche Rechtfertigung. Die Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge würden dem Bund zufließen, obwohl diesen keine gesetzliche Verpflichtung treffe, die Pensionslasten zu finanzieren oder auch nur dafür einzustehen. Es werde daher kein Beitrag zur Finanzierung des Pensionssystems geleistet. Für den angestrebten Zweck der Harmonisierung des Pensionssystems und der Annahme eines „eklatant günstigeren“ Pensionsrechts für die Dienstnehmer der Zweitbeklagten fehle es an festgestellten Vergleichsmaßstäben. Ein generelles Harmonisierungs-bestreben hinsichtlich aller mit dem OeNB‑Pensionssystem vergleichbarer Pensionssysteme sei nicht erkennbar. Die Pensionen der Erstbeklagten könnten auch in Bezug auf Rechtsgrundlagen, Beitragsgestaltung und Sicherungsbedarf nicht den Beamtenpensionen gleichgestellt werden. Es liege kein Grund dafür vor, bei der Harmonisierung mit dem Pensionssystem jenes Dienstgebers zu beginnen, das in sich geschlossen und ausreichend durch eine Pensionsreserve finanziert sei und den Bundeshaushalt nicht belaste. Notenbanken hätten in ihrer Politik von staatlicher Einflussnahme frei zu sein. Eine Einmischung des Staats in die Entscheidungsbefugnis der (Zentral‑)Bank ‑ auch betreffend die Personalpolitik ‑ verletze die Grundsätze der Autonomie und Unabhängigkeit der Zentralbanken und verstoße gegen primäres Gemeinschaftsrecht (Art 130 AEUV). Liege aber keine sachliche Rechtfertigung für den Eingriff vor, erübrige sich auch die Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs.

Gehe man dennoch von einem Rechtfertigungsgrund aus, sei die Intensität des Eingriffs dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen gegenüberzustellen. Die öffentlichen Interessen, insbesondere jenes der „Unvermeidbarkeit des Eingriffs zur Erhaltung der Finanzierbarkeit des Systems“ (VfSlg 18.010/2006), würden den Eingriff nicht rechtfertigen, weil die Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge nicht die Erstbeklagte entlasteten, sondern der Zweitbeklagten zukämen. Art 81 des 2. StabG 2012 führe nicht nur zur Kürzung der privatrechtlichen Pensionsansprüche und Anwartschaften, sondern auch zu einem Mittelabfluss bei der Erstbeklagten. Nach der Rechtsprechung des VfGH komme es entscheidend auf den Haftungsfond an, auf den der Pensions‑(Anwartschafts‑)berechtigte zurückgreifen könne. Greife der Gesetzgeber in privatrechtliche (Pensions‑)Verträge ein und ersetze vertragliche Pensionsbeiträge an den Rechtsträger, der die Pensionslast trage, durch gesetzliche Pensionsbeiträge, die an einen die Pensionslast nicht tragenden Rechtsträger fließen würden, sei dies eine Eigentumsbeschränkung, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen müsse. Anders als bei den ÖBB spreche die Möglichkeit der Erstbeklagten, Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge auf vertraglicher Grundlage einzuführen bzw die bestehenden vertraglichen Beträge entsprechend zu erhöhen, dafür, dass der gesetzliche Eingriff in Bezug auf das Regelungsziel ‑ die Pensions‑(Anwartschafts‑)ansprüche zu kürzen ‑ eine zu weitgehende und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit widersprechende Regelung sei. Danach sei selbst ein ganz geringer Beitrag verfassungsrechtlich bedenklich.

Mangels verfahrensrechtlicher Bestimmungen zur Einhebung der Beiträge würde Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 schließlich gegen Art 18 Abs 1 B‑VG verstoßen.

4.5. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einführung von Pensions‑(Sicherungs‑)beiträgen wurde bereits mehrfach an den Verfassungsgerichtshof herangetragen.

4.5.1. Gleichheitssatz

Unter dem Aspekt der Gleichheitswidrigkeit wurde etwa in dem ‑ den Pensionsbeitrag eines Beamten der Stadt Wien betreffenden ‑ Erkenntnis vom 29. 11. 2006, B 525/06, ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbenen Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, muss jedoch jeweils sachlich begründbar sein. Auch an sich unbedenkliche Eingriffe in bestehende Rechtspositionen können aber nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art und in jedweder Intensität sachlich rechtfertigen. Unter diesem Gesichtspunkt verletzt ein Gesetz den Gleichheitssatz, wenn es bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift. Diesen ‑ aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten ‑ Vertrauensschutz kommt gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zu, denn es ist zu beachten, dass sich die in Betracht kommenden Personen schon während ihres Erwerbslebens im Vertrauen darauf eingerichtet haben, später eine am Erwerbseinkommen orientierte Pensionsleistung zu beziehen.

In jenem Erkenntnis wurde die Kürzung des Bruttoruhegenusses als sachlich gerechtfertigt erachtet, weil sie als Teil des gesetzgeberischen Maßnahmenpakets dem Ziel der nachhaltigen Sicherung der Finanzierung des Pensionssystems der Beamten der Stadt Wien dient und die bei höherem Ruhegenuss erfolgende Kürzung von weniger als 9 % (wirtschaftlicher Effekt) im Hinblick auf die Eingriffsintensität nicht als unzulässig angesehen wurde.

Der Oberste Gerichtshof geht danach auch im vorliegenden Fall davon aus, dass alleine die Höhe der Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge der aktiven wie der ehemaligen Dienstnehmer der Erstbeklagten keine unzulässige Eingriffsintensität erreicht.

Bedenken bestehen jedoch insofern, als die Regelung in Rechtspositionen eingriff, die ‑ anders als etwa bei Beamten ‑ von der Zweitbeklagten nicht geschaffen wurden und für die sie auch nicht zahlungspflichtig ist oder sonst zu haften hätte. Die Pensions‑(Sicherungs‑)beiträge wurden bis zum Inkrafttreten der Regelung vielmehr auf vertraglicher Basis nach Maßgabe der Dienstordnungen der Erstbeklagten von den Dienstnehmern an die Erstbeklagte abgeführt und verblieben dieser. Die Abführung der Beiträge an die Zweitbeklagte erfolgte auch nicht zur Sicherung der Finanzierung des Pensionssystems der Erstbeklagten, verfügt sie doch nach ihrem von keinem der Streitteile in Frage gestellten Vorbringen über ausreichende Pensionsreserven. Schließlich bestand keine Verpflichtung der Zweitbeklagten, die eingehobenen Beiträge zur Sicherung der von ihr selbst zu finanzierenden Pensionssysteme zu verwenden. Auch Erwägungen zu einem Sparziel der Zweitbeklagten gingen ins Leere. Der gesetzliche Eingriff stellt sich damit im Ergebnis so dar, dass die Zweitbeklagte den Klägern von der Erstbeklagten vertraglich zugesicherte Pensionsleistungen deshalb entzieht, um sie den Pensionsansprüchen der Bundesbeamtinnen und ‑beamten und Beschäftigten im staatsnahen Bereich sowie den Pensionsansprüchen der ASVG‑Versicherten anzunähern („Harmonisierung der Pensionssysteme“). Sie selbst ist nur insofern betroffen, als die Bildung einer höheren Pensionsreserve der Erstbeklagten (§ 69 Abs 2 NBG) für sie als Alleinaktionärin in der Regel mit einer geringeren jährlichen Gewinnausschüttung einhergeht (§ 69 Abs 3 NBG). Nur insoweit kommt der Regelung auch ein Budgetkonsolidierungseffekt zu.

4.5.2. Eigentumsbeschränkung

Diese Bedenken bestehen auch unter dem Aspekt einer Eigentumsbeschränkung:

Wie in dem das ÖBB‑Pensionsgesetz betreffenden Erkenntnis vom 1. 12. 2003, G 298/02 ua, ausgeführt wurde, kann der Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt; bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen: Es muss zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs das öffentliche Interesse überwiegen, und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist.

Anders als in dem jenem Erkenntnis zugrunde liegenden Fall lässt sich die Regelung des Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I2012/35 aber nicht als Maßnahme zur Reduktion der aufgrund bestehender und künftiger Pensionsverpflichtungen hohen Belastung des Bundes darstellen.

Der Oberste Gerichtshof hatte keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der gesetzlichen Anhebung der Pensionsbeitragssätze der Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (8 ObA 47/03z; 8 ObA 101/03s; 9 ObA 103/03t; 9 ObA 132/03g ua: Pensionssicherungsbeiträge nach §§ 460b, 460c ASVG für nach der Dienstordnung A gewährte Zusatzpension). Wenngleich der Anspruch auf diese Zusatzpensionen ebenfalls auf vertraglicher Grundlage bestand, dienten jene gesetzlichen Bestimmungen doch der Reduzierung der finanziellen Belastung des Bundes im Zusammenhang mit den Pensionsleistungen an Bedienstete der Pensionsversicherungs-träger. Hervorgehoben wurde, dass der Deckungsgrad durch Beiträge der Versicherten im Bereich der Dienstordnungspensionen äußerst niedrig sei und ein Großteil der Mittel für diese Pensionsleistungen im Weg der allgemeinen Beitragsleistung aus öffentlichen Mitteln bereit gestellt werde. Für die hier zu überprüfende Regelung wird der Rechtfertigungsgrund der Verminderung des Kostenaufwands für die Pensionsverpflichtungen des Bundes von diesem jedoch nicht behauptet.

Die von den Klägern geäußerten Bedenken, dass die Bestimmung eine nur sie betreffende gleichheitswidrige und sachlich nicht gerechtfertigte Sonderabgabe begründe, lassen sich daher nicht mit Sicherheit ausräumen.

4.6. Die Bedenken der Kläger, dass die Bestimmung des Art 81 des 2. StabG 2012 idF des BGBl I 2012/35 dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheits-gebot des Art 18 B‑VG nicht entspreche, werden dagegen aufgrund von Art 81 Abs 5 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 2012/35 vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.

5. Zusammengefasst erscheint es überprüfungswürdig, ob die von der Regierungsvorlage zum 2. StabG 2012 angesprochenen Ziele der „Harmonisierung der Pensionssysteme“ und der „Budgetkonsolidierung“ im Verhältnis zu dem bekämpften Eingriff in die von der Erstbeklagten vertraglich zugesicherten Bezüge der Kläger, für die die Zweitbeklagte nicht einzustehen hat, ein überwiegendes öffentliches Interesse begründen. Mit dem vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag wird daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmung an den Verfassungsgerichtshof herangetragen.

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