OGH 9ObA132/03g

OGH9ObA132/03g17.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1) Rudolf K*****, Pensionist, *****, 2) Fritz B*****, Pensionist, *****, 3) Viktor G*****, Pensionist, *****, 4) Wilhelm B*****, Pensionist, *****, 5) Helmut A*****, Pensionist, *****, 6) Irmgard Ö*****, Pensionistin, *****, 7) Franz Ö*****, Pensionist, *****, 8) Wilhelm R*****, Pensionist, *****, 9) Ferdinand R*****, Pensionist, *****, 10) Josef W*****, Pensionist, *****, 11) Erika S*****, Pensionistin, *****, 12) Alois P*****, Pensionist, *****, 13) Ferdinand R*****, Pensionist, *****, 14) Mag. Emmerich K*****, Pensionist, *****, 15) Rudolf M*****, Pensionist, *****, 16) August K*****, Pensionist, *****, 17) Helmut H*****, Pensionist, *****, 18) Hans K*****, Pensionist, *****, alle vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer und Mag. Martha Gradl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1) EUR 1.686,36 sA, 2) EUR 441,27 sA, 3) EUR 2.525,86 sA, 4) EUR 1.166,29 sA, 5) EUR 370,27 sA, 6) EUR 489,58 sA, 7) EUR 208,05 sA, 8) EUR 1.554,80 sA, 9) EUR 1.147,90 sA, 10) EUR 1.147,90 sA, 11) EUR 1.223,04 sA, 12) EUR 2.737,54 sA, 13) EUR 623,48 sA, 14) EUR 1.848,60 sA, 15) EUR 588,64 sA, 16) EUR 1.511,38 sA, 17) EUR 156,75 sA und 18) EUR 1.754,74 sA, infolge ordentlicher Revision der zweit- bis achtzehntklagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. September 2003, GZ 11 Ra 78/03z-10, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. April 2003, GZ 7 Cga 34/03k-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die zweit- bis achtzehntklagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar

die zweitklagende Partei EUR 31,92 (darin EUR 5,42 Umsatzsteuer),

die drittklagende Partei EUR 207,46 (darin EUR 34,57 Umsatzsteuer),

die viertklagende Partei EUR 95,74 (darin EUR 15,95 Umsatzsteuer),

die fünftklagende Partei EUR 31,92 (darin EUR 5,42 Umsatzsteuer),

die sechstklagende Partei EUR 39,89 (darin EUR 6,74 Umsatzsteuer),

die siebentklagende Partei EUR 15,95 (darin EUR 2,65 Umsatzsteuer),

die achtklagende Partei EUR 127,65 (darin EUR 21,27),

die neuntklagende Partei EUR 95,74 (darin EUR 15,95 Umsatzsteuer),

die zehntklagende Partei EUR 95,74 (darin EUR 15,95 Umsatzsteuer),

die elftklagende Partei EUR 103,72 (darin EUR 17,38 Umsatzsteuer),

die zwölftklagende Partei EUR 223,39 (darin EUR 37,33 Umsatzsteuer),

die dreizehntklagende Partei EUR 47,87 (darin EUR 7,97 Umsatzsteuer),

die vierzehntklagende Partei EUR 143,62 (darin EUR 23,93 Umsatzsteuer),

die fünfzehntklagende Partei EUR 47,87 (darin EUR 7,97 Umsatzsteuer),

die sechzehntklagende Partei EUR 127,65 (darin EUR 21,27 Umsatzsteuer),

die siebzehntklagende Partei EUR 15,95 (darin EUR 2,65 Umsatzsteuer) und

die achtzehntklagende Partei EUR 143,62 (darin EUR 23,93 Umsatzsteuer).

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger beziehen als pensionierte Angestellte der beklagten Partei eine Zusatzpension nach den Bestimmungen der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungen (DO.A). Seit 1. 3. 2001 bringt die beklagte Partei von diesen Zusatzpensionen den (Sicherungs-)Beitrag nach § 460c ASVG von 2,3 % in Abzug, woraus sich bei den Klägern bis November 2002 ein Gesamtabzug in Höhe der jeweiligen Klageforderungen ergibt.

Die Kläger begehrten die Nachzahlung dieser Abzüge. In den auf ihr Dienstverhältnis anzuwendenden Einzelverträgen und in den kollektivvertraglichen Regelungen seien derartige Abzüge nicht vorgesehen. Die individuellen und kollektivvertraglichen Normen seien für die Kläger günstiger, weshalb die ungünstigere gesetzliche Bestimmung nicht zum Tragen komme. Mit dieser greife der Gesetzgeber in verfassungswidriger Weise in bestehende Dienstverträge und damit in das Eigentumsrecht der Kläger ein.

Die Beklagte beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Der Einbehalt werde auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung vorgenommen, die nicht verfassungswidrig sei.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Die Beklagte sei mit dem Abzug des Pensionssicherungsbeitrages einer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Die Kläger könnten ihren Anspruch auch nicht auf das (kollektivvertragliche) Günstigkeitsprinzip stützen. Bei § 460c ASVG handle es sich um eine absolut zwingende Rechtsnorm, die durch eine nachgeordnete Rechtsnorm (wie die DO.A) weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden könne. Die Kläger könnten ihren Anspruch auch nicht auf eine einzelvertragliche Zusage ihres ehemaligen Arbeitgebers stützen. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 9 ObA 255/97h bereits ausgesprochen, dass durch die jahrzehntelange Geltung der DO.A als kollektivvertragliche Pensionszusage keine individualrechtliche vertragliche Pensionszusage entstehe. Die von den Klägern behauptete Verfassungswidrigkeit des § 460c ASVG könne vom Gericht erster Instanz nicht aufgegriffen werden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand einer gegebenen Rechtslage genieße als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, sodass es dem Gesetzgeber frei stehe, die Rechtslage für die Zukunft anders (auch für die Normunterworfenen ungünstiger) zu gestalten. Dem einfachen Gesetzgeber komme eine (freilich nicht unbegrenzte) Gestaltungsfreiheit zu, die außer bei einem Exzess nicht der verfassungsrechtlichen Kontrolle unterliege und insoweit auch nicht mit dem aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Maßstäben zu messen sei. Da sich die hier zu beurteilenden Abzüge im Rahmen des in der Rechtsprechung des VfGH und des OGH als verfassungsrechtlich unbedenklich gewerteten Spielraums hielten, seien die Kläger nicht in einem geschützten Vertrauen verletzt worden.

Bei § 460c ASVG handle es sich um eine absolut zwingende Gesetzesbestimmung, die nicht in der DO.A nachvollzogen werden müsse und durch diese auch nicht abgeändert oder aufgehoben werden könne. Für die Anwendung des kollektivvertraglichen Günstigkeitsprinzips bleibe kein Raum. Schon nach dem Wortlaut des § 460c ASVG sei der Pensionssicherungsbeitrag von "Beziehern" von Leistungen aufgrund des Pensionsrechts nach den Dienstordnungen zu leisten. Das erklärte Regelungsziel des Budgetbegleitgesetzes 2001 würde von vornherein verfehlt, wenn die Beitragsbelastung ausschließlich von den Sozialversicherungsträgern getragen werden müsste. Den Klägern sei darin zuzustimmen, dass die von ihnen bezogenen Dienstordnungspensionen aus einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zur beklagten Partei erfließen (§ 460 Abs 1 ASVG). Den im Begutachtungsverfahren geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken, dass mit § 460c ASVG unzulässigerweise in die Autonomie der Kollektivvertragsparteien eingegriffen werde, sei dadurch Rechnung getragen worden, dass es den Kollektivvertragspartnern überlassen wurde, eine Regelung in diesem Bereich auf vertraglicher Ebene zustande zu bringen (wenngleich den Kollektivvertragsparteien im Ergebnis auch nur die Wahl gelassen werde, die gesetzlich vorgesehenen Belastungen in die DO.A aufzunehmen oder die gesetzliche Regelung zu akzeptieren).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 460c ASVG sowie gegen § 589 Abs 2 ASVG bestünden nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH könnten Eigentumsbeschränkungen vom Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich verfügt werden, sofern dadurch nicht der Wesensgehalt des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstoßen werde und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liege. Der Gesetzgeber habe bei der Festlegung von im öffentlichen Interesse gelegenen Eigentumsbeschränkungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Leistungen aufgrund des Pensionsrechts nach den Dienstordnungen der Sozialversicherungsträger würden - was die Bediensteten der Pensionsversicherungsträger betrifft - zu einem hohen Ausmaß über die Ausfallshaftung des Bundes aus Steuermitteln finanziert; die finanzielle Situation der Krankenversicherungsträger, die zwar grundsätzlich nicht aus Steuermitteln finanziert würden, sei angespannt. In Anbetracht dieses erheblichen budgetären Beitrags sei mit § 460c ASVG und anderen Bestimmungen des Budgetbegleitgesetzes 2001 das Ziel verfolgt worden, den beitragsrechtlichen Teil des Pensionsrechts der Sozialversicherungsbediensteten punktuell an die Regelung des Pensionsrechts für öffentlich Bedienstete anzulehnen. Dabei handle es sich um ein legitimes, im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegenes Regelungsziel, zu dessen Erreichung den Klägern mit der bekämpften Bestimmung kein unangemessener Eingriff in ihre Rechtsposition zugemutet werde.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Frage der Verfassungsgemäßheit der Bestimmungen der §§ 460c und 589 Abs 2 ASVG erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der zweit- bis achtzehntklagenden Parteien mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung der Klagebegehren abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Obgleich sich der Oberste Gerichtshof mittlerweile in den Entscheidungen 9 ObA 103/03t und 8 ObA 47/03z mit den hier zu beurteilenden Rechtsfragen auseinander gesetzt hat, ist die Revision zulässig, weil diese erst vor wenigen Tagen ergangenen Entscheidungen den Parteien nicht bekannt sein konnten. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall für die Anwendung des (kollektivvertraglichen) Günstigkeitsprinzips kein Raum bleibt, zielt doch die gesetzliche Regelung unmissverständlich gerade darauf ab, die den betroffenen Pensionsbeziehern nach den Bestimmungen der DO.A eingeräumten Ansprüche durch Abzug des Pensionssicherungsbeitrages zu reduzieren. Es handelt sich also um einen bewussten Eingriff des Gesetzgebers in auf kollektivvertraglicher Ebene eingeräumte Rechtspositionen, nicht aber um die Frage, inwieweit kollektivvertragliche Regelungen dem sonst anzuwendenden dispositiven Recht vorgehen. Daran ändert entgegen der Auffassung der Revisionswerber auch der Umstand nichts, dass den Kollektivvertragsparteien durch § 589 Abs 2 ASVG die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Anwendbarkeit des § 460c ASVG dadurch zu verhindern, dass sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt "gleichwertige Regelungen" treffen. Damit wurde die Befugnis zur kollektivvertraglichen Regelung formal aufrecht erhalten. Das Berufungsgericht hat schon zutreffend darauf hingewiesen, dass die Forderung nach einer "gleichwertigen" Regelung den Entscheidungsspielraum der Kollektivvertragsparteien aber geradezu auf Null reduziert hat, sodass ihnen inhaltlich nur die Möglichkeit offen gestanden wäre, die gesetzliche Regelung des § 460c ASVG unverändert in die DO.A zu übernehmen. Von einem Vorrang der kollektivvertraglichen Regelungsbefugnis kann in diesem Zusammenhang daher keine Rede sein. Sie wurde auch gar nicht in Anspruch genommen, sodass es bei der Anordnung des Gesetzgebers bleibt, wonach § 460c ASVG den günstigeren Regelungen der DO.A, die einen derartigen Abzug nicht vorsehen, vorzugehen hat (so bereits 9 ObA 103/03t und 8 ObA 47/03z).

Damit kann kein Zweifel daran bestehen, dass der von der beklagten Partei vorgenommene "Abzug" des Pensionssicherungsbeitrags nach § 460c ASVG dem Gesetz entsprochen hat, sodass lediglich zu prüfen bleibt, ob gegen diesen Eingriff in die Ansprüche der klagenden Parteien verfassungsmäßige Bedenken bestehen. Die fraglichen Bestimmungen des ASVG, die durch das Budgetbegleitgesetz 2001 geschaffen wurden, lauten wie folgt:

"Mittel für Pensionen nach den Dienstordnungen

§ 460b. Zur Deckung es Aufwandes für Leistungen auf Grund des Pensionsrechts nach der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A), nach der Dienstordnung B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.B) und nach der Dienstordnung C für die Arbeiter bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.C) haben die Bediensteten sowohl von den monatlich fällig werdenden Bezügen als auch vom Urlaubszuschuss und von der Weihnachtsremuneration außer ihrem Beitrag zur gesetzlichen Pensionsversicherung ein Pensionsbeitrag zu leisten; dieser beträgt

1. von den Bezügen bis zur Höchstbeitragsgrundlage (§ 45)

a) für Bedienstete, die zuletzt nach dem 31. Dezember 1995 in den Dienst eingetreten sind, 1,3 %,

b) für Bedienstete, die zuletzt vor dem 1. Jänner 1996 in den Dienst eingetreten sind und - unter Bedachtnahme auf das Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten, BGBl Nr. 832/1992 - das für den Anspruch auf vorzeitige Alterspension nach § 253b Abs 1 maßgebende Lebensalter nach dem 1. Juni 2021 erreichen werden, 1,3 %,

c) für alle übrigen Bediensteten 2,3 %;

2. von den den Höchstbetrag nach Z 1 übersteigenden Bezügen bis zum Zweifachen dieses Höchstbetrages 10,55 %,

3. von den den Höchstbetrag nach Z 2 übersteigenden Bezügen 10,8 %.

Sicherungsbeitrag für Pensionen nach den Dienstordnungen

§ 460c. Bezieher von Leistungen auf Grund des Pensionsrechts nach den Dienstordnungen haben von diesen Leistungen einen Beitrag in der Höhe von 2,3 % zu leisten (BGBl I Nr. 142/2000, 8. Teil, Art 66 Z 21 und Ü. § 589 Abs 6) - 1. 3. 2001."

§ 589 Abs 2 ASVG regelt unter dem Titel "Schlussbestimmungen zu Art 66 des Budgetbegleitgesetzes 2001 BGBl I Nr 142/2000", dass § 460b und 460c ASVG samt Überschrift idF BGBl I Nr 142/2000 mit 1. März 2001 in Kraft treten, es sei denn, dass bis zu diesem Zeitpunkt in den Dienstordnungen (§ 31 Abs 3 Z 9) den §§ 460b und 460c idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 142/2000 gleichwertige Regelungen getroffen werden. Der Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen hat durch Verordnung festzustellen, ob eine derartige Gleichwertigkeit vorliegt, wenn diesbezügliche Änderungen der Dienstordnungen bis zum Ablauf des 28. Februar 2001 nach § 31 Abs 8 vorgelegt werden.

Durch die von den Klägern als verfassungswidrig bezeichnete Bestimmungen des § 460c ASVG wird die bisherige kollektivvertragliche Regelung (§ 101 Abs 2 Z 1 und 2 DO.A) ersetzt und gleichzeitig eine Erhöhung der Pensionsbeiträge vorgenommen. Insoweit vergleichbar der Situation der ÖBB-Bediensteten im Hinblick auf die Bestimmungen des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) bewirken auch hier die in Frage stehenden Neuregelungen im ASVG eine Änderung des vertraglich begründeten, privatrechtlichen Dienstverhältnisses zwischen der beklagten Partei und ihren Bediensteten hinsichtlich der neben den ASVG-Beiträgen zu leistenden Pensionsbeiträge. Insoweit ist den Klägern darin zu folgen, dass § 460c ASVG allein schon dadurch in das - im weiteren Sinn verstandene - Eigentumsrecht beider Vertragsteile eingreift, dass ein Gesetz die aufgrund des Kollektivvertrages geregelten privatrechtlichen Beziehungen der Vertragsparteien unmittelbar verändert. Damit ist auch § 460c ASVG - vergleichbar den Bestimmungen des BB-PG - als Eigentumsbeschränkungen aufzufassen (vgl nur das Erkenntnis des VfGH G 298/02 ua).

Es ist daher zu prüfen, ob ausgehend von der maßgeblichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes § 460c ASVG als verfassungsrechtlich bedenkliche Eigentumsbeschränkung anzusehen ist. Auch hier kann auf das bereits genannte Erkenntnis G 298/02a und die dort zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 12.227/1989; VfSlg 14.074/1995) verwiesen werden, wonach der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen kann, soferne er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt; bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen: Es muss zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs das öffentliche Interesse überwiegen und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist.

311 der BlgNR XXI. GP enthält die Erwägungen der Regierungsvorlage zu den vorgeschlagenen Änderungen. Darin ist festgehalten (236 f): "Das Dienst- und Pensionsrecht der Sozialversicherungsbediensteten wird durch privatrechtliche Verträge geregelt, die zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und den zuständigen Gewerkschaften abgeschlossen werden. Zur Finanzierung der Zusatzpensionen der Sozialversicherungsbediensteten sehen die Dienstordnungen zwar die Entrichtung von besonderen Beiträgen vor, der Deckungsgrad dieser Pensionen durch Beiträge ist allerdings sehr niedrig. Die Leistungen aufgrund des Pensionsrechtes nach den Dienstordnungen DO.A, DO.B und DO.C werden somit - was die Bediensteten der Pensionsversicherungsträger betrifft - zu einem hohen Ausmaß über die Ausfallshaftung des Bundes aus Steuermitteln finanziert; hinsichtlich der Krankenversicherungsträger erfolgt zwar grundsätzlich keine Finanzierung aus Steuermitteln, die finanzielle Situation dieser Träger ist allerdings angespannt. In Anbetracht dieses erheblichen budgetären Beitrages wird vorgeschlagen, den beitragsrechtlichen Teil des Pensionsrechtes der Sozialversicherungsbediensteten ex lege punktuell an die Regelungen des Pensionsrechtes für öffentlich-rechtliche Bedienstete anzuheben. Es ist unbestritten, dass das Dienstverhältnis der Sozialversicherungsbediensteten grundsätzlich privatrechtlicher Natur ist; im Hinblick auf die in den Dienstordnungen verankerten besonderen Rechte und Pflichten der Sozialversicherungsbediensteten kommt dieses Dienstverhältnis jedoch dem öffentlich-rechtlichen nahe, sodass eine punktuelle Angleichung durchaus zulässig erscheint. Bemerkt wird, dass das Ziel einer Angleichung des beitragsrechtlichen Teils des Pensionsrechts der Sozialversicherungsbediensteten an dasjenige der öffentlich-rechtlichen Bediensteten durch die vorgeschlagenen Maßnahmen ohnehin nicht zur Gänze erreicht wird, zumal auch nach der neuen Regelung Bedienstete der Sozialversicherungsträger für Bezüge über der Höchstbeitragsgrundlage nur einen Beitrag in Höhe von 10,55 % und für Bezüge über der doppelten Höchstbeitragsgrundlage nur einen Beitrag in Höhe von 10,8 % zu entrichten haben, während der Beitragssatz für Beamte einheitlich 12,55 % beträgt. Damit der Gesetzgeber konforme Regelungen in diesen beiden Bereichen treffen kann, sollen in das ASVG die beitragsrechtlichen Regelungen der §§ 460b und 460c aufgenommen werden, die unmittelbare Wirkung entfalten und die die diesbezüglich bestehenden Vorschriften in den Richtlinien zur Regelung der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Verhältnisse der Bediensteten der Versicherungsträger sowie in den Kollektivverträgen ersetzen. In den §§ 460b und 460c ASVG wird vorgeschlagen, die Beitragssätze zur Deckung des Aufwandes für die Leistungen aufgrund des Pensionsrechtes nach den Dienstordnungen jeweils um 0,8 %-Punkte (entsprechend den Regelungen des Pensionsrechts für öffentlich-rechtliche Bedienstete) anzuheben, die in den Dienstordnungen vorgesehene etappenweise Erhöhung der Beitragssätze nicht erst mit 1. Jänner 2003, sondern bereits mit 1. Jänner 2001 voll wirksam werden zu lassen und analog zum öffentlichen Dienst einen Sicherungsbeitrag vorzusehen. Die vorgeschlagenen Regelungen sollen auch auf die vor dem 1. Jänner 2001 in den Dienst eines Sozialversicherungsträgers (des Hauptverbandes) eingetretenen Bediensteten und auch die vor dem 1. Jänner 2001 angefallenen Leistungen nach dem Dienstordnungs-Pensionsrecht anzuwenden sein. Ein anderer Weg zur Erreichung des vorgegebenen Ziels der finanziellen Entlastung des Bundes wäre gewesen, im Bereich der Zusatzpensionen nach den einschlägigen Dienstordnungen der Sozialversicherungsbediensteten den Bundesbeitrag zu kürzen oder gänzlich einzustellen. Diese Maßnahme wäre weitaus tiefgreifender, insbesondere für Bezieher von Zusatzpensionen, als die im Entwurf vorgesehene gewesen. Was den im Zuge des Begutachtungsverfahrens vorgebrachten Einwand betrifft, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen einen Eingriff in die Vertragsautonomie der Kollektivvertragspartner darstellen, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber bereits im Zuge der 52. Novelle zum ASVG eine vergleichbare gesetzliche Restriktion des Handelns der Kollektivvertragspartner vorgenommen hat. Danach können Sondervereinbarungen über die Höhe von Leistungszulagen von Sozialversicherungsbediensteten ab 1. Jänner 1994 nicht mehr getroffen werden.

In finanzieller Hinsicht wird Folgendes bemerkt:

Von finanzieller Bedeutung sind zwei getrennte Maßnahmen:

- Anhebung des Beitragssatzes für Aktive um 0,8 %-Punkte über alle Beitragsstufen hinweg,

- Einhebung eines Sicherungsbeitrages in Höhe von 2,3 % der Dienstordnungspensionen.

Das Motiv für diese Maßnahmen liegt darin, dass der Deckungsgrad durch Beiträge der Versicherten im Bereich der Dienstordnungspensionen äußerst niedrig ist. Ein Großteil der Mittel für diese Pensionsleistungen wird im Weg der allgemeinen Beitragsleistung aus öffentlichen Mitteln bereit gestellt. Mit der Anhebung des Beitragssatzes von 0,8 %-Punkte, die übrigens in Analogie zu den Regelungen des Pensionsrechts für öffentlich Bedienstete erfolgt, wird einerseits der Deckungsgrad verbessert, andererseits wird ebenfalls in Analogie zum öffentlichen Dienst ein Sicherungsbeitrag von den Leistungsbeziehern verlangt.

In der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung werden sich durch diese Maßnahmen Einsparungen von rund 160 Mio S pro Jahr ergeben: Davon entfallen rund 45 Mio S auf die Einnahmen aus dem Sicherungsbeitrag und 150 Mio S auf die Beitragssatzerhöhung für die Aktiven. Auf die Pensionsversicherung entfallen davon rund 50 Mio S, wovon der Bund im Wege der Verringerung des Bundesbeitrags in gleicher Höhe entlastet wird. Weitere 100 Mio S entfallen auf die Krankenversicherung. Um diese Summe wird ebenfalls der Bund beim Bundesbeitrag zur gesetzlichen Pensionsversicherung entlastet...."

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber das Ziel verfolgte, die finanzielle Belastung des Bundes im Zusammenhang mit den Pensionsleistungen an Bedienstete der Pensionsversicherungsträger (so auch der Kläger) zu reduzieren. Damit steht aber fest, dass die mit der Schaffung des § 460c ASVG verbundene Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt, weil eine Reduktion der hohen Belastungen durch Pensionsverpflichtungen angestrebt wird. Eine Verminderung dieses Kostenaufwandes stellt ein legitimes Eingriffsziel dar (siehe dazu nur das Erkenntnis des VfGH G 289/02).

Dass die in Frage stehenden gesetzlichen Regelungen nach den maßgeblichen Kriterien des Verfassungsgerichtshofes keinen Bedenken wegen allfälliger Unverhältnismäßigkeit begegnen, ergibt sich ebenfalls aus dem aktuellen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu G 289/02, in welchem die Erhöhung der Pensionsbeiträge durch das BB-PG für ÖBB-Bedienstete in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Höhe für verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen wurde. Grundsätzliche Unterschiede in dieser Frage zwischen ÖBB-Bediensteten einerseits und Beschäftigten der Sozialversicherungsträger andererseits, die eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Die nunmehrige bundesgesetzliche Regelung ist überdies nicht beliebig abänderbar, zumal auch (künftige) Änderungen dieses Bundesgesetzes dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz unterliegen (G 289/02 mH auf G 300/02-Pensionsreform; 9 ObA 103/03t und 8 ObA 47/03z).

Schließlich teilt der erkennende Senat auch die vom Kläger geäußerten Bedenken gegen die ausreichende Bestimmtheit der in Frage stehenden Neuregelungen im Hinblick auf das Inkrafttreten nicht: Ob überhaupt grundsätzliche Bedenken dagegen bestehen, den Beginn der Verbindlichkeit eines Gesetzes von einem künftigen unbestimmten Ereignis abhängig zu machen (verneinend Thienel in Rill/Schäffer, BR-Komm Art 48f B-VG Rz 62; Winkler, Zeit und Recht 200 f) braucht nicht geprüft werden: Hier ist unstrittig, dass keine dem § 460c ASVG vergleichbare Regelung durch die Kollektivvertragsparteien getroffen wurde. Es steht vielmehr fest, dass die Kollektivvertragsparteien überhaupt keine entsprechende Regelung (ob "gleichwertig" oder nicht) trafen, weshalb dem letzten Satz des § 589 Abs 2 ASVG und der darin verankerten Feststellungskompetenz des Bundesministers für Soziale Sicherheit und Generationen keinerlei Bedeutung zukommt. Die im § 589 Abs 2 ASVG genannte Voraussetzung dafür, dass die Neuregelungen nicht in Kraft treten, ist daher unstrittig nicht erfüllt (9 ObA 103/03t und 8 ObA 47/03z).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die von der Beklagten verzeichneten Kosten waren geringfügig zu reduzieren, weil die Beklagte bei der Ermittlung der Kostenbemessungsgrundlage nicht berücksichtigte, dass sich der Erstkläger nicht am Revisionsverfahren beteiligte. Die der Beklagten zuzusprechende Gesamtkostensumme war auf die Kläger im Verhältnis der einzelnen Klagebegehren aufzuteilen.

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