OGH 4Ob91/15h

OGH4Ob91/15h16.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** M*****, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei H***** P*****, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in Villach, wegen 25.000 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 27. Februar 2015, GZ 3 R 185/14m‑17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hermagor vom 15. Juli 2014, GZ 1 C 414/13s‑13, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00091.15H.0616.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.400,04 EUR (darin 233,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger begehrt als ehemaliger Pächter des Beklagten von diesem 25.000 EUR sA mit dem wesentlichen Vorbringen, es handle sich um einen Pauschalbetrag für einzelne Forderung im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag (Kaution, diverse Aufwendungen zur Erhaltung des Pachtgegenstands, Heizkosten, nicht bezahlte Konsumationen) im Ausmaß von insgesamt 30.776 EUR. Aus prozessökonomischen Gründen mache er davon nur den Klagsbetrag geltend und behalte sich die Ausdehnung vor.

Nach Einwendung des Beklagten, dieses Begehren sei unschlüssig, gab der Kläger unter weiterer Aufschlüsselung der einzelnen Beträge an, dass ihm eine Forderung von insgesamt 29.182,10 EUR zustehe, ohne jedoch klarzustellen, welche Teile der Gesamtforderung sein pauschal formuliertes Begehren betreffen. Auch dagegen wandte der Beklagte ausdrücklich die Unschlüssigkeit des Begehrens wegen fehlender Widmung ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren ‑ ohne die Unschlüssigkeitsfrage zu erörtern ‑ im Ausmaß von 24.113,89 EUR sA Folge und wies das Mehrbegehren unbekämpft ab.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es ging von der Unschlüssigkeit der Klage aus, weil der Kläger beim pauschal geltend gemachten Teilanspruch nicht klargestellt habe, welche Teile der einzelnen Anspruchspositionen seines Begehrens vom begehrten Pauschalbetrag erfasst sein sollen. Ungeachtet des Umstands, dass das Gericht nicht zur Erörterung eines Vorbringens gezwungen sei, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufgezeigt habe, müsse das Berufungsgericht das Urteil mit dem Auftrag an das Erstgericht aufheben, die Verbesserung des Begehrens beim Kläger zu veranlassen, widrigenfalls das Berufungsverfahren mangelhaft sei.

Die Zulässigkeit des Rekurses begründete das Berufungsgericht mit dem Hinweis, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob das Ersturteil aufzuheben sei, um dem Kläger die Verbesserung seines Begehrens zu ermöglichen, wenn der Beklagte die mangelnde Schlüssigkeit bereits in erster Instanz eingewendet hat.

In seinem Rekurs führte der Beklagte aus, es gebe zur vom Berufungsgericht aufgeworfenen erheblichen Rechtsfrage Divergenzen in der höchstgerichtlichen Judikatur.

Rechtliche Beurteilung

Aufgrund des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist dessen Aufhebungsbeschluss grundsätzlich anfechtbar, bedarf zu seiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof allerdings der Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO. Gemäß § 526 Abs 2 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses nicht an die Beurteilung der zweiten Instanz gebunden. Ist eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen, ist der Rekurs zurückzuweisen, was hier der Fall ist. Die Begründung dieser Zurückweisung kann sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO):

1. Fehler des Berufungsgerichts bei der Anwendung der richterlichen Anleitungspflicht fallen nicht unter den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, sondern unter jenen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nach § 503 Z 2 ZPO (RIS‑Justiz RS0037095).

2. Eine vom Berufungsgericht aufgetragene zusätzliche Erörterung des Prozessstoffs kann aber niemals einen Verfahrensmangel im Rechtssinne darstellen, ist diese doch schon begrifflich nicht geeignet, die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (6 Ob 156/08x SZ 2008/104; RIS‑Justiz RS0043049; RS0037095 [T10]). Ein Verfahrensmangel kann immer nur in einem „zu wenig“, niemals in einem „zu viel“ an Verfahrensergebnissen liegen (vgl RIS‑Justiz RS0125622 im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung einer Verhandlung). Dem widerspricht auch nicht die Judikaturlinie, dass eine Verletzung des Neuerungsverbots § 503 Z 2 ZPO verwirklicht (RIS‑Justiz RS0112215), weil der darin gelegene Verfahrensmangel dort eine unzutreffende rechtliche Beurteilung der Streitsache zur Folge hat.

3. Schon aufgrund dieser Erwägungen ist das Rechtsmittel unzulässig, weil der Lösung der vom Berufungsgericht bzw dem Rekurswerber als erheblich angesehenen Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung zukäme. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofs ist aber nach § 502 Abs 1 ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, die angeschnittene Rechtsfrage also für die Entscheidung präjudiziell ist (RIS‑Justiz RS0088931 [T2]; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 502 ZPO Rz 60). Fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus.

4. Der Zweck des Rekurses ist zudem nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof; ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (RIS‑Justiz RS0042179).

Der Aufhebung liegt hier die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zugrunde, dass die Klage unschlüssig ist, weil der Kläger nicht offen gelegt hat, welche Teile seiner einzeln geltend gemachten Anspruchspositionen vom begehrten Pauschalbetrag erfasst sind. Diese Ansicht entspricht der herrschenden Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0031014 insb [T25, T26, T31 und T32]) und auch der vom Beklagten vertretenen Meinung. Auch wegen dieser fehlenden Überprüfungsmöglichkeit des Aufhebungsbeschlusses liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, von der die Entscheidung abhängt.

5. Davon abgesehen ist die Frage, ob ein bestimmtes Vorbringen Anlass zu einer Erörterung bzw zu einer Anleitung durch das Gericht geben könnte, schon von vornherein so einzelfallbezogen, dass darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken ist (RIS‑Justiz RS0114544).

6. Der Rekurs ist somit als unzulässig zurückzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO (RIS‑Justiz RS0123222). Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.

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