OGH 9ObA42/15i

OGH9ObA42/15i28.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Horst Nurschinger in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. A***** S*****, vertreten durch Dr. Johannes Hebenstreit, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Land Salzburg, *****, wegen 8.400 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 16. Jänner 2015, GZ 12 Ra 2/15y‑20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00042.15I.0528.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz, weil er im Zuge seiner Bewerbung um die Position eines Richters des Landesverwaltungsgerichts wegen seines Alters, seines Geschlechts und seiner Weltanschauung diskriminiert worden sei. In seiner gegen die Bestätigung der Klagsabweisung gerichteten außerordentlichen Revision zeigt er jedoch keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

2. Das Salzburger GleichbehandlungsG (S.GBG) dient dem Ziel, jede Diskriminierung von Personen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Alter, sexueller Orientierung oder Behinderung zu vermeiden (§ 1 Z 1 S.GBG). Es gilt grundsätzlich auch für Personen, die sich um ein Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zum Land, zu einer Gemeinde einschließlich der Landeshauptstadt Salzburg oder zu einem Gemeindeverband bewerben (§ 2 Abs 1 Z 2 S.GBG) und verbietet eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus einem der im § 1 genannten Gründe auch bei der Begründung eines Dienst‑ oder Ausbildungsverhältnisses (§ 4 Z 1 S.GBG). Für das gerichtliche Verfahren gilt, dass eine Klägerin oder ein Kläger eine behauptete Diskriminierung nach den §§ 4 bis 9 lediglich glaubhaft zu machen hat (§ 20 Abs 5 S 1 S.GBG).

3. Die Glaubhaftmachung ist eine besondere Form der Tatsachenfeststellung, wobei ein geringerer Grad der Überzeugung des Richters von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung genügt (9 ObA 177/07f = DRdA 2010/11 [Eichinger]; RIS‑Justiz RS0040276 [T2]). Für die Glaubhaftmachung reicht der Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der zu bescheinigenden Tatsache (9 ObA 144/14p; RIS‑Justiz RS0114896; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG [2009] § 12 Rz 128 mwN). Die Frage, ob diese Glaubhaftmachung dem Kläger gelungen ist oder nicht, stellt das Ergebnis einer richterlichen Beweiswürdigung und keine rechtliche Beurteilung dar (RIS‑Justiz RS0040286). Diese Frage ist daher nicht revisibel (s RIS‑Justiz RS0043371). Soweit sich die Revision darauf bezieht, dass der Kläger ausreichende Umstände für eine Diskriminierung glaubhaft gemacht habe, ist sie folglich keiner Behandlung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich.

4. In rechtlicher Hinsicht konnten die Vorinstanzen dem festgestellten Sachverhalt keine konkreten Hinweise darauf entnehmen, dass der Kläger im Hinblick auf die von ihm geltend gemachten Diskriminierungstatbestände im Vergleich zu den übrigen Mitbewerbern einer diskriminierenden Vorgangsweise ausgesetzt gewesen wäre.

4.1. Bezüglich einer Altersdiskriminierung meint der Kläger, es sei bekannt, dass die öffentliche Hand Personen seiner Alterskategorie (50+) nicht mehr als Richter einstelle. Demgegenüber geht aus dem festgestellten Sachverhalt hervor, dass er deshalb nicht mehr zum Hearing eingeladen wurde, weil er in der Vorauswahl nicht die von der Beklagten dafür vorgegebene Mindestpunkteanzahl (75 von 100) erreicht hatte. In der Vorauswahl spielte das Alter nur insofern eine Rolle, als beim Computertest ein Vergleich der Punkte eines Bewerbers mit den Normwerten der jeweiligen Altersgruppe erfolgte. Eine solche Vorgangsweise dient aber gerade der Herstellung gleicher Chancen bei altersbedingt ungleicher Ausgangslage. Eine Diskriminierung des Klägers ist darin nicht zu sehen.

4.2. Die Vorinstanzen wiesen darauf hin, dass selbst eine Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger bei einem früheren Arbeitgeber Personalmissstände kritisiert habe und ein Verfahren gegen ihn führe, nicht die behauptete Diskriminierung aufgrund einer Weltanschauung begründen könne. Diese Beurteilung steht im Einklang mit den Gesetzesmaterialien zum Gleichbehandlungsgesetz des Bundes, der Rechtsprechung und der Literatur, die Weltanschauungen als Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalität und Funktion des Weltganzen ansehen (RIS‑Justiz RS0124567; zum GlBk: RV 307 BlgNR 22. GP 15; Hopf/Mayr/Eichinger aaO § 17 Rz 40), nicht aber die punktuelle Kritik an personellen Missständen und die Führung eines Gerichtsprozesses (vgl 9 ObA 122/07t).

4.3. Auf eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kommt der Kläger nicht mehr zurück.

5. Soweit er geltend macht, dass das Vorauswahlverfahren ‑ abgesehen von Fragen der Diskriminierung ‑ nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe (Interview als vermeintlich ungeeignetes Testverfahren, unterbliebene Einladung zum Hearing als vermeintlicher Verstoß gegen „sachliches Gehör“), macht er keinen Diskriminierungstatbestand iSd § 1 S.GBG geltend. Das gilt in gleicher Weise für das Vorbringen, dass interne Bewerber nicht dem Vorauswahlverfahren unterzogen worden seien.

6 . Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Stichworte