OGH 6Ob88/15g

OGH6Ob88/15g27.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. E***** D*****, vertreten durch Gheneff‑Rami‑Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei M***** „Ö*****“ GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 26. März 2015, GZ 1 R 39/15k‑9, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nicht in Geld bestehende Ansprüche können nach § 381 EO nur im Fall der Gefahr der Vereitelung oder Erschwerung der Verfolgung des Anspruchs oder seiner Vollstreckung im Ausland (Z 1) oder bei drohender Gewalt (Z 2 erster Fall) oder eines unwiederbringlichen Schadens (Z 2 zweiter Fall) getroffen werden. Ausnahmen bestehen nach Sonderregelungen wie etwa § 87c Abs 3 UrhG.

1.2. Ein wegen einer Ehrverletzung zustehender Unterlassungsanspruch kann nach ständiger Rechtsprechung durch einstweilige Verfügung gesichert werden, ohne dass es einer gesonderten Gefahrenbescheinigung bedarf (RIS‑Justiz RS0011399). Bei bloßer Schädigung des wirtschaftlichen Rufs im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB ist die nach § 381 Z 2 EO ausdrücklich erforderliche Gefahrenbescheinigung jedoch nur dann entbehrlich, wenn nach der Art und Intensität des Eingriffs im konkreten Einzelfall nach der Lebenserfahrung prima facie auf eine Gefährdung des überdies in Geld nicht zur Gänze wiedergutzumachenden wirtschaftlichen Rufs geschlossen werden kann (RIS‑Justiz RS0102054).

1.3. Bei einer einstweiligen Verfügung nach § 382g EO ist mit Bescheinigung der Anspruchsvoraussetzungen gleichzeitig auch den Anforderungen des § 381 Z 2 EO Rechnung getragen (RIS‑Justiz RS0121887).

2. Für die Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten, die einen Unterlassungsanspruch begründen, sieht das Gesetz keine generelle Ausnahme vom Erfordernis der Gefahrenbescheinigung vor, sondern ist diese nach § 381 EO zu prüfen (vgl 6 Ob 103/07a). Dies ist auch konsequent, sind doch die durch § 16 ABGB geschützten Persönlichkeitsrechte durch vielfältige Abstufungen gekennzeichnet.

3.1. Wenn im vorliegenden Fall das Rekursgericht die in einem Zeitungsartikel erhobene Behauptung, die Klägerin suche ein Kindermädchen zu einem Monatsgehalt von 4.500 EUR, als vom Gewicht her nicht jenen Fällen, für die der Gesetzgeber ausdrücklich eine Befreiung vom Erfordernis der Gefahrenbescheinigung statuiert hat, gleichkommend erachtet hat, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

3.2. Dass damit die Möglichkeit, im Provisiorialverfahren Schutz gegen Beeinträchtigungen von Persönlichkeitsrechten zu erwirken, auch davon abhängen kann, ob der Veröffentlichung ein Bild beigefügt ist, weil nur in diesem Fall die ausdrückliche Ausnahme vom Gefahrenbescheinigungserfordernis nach § 87c Abs 3 UrhG greift, ist Folge des Umstands, dass der Gesetzgeber gegen unzulässige Bildberichterstattung aufgrund deren besonderen Auffälligkeitswert den erleichterten Schutz im Provisorialverfahren vorsieht.

3.3. Anders als etwa in der ‑ nicht eine Frage des Persönlichkeitsrechts betreffenden ‑ Entscheidung 16 Ok 3/08 ( Bayrisches Sägerundholz I ) ist im vorliegenden Fall das Vorliegen einer entsprechenden Gefahr für die Antragstellerin im Sinn des § 381 EO auch keineswegs evident. Damit ist aber die Auffassung des Rekursgerichts, das dem Sicherungsbegehren nur hinsichtlich des auf eine Veröffentlichung mit Lichtbild abstellenden Eventualbegehrens stattgegeben hat, nicht zu beanstanden.

4. Die Auslegung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung im Sinne des § 1330 ABGB hat nach dem Verständnis eines durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfängers (§ 1297 ABGB) zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0115084). Die Frage, ob durch die Äußerung beim Erklärungsempfänger ein bestimmter Eindruck entstehen konnte, kann regelmäßig nur im Einzelfall entschieden werden (vgl 9 Ob 65/03d). Ob eine andere Beurteilung der festgestellten Äußerung vertretbar ist, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und bildet demnach keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0107768).

Damit bringen aber die Revisionsrekurse beider Streitteile keine Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen waren.

Stichworte