OGH 8Ob56/15s

OGH8Ob56/15s27.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** M*****, vertreten durch MMag. Dr. Erich Lackner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei ***** T*****, vertreten durch Dr. Jörg Lindpaintner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 69.250 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision sowohl der klagenden Partei als auch der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 9. April 2015, GZ 2 R 46/15d‑48, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der für die Zulässigkeit der Revision maßgebende Entscheidungsgegenstand ist jener, über den das Berufungsgericht entschieden hat. Das Revisionsinteresse ist dafür nicht von Bedeutung.

2.1 Die grundsätzliche Fürsorgepflicht des Werkbestellers gegenüber dem von ihm beauftragten Unternehmer sowie auch dessen Arbeitnehmern (RIS‑Justiz RS0021526; RS0021827; 9 Ob 54/14b) wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Zum Inhalt und zur Reichweite dieser Fürsorgepflicht ist das Berufungsgericht von den zutreffenden Grundsätzen ausgegangen (RIS‑Justiz RS0021799; RS0021808; 8 Ob 26/13a).

Ob der Werkbesteller seine Fürsorgepflicht, vor allem in Form von Informations‑, Warn‑ und Sicherungspflichten (RIS‑Justiz RS0123728; RS0021602), verletzt hat, ist eine Frage des Einzelfalls und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage (8 Ob 26/13a).

2.2 Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts hat das Berufungsgericht die tatsachenbasierende Schlussfolgerung gezogen, die Lichtwellplatte wäre aufgrund der Verschmutzung nur bei guter (konzentrationsmäßiger) Aufmerksamkeit für den Kläger erkennbar gewesen. Die Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Beklagte beziehen die Vorinstanzen auf den Umstand, dass es auf dem in Rede stehenden Dach vor dem Vorfall mit dem Kläger bereits zweimal zu Unfällen gekommen ist. Angesichts des Alters der Dacheindeckung (vor 1975), die auch schon damals nicht dem Stand der Technik entsprach, und des Umstands, dass sich das Gefahrenpotential bereits zweimal verwirklicht hatte, ist die Bejahung einer prinzipiellen Hinweispflicht der Beklagten nicht unvertretbar, hätte dies den Kläger doch zur gesteigerten Aufmerksamkeit veranlasst.

3. Durch die Vorschriften des BauKG soll den Gefahren begegnet werden, die aufgrund der gleichzeitigen oder aufeinanderfolgenden Tätigkeit von Arbeitnehmern verschiedener Unternehmen entstehen (vgl 2 Ob 240/12a; 8 ObA 54/14w). Abgesehen von dem im Wesentlichen nur allgemein gehaltenen erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers zum BauKG hat sich im Anlassfall nicht das Risiko, das sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Unternehmer auf einer Baustelle ergibt, verwirklicht. In der Rechtsprechung ist dazu anerkannt, dass iSd § 3 Abs 1 BauKG ein Koordinierungsfehler bei der Ausführung von Bauarbeiten durch mehrere Arbeitgeber vorliegen und der Schaden darauf zurückzuführen sein muss (8 ObA 54/14w). Derartiges lässt sich auch aus dem Vorbringen des Klägers nicht ableiten.

4. Fragen der Verschuldensteilung sind regelmäßig einzelfallbezogen und stellen daher im Allgemeinen ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar (vgl RIS‑Justiz RS0087606). Auch in dieser Hinsicht liegt keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vor.

5. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO waren die außerordentlichen Revisionen zurückzuweisen.

Stichworte