OGH 8ObA12/15w

OGH8ObA12/15w28.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** S*****, vertreten durch Celar Senoner Weber‑Wilfert Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 1.) Rechtsunwirksamerklärung einer Entlassung und 2.) 7.419,71 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2014, GZ 8 Ra 159/14g‑59, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 24. Februar 2014, GZ 27 Cga 69/12g‑48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00012.15W.0428.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung über das Anfechtungsbegehren insgesamt zu lauten hat:

„1. Das Klagebegehren, die am 19. 6. 2012 durch die beklagte Partei ausgesprochene Entlassung der klagenden Partei werde für rechtsunwirksam erklärt, wird abgewiesen.

2. Das Eventualklagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 7.419,71 EUR samt 8,38 % Zinsen seit dem 20. 6. 2012 zu zahlen, wird abgewiesen.

3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.465,46 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (darin 1.057,78 EUR USt und 118,80 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.175,25 EUR (darin 181,21 EUR USt und 1.088 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.108,59 EUR (darin 124,43 EUR USt und 1.362 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist ein im Sicherheitsbereich tätiges Unternehmen.

Der Kläger war von 1. 12. 2009 bis zu seiner Entlassung am 19. 6. 2012 bei der Beklagten im Angestelltenverhältnis tätig. Er war ebenso wie die anderen Mitarbeiter der Beklagten als Berufsdetektivassistent angestellt. Er besaß auch während des gesamten Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten die Gewerbeberechtigung als Berufsdetektiv, eingeschränkt auf Personenschutz. Seine Tätigkeiten umfassten gemäß Punkt 4 des Dienstvertrags sämtliche Erledigungen, die mit der Ausübung des Sicherheitsgewerbes iSd § 129 GewO 1994 in Zusammenhang stehen. Daneben war er noch für die Technik der Beklagten zuständig und übernahm als Vollzeitbeschäftigter auch administrative Aufgaben wie zB Dienstplaneinteilungen.

Anfang 2012 äußerte der Kläger den Wunsch, eine Beteiligung an der Beklagten zu erhalten. Dieser Wunsch wurde vom Geschäftsführer der Beklagten abgelehnt.

Die Beklagte wurde von ihrem Geschäftsführer auf freundschaftlicher Basis in einer flachen Hierarchie geführt. Alle Mitarbeiter nahmen den gleichen „Rang“ ein und bildeten ein Team, das nur dem Geschäftsführer untergeordnet war. Da der Kläger vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten lange Jahre beim österreichischen Bundesheer gedient hatte, war er die vom Geschäftsführer praktizierte flache Hierarchie nicht gewöhnt. Er fühlte sich anderen Mitarbeitern gegenüber immer mehr übergeordnet und trat diesen gegenüber oft herrisch und überheblich auf. Aufgrund dieses Verhaltens wurde der Kläger vom Geschäftsführer öfters ermahnt, er solle nicht „den Chef spielen“. Auch Dritten gegenüber deklarierte sich der Kläger als „rechte Hand des Geschäftsführers“ und bezeichnete seine Stellung bei der Beklagten in seinem Lebenslauf als „Supervisor/Partner“. Der Kläger überschätzte seine ihm bei der Beklagten zukommenden Kompetenzen und maßte sich häufig Aufgabenbereiche an, die ihm nicht zustanden.

Der Kläger ärgerte sich über die Kilometergeldabrechnung eines Kollegen. Um diese zu kontrollieren, stieg er, ohne den Geschäftsführer darüber zu informieren, in dessen privaten E‑Mail‑Account ein. Das Passwort kannte der Kläger aufgrund seiner technischen Tätigkeit. Vom E‑Mail‑Account des Geschäftsführers leitete der Kläger die Mails des Kollegen mit dessen Fahrtenbüchern an sich selbst weiter. Der Kläger hatte weder den Auftrag, Kilometergeldabrechnungen zu kontrollieren, noch die Erlaubnis, sich in den privaten E‑Mail‑Account des Geschäftsführers einzuwählen. Als der Geschäftsführer Anfang 2012 bemerkte, dass Mails an den Kläger weitergeleitet wurden, stellte er den Kläger zur Rede, verwarnte ihn ausdrücklich mündlich und sagte zu ihm: „Wenn noch etwas ist, dann gehst du.“ Ebenso ermahnte er ihn neuerlich, sich gegenüber anderen Mitarbeitern nicht die Rolle eines Vorgesetzten anzumaßen.

Im Mai 2012 traf der Kläger seinen alten Bekannten J***** M*****. Dieser war Berufssoldat der britischen Armee, als ihn der Kläger, der damals Berufssoldat des österreichischen Bundesheeres war, bei einem gemeinsamen Einsatz im Jahr 2002 kennengelernt hatte. Als der Kläger über seine Tätigkeit bei der Beklagten sprach, fragte M***** ihn, ob er in seinem Lebenslauf angeben könne, dass er für die Beklagte als freier Mitarbeiter gearbeitet habe. Der Kläger, der wusste, dass sein Bekannter nie für die Beklagte gearbeitet hatte, erlaubte ihm, die Beklagte in seinem Lebenslauf als Auftraggeber anzuführen. Er tat dies, ohne Rücksprache mit dem Geschäftsführer zu halten. Er sagte zwar zu seinem Bekannten, er müsse die Zustimmung des Geschäftsführers einholen, hatte aber nie vor, diesen tatsächlich zu fragen, weil er wusste, dass der Geschäftsführer die Erlaubnis nie geben würde.

Am 31. 5. 2012 sandte M***** dem Kläger per E‑Mail (in englischer Sprache) einen Lebenslauf zur Durchsicht, in dem er eine Tätigkeit bei der Beklagten von 2004 ‑ 2011 im Rahmen von „freelance contracts“ in den Bereichen „Security, Surveillance and CP“ anführte. Der Kläger antwortete ihm am gleichen Tag, ebenfalls in englischer Sprache, mit E‑Mail. Er teilte ihm mit, dass die Beklagte erst im Jahr 2009 gegründet worden sei, dass der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bei Firmennachforschungen/due diligence liege, der Personenschutz an verschiedene Gesellschaften ausgelagert werde, und Werkvertragsarbeit in Österreich nicht möglich sei. Weiters schrieb er dem Bekannten:

„[…] Also im Allgemeinen, wenn Du in Deinem Lebenslauf Erfahrung im Ermittlungsdienst nachweisen willst, um ihn aufzupeppen, kannst Du das ruhig machen, aber gib mir dann eine Kopie des Lebenslaufs oder die dort über uns erhaltenen Informationen, damit ich die richtigen Antworten auf die richten Fragen geben könnte.“

M***** antwortete darauf mit einem weiteren E‑Mail vom 31. 5. 2012:

„Du bist eine gute Hilfe, danke. Ich werde den Teil für meinen Lebenslauf machen und ihn Dir zwecks Kommentierung schicken. […]“

Am 8. 6. 2012 sandte er dem Kläger eine weitere E‑Mail:

„[…] Ich habe meinen aktualisierten Lebenslauf beigelegt, damit Du einen Blick darauf werfen kannst. Nur der letzte Teil von 'Überblick über meine Karriere' 2004 ‑ 2011 ist ein ziemlicher Blödsinn und ich habe das noch nicht spezifisch für Deine Firma aufgearbeitet. Wenn sie mehr Informationen haben wollen, dann kann man da für den Zeitraum ab 2009 eigentlich jedwede Tätigkeit anführen.“

Am 18. 6. 2012 fand der Geschäftsführer der Beklagten zufällig den E‑Mail‑Verkehr des Klägers mit dem dem Geschäftsführer bis dahin unbekannten M*****. Am 19. 6. 2012 rief der Geschäftsführer den Kläger zu sich und überreichte ihm ein Entlassungsschreiben. In der Sicherheitsbranche ist es nicht üblich, unwahre Referenzen zu erteilen.

Der Kläger begehrte mit seinem ursprünglichen Hauptbegehren, die Entlassung für unwirksam zu erklären. Die Entlassung sei unberechtigt gewesen und darüber hinaus aus einem verpönten Motiv erfolgt, sie sei auch sozialwidrig. Hilfsweise begehrte der Kläger die Zuerkennung einer ‑ der Höhe nach unstrittigen ‑ Kündigungsentschädigung von zuletzt 7.419,71 EUR brutto für den Zeitraum 19. 6. 2012 bis 31. 8. 2012.

Die Beklagte wandte dagegen, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ein, dass die Entlassung berechtigt ausgesprochen worden sei. Der Kläger sei gegenüber Mitarbeitern herrisch aufgetreten, habe sich unbefugt Zugang zum privaten E‑Mail‑Account des Geschäftsführers der Beklagten verschafft und sich in seinem Lebenslauf zwecks Bewerbung unzutreffend als Partner der Beklagten ausgegeben. Trotz der deshalb ausgesprochenen Verwarnungen habe der Kläger sein Verhalten nicht geändert. Am 31. 5. 2012 habe er einem der Beklagten nicht bekannten Herrn M***** wahrheitswidrig und ohne dazu ermächtigt gewesen zu sein, eine Bestätigung darüber ausgestellt, dass dieser zwischen 2004 und 2011 „limited freelance contracts“ mit der Beklagten abgeschlossen hätte. Das Sicherheits‑ bzw Detektivgewerbe sei eine überaus sensible Branche. Die Vorgangsweise des Klägers bewirke einen erheblichen Misskredit für die Beklagte. Durch die Ausstellung einer falschen Bestätigung, aber auch durch sein gesamtes Verhalten habe der Kläger insbesondere den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit gemäß § 27 Z 1 3. Fall AngG verwirklicht.

Das Erstgericht wies das Anfechtungsbegehren ab. Im Umfang dieser Abweisung erwuchs seine Entscheidung mangels Anfechtung in Rechtskraft. Hingegen gab es dem Eventualbegehren statt. Das Verhalten des Klägers rechtfertige die Entlassung nicht. Dass der Kläger seinem Bekannten gestattete, wahrheitswidrig eine Tätigkeit für die Beklagte in seinen Lebenslauf aufzunehmen und ihm zusagte, im Fall einer Anfrage eine entsprechende Referenz zu geben, stelle zwar ein vertrauensmissbräuchliches Vorgehen dar. Dadurch seien die Belange der Beklagten jedoch nicht in einem solchen Maß gefährdet, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers auch nur während der Kündigungsfrist der Beklagten nicht zumutbar wäre. Auch lasse diese Handlung den Kläger nicht in dem Maß vertrauensunwürdig erscheinen, dass zu befürchten sei, dass er in Zukunft seinen Pflichten nicht mehr getreulich nachkommen werde.

Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten gegen die Stattgebung des Eventualbegehrens erhobenen Berufung nicht Folge. Auch unter Berücksichtigung des gesamten festgestellten Verhaltens des Klägers sei der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist nicht unzumutbar. Die mehrfachen Ermahnungen, der Kläger solle nicht „den Chef spielen“ und sich Dritten gegenüber nicht als „rechte Hand des Geschäftsführers“ deklarieren, stellten ebenso wie die Bezeichnung des Klägers als „Supervisor/Partner“ der Beklagten in seinem Lebenslauf lediglich Ordnungswidrigkeiten dar. Der Einstieg des Klägers in den privaten E‑Mail‑Account des Geschäftsführers stelle zweifellos einen schweren Vertrauensverstoß dar, doch sei der Kläger vom Geschäftsführer für dieses Verhalten lediglich verwarnt worden, worin ein konkludenter Verzicht auf die Ausübung des Entlassungsrechts liege. Dass der Kläger einem Bekannten erlaubt habe, die Beklagte wahrheitswidrig in dessen Lebenslauf als Auftraggeber anzuführen, stelle jedenfalls eine Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsvertrag dar. Die Rechtfertigung des Klägers, wonach er gar nicht berechtigt gewesen sei, die Beklagte zu vertreten bzw sein Handeln völlig unerheblich und dem Privatbereich zuzuordnen sei, sei nicht nachvollziehbar. Auch dieses Fehlverhalten des Klägers sei jedoch nicht derart schwerwiegend, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses während der Kündigungsfrist unzumutbar sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten.

Der Kläger beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung der Revision.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts zulässig, sie ist auch berechtigt.

1. Der in der Revision noch geltend gemachte Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 3. Fall AngG erfasst Handlungen oder Unterlassungen eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (RIS‑Justiz RS0029547). Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise ‑ also nicht nach dem subjektiven Empfinden des einzelnen Arbeitgebers, sondern nach objektiven Grundsätzen ‑ als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (RIS‑Justiz RS0029323; vgl auch RS0029107; RS0028999).

2. Angesichts dieser Rechtsprechung tragen die ‑ vom Kläger in der Berufungsbeantwortung nicht bekämpften ‑ Feststellungen die Ansicht der Vorinstanzen, der Kläger habe keinen Entlassungsgrund gesetzt, nicht:

2.1 Für die Beurteilung der Frage, ob ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten aufgrund der ihn treffenden Treuepflicht die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers verletzt hat (vgl RIS‑Justiz RS0021449), kann auch der Art des Betriebs maßgebliche Bedeutung zukommen, weil in manchen Branchen ‑ wie etwa auch dem Sicherheitswesen ‑ den Angestellten ein besonderes Vertrauen entgegengebracht werden muss ( Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG § 27 Rz 74; vgl auch Pfeil in ZellKomm² § 27 AngG Rz 26; Grillberger in Löschnigg , AngG 9 § 27 Rz 24 aE).

2.2 Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers als Berufsdetektivassistent zur Ausübung der in § 129 GewO 1994 genannten Tätigkeiten (vgl § 130 Abs 2 Satz 2 GewO 1994) ist gemäß § 130 Abs 8 GewO 1994 an das Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit und Eignung des Arbeitnehmers geknüpft. Zur Abklärung der Zuverlässigkeit von Arbeitnehmern wie dem Kläger sieht § 130 Abs 8 bis 10 GewO 1994 ein spezielles Melde‑ und Prüfverfahren vor. Die Einhaltung dieser Bestimmungen steht für den Gewerbetreibenden unter der Verwaltungsstrafsanktion des § 367 Z 50 GewO 1994. Die Gewerbeausübungsregel des § 130 Abs 8 GewO 1994 dient nicht nur dem Schutz des Gewerbetreibenden selbst, sondern auch dem Schutz der von der Gewerbetätigkeit unmittelbar betroffenen Kunden und anderer (etwa überwachter) Personen (VwGH 2002/04/0193; Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 130 Rz 13; 9 ObA 41/13i). Hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Arbeitnehmer im Sicherheitsgewerbe ist ein ähnlich strenger Maßstab anzulegen wie bei der Prüfung der Zuverlässigkeit des Bewilligungswerbers (EB 395 BlgNR XIII. GP 244, abgedruckt bei: Gruber/Paliege‑Barfuß , GewO 7 § 130 Anm 16; vgl zum gewerberechtlichen Begriff der Zuverlässigkeit von Arbeitnehmern im Sicherheitsgewerbe auch Grabler/Stolzlechner/Wendl , aaO § 130 Rz 11; zum Begriff der Zuverlässigkeit des Bewilligungswerbers vgl §§ 95 Abs 1, 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994).

2.3 Das Berufungsgericht wertete das Verhalten des Klägers, seinem Bekannten eigenmächtig zu erlauben, die Beklagte wahrheitswidrig in dessen Lebenslauf als Auftraggeberin anzuführen, zutreffend nicht als bloße Ordnungswidrigkeit, sondern als Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Dass der Kläger seinem Bekannten mitteilte, er müsse noch die Zustimmung des Geschäftsführers einholen, ändert daran schon deshalb nichts, weil der Kläger dies in Wahrheit ‑ aufgrund der von ihm erkannten Aussichtslosigkeit, diese Zustimmung zu erlangen ‑ gar nicht vorhatte. Der Kläger musste jedenfalls damit rechnen, dass sein Bekannter den Lebenslauf mit den wahrheitswidrigen Angaben über die Beklagte für sein eigenes berufliches Fortkommen auch in der Sicherheitsbranche verwenden werde, sodass seine Vorgangsweise zumindest potentiell geeignet war, die Reputation der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu gefährden. Schon diese Vertrauensverletzung durch den Kläger ist objektiv derart schwerwiegend, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur während der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte.

2.4 Darüber hinaus trifft nicht zu, dass der nur wenige Wochen zuvor vom Kläger unberechtigt vorgenommene Zugriff auf den privaten E‑Mail‑Account des Geschäftsführers im konkreten Fall nicht mehr zur Beurteilung der Berechtigung der Entlassung herangezogen werden könne, weil der Geschäftsführer durch die dafür ausgesprochene Verwarnung konkludent auf die Ausübung des Entlassungsrechts für dieses gravierende Fehlverhalten des Klägers verzichtet hätte. Hat der Arbeitgeber ihm zur Kenntnis gelangte konkrete Vorfälle bloß zum Anlass für eine Ermahnung genommen, so kann eine derartige Erklärung nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung nur dahin verstanden werden, dass der Arbeitgeber auf das Recht, den Arbeitnehmer wegen dieses Verhaltens zu entlassen, verzichtet hat. Abgemahnte ältere Vorfälle können daher zwar später nicht neuerlich als Entlassungsgrund herangezogen werden. Bei späterer Wiederholung des abgemahnten (bzw eines gleichartigen) Verhaltens können aber die alten Vorfälle im Rahmen einer Würdigung des Gesamtverhaltens auch noch nachträglich Berücksichtigung finden (8 ObA 39/13p mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Kläger in beiden Fällen im Wesentlichen gleichartige, das Vertrauen des Dienstgebers verletzende Handlungen gesetzt hat, die auf seiner festgestellten Neigung beruhten, seine ihm bei der Beklagten zukommenden Kompetenzen zu überschätzen (RIS‑Justiz RS0028859).

2.5 Da der Geschäftsführer entgegen der Behauptung des Klägers im Verfahren erster Instanz Kenntnis vom Entlassungsgrund erst am 18. 6. 2012 erlangte und die Entlassung bereits am folgenden Tag ausgesprochen wurde, erweist sie sich entgegen dem Einwand des Klägers auch nicht als verfristet.

3. Infolge der berechtigten Entlassung gebührt dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Kündigungsentschädigung iSd § 29 Abs 1 AngG nicht, sodass sich (auch) das ‑ im Revisionsverfahren allein noch zu behandelnde ‑ Eventualbegehren als unberechtigt erweist.

Der Revision war daher Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung im ‑ gänzlich ‑ klageabweisenden Sinn abzuändern.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 41 ZPO. Im Anfechtungsverfahren gebührt jedoch gemäß §§ 50 Abs 2, 58 Abs 1 ASGG in erster Instanz kein Kostenersatz. Bemessungsgrundlage für den von der Beklagten geltend gemachten Kostenersatz ist daher nur das ‑ erstmals mit Schriftsatz vom 17. 10. 2012, ON 11, erhobene ‑ Eventualbegehren in der jeweils während des Verfahrens geltend gemachten Höhe. Diese offenbare Unrichtigkeit war ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger keine Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Beklagten gemäß § 54 Abs 1a ZPO erhoben hat, von Amts wegen aufzugreifen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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