OGH 1Ob10/15z

OGH1Ob10/15z23.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer in der Rechtssache der klagenden Partei M***** G*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei Republik Österreich (Öffentliches Wassergut), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17‑19, gegen die beklagte Partei Agrargemeinschaft Ortschaft L*****, vertreten durch Dr. Gerhard Seirer und Mag. Herbert Weichselbraun, M.B.L., Rechtsanwälte in Lienz, wegen Feststellung und Einwilligung, über die Rekurse der klagenden Partei und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 9. Juli 2014, GZ 3 R 38/14v‑48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hermagor vom 11. Dezember 2013, GZ 1 C 84/11h‑42, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00010.15Z.0423.000

 

Spruch:

I. Der Rekurs der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig der beklagten Partei die mit 614,85 EUR (darin 102,47 EUR USt) bestimmten Kosten der Beantwortung des Rekurses der Nebenintervenientin binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekurses der klagenden Partei und deren Beantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Streitteile sind Eigentümer zweier an der G***** liegender, benachbarter Grundstücke. Nach dem Stand der Katastralmappe fließt durch das ‑ südlich von jenem des Klägers liegenden ‑ Grundstück der beklagten Partei in west‑östlicher Richtung der O***** Bach (kurz Bach) und mündet dann in die G*****.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er Eigentümer der nördlich des Baches liegende Teilfläche des Grundstücks der beklagten Partei sei, sowie die Einwilligung zur Durchführung der für die Ab‑ und Zuschreibung dieser Teilfläche im Grundbuch notwendigen Maßnahmen. Der Bach sei schon immer die Grenze gewesen; er habe diese Fläche durch mehr als 60-jährige gutgläubige Nutzung ersessen.

Die beklagte Partei wendete ein, es habe im Jahr 1966 ein Jahrhunderthochwasser zu einer Veränderung des Bachbettes geführt; seither verlaufe der Bach zur Gänze über das Grundstück der beklagten Partei. Seit jeher sei die beklagte Partei im ruhigen Besitz des Grundstücks im mappenmäßigen Ausmaß gewesen, habe es bewirtschaftet, durchforstet und auch Schlägerungsmaßnahmen durchgeführt.

Die Republik Österreich trat dem Verfahren nach Streitverkündung durch die beklagte Partei bei und wechselte im Laufe des Rechtsstreits die Seiten, von der beklagten Partei zum Kläger.

Das Erstgericht traf Feststellungen zur Bewirtschaftung der Fläche durch den Kläger und seine Rechtsvorgänger im Ausmaß bis zum Bach seit 1930 und erachtete als erwiesen, dass der Bach im Jahr 1955 auf Höhe der strittigen Fläche im Wesentlichen gleich wie heute verlaufen sei. Nutzungshandlungen der beklagten Partei konnte es bis zur Katastrophe 1966 (wodurch es südlich des Baches zu Hangrutschungen gekommen und dadurch der Weg von K***** zum Bach unpassierbar geworden sei) nur insoweit feststellen, als Kinder von Mitgliedern der beklagten Partei gelegentlich ein paar Kühe tagsüber im Bereich des Holzlagerplatzes nördlich der Bachmündung, ohne auf irgendwelche Eigentumsgrenzen zu achten, geweidet hätten. Die Jagdpachtzahlung sei nach den Mappengrenzen und damit für den strittigen Bereich an die beklagte Partei erfolgt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und ging dabei von einer Ende 1970 vollendeten Ersitzung der zugesprochenen Fläche durch den Kläger aus. Diese sei von seinen Rechtsvorgängern bereits ab dem Jahr 1930 bewirtschaftet worden, die erforderliche Ersitzungszeit sei daher im Jahr 1970 abgelaufen. Dafür, dass Rechtsvorgänger des Klägers vor 1997 unredlich gewesen wären, hätte sich kein Hinweis gefunden. Auch das gelegentliche Einweiden stelle keinen Umstand dar, der Zweifel an der Rechtmäßigkeit hervorrufen hätte müssen, da das Weiden von Tieren an dafür geeigneten Stellen, ungeachtet der jeweiligen Eigentumsgrenzen, zur damaligen Zeit ortsüblich gewesen sei.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es ging davon aus, dass dem Kläger der Nachweis von Alleinbesitz im vom Erstgericht angenommenen Zeitraum nicht gelungen sei. Es werde für den grundbücherlichen Eigentümer eines Grundstücks, in dessen Belieben es stehe, mit der Substanz und den Nutzungen nach Willkür zu schalten, im Gegensatz zum Ersitzungsbesitzer keine bestimmte Intensität der Besitzausübung als Ausfluss des Eigentumsrechts gefordert. Sowohl das festgestellte Weidenlassen von Kühen als auch die Bewirtschaftung durch Bezug der „Jagdpacht“ stellten Besitzhandlungen der beklagten Partei im mappenmäßigen Ausmaß dar. Der Kläger und seine Rechtsvorgänger seien daher nicht im (für die Ersitzung geforderten) Alleinbesitz des Grundstücks gewesen. Damit bedürfe es eines weiteren Verfahrens zur Erhebung von Feststellungen zu Besitzhandlungen nach jenem Zeitraum bzw zum überdies geltend gemachten Rechtsgrund des Erwerbs durch Rechtsgeschäft, weil vorgebracht worden sei, dass sich das vom Kläger erworbene Grundstück schon immer bis zur nördlichen Bachbettgrenze erstreckt habe und es auf die Papiergrenze nicht ankomme, wozu er das Vorbringen zu konkretisieren haben werde. Unklar sei auch geblieben, ob die Veränderungen im Zuge der Verbauung der G*****, in deren Rahmen Flächen wechselseitig aus der Liegenschaft der beklagten Partei (sowie des Klägers) und dem öffentlichen Wassergut GStNr 1702/2 einander zugeschrieben worden seien, berücksichtigt worden seien.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Judikatur zu den Fragen fehle, welche Besitzhandlungen des grundbücherlichen Eigentümers den Alleinbesitz des Ersitzungsbesitzers unterbrechen können, ob dabei der Nachweis eines bestimmten Besitzwillens notwendig sei und ob das Entgegennehmen der Jagdpachtzahlungen sowie das Weidenlassen von Kühen durch Kinder der Mitglieder einer Agrargemeinschaft ohne Rücksicht auf Grundstücksgrenzen ausreichenden Besitzwillen des Eigentümers dokumentiere. Teile man die Ansicht des Berufungsgerichts dazu nicht, wäre von abgeschlossener Ersitzung des Klägers auszugehen. Dann bedürfe es aber der Klärung der Passivlegitimation der beklagten Partei bezüglich des Hochwasserabflussgebiets sowie allenfalls der Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung des Ausmaßes des Hochwasserabflussgebiets im Sinne der §§ 4 Abs 1, 38 Abs 3 WRG heranzuziehen sei.

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist zur Klarstellung der Rechtslage zur Frage der Unterbrechung des Alleinbesitzes bei der Ersitzung zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Jener der Nebenintervenientin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (RIS‑Justiz RS0043685) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage (§ 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO) erörtert wird (vgl nur Zechner in Fasching/Konecny ² IV/1 § 519 ZPO Rz 106 mwN).

I. Zum Rekurs der Nebenintervenientin:

Die Nebenintervenientin geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie schon im derzeitigen Stadium das Eigentum des Klägers infolge rechtsgeschäftlichen Erwerbs unterstellt und unter dieser Annahme Überlegungen zu einer etwaigen (von der Nebenintervenientin aber im Rekurs verneinten) Ersitzung durch die beklagte Partei anstellt. Weichen die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ab, können sie insoweit nicht weiter behandelt werden (RIS‑Justiz RS0043312 [T12]). Die Rechtsrüge ist dann nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS‑Justiz RS0043603; RS0043312 [T14]).

Die Rekurswerberin nimmt weder zu den vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfragen näher Stellung, wenn sie (bloß im Faktischen und nicht überprüfbar) ausführt, der Sachverständige habe [Anm: an der durch den Fluss gebildeten Grenze im Osten] zutreffend den Ufergrat herangezogen, noch wirft sie ansonsten eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf, sodass der Rekurs zurückzuweisen ist (RIS‑Justiz RS0102059). Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Sinne des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO des Berufungsgerichts findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS‑Justiz RS0123222). Die beklagte Partei hat in ihrer Beantwortung des Rekurses der Nebenintervenientin auf dessen mangelnde Zulässigkeit hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher unter diesem Gesichtspunkt als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Der Kläger ist dabei als Kostenschuldner (vgl RIS‑Justiz RS0036057) verpflichtet, der beklagten Partei die Kosten der Beantwortung des Rekurses des Nebenintervenienten zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0036148).

II. Zum Rekurs des Klägers:

Nach seiner Ansicht habe das ortsübliche „gelegentliche Einweiden“ seinen Alleinbesitz nicht unterbrechen können. Die minderjährigen Kinder von Mitgliedern der Agrargemeinschaft hätten für sich keinen Bezug zu dieser und könnten ohne entsprechenden Beschluss der beschlussfähigen Organe für die Agrargemeinschaft keine rechtserheblichen Handlungen setzen.

1. Zur Ersitzung des Eigentums nach § 1460 ABGB ist Sachbesitz (RIS‑Justiz RS0010117) und zwar Alleinbesitz erforderlich (RIS‑Justiz RS0009792). Die Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs oder einer jedermann unter bestimmten Voraussetzungen möglichen örtlichen Übung bedeutet keine Besitzausübung (5 Ob 249/04k unter Verweis auf M. Bydlinski in Rummel ³ § 1460 ABGB Rz 3 mwN und Hofmann in Rummel ³ § 480 ABGB Rz 3; 3 Ob 36/13k; RIS‑Justiz RS0009762 [T17], RS0010140 [T4]). Vielmehr muss die Besitzausübung die volle Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden so sichtbar zum Ausdruck bringen, dass sie eine Besitzausübung dritter Personen nicht zulässt (RIS‑Justiz RS0010101). Es müssen Handlungen gesetzt werden, die den Eigentümer von der Ausübung seines Rechts ausschließen (5 Ob 36/10w = immolex 2011/10, 24 [ Limberg ]; 6 Ob 63/13b; immolex 2013/248 [ A. Klein ]; RIS‑Justiz RS0034276 [T1, T3]). Die Vornahme von Besitzhandlungen bewirkt daher keine Ersitzung, wenn auch der bisherige Eigentümer solche vorgenommen hat (RIS‑Justiz RS0034235).

2. Die Beweislast für die Ersitzungsvoraussetzungen trifft grundsätzlich den Ersitzungsbesitzer (RIS‑Justiz RS0034237; RS0034251; RS0034243). Zur Vollendung der Ersitzungszeit (hier nach § 1472 ABGB) genügt es, dass der Bestand des Besitzes bei deren Beginn und an deren Ende feststeht ( M. Bydlinski aaO Rz 8 mwN).

Der Gegner hat demgegenüber einen in der Ersitzungszeit eingetretenen Besitzverlust oder eine Unterbrechung der Ersitzung zu beweisen wie auch, dass der Besitz nicht redlich oder nicht echt gewesen sei, sowie dass überhaupt die Absicht der Rechtsausübung gefehlt hätte ( M. Bydlinski aaO Rz 8; Mader/Janisch in Schwimann ³ § 1460 ABGB Rz 20; Perner in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 1460 Rz 14).

3. Nach der Rechtsprechung genügt bei der Eigentumsersitzung für die Unterbrechung des Alleinbesitzes schon der Nachweis, dass der Ersitzungsgegner einen einzigen Akt der Eigentumsausübung gesetzt hat (OGH 21. 10. 1880, GlU 8800; 3 Ob 69/60 = SZ 33/32 = EvBl 1960/354 = RIS‑Justiz RS0034116; VwGH 27. 2. 1990, Zl 86/07/0108 = ZfVB 1991/397; M. Bydlinski aaO § 1465 ABGB Rz 2; Perner aaO).

Für die Unterbrechung der Ersitzung bedarf es zumindest der Setzung solcher Nutzungshandlungen, die in ihrer Intensität einer Besitzausübung gleichkommen. Es darf sich also nicht bloß um die Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs oder einer jedermann unter bestimmten Voraussetzungen möglichen örtlichen Übung handeln, bringt dies doch eine Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden nicht zum Ausdruck.

So vermittelt die Ausübung der Jagd weder Sachbesitz noch Alleinbesitz und kann die Ersitzung nicht verhindern (RIS‑Justiz RS0009836 vgl RS0010117 [T2]) gleiches gilt für die Jagd begleitende Maßnahmen (1 Ob 137/14z) und ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ für die bloße Entgegennahme von Jagdpachtzinszahlungen.

4. Der Besitzwille ergibt sich in der Regel aus einem Verhalten, wie es ein Eigentümer (dann Sachbesitzer) oder ein sonstiger Berechtigter (dann Rechtsbesitzer) typischerweise setzt ( Eccher/Riss in KBB 4 § 309 ABGB Rz 2). Für den Besitzwillen ist das äußere Bild der Benützung ausschlaggebend (RIS‑Jusitz RS0011655 [T3]), wobei für dessen Zustandekommen und seine Äußerung eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben ist (7 Ob 551/86 = SZ 59/50 = RIS‑Justiz RS0010110). Der Besitz kann unbestrittenermaßen auch durch Vertreter ausgeübt werden (7 Ob 551/86 = SZ 59/50 = RIS‑Justiz RS0010114). Besitz ist der bloße Anschein der Zugehörigkeit einer Sache oder eines Rechts zu einer bestimmten Person, sodass die vom Gegner unwidersprochene Vornahme der zur duldenden Handlung mit dem ersichtlichen Willen, dadurch ein Recht auszuüben, genügt (7 Ob 551/86 = SZ 59/50 = RIS‑Justiz RS0010106).

Gusenleitner-Helm (in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch , Klang ³ § 1460 ABGB Rz 22) führt aus, lasse ein Verhalten nach außen hin auf das Vorliegen eines Besitzwillens schließen, so komme es nicht darauf an, ob der Besitzwille tatsächlich vorgelegen ist, solange dadurch nicht in schutzwürdige Interessen Dritter eingegriffen werde.

5. Besitz kann auch durch Stellvertreter, Boten oder andere Besitzmittler ausgeübt werden (RIS‑Justiz RS0011655) Besitzmittler müssten nicht die Absicht haben, ein Recht für eine bestimmte andere Person zu besitzen ( Gusenleitner-Helm aaO Rz 25 mwN). Kinder über sieben Jahren, die den Gebrauch der Vernunft haben, können für sich (selbständig) Besitz erwerben. Wenn auch Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahren, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, (für sich) Besitz ‑ außer in den Fällen des [nunmehr richtig] § 170 Abs 3 ABGB und § 280 Abs 2 ABGB ‑ nur durch ihren gesetzlichen Vertreter erwerben können (§ 310 ABGB), lässt dies (im vorliegenden Fall wurde das Alter der der Sache nach vom Berufungsgericht als Besitzmittler anerkannten Kinder bisher nicht erörtert) noch nicht den Schluss zu, Kinder, die unter sieben Jahre alt sind, könnten keinesfalls als Besitzmittler fungieren. Iro (Besitzerwerb durch Gehilfen [1982] 52 f) erläutert für den einseitigen Besitzerwerb, dass die Mittelsperson nur der Verschaffung und Erhaltung der realen Sachherrschaft diene, indem sie für einen anderen detiniere, und führt (aaO 73) aus, beim Detentionswillen handle es sich bloß um ein durch die mittelbare Innehabung notwendig gewordenes Element der für die Gewahrsame des Erwerbers vorausgesetzten Einwirkungsmöglichkeit. Es müsse genügen, dass das Vorliegen eines fremden Herrschaftswillens zu vermuten sei; dies werde aber schon durch die Gewahrsamserlangung seitens der Mittelsperson gewährleistet.

Da es für die Ersitzung darauf ankommt, dass die Besitzausübung nach außen hin so in Erscheinung tritt, dass sie die Zugehörigkeit der Sache zum Ausübenden sichtbar zum Ausdruck bringt (vgl RIS‑Justiz RS0010101), ist dies auch für die Konstellation zu bejahen, in der Kinder auf Geheiß von Erwachsenen (in der Regel ihren Eltern) das Vieh (im Rahmen der jedenfalls in der damaligen Zeit, wie allgemein bekannt ist, üblichen Mitarbeit von auch minderjährigen Angehörigen im bäuerlichen Betrieb) auf bestimmten Flächen weiden ließen, womit der Besitzwille der Betriebsführer im Weidenlassen der Kinder widergespiegelt wird.

6. So wie der Ersitzungsgegner beweisen muss, dass überhaupt die Absicht der Rechtsausübung (beim Ersitzenden) fehlte ( M. Bydlinski aaO Rz 8; Mader/Janisch aaO; Perner aaO), muss umgekehrt der Ersitzende beweisen, dass bei den vom oder für den grundbücherlichen Eigentümer gesetzten Nutzungshandlungen die Absicht der Rechtsausübung (des Eigentumsrechts) fehlte.

7. Nutzt daher ein Eigentümer ein Grundstück durch Besitzmittler in der Form, dass diese gelegentlich tagsüber ein paar Kühe weideten, dann wäre nicht nachvollziehbar, warum eine solche (bäuerliche [vgl RIS‑Justiz RS0009792 {T1}]) Nutzung den Besitzwillen des Eigentümers, sein Grundstück (im Rahmen seines Eigentums) nutzen zu wollen, nicht ausreichend zum Ausdruck brächte (vgl 7 Ob 551/86 = SZ 59/50 = JBl 1986, 644).

8. Hätte daher das Erstgericht bloß festgestellt, dass Kinder von Mitgliedern der beklagten Partei gelegentlich ein paar Kühe tagsüber im Bereich des Holzlagerplatzes nördlich der Bachmündung weideten, hätte das Berufungsgericht diese Nutzung zutreffend als Unterbrechung des Alleinbesitzes gewertet. Der Zusatz „ohne auf irgendwelche Eigentumsgrenzen zu achten“ bleibt aber in seiner Bedeutung unklar, etwa ob damit eine Feststellung dahin, dass überhaupt die Absicht der Rechtsausübung gefehlt hätte (etwa durch zufälliges „Hineingeraten“ des Viehs auf die strittige Fläche), zum Ausdruck gebracht werden sollte. Ebenso undeutlich bleiben die Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung, wo es festhält, andere Nutzungshandlungen der beklagten Partei als die allgemein ortsüblichen, ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse durchgeführten Weidehandlungen, hätten sich nicht ergeben.

Dass dieses Weiden damals die Inanspruchnahme einer jedermann unter bestimmten Voraussetzungen möglichen örtlichen Übung (dem Gemeingebrauch angenähert) dargestellt hätte, etwa dass (in einem bestimmten Zeitraum) eine örtliche Übung bestanden habe, nach der das Weiden von Vieh auf fremdem Grund ohne Beanstandung geblieben und als zulässig erachtet worden sei, hat der Kläger bisher (wie auch eine fehlende Absicht der Rechtsausübung) nicht behauptet.

Es werden daher im fortgesetzten Verfahren (wohl vor der Auseinandersetzung mit dem behaupteten rechtsgeschäftlichen Erwerb des Eigentums sowie den Veränderungen durch Zu‑ und Abschreibungen im Zuge der Verbauung des die Ostgrenze bildenden Flusses auch) das Vorbringen zur Nutzung der strittigen Fläche durch Weidenlassen des Viehs zu erörtern und die Feststellungen dazu zu verbreitern bzw klarzustellen sein.

9. Das Berufungsgericht führt im Weiteren selbst aus, dass die Berücksichtigung des Hochwasserabflussgebiets nach dem 30‑jährlichen Höchstwasserstand beim bisher nicht geprüften Grenzverlauf (im Osten) zwischen dem der Republik gehörenden Grundstück Nr 1702/2 und jenem der beklagten Partei überhaupt nur dann eine Rolle spielen könnte, wenn sich ein Eigentumserwerb des Klägers an Flächen des Grundstücks der beklagten Partei ergäbe. Weil dies noch zu klären sein werde, sei auf weitere Folgerungen aus dem Wasserrechtsgesetz derzeit nicht einzugehen.

Zum öffentlichen Wassergut (das das Gewässerbett, also die Grundfläche meint [vgl 1 Ob 355/58 = SZ 31/146; 1 Ob 155/74 = SZ 47/131; 1 Ob 89/10k; RIS‑Justiz RS0082074 {T1}] und dessen Eigentümer nur der Bund [RIS‑Justiz RS0082065] nicht aber ein Privater sein kann [VwGH 93/07/0119]) gehört ‑ unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 WRG ‑ auch das nicht mehr vom Gewässerbegriff erfasste Abflussgebiet von 30‑jährlichen Hochwässern. Die in § 38 WRG genannten Gebiete können nur insoweit öffentliches Wassergut sein, als sie dem Bund gehören und faktisch dem Hochwasserabflussgebiet bzw den Zwecken des § 4 Abs 2 WRG dienen ( Oberleitner/Berger WRG³ § 4 Rz 2). Auf welche (strittige) Fläche diese Voraussetzungen zuträfen, hat die beklagte Partei ebensowenig dargestellt, wie sie den Einwand, dass Teile der vom Klagebegehren umfassten Fläche nicht in ihrem Eigentum stünden, erhoben hat. Die Frage der Aktiv‑ oder Passivlegitimation ist nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nur auf Einwendung und nicht von Amts wegen zu prüfen (RIS‑Justiz RS0065553). Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zeigt der Kläger zu dieser Frage nicht auf. Die Beantwortung bloß abstrakter Rechtsfragen ist aber nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0111271 [T2]).

10. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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