European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00043.15T.0421.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision im Verfahren 25 C 2/14d des Erstgerichts wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Soweit sich die außerordentliche Revision auf das Verfahren 25 C 4/14y des Erstgerichts bezieht, wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Die Beklagte führt gegen den Kläger aufgrund eines Vergleichs vom 20. 3. 2007 zu 25 E 1089/14p des Erstgerichts Fahrnis‑, Forderungs‑ und Gehaltsexekution zur Hereinbringung des rückständigen Unterhalts für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 (insgesamt 3.185,42 EUR sA) sowie des laufenden Unterhalts von monatlich 1.592,71 EUR beginnend mit 1. 2. 2014. Aufgrund desselben Exekutionstitels führt sie zu 25 E 1970/14x des Erstgerichts Forderungsexekution zur Hereinbringung des rückständigen Unterhalts für die Monate Dezember 2013 bis einschließlich März 2014 (insgesamt 6.370,84 EUR sA). Die vom Kläger aus Anlass dieser Exekutionen erhobenen Oppositionsklagen (25 C 2/14d und 25 C 4/14y) wurden vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das Erstgericht gab den Oppositionsklagen teilweise Folge. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es mit Teilurteil das (Haupt‑)Klagebegehren, der Unterhaltsanspruch der Beklagten ruhe seit 1. 7. 2013, abwies; hinsichtlich des Eventualbegehrens zu 25 C 4/14y, die zu 25 E 1970/14x betriebene Forderung sei im Umfang von 4.120,36 EUR beglichen, hob es das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
1. Soweit sich die (außerordentliche) Revision des Klägers gegen die Abweisung des (Haupt-)Klagebegehrens zu 25 C 4/14y des Erstgerichts wendet, entspricht die unmittelbare Vorlage an den Obersten Gerichtshof nicht dem Gesetz:
1.1. Nach § 502 Abs 4 ZPO ist die Revision ‑ außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO ‑ jedenfalls unzulässig, wenn in einem Verfahren über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt (wovon hier gemäß § 69a EheG auszugehen ist: RIS‑Justiz RS0046467 [T8 und T16]) der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.
1.2. Bei der Oppositionsklage richtet sich der Streitwert grundsätzlich nach dem unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 54 und 56 JN ermittelten Wert des betriebenen Anspruchs (RIS‑Justiz RS0001623 [T4]; das gilt uneingeschränkt für betriebene Geldforderungen (RIS‑Justiz RS0001618). Der Streitwert einer Oppositionsklage betreffend einen Unterhaltsexekutionstitel ist gleich dem nach § 58 Abs 1 JN (dreifache Jahresleistung ‑ RIS-Justiz RS0042366) zu berechnenden Wert des Unterhaltsanspruchs selbst, vermehrt um den betriebenen rückständigen Unterhalt zu berechnen (RIS‑Justiz
1.3.
Trotz des sachlichen Zusammenhangs der beiden Oppositionsverfahren hat ihre Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung nicht zur Folge, dass die Streitwerte zusammenzurechnen wären (RIS‑Justiz RS0037271 [T7]). Während der Streitgegenstand des Verfahrens 25 C 2/14d wegen des in der Anlassexekution 25 E 1089/14p auch betriebenen laufenden Unterhalts den Betrag von 30.000 EUR übersteigt, liegt der Streitgegenstand des Verfahrens 25 C 4/14y mit 6.370,84 EUR sA unter dieser Grenze.
1.4. Aus diesem Grund ist der Oberste Gerichtshof für die Behandlung der „außerordentlichen“ Revision, soweit sie sich auf das zuletzt genannte Verfahren bezieht, funktionell nicht zuständig: Erhebt in den in § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; dieser darf darüber nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS‑Justiz RS0109623). Die Vorlage der „außerordentlichen“ Revision direkt an den Obersten Gerichtshof ist daher insoweit verfehlt. Inwieweit das Rechtsmittel einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen überlassen.
2. Soweit sich die außerordentliche Revision gegen die Abweisung des Klagebegehrens zu 25 C 2/14d des Erstgerichts wendet, vermag sie keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
2.1. Entgegen der Behauptung des Klägers ist das Berufungsgericht bei der Auslegung des Exekutionstitels nicht von den Feststellungen des Erstgerichts abgegangen, weil es den Vergleich nach seinem objektiven Wortsinn und nicht nach dem (vom Erstgericht nicht festgestellten) subjektiven Parteiwillen interpretiert hat. Die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde ist aber eine Frage der rechtlichen Beurteilung (RIS‑Justiz RS0043422 [T1]).
2.2. Der Kläger rügt weiters einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 182a ZPO, weil es dem im Vergleichstext enthaltenen Verweis auf § 66 EheG eine gänzlich andere Tragweite beigemessen habe als das Erstgericht und die Parteien. Er legt jedoch nicht einmal ansatzweise dar, welches ergänzende Vorbringen er erstattet und welche Feststellungen des Erstgerichts er bekämpft hätte, wenn er diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts gekannt hätte, sodass es jedenfalls an der erforderlichen Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels fehlt (RIS‑Justiz RS0116273; RS0043027). Ebensowenig ist den Revisionsausführungen zu entnehmen, welche konkreten, in der Berufung der Beklagten neu vorgebrachten Tatsachen das Berufungsgericht nach Ansicht des Klägers seiner Entscheidung ohne Beweiswiederholung zugrunde gelegt habe.
2.3. Die Auslegung eines Vergleichs stellt grundsätzlich ‑ von Fällen einer uvertretbaren Fehlbeurteilung abgesehen ‑ keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS‑Justiz RS0113785 [T1, T4]; RS0044298 [T18, T39, T46]). Eine solche Fehlbeurteilung zeigt der Kläger nicht auf: Das Berufungsgericht ist bei der Auslegung des Exekutionstitels ‑ mangels erstinstanzlichen Vorbringens der Beklagten zu einer gegenteiligen Parteienabsicht ‑ von dessen klarem Wortlaut ausgegangen und hat nicht, wie in der Revision behauptet, eine ergänzende Vertragsauslegung des Vergleichs vorgenommen.
2.3.1. Soweit der Beklagten nicht der primär vereinbarte pauschale Unterhaltsbeitrag von monatlich 1.500 EUR (wertgesichert) zusteht, weil das Einkommen des Klägers auf Basis der Einkommensteuerbescheide der letzten drei Jahre durchschnittlich unter 3.500 EUR pro Monat liegt, ist ihr Unterhaltsanspruch ‑ vereinbarungsgemäß ‑ nach den Maßstäben des § 66 EheG und der dazu ergangenen Rechtsprechung ‑ sowie unter Einbeziehung der Vermögenserträgnisse mit einer pauschalierten Verzinsung von 3 % ‑ zu ermitteln. Dass dieser Unterhaltsanspruch mit 1.500 EUR monatlich (wertgesichert) „gedeckelt“ wäre, ist dem Exekutionstitel nicht zu entnehmen.
2.3.2. Richtig ist, dass nach ständiger Rechtsprechung die steuerliche Behandlung für den unterhaltsrechtlichen Einkommensbegriff nicht von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0047423). Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht aber nicht abgegangen, wenn es den Exekutionstitel nach seinem eindeutigen Wortlaut dahin ausgelegt hat, dass (nur) das Über- und Unterschreiten der Einkommensgrenze von 3.500 EUR pro Monat ausschließlich auf Grundlage der Einkommensteuerbescheide des Klägers zu ermitteln ist.
2.4.1. Nach ständiger Rechtsprechung sind zwar die Erträgnisse des Vermögens eines zur Unterhaltsleistung Verpflichteten in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, die Vermögenssubstanz selbst aber grundsätzlich nicht. Letztere findet bei der Unterhaltsbemessung nur dann Berücksichtigung, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht zur Deckung des angemessenen Unterhalts des Unterhaltsberechtigten ausreicht (RIS‑Justiz
RS0113786 [T3]). Das Vermögen ist aber jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige dessen Substanz angreift, um damit die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung zu decken (RIS‑Justiz RS0122836 [T4]; RS0117850 [T1]).
2.4.2. Nach den Feststellungen hat der Kläger zum Jahreswechsel 2010/2011 noch über ein Wertpapiervermögen von rund 950.000 EUR verfügt, das sich durch sukzessive Verkäufe bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 22. 7. 2014 auf rund 243.000 EUR verringerte; aus diesen Wertpapierverkäufen hat der Kläger im Jahr 2013 200.000 EUR (durchschnittlich 16.666 EUR pro Monat) und im ersten Halbjahr 2014 (bis zum 24. 6. 2014) 56.000 EUR (ohne Berücksichtigung weiterer Verkäufe ab Juli 2014 also durchschnittlich 4.666 EUR pro Monat) erzielt. In welchem Umfang der Kläger diese Verkaufserlöse zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwendete, steht nicht fest.
2.4.3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass diese Unklarheit zu Lasten des Klägers geht, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Die Beweislast für das in den Oppositionsklagen (unter anderem) behauptete Ruhen des von der Beklagten betriebenen Unterhaltsanspruchs seit 1. 7. 2013 trifft den Kläger. Er hätte deshalb in erster Instanz behaupten (und beweisen) müssen, dass er die durch den regelmäßigen Verkauf von Wertpapieren erzielten Erlöse nicht für die Bestreitung seines Lebensunterhalts, sondern für andere (von ihm konkret zu bezeichnende) Zwecke verwendet hat. Dies hat er jedoch nicht getan; nicht einmal seiner außerordentlichen Revision ist ein derartiges Vorbringen zu entnehmen. Auch bei seiner Einvernahme hat er zu diesem Thema lediglich erklärt, dass er „Transaktionen“ vom Wertpapierkonto auf sein Pensionskonto immer dann vornehme, wenn er Geldbedarf habe (S 6 des Protokolls ON 11).
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