OGH 3Ob32/15z

OGH3Ob32/15z21.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden, sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Landeshauptstadt Linz, *****, vertreten durch Beurle Oberndorfer Mitterlehner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die verpflichtete Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hanno Zanier, Rechtsanwalt in Wien, wegen 70.020 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Dezember 2014, GZ 47 R 312/14a, 313/14y‑40, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 5. August 2014, GZ 12 E 1804/12m‑36, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00032.15Z.0421.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz erließ am 21. Dezember 2011 einen an die Verpflichtete gerichteten, inzwischen rechtskräftigen Bescheid, nach dessen Spruch der Verpflichteten (unter anderem) aufgetragen wird, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme der mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22. Oktober 2010, GZ 501/0900580z.e, angeordneten Maßnahmen den Betrag von 70.020 EUR gegen nachträgliche Verrechnung binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Bescheids bei der Stadt Linz zu erlegen. Als Rechtsgrundlage dafür verwies die Behörde auf § 4 Abs 2 VVG.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 31. Mai 2012 der Landeshauptstadt Linz als betreibender Partei wider die Verpflichtete (unter anderem) aufgrund des genannten Titels zur Hereinbringung von 70.020 EUR sA die Fahrnisexekution.

Am 22. November 2013 beantragte die Verpflichtete die Einstellung der Exekution. Die nunmehr betriebene Forderung resultiere aus einer Ersatzvornahme, weil die Verpflichtete einen wasserpolizeilichen Auftrag des Magistrats als Wasserrechtsbehörde gemäß § 31 WRG nicht Folge geleistet habe. Da für die Kosten einer Ersatzvornahme im Fall der Uneinbringlichkeit beim Verpflichteten jener Rechtsträger aufzukommen habe, dessen Materie betroffen sei, handle es sich hier um einen Titel des Bundes. Die Stadt Linz sei nicht zur Exekutionsführung legitimiert.

Die Betreibende wendete gegen den Einstellungsantrag ein, es gehe nicht um die Vollstreckung eines Bescheids der Wasserrechtsbehörde, sondern um die Vollstreckung des Auftrags zur Vorauszahlung nach § 4 Abs 2 VVG. Die Stadt Linz sei zu dessen Exekution berechtigt, weil die Ersatzvornahme von ihr zu bewerkstelligen und die Vorauszahlung auf ein Konto der Betreibenden zu erlegen sei.

Das Erstgericht stellte die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 10 EO ein. Da die vom Magistrat zu besorgenden Agenden der Bezirksverwaltung vom eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ausgenommen seien, werde die Vollstreckung im übertragenen Wirkungsbereich besorgt, weil Wasserrechtsangelegenheiten Aufgaben der Bundesverwaltung seien. Die Stadt Linz sei daher aus dem Exekutionstitel nicht berechtigt und zur Exekutionsführung nicht legitimiert.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Betreibenden den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es den Einstellungsantrag der Verpflichteten abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof einen gleichgelagerten Fall noch nicht entschieden habe. Die aktive und passive Legitimation im Exekutionsverfahren ergebe sich bereits aus dem Exekutionstitel. Eine inhaltliche Überprüfung seiner materiellen Richtigkeit habe nicht zu erfolgen. Zum betreibenden Gläubiger sei der aus dem Titel Berechtigte berufen. Nach dem eindeutigen Titelwortlaut seien die Kosten der Ersatzvornahme nach § 4 Abs 2 VVG (betriebener Anspruch) bei der Stadt Linz zu erlegen. Aus dem Wortlaut des Titels ergebe sich daher, dass die daraus berechtigte Gebietskörperschaft die Stadt Linz und nicht etwa der Bund sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten, mit dem sie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses anstrebt, ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

In Angelegenheiten des öffentlichen Rechts ergangene rechtskräftige Erkenntnisse der Verwaltungsbehörden bilden gemäß § 1 Z 12 EO Exekutionstitel, sofern die Exekution durch gesetzliche Bestimmungen den Gerichten überwiesen ist. Dies ist für die Eintreibung von Geldleistungen der Fall (§ 3 Abs 1 VVG).

Gemäß § 7 Abs 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel nebst der Person des Berechtigten und Verpflichteten auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind.

Wenn die Vollstreckungsbehörde die Eintreibung einer Geldforderung zugunsten einer Gebietskörperschaft beim zuständigen Gericht veranlasst, dann schreitet sie namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein (RIS‑Justiz RS0071571).

Für die Auslegung des Exekutionstitels ist in erster Linie der Spruch maßgebend, eine Exekution hat sich streng an den Wortlaut des Exekutionstitels zu halten; lediglich bei Undeutigkeit des Spruchs ist es zulässig, die Gründe zur Auslegung des Entscheidungswillens heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0000296, vgl RS0000205). Das Rekursgericht hat bereits zutreffend darauf verwiesen, dass der erkennende Senat in einem vergleichbaren Fall aussprach, dass etwa der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde für die Stadt Wien tätig werde (3 Ob 179/79; vgl 3 Ob 274/07a).

Die am eindeutigen Wortlaut des hier zu beurteilenden Exekutionstitels orientierte Auslegung des Rekursgerichts (Landeshauptstadt Linz als Berechtigte aus dem Auftrag zur Leistung des für die Ersatzvornahme notwendigen Geldbetrags) entspricht daher den Grundsätzen der Rechtsprechung:

Aus dem Exekutionstitel ergibt sich, dass der Magistrat der Landeshauptstadt Linz für die Gebietskörperschaft Stadt Linz einschreitet. Diese ist Rechtsträger der Kostenersatzforderung nach § 4 Abs 2 VVG. Allfällige Ersatzpflichten oder Regressforderungen im Fall der Uneinbringlichkeit der Kosten der Ersatzvornahme ergeben sich aus dem Exekutionstitel nicht und können daher für seine Auslegung nicht maßgeblich sein.

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Infolge grundsätzlicher Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens nach der EO (RIS‑Justiz RS0116198) stehen der Betreibenden für ihre zwar nicht unzulässige (RIS‑Justiz RS0118686 [T11]), aber nicht zweckentsprechende (RIS‑Justiz RS0118686 [T12]) Revisionsrekursbeantwortung Kosten nicht zu (3 Ob 23/15a mwN).

Stichworte