OGH 12Os165/14b

OGH12Os165/14b5.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Curtis Lee M***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Oktober 2014, GZ 84 Hv 54/14x‑29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00165.14B.0305.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Curtis Lee M***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 23. Februar 2014 in W***** Manuel L*****, der wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung zufolge massiver Alkoholisierung unfähig war, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands außer dem Fall des § 205 Abs 1 StGB dadurch missbraucht, dass er seinen erigierten Penis zwischen den Gesäßbacken des schlafenden bzw gerade erwachenden alkoholisierten Manuel L***** rieb, somit eine geschlechtliche Handlung an ihm vornahm.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt:

Die eine unvollständige bzw offenbar unzureichende Begründung der Annahme einer massiven Alkoholisierung des Tatopfers (US 2 und 4) behauptende Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall) bezieht sich nicht auf eine Tatsache. Nach den wesentlichen Urteilskonstatierungen nahm der Angeklagte die inkriminierte geschlechtliche Handlung nämlich an dem fest schlafenden Tatopfer vor, das erst von einem von ihm als zunehmend beklemmend empfundenen Gefühl der Bewegungsunfähigkeit erwachte (US 4). Schon allein dieser konstatierte Schlafzustand des Manuel L***** im Tatzeitpunkt begründet die nach der ersten Deliktsvariante des § 205 Abs 2 StGB geforderte Wehrlosigkeit (Philipp in WK² StGB § 205 Rz 7; RIS‑Justiz RS0102727, RS0095097 [insb T2 und T3]), weshalb die erhebliche Alkoholisierung des Opfers keinen für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes maßgebenden Umstand (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399) betrifft.

Gleiches gilt für die von der Beschwerde vermisste Erörterung der Betthöhe am Tatort. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen versucht vielmehr bloß die vom Tatopfer geschilderte und von den erkennenden Richtern uneingeschränkt als überzeugend erachtete (US 5) Geschehensversion nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit eigenen Beweiswerterwägungen gegen die Angaben des von den Tatrichtern umfassend als glaubwürdig erachteten Zeugen Manuel L***** (US 5) sowie dem Hinweis auf dessen - vom Schöffensenat ohnedies ausdrücklich gewürdigte - Aussage, dass er nur einen leichten Schlaf habe (US 6), keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Überzeugung von der Glaubwürdigkeit des Tatopfers ist als kritisch‑psychologischer Vorgang einer Anfechtung mittels Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (RIS‑Justiz RS0106588 [insb T8 und T9]).

Weshalb die hier erfolgte ‑ ihrem Erscheinungsbild nach durchaus sexualbezogene ‑ Handlung, anlässlich derer der Angeklagte seinen erigierten Penis zwischen den Gesäßbacken des nur mit einer Unterhose bekleideten und schlafenden Manuel L***** rieb, bis dieser von einem von ihm als zunehmend beklemmend empfundenen Gefühl der Bewegungsunfähigkeit erwachte (US 4), nicht dem Begriff der „geschlechtlichen Handlung“ iSd § 205 Abs 2 StGB (RIS‑Justiz RS0078135) entsprechen und solcherart - nach Bedeutung und Intensität der Handlung ‑ keine unzumutbare sozialstörende Rechtsgutbeeinträchtigung im Intimbereich darstellen sollte (vgl US 8), erklärt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht, sondern stellt ihrerseits (urteilsfremd) eine „bloß flüchtige Kontaktierung“ zur Erwägung. Solcherart bringt sie die materiell‑rechtliche Nichtigkeit nicht prozessordnungsgemäß zur Ausführung (RIS‑Justiz RS0118416, RS0116569; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte