OGH 10Ob80/14h

OGH10Ob80/14h24.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr. Fellinger, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Walter Müller, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwalt in Linz, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 28. August 2014, GZ 1 R 82/14y‑37, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00080.14H.0224.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zwar zu, dass Eheverfehlungen, die in den Zeitraum nach dem Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe fallen, bei der Verschuldensabwägung keine entscheidende Rolle spielen (RIS‑Justiz RS0057338). Eheverfehlungen nach der Zerrüttung der Ehe sind aber nach ständiger Rechtsprechung dann von Bedeutung, wenn sie der verletzte Ehegatte bei verständigender Würdigung noch als zerrüttend empfinden durfte oder eine Vertiefung der Zerrüttung durch diese Verfehlungen nicht ausgeschlossen werden kann (6 Ob 149/13z uva; RIS‑Justiz RS0056887). Letzteres ist insbesondere bei Misshandlungen möglich (RIS‑Justiz RS0056887). Ob noch eine Vertiefung der Zerrüttung der Ehe als möglich anzusehen ist oder bereits ausgeschlossen werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht revisibel ist (1 Ob 45/02b; RIS‑Justiz RS0056921 [T4]). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Handgreiflichkeiten der Klägerin im Jahr 2012 hätten zu einer Vertiefung der Zerrüttung beim Beklagten, der auch damals noch die Ehe mit der Klägerin fortsetzen wollte, geführt und seien daher als Eheverfehlungen der Klägerin bei der Verschuldensabwägung zu berücksichtigen, steht daher im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Bei beiderseitigem Verschulden muss ein sehr erheblicher Unterschied im Grad des Verschuldens gegeben sein, um ein überwiegendes Verschulden eines Teils annehmen zu können (RIS‑Justiz RS0057057 [T2]). Ein überwiegendes Verschulden ist nur dann anzunehmen und auszusprechen, wenn der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensteile augenscheinlich hervortritt (RIS‑Justiz RS0057821). Welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe betrifft, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, die ‑ von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen ‑ nicht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0118125). Auch die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Parteien treffe ein gleichteiliges Verschulden an der Zerrüttung ihrer Ehe, stellt keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung zu Lasten der Klägerin dar.

Die außerordentliche Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte