OGH 8Ob101/14g

OGH8Ob101/14g19.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Agrargemeinschaft M*****, vertreten durch Mag. Hubertus Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Gemeinde M*****, wegen Feststellung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 2. September 2014, GZ 3 R 62/14p‑5, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 30. Juni 2014, GZ 17 Cg 68/14p‑2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00101.14G.1219.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage von der in § 528 Abs 1 ZPO normierten Bedeutung auf, die in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch nicht entschieden wurde (vgl insb 3 Ob 185/14y).

1. Voraussetzung für eine Löschungsklage nach §§ 61 ff GBG ist die Verletzung eines im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechts des Klägers (RIS‑Justiz RS0126087). Eine solche Verletzung wird im vorliegenden Verfahren aber gar nicht behauptet, sondern von der Klägerin als unbestrittener bücherlicher Eigentümerin die Feststellung begehrt, dass eine bereits gelöschte bücherliche Einverleibung unwirksam gewesen sei.

Die im Revisionsrekurs angesprochene Frage einer ausschließlichen Gerichtszuständigkeit für Klagen nach § 61 GBG stellt sich daher nicht.

2. Das TFLG 1996 war zum Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Verfahrens in Kraft, sodass seine verfahrensrechtlichen Bestimmungen anzuwenden sind; auf den Zeitpunkt der in der Klage bekämpften historischen Bucheintragung kommt es nicht an.

Gemäß § 71 Abs 1 TFLG 1996 sind Zusammenlegungen, Flurbereinigungen sowie die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Regulierungen, Teilungen oder ein Auseinandersetzungsverfahren unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von der Agrarbehörde durchzuführen.

Nach § 73 lit d TFLG 1996 ist die Agrarbehörde auch für die außerhalb eines Verfahrens zu treffende Entscheidung über die Frage zuständig, ob Gemeindegut vorliegt. Hinsichtlich der vom Klagebegehren betroffenen Liegenschaften hat nicht nur die Agrarbehörde über diese Frage bereits entschieden, sondern liegt auch ein letztinstanzliches Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vor (VwGH 15. 9. 2011, Zlen 2010/07/0140-6, 2011/07/0041/8).

Auch wenn sich die vorliegende Klage nur auf eine Vorfrage dieser Entscheidung bezieht, nämlich die Frage der Nutzung der Liegenschaften vor Erlangung des bücherlichen Eigentums der Klägerin, deren Feststellung mangels Aufnahme in den Spruch des Erkenntnisses die ordentlichen Gerichte an sich nicht bindet, führt dies nicht zur Zulässigkeit des zivilen Rechtswegs.

Der erkennende Senat hat im Zusammenhang mit § 73 TFLG 1996 bereits ausgesprochen, dass Voraussetzung für diese Zuständigkeit stets ist, dass die Frage einer „agrargemeinschaftlichen“ Nutzung zu entscheiden ist (8 Ob 58/11d). Es muss also die Frage einer gemeinsamen Nutzung von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft (§ 33 Abs 1 TFLG 1996) wesentlich für die Beurteilung der zu beantwortenden Rechtsfragen sein.

Die Klage begründet die behauptete materielle Unrichtigkeit der seinerzeitigen Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten ‑ zusammengefasst ‑ mit einer bereits seit Jahrhunderten bestehenden agrargemeinschaftlichen Nutzung iSd § 33 Abs 1 TFLG 1996, aus dem bereits im 19. Jahrhundert der wahre Eigentumsanspruch der Klägerin abzuleiten gewesen wäre. Daraus folgt aber, dass die Klärung des mit der Klage verfolgten Anspruchs, das fehlende Eigentum der Beklagten im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung nachzuweisen, nach § 73 lit c TFLG 1996 ausschließlich den Agrarbehörden vorbehalten ist (vgl 3 Ob 185/14y).

Die im Revisionsrekurs monierte Rechtsfrage, ob die Bestimmungen des § 73 TFLG 1996 über die Zuständigkeit der Agrarbehörden außerhalb eines Verfahrens in ihrem (eng auszulegenden) Wirkungsbereich als besonderes Gesetz iSd § 1 JN die Zuständigkeit der Gerichte ausschließen, ist in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geklärt (8 Ob 58/11d; vgl zu § 72 Abs 5 TFLG: 8 Ob 41/09a mwN; 3 Ob 185/14y).

Rechte und Rechtsverhältnisse, für deren Durchsetzung der Rechtsweg unzulässig ist, können auch im Wege der Feststellung nicht vor die ordentlichen Gerichte gebracht werden (RIS‑Justiz RS0039162).

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