OGH 6Ob192/14z

OGH6Ob192/14z15.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Kalivoda, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Dkfm. F***** F*****, vertreten durch Kerres Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 44.417,95 EUR sA (Revisionsinteresse 21.165,97 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. August 2014, GZ 4 R 117/14d‑18, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. April 2014, GZ 35 Cg 35/14p‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Klägerin wurde im Verfahren 47 Cg 339/10w des Handelsgerichts Wien aufgrund eines Beratungsfehlers zur Zahlung von 991.965,60 EUR an den Beklagten Zug um Zug gegen Rückgabe von 128.077 Stück Immofinanzaktien verpflichtet; Schluss der Verhandlung erster Instanz in diesem Anlegerprozess war am 14. 9. 2011.

Im vorliegenden Verfahren verpflichteten die Vorinstanzen den Beklagten zur Zahlung von 24.014,43 EUR an Dividendenausschüttungen, die dieser aus diesen Immofinanzaktien für die Jahre 2011 und 2012 erhalten hatte. Insoweit ist Rechtskraft eingetreten.

Das Begehren von weiteren 20.403,52 EUR an Dividendenausschüttungen für das Jahr 2007 wiesen die Vorinstanzen im Hinblick auf die Bindungswirkung der Entscheidung im Anlegerprozess hingegen ab. Darüber hinaus hielt das Erstgericht die vom Beklagten einredeweise geltend gemachten Depotgebühren in Höhe von 762,45 EUR für die Zeit ab 2/2011 für berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Klägerin abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Rückforderung ausgeschütteter Dividenden aus Aktien auch für einen Zeitraum vor Schluss der Verhandlung erster Instanz in einem Anlegerprozess möglich ist, wenn in diesem Verfahren dem Anleger Schadenersatz in Form von Naturalrestitution wegen eines Beratungsfehlers zuerkannt und dabei die Dividendenfrage nicht thematisiert worden war; zweitinstanzliche Rechtsprechung divergiere, indem einerseits der Rückforderungsanspruch als rechtlich selbstständiger Anspruch angesehen und andererseits bei der Dividendenfrage von einem Fall der Vorteilsanrechnung als einer Methode der Schadensberechnung ausgegangen wird.

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 10 Ob 11/07a in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, der Anleger könne verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde; hätte der Anleger bei richtiger Beratung die Anleihen nicht gekauft, habe er Anspruch auf Naturalrestitution (§ 1323 ABGB), in dessen Rahmen ihm ‑ Zug um Zug gegen Übertragung der Anleihen - der Anspruch auf Rückzahlung der zum Erwerb der Anleihen gezahlten Kaufpreise abzüglich der erhaltenen Zinszahlungen zusteht.

In der Entscheidung 2 Ob 24/13p knüpfte der Oberste Gerichtshof daran an und führte weiter aus, sei dem Anleger durch Fehlberatung ein Schaden entstanden, der darin liegt, dass er eine Anlage erwarb, die nicht der von ihm gewünschten Risikoklasse entsprach, habe er Anspruch auf Naturalrestitution, das heißt auf Rückzahlung des angelegten Betrags abzüglich inzwischen erzielter Erträge (Zinsen, Dividenden) Zug um Zug gegen Herausgabe des Finanzprodukts.

Schließlich sprach der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung 9 Ob 43/13h aus, der Anleger habe Anspruch auf Naturalrestitution, das heißt auf Rückzahlung des angelegten Betrags abzüglich inzwischen erzielter Erträge, wie etwa Dividenden, Zug um Zug gegen Herausgabe des Finanzprodukts.

1.2. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung an dieser Rechtsprechung orientiert. Seine Auffassung, dass jene Dividendenausschüttungen, die vor Schluss der Verhandlung erster Instanz im Anlegerprozess erfolgt waren, im Sinn eines Vorteilsausgleichs bereits in diesem Verfahren hätten berücksichtigt werden müssen, begegnet deshalb keinen Bedenken; die Bindungswirkung der Vorentscheidung (§ 411 ZPO) steht einer neuerlichen Geltendmachung dieser Ausschüttungen durch die Klägerin entgegen.

2. Die Klägerin wendet sich in ihrer Revision gegen die teilweise Berücksichtigung der Depotgebühren zugunsten des Beklagten. Dazu hat sie jedoch in ihrer Berufung keinerlei Ausführungen getätigt, sodass die Bekämpfung dieser als berechtigt angesehenen Gegenforderung im Revisionsverfahren nicht mehr in Betracht kommt.

Stichworte