OGH 12Os130/14f

OGH12Os130/14f27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑ Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Bachner-Foregger, Dr. Oshidari und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nikolaus W***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 8. Juli 2014, GZ 607 Hv 2/14w‑85, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00130.14F.1127.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Nikolaus W***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB eingewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Danach hat er am 11. Oktober 2013 in W***** Anna Ne***** zu töten versucht, indem er ihr mit einem Holzmeißel mit einer 11 cm langen und 1,5 cm breiten Klinge in den Rücken zwischen die Schulterblätter stach.

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5 und 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

In der Hauptverhandlung am 8. Juli 2014 beantragte der Angeklagte die Ladung und Vernehmung folgender Personen als Zeugen (ON 84 S 71 f):

‑ der ehemaligen Arbeitgeberin des Angeklagten Inge M*****, die darlegen könne, dass der Angeklagte „sicher keine Gefahr“ sei und „nicht zu Ausrastern neige“;

- des Polizeibeamten Christian F*****, welcher den Angeklagten vernommen und „viel Zeit mit ihm verbracht“ habe und aufgrund seines persönlichen Eindrucks von Interesse sei, zumal er mit dem Angeklagten zu dessen Lagerabteil gegangen sei, das Seil sichergestellt und eine Lichtbildmappe angefertigt habe, der Angeklagte ihm gegenüber Suizidgedanken geäußert habe, außerdem könne der Zeuge zu „allfälligen Einbruchspuren etwas sagen“;

‑ des Dr. K*****, weil von Interesse sei, warum er „die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten bei Alkoholanbau verneint und eine andere Meinung hat, wie viele andere“;

‑ des Dr. W*****, der den Angeklagten von Kindheit an kenne und „Angaben über die angebliche Neigung des Angeklagten zu Wutausbrüchen und Gewaltausbrüchen“ zu machen in der Lage sei, und bestätigen könne, dass nicht die Gefahr bestehe, dass der Angeklagte „plötzlich auszuckt“.

Durch die Abweisung dieser Beweisanträge wurde der Angeklagte ‑ entgegen dem Vorbringen der Verfahrensrüge (Z 5) ‑ in Verteidigungsrechten nicht verletzt.

Der erst- und der letztgenannte Beweisantrag betreffen weder für die Schuld- oder Subsumtionsfrage relevante Umstände noch die Strafbefugnisgrenzen (Z 13 erster Fall iVm Z 5). Vielmehr zielen sie auf den Ermessensbereich der Gefählichkeitsprognose nach § 21 Abs 2 StGB, der jedoch ausschließlich mit Berufung bekämpft werden kann (RIS‑Justiz RS0114964, RS0099430, RS0099473 [T18]).

Der zweitgenannte Beweisantrag, welcher ersichtlich auf Zurechnungsunfähigkeit iSd § 11 StGB gerichtet ist, läuft auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung hinaus (RIS‑Justiz RS0118444).

Das gilt auch für den drittgenannten Antrag. Überdies verkennt der Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang, dass Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge nicht Gegenstand des Zeugenbeweises sind (RIS‑Justiz RS0097540).

Indem die Fragenrüge (Z 6) nach der in Richtung des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung (§ 87 Abs 1 StGB) gestellten Eventualfrage 2./ eine weitere Eventualfrage nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung (§§ 83, 84 Abs 1 StGB) einfordert, ohne darzulegen, aus welchem Grund es den Geschworenen ‑ entgegen dem Wortlaut des § 330 Abs 2 StPO ‑ nicht möglich gewesen sein sollte, die an sie gestellte Eventualfrage 2./ durch ein (bloß) teilweises Bejahen in Richtung der §§ 83, 84 Abs 1 StGB zu beantworten, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (13 Os 94/12s).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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