OGH 6Ob166/14a

OGH6Ob166/14a19.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. G***** B*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Dr. H***** L*****, vertreten durch Dr. Walter Vasoll und Mag. Marion Vasoll, Rechtsanwälte in Hermagor, wegen Unterlassung (Streitwert 8.720 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 7. Mai 2014, GZ 3 R 41/14k‑14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hermagor vom 11. Dezember 2013, GZ 1 C 285/13w‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00166.14A.1119.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 744,43 EUR (124,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (RIS‑Justiz RS0042392) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zur vom Berufungsgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage, was als Öffentlichkeit bzw Nichtöffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Familienkreis anzusehen ist, liegt bereits gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor. Demnach reicht es grundsätzlich aus, wenn die Mitteilung an eine einzige Person erfolgt (6 Ob 97/06t). Auch das Aussprechen eines Verdachts ist „Weitergabe“ (RIS‑Justiz RS0031816). Die Mitteilung ist allerdings dann nicht öffentlich, wenn sie nach den Umständen des Falls als vertraulich anzusehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass sie mehreren Personen zugänglich wird, wie etwa der Sekretärin des Adressaten. Die Vertraulichkeit ist aber nicht mehr gegeben, wenn mit einer Weitergabe an außenstehende Personen gerechnet werden muss (RIS‑Justiz RS0031906). In aller Regel ist auch eine Äußerung im Familienkreis als nichtöffentlich anzusehen (RIS‑Justiz RS0107767). Abgesehen davon rechtfertigt der auch verfassungsrechtlich geschützte (Art 8 Abs 1 EMRK) Schutz des Familienlebens unbeschwerte (vertrauliche) Äußerungen innerhalb der Familie auch dann, wenn kein berechtigtes Interesse iSd § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB vorliegt, zumindest wenn keine Gefahr der Weiterverbreitung durch unreife Familienmitglieder besteht (6 Ob 37/95). Zudem kann auch die Vertraulichkeit einer solchen Mitteilung ein Rechtfertigungsgrund iSd § 1330 Abs 2 letzter Satz ABGB sein (6 Ob 97/06t).

Entgegen den Revisionsausführungen haben sich die Vorinstanzen auch mit der Frage des höchstpersönlichen Lebensbereichs auseinandergesetzt. Der höchstpersönliche Lebensbereich ist nicht immer eindeutig abgrenzbar; es ist aber davon auszugehen, dass jedenfalls die Gesundheit, das Sexualleben und das Leben in und mit der Familie dazugehören (RIS‑Justiz RS0008990 [T11]). Eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte würde jedoch zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen; es bedarf vielmehr einer Wertung, bei welcher dem Interesse am gefährdeten Gut stets auch die Interessen der Handelnden und die der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müssen (RIS‑Justiz RS0008990). Bei der im vorliegenden Fall sohin vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte, der Zweifel an der Vaterschaft zu seiner Tochter äußerte, eine Familienangelegenheit mit seinem Sohn besprach. Bei dieser Sachlage kommt dem Beklagten ebenso wie der Klägerin der Schutz des Art 8 EMRK zugute.

Warum die Interessen des Beklagten derart in den Hintergrund treten sollten, dass er nicht einmal die bestehende Verdachtslage mit seinem Sohn im engsten Familienkreis erörtern könnte, ist der Revision nicht zu entnehmen.

Im Übrigen hat der Beklagte in Anbetracht der vom Erstgericht getroffenen Negativfeststellung, wonach nicht feststehe, ob der Beklagte leiblicher Vater von Dr. E***** L***** sei, gar keine Tatsachen verbreitet, deren Unwahrheit er kannte oder kennen musste (§ 1330 Abs 2 ABGB).

Der Umstand, dass der nunmehrige Gatte der Klägerin das Gespräch zwischen dem Beklagten und seinem Sohn zufällig mithörte, vermag daran nichts zu ändern, dass die Äußerung innerhalb des engsten Familienkreises abgegeben wurde und damit als vertraulich zu qualifizieren ist (vgl 6 Ob 37/95).

Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Stichworte