OGH 5Ob114/14x

OGH5Ob114/14x18.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerinnen 1. A***** K*****, 2. Mag. A*****, beide vertreten durch Dr. Werner Steiner, Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Krottenbachstraße 54/16, 1190 Wien, gegen die Antragsgegner 1. H***** L*****, vertreten durch Dr. Christian Böhm, Dr. Axel Reckenzaun, Dr. Andreas Tschernitz, Rechtsanwälte in Graz, und 2. sämtliche übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1125 GB *****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 20 Abs 3 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 7. Februar 2014, GZ 7 R 110/13t‑70, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen haben die Kosten für ihre Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der dem Erstantragsgegner aufgetragen wurde, die Abrechnungen für die Jahre 2005 und 2006 aufgrund formeller Mängel neu zu legen, und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragsgegners, mit dem er sich ‑ zusammengefasst ‑ gegen den Auftrag wendet, die Einnahmen vollständig und detailliert aufzugliedern, insbesondere die Jahresvorschreibungen der einzelnen Wohnungseigentümer den geleisteten Zahlungen gegenüberzustellen, und die von den einzelnen Wohnungseigentümern geleisteten Darlehenstilgungen und die auf sie entfallenden Restschulden auszuweisen. Damit werden keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG angesprochen.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Zweck der Rechnungslegung und den Erfordernissen einer ordentlichen Rechnung liegt umfangreiche höchstgerichtliche Judikatur vor (RIS‑Justiz RS0035039; RS0019408). Es bedarf einer systematischen, übersichtlichen und einer Nachprüfung leicht zugänglichen Gliederung der Einnahmen und Ausgaben, was durch eine detaillierte Aufstellung der Einnahmen‑ und Ausgabeposten zu erfolgen hat, wobei sowohl auf Einnahmenseite als auch auf Ausgabenseite Zeitpunkt der Zahlung, ihr Verwendungszweck und der Zahlungsempfänger bzw der Leistende zu bezeichnen sind (5 Ob 258/07p immolex 2008, 215/94 [Kothbauer]; 5 Ob 88/12w wobl 2012, 385/124; vgl auch RIS‑Justiz RS0070610 [T10]).

2. Bereits in der Entscheidung 5 Ob 108/93 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine Gegenüberstellung der Solleinnahmen (Vorschreibungen) mit den tatsächlichen Zahlungseingängen zumindest in der Form erforderlich ist, dass bei jedem einzelnen Mitglied der Gemeinschaft oder jedem einzelnen Wohnungseigentumsobjekt ausgewiesen wird, ob das Konto ausgeglichen ist oder ein Rückstand besteht. Mit einer pauschalen, auf die gesamte Wohnungseigentumsanlage bezogenen Angabe zur Feststellung der Unterdeckung, die sich eigentlich schon aus der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ergeben müsste, ist es daher nicht getan.

3. Der Revisionswerber erkennt selbst, dass die ÖNORM A 4000 nicht im Sinne des § 34 Abs 5 WEG für rechtsverbindlich erklärt wurde. Der Bundesminister für Justiz hat bislang von dieser Verordnungsermächtigung keinen Gebrauch gemacht. Den Abrechnungsregeln der genannten ÖNORM kommt daher allenfalls informelle Bedeutung, aber keine Bindungswirkung zu (vgl E.M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 34 WEG Rz 45 f). Soweit sich der Revisionsrekurswerber in diesem Zusammenhang darauf beruft, die ÖNORM A 4000 würde keine Aufgliederung der Einnahmen und detaillierte Ausweisung von Fehlbeträgen vorsehen, und dabei erkennbar auf den seinem Rechtsmittel angeschlossenen Auszug dieser Norm Bezug nimmt, übersieht er zudem, dass es sich bei dem darin angeführten Beispiel lediglich um den Vorschlag für eine „Kurzfassung Bewirtschaftungskosten“ handelt, in dem hinsichtlich der Details ausdrücklich auf die (damit wohl auch nach dieser ÖNORM vorausgesetzte) „Langfassung und Belegsammlung“ verwiesen wird.

4. Jeder einzelne Mit- und Wohnungseigentümer hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, wie hoch die Erträgnisse der Liegenschaft sind und in welchem Umfang jedes Gemeinschaftsmitglied zu den Aufwendungen der Liegenschaft beiträgt. Allfällige Unzulänglichkeiten eines Datenverarbeitungsprogramms erlauben keine Abstriche von den Erfordernissen an eine Rechnungslegung, weil sich die Datenverarbeitungsprogramme an der gesetzlichen Pflicht des Verwalters zu orientieren haben und nicht umgekehrt (so schon 5 Ob 108/93). Der Hinweis des Erstantragsgegners auf die von ihm verwendete „Hausverwaltungssoftware“ bietet damit ebenso wenig Anlass von den in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung abzugehen, wie sein Verweis auf die Größe der von ihm verwalteten Wohnungseigentumsanlage.

5. Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers hat auch die Abrechnung von (geförderten) Darlehen, wenn sie ‑ wie hier ‑ dem Verwalter übertragen wurde, den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungslegung nach den bereits wiedergegebenen Grundsätzen zu entsprechen (vgl 5 Ob 1068/95

[5 Ob 1069/95]). Auch insoweit zeigt er daher keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht auf.

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 52 Abs 4 WEG).

7. Eine mangels Freistellung durch den Obersten Gerichtshof (§ 71 Abs 2 AußStrG) eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist verfrüht und vermag keinen Kostenersatzanspruch zu begründen (10 Ob 67/07w; 5 Ob 158/12i; 5 Ob 19/14a). Die Antragstellerinnen haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung daher selbst zu tragen.

Stichworte