OGH 5Ob258/07p

OGH5Ob258/07p8.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Agnes G*****, vertreten durch Dr. Andreas König und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Antragsgegner Stefan G*****, vertreten durch Dr. Gerhard Thaler, Rechtsanwalt in Kirchbichl, wegen Rechnungslegung, Auflösung des Hausverwaltervertrags und Neufestsetzung des Heizkostenabrechnungsschlüssels, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 4. Oktober 2007, GZ 4 R 363/07x‑27, mit dem der Teilsachbeschluss des Bezirksgerichts Rattenberg vom 9. August 2007, GZ 1 Msch 8/04m‑23, bestätigt wurde, den

Teilsachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Auftrags über die Einrichtung eines Rücklagenkontos insgesamt lauten:

„1.) Dem Antragsgegner wird als Hausverwalter gemäß § 20 Abs 1 iVm § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 aufgetragen, längstens binnen 14 Tagen nach Rechtskraft dieses Beschlusses ein auf die Eigentümergemeinschaft lautendes und für die Antragstellerin jederzeit einsehbares Rücklagenkonto einzurichten und alle Ein- und Auszahlungen ausschließlich über dieses Konto zu führen.

2.) Über den Antragsgegner wird eine Geldstrafe von EUR 500,‑- verhängt.

3.) Dem Antragsgegner wird unter Androhung einer Geldstrafe von EUR 1.000,‑- aufgetragen, binnen 14 Tagen ordentliche und richtige Verwaltungsabrechnungen für die Abrechnungsperioden 2002, 2003, 2004 und 2005 hinsichtlich der EZ *****, GB *****, Grundstücksadresse ***** vorzulegen."

Begründung

Die Parteien sind die einzigen Mit- und Wohnungseigentümer eines Hauses in Tirol; der Antragsgegner ist Mehrheitseigentümer und Hausverwalter.

Die Parteien bezahlen die im Jahr 1995 festgesetzten monatlichen Beiträge zur Rücklage von 40,91 EUR (Antragstellerin) und 104,65 EUR (Antragsgegner). Die Antragstellerin zahlt diese Beiträge auf ein vom Antragsgegner eingerichtetes Konto ein. Der Antragsgegner behebt diese Einzahlungen und überweist sie auf ein Sparbuch, das auf seinen Namen lautet. Er selbst zahlt die Beiträge zur Rücklage unmittelbar auf dieses Sparbuch ein. Die Antragstellerin kennt das Passwort für dieses Sparbuch. Die Beiträge zur Rücklage wurden von der Antragstellerin zunächst monatlich, zuletzt halbjährlich im Voraus überwiesen.

Die auf dem Sparbuch angelegten Beiträge zur Rücklage werden ausschließlich für Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten verwendet. Die eigentlichen „Betriebskosten" (Wasser, Kanal, Grundsteuer, Strom) bezahlt jeder Miteigentümer separat. Die Kosten für die Ölheizung bezahlt der Antragsgegner seit Beginn der Eigentümergemeinschaft zunächst zur Gänze aus eigenen Mitteln und verrechnet der Antragstellerin unter Anschluss der jeweiligen Ölrechnung entsprechend dem Aufteilungsschlüssel ihren Anteil.

In ihrem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin die Legung einer ordnungsgemäßen Verwaltungsrechnung für die Abrechnungsperioden 2002, 2003, 2004 und (zuletzt) 2005, die Auflösung des Hausverwaltervertrags und die Neufestsetzung des Heizkostenabrechnungsschlüssels.

Nachdem der Antragsgegner außer Streit gestellt hatte, niemals eine Verwaltungsabrechnung gelegt zu haben, wurde er mit Teilsachbeschluss vom 22. 11. 2006 (ON 13) unter Androhung einer Geldstrafe von 500 EUR verpflichtet, die Verwaltungsrechnungen vorzulegen.

Mit dem am 18. 5. 2007 eingelangten Antrag begehrt die Antragstellerin die Verhängung der angedrohten Geldstrafe von 500 EUR sowie den neuerlichen Auftrag an den Antragsgegner, unter Androhung einer weiteren Geldstrafe von bis zu 6.000 EUR, binnen 14 Tagen ordnungsgemäße Verwaltungsrechnungen vorzulegen. Die übrigen Anträge blieben unverändert aufrecht.

Zur Begründung dieses Antrags brachte die Antragstellerin vor, die vom Antragsgegner vorgelegten Urkunden (Beil M und N) seien nicht ausreichend: Insbesondere fehle bei den Einzahlungen auf dem Rücklagenkonto eine konkrete Aufschlüsselung, welcher Wohnungseigentümer an welchem Tag wieviel einbezahlt habe. Die Zahlungen der Antragstellerin würden nicht aufscheinen. Auf Grund der Einzahlungen der Antragstellerin für die Rücklage (zweimal jährlich 245,46 EUR im Voraus) müsste der Antragsgegner im gesamten Abrechnungszeitraum 2002 bis 2006 zu wenig an Rücklagen geleistet haben.

Der Antragsgegner anerkannte ausdrücklich seine Verpflichtung, ein auf die Eigentümergemeinschaft lautendes und jederzeit für die Antragstellerin einsehbares Rücklagenkonto einzurichten (§ 20 Abs 6 WEG 2002), hielt aber den im Zusammenhang mit der Rechnungslegungspflicht erhobenen Anträgen den Einwand der Schikane entgegen: Auf Grund der separaten Abrechnung der Betriebskosten beschränke sich die Abrechnung auf die Rücklagenbildung; der vorgelegten Abrechnung lasse sich lückenlos entnehmen, welche Geldbeträge wofür verwendet worden seien; die Antragstellerin habe jederzeit Zugang zu den Bankbelegen und den Kontoauszügen.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner, ein für die Antragstellerin einsehbares und auf die Eigentümergemeinschaft lautendes Rücklagenkonto einzurichten, und wies die übrigen Anträge ab, weil der Antragsgegner als Hausverwalter sämtliche für die Erhaltung getätigten Ausgaben belegt und nachgewiesen habe.

Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht teilte diese Auffassung. Die vorgelegte Aufstellung (Beil M) zeige klar, welche Einzahlungen auf das Rücklagensparbuch geleistet und für welche Erhaltungs‑ und Verbesserungsarbeiten die eingelangten Beträge verwendet worden seien. Die Zuordnung der Einzahlungen auf das Rücklagensparbuch könne bei nur zwei Wohnungseigentümern keine Schwierigkeiten bereiten.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Antragstellerin begehrt in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs die Stattgebung ihrer Anträge auf Verhängung einer Geldstrafe von 500 EUR und Verpflichtung des Antragsgegners zur Legung ordnungsgemäßer Verwaltungsrechnungen; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Antragsgegner beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und berechtigt, weil die Vorinstanzen zu Unrecht eine ordnungsgemäße und richtige Verwaltungsabrechnung angenommen haben.

§ 20 Abs 3 WEG 2002 (vormals § 17 Abs 1 Z 1 WEG 1975 idF der WRN 1999) verpflichtet den Hausverwalter zur Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung. Der Zweck der Rechnungslegungspflicht liegt darin, die Grundlagen für die Beurteilung der Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber dem zur Rechnungslegung Verpflichteten zu klären (5 Ob 147/86 = RIS‑Justiz RS0019408 [T2] = JBl 1987, 714 [Call] = MietSlg 38/41 = RdW 1987, 124; 5 Ob 167/03z = SZ 2004/42 = wobl 2004/67, 277). Diese Forderung nach Aufklärung gegenüber dem Berechtigten betrifft somit zunächst insbesondere die Verpflichtung zur Legung einer „ordentlichen" Abrechnung, dh einer solchen, die eine systematische, übersichtliche und einer Nachprüfung leicht zugängliche Gliederung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Dies hat durch eine detaillierte Aufstellung der Einnahmen- und Ausgabeposten zu erfolgen, wobei sowohl auf Einnahmen‑ als auch Ausgabenseite der Zeitpunkt der Zahlung, ihr Verwendungszweck und der Zahlungsempfänger bzw der Leistende zu bezeichnen sind (5 Ob 19/81 = MietSlg 34.542/8 = RIS‑Justiz RS0019408). Darüber hinaus muss die gelegte Abrechnung inhaltlich richtig sein. Die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit beschränkt sich nicht auf die Kontrolle der Vollständigkeit und Richtigkeit der Zahlen und Belege; zu prüfen ist einerseits die Richtigkeit tatsächlich stattgefundener Geldflüsse und andererseits, ob Ausgaben bzw Einnahmen dem durch Gesetz und Vereinbarung definierten Auftrag einer ordentlichen Verwaltung entsprechen (5 Ob 167/03z; vgl 5 Ob 160/04x; vgl 5 Ob 285/06g).

Diesen Kriterien werden die als Beil M vorgelegten Abrechnungen nicht gerecht, soweit es die Einnahmen aus dem Titel der Rücklage betrifft.

Hingegen bieten die Abrechnungen ausgabenseitig keinen Anhaltspunkt für eine Verletzung der Rechnungslegungspflicht, was die Revisionsrekurswerberin bei den Ausgaben für Erhaltungs/Verbesserungsarbeiten auch nicht bestreitet. Die Abrechnungen lassen insbesondere durch den Hinweis auf die nummerierten (wenigen) Rechnungen eindeutig erkennen, welche Ausgaben wann, an wen und wofür geleistet wurden. Die festgestellte Abrechnung für die Kosten der Ölheizung lassen ebenfalls keinen Zweifel offen, mit welchen Kosten die Antragstellerin belastet wird.

Anders verhält sich die Sache einnahmenseitig: Zu Recht bemängelt die Antragstellerin zunächst die fehlende Zuordnung der Zahlungen danach, zu welchem Zeitpunkt welcher Miteigentümer wieviel gezahlt hat. Es ist richtig, dass die in der Abrechnung 2002 verbuchten Einnahmen von jeweils monatlich 145,56 EUR (= jährlich 1.746,72 EUR) die Summe der Beiträge der beiden Miteigentümer zur Rücklage darstellen. Das jeweilige Buchungsdatum des gesamten Rücklagenbeitrags von monatlich 145,56 EUR entspricht aber nicht den festgestellten Einzahlungsmodalitäten. Offengelassen wird nämlich der Zeitpunkt der Zahlung durch die Antragstellerin auf das Konto des Antragsgegners. Die Buchungsdaten der Abrechnungen geben daher offensichtlich nur den Zeitpunkt wieder, zu dem der Antragsgegner sowohl seinen Beitrag als auch jenen der Antragstellerin auf das Rücklagensparbuch einzahlte. In den folgenden Abrechnungsperioden 2003 bis einschließlich 2005 wurde nicht einmal das Prinzip der regelmäßigen monatlichen Einzahlung der Beiträge zur Rücklage eingehalten: So wurden am 25. 7. 2003 und am 22. 9. 2003 jeweils ein monatlicher Betrag von 291,12 EUR eingezahlt, in den Monaten Juni und August erfolgte überhaupt keine Einzahlung. In der Abrechnungsperiode 2004 wurden in den Monaten Jänner bis einschließlich März 2004 monatlich 145,56 EUR eingezahlt, ebenso am 11. 6. 2004 und am 9. 7. 2004. Einzahlungen für Mai und August aber erfolgten nicht; zusätzlich schienen folgende Zahlungen auf: 30. 9. 2004 291,12 EUR, 12. 11. 2004 179,99 EUR, 30. 12. 2004 291,12 EUR - die Gesamteinzahlung für das Jahr 2004 ergibt 1.635,59 EUR, was unter der jährlichen Beitragsleistung von insgesamt 1.746,72 EUR liegt. Ein ähnliches Bild bietet die Abrechnung für 2005, auch hier sind keine monatlichen gleichbleibenden Zahlungen verrechnet, insgesamt wurden jährliche Beiträge von 1.730,84 EUR verbucht.

Es entspricht nicht den Kriterien einer ordnungsgemäßen Verwaltung, Zahlungen, die als Beiträge zur Rücklage gewidmet und betragsmäßig festgesetzt sind, nach eigenem Ermessen zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw in unregelmäßigen Abständen auf jenes Sparbuch zu buchen, das der Deckung von Aufwendungen dient. Abgesehen davon lässt sich die Höhe der für die Abrechnungsperioden 2004 und 2005 verbuchten Einnahmen nicht mit den festgestellten Zahlungen vereinbaren. Bereits diese Tatsache bedeutet insofern die inhaltliche Unrichtigkeit der Abrechnung, als diese nicht den festgestellten tatsächlichen Zahlungsflüssen entspricht.

Eine ordnungsgemäße Abrechnung hat der Antragstellerin die Kontrolle zu ermöglichen, zu welchem Zeitpunkt ihre Zahlungen auf das Konto des Antragsgegners eingegangen sind und in der Folge auf das Rücklagensparbuch gebucht wurden, sowie ob der Antragsgegner seiner Beitragspflicht zur Rücklage vollständig entsprochen hat.

Der Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin könne in sämtliche Kontoaufzeichnungen jederzeit Einsicht nehmen, ist nach dem festgestellten Sachverhalt nicht berechtigt. Festgestellt wurde nämlich nur, dass die - in der Schweiz wohnende - Antragstellerin das Losungswort des Sparbuchs kennt, nicht aber die jederzeitige Einsichtsmöglichkeit in sämtliche Kontounterlagen.

Der Antragsgegner hat seine Verwalterpflicht zur Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung nicht erfüllt, weshalb die angedrohte Geldstrafe zu verhängen war (§ 34 Abs 3 WEG 2002) und er unter neuerlicher Androhung einer Geldstrafe zur Legung einer bestimmte Kriterien erfüllenden Abrechnung zu verpflichten war.

Die Parteien haben jeweils keine Kosten verzeichnet, sodass eine Kostenentscheidung entfallen konnte.

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