OGH 8Ob115/14s

OGH8Ob115/14s30.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj A***** F*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter Mag. C***** F*****, beide *****, über den Rekurs des Antragsgegners Mag. F***** F*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 1. Oktober 2014, GZ 12 Nc 6/14v‑4, mit dem der Ablehnungsantrag des Mag. F***** F***** gegen sämtliche Richter im Sprengel des Landesgerichts Linz und sämtliche Richter aus einem anderen Sprengel, die in der Vergangenheit Kontakt mit Mag. C***** F***** pflegten, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00115.14S.1030.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Rekurswerber ist der Vater der mj A***** F*****. Im gegenständlichen Pflegschaftsverfahren wurde er mit Beschluss des Bezirksgerichts Freistadt vom 16. Juni 2014 zur Leistung von Unterhaltszahlungen an seine Tochter verpflichtet. Gegen diesen Beschluss erhob er Rekurs an das Landesgericht Linz, gleichzeitig lehnte er in diesem Rechtsmittel sämtliche Richter im Sprengel des Landesgerichts Linz und sämtliche Richter aus einem anderen Sprengel ab, die in der Vergangenheit Kontakt mit der Kindesmutter hatten. Die Mutter und gesetzliche Vertreterin des Kindes sei Richterin des Landesgerichts Linz und pflege kollegialen, häufig auch freundschaftlichen Kontakt zu den anderen dort beschäftigten Richtern.

Der Antragsgegner habe negative Erfahrungen mit mehreren Richtern des Landesgerichtssprengels Linz gemacht, etwa seien ihm von einem Gerichtsvorsteher Rechtsauskünfte nicht erteilt worden, ein anderer Richter habe ihm die Information über einen Schulwechsel der Tochter vorenthalten, weiters habe es rechtliche Mängel bzw ein „eigenartiges Rechtsverständnis“ in den Entscheidungen zweier (namentlich genannter) Richter gegeben.

Das Oberlandesgericht Linz wies den Befangenheitsantrag des Antragsgegners zurück. Trotz Aufzählung einzelner Beispiele handle es sich bei seinen Ausführungen insgesamt um eine unzulässige Pauschalablehnung, da die Annahme, sämtliche abgelehnten Richter seien allein schon wegen ihres kollegialen Kontakts zur Mutter des Kindes befangen, zur Begründung nicht ausreiche. Im Ablehnungsantrag müssten vielmehr konkret für jeden einzelnen Richter die Gründe angegeben werden, die gegen seine Fähigkeit zur unbefangenen Entscheidung sprechen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt.

Dem Rekurswerber ist zuzubilligen, dass eine Anführung der individuellen Befangenheitsgründe bei jedem Einzelnen einer Mehrheit von abgelehnten Richtern dann nicht zu verlangen ist, wenn die dargelegten Gründe offenkundig auf sämtliche Abgelehnten gleichermaßen zutreffen (RIS‑Justiz RS0045983 [T11]). Allerdings muss es sich bei diesen Gründen um solche handeln, deren Tatsachengehalt zumindest eine Überprüfung auf ihre sachliche Berechtigung zulässt.

Nicht einmal im Rekurs vermag der Antragsgegner solche Gründe darzulegen. Im Rahmen von Pauschalablehnungen ausgesprochene substanzlose Verdächtigungen, die ihren Grund insbesondere in der Missbilligung vorangegangener Entscheidungen haben, sind unbeachtlich und hindern die Verhandlung und Entscheidung der nach der Zuständigkeitsordnung berufenen betroffenen Richter nicht (RIS‑Justiz RS0046011).

Das Bestehen eines kollegialen Verhältnisses der Richter des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofs zu einem (hier nur:) Vertreter einer Partei allein vermag weder deren Befangenheit noch auch etwa die Zweckmäßigkeit einer Delegierung zu begründen, weil der Gesetzgeber selbst in § 23 JN die Entscheidungspflicht des Gerichtshofs, welchem der abgelehnte Richter angehört, normiert und damit das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses gerade nicht als entscheidungshindernd ansieht (10 ObS 275/97g mwN ua; 3 Ob 181/08a; RIS‑Justiz RS0108696).

Auch aus der Ankündigung, möglicherweise Amtshaftungsansprüche wegen Entscheidungen eines Richters geltend machen zu wollen, kann keine Befangenheit abgeleitet werden. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, um einen Zweifel an der Unbefangenheit annehmen zu können (RIS‑Justiz RS0046101). Von einem Richter kann erwartet werden, dass er auch dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn Klagen, Aufsichtsbeschwerden oder Strafanzeigen erstattet (RIS‑Justiz RS0045970). Dies ist schon deshalb zu fordern, weil es sonst jede Partei in der Hand hätte, durch Erheben einer (auch völlig unberechtigten) Amtshaftungsklage den ihr missliebigen gesetzlichen Richter an der weiteren Ausübung seines Amtes zu hindern (6 Ob 213/05z).

Bei der Prüfung der Unbefangenheit ist zwar im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen, die Ablehnung soll jedoch nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien eines nicht genehmen Richters entledigen können (RIS‑Justiz RS0109379; RS0046087). Nur wenn der Richter selbst dennoch eine Befangenheit anzeigt, wäre die Sachlage anders zu beurteilen.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Wegen der offenkundigen Unbegründetheit des gestellten Ablehnungsantrags konnte von der Einholung einer Rekursbeantwortung Abstand genommen werden (3 Ob 131/12d; zur grundsätzlichen Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens vgl RIS‑Justiz RS0126587).

Stichworte