OGH 1Ob186/14f

OGH1Ob186/14f22.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Großmann und Wagner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei H***** GmbH *****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karlheinz de Cillia und Mag. Michael Kalmann, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 9.672,21 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12. Juni 2014, GZ 3 R 64/14t‑21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 28. Februar 2014, GZ [richtig] 3 C 36/13h‑17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin die mit jeweils 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Nebenintervenientin war als Generalunternehmerin mit der Errichtung eines Hauses betraut. Sie beauftragte ein weiteres Unternehmen mit der Durchführung des Projekts. Über die Liegenschaft verlief ein 20 kV‑Erdkabel der Klägerin, das von Mitarbeitern der Klägerin gemeinsam mit der Subunternehmerin, die die Grabungen durchführte, zur Verwirklichung des Projekts an eine andere Stellte verlegt wurde. Der für die Beaufsichtigung und Abwicklung des Bauvorhabens bei der Nebenintervenientin zuständige Polier war in Kenntnis der neuen Lage des Erdkabels.

Die Subunternehmerin beauftragte ihrerseits die Beklagte mit weiteren Grabungsarbeiten, die nach konkreten Vorgaben des verantwortlichen Poliers der Nebenintervenientin durchzuführen waren. Dieser versicherte dem Baggerfahrer der Beklagten vor Grabungsbeginn, dass im zugewiesenen Grabungsbereich keine Kabel im Erdreich verliefen. Bei Ausführung der Arbeiten kam es zu einer Beschädigung des 20 kV‑Erdkabels der Klägerin.

Die Klägerin begehrt den Ersatz des ihr durch die Beschädigung des 20 kV Erdkabels entstandenen Schadens.

Das Berufungsgericht bestätigte das die Klage abweisende Ersturteil im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Beklagten angesichts der ihr konkret übertragenen Aufgaben kein Verschulden anzulasten sei, und erklärte die Revision über Antrag der Klägerin gemäß § 508 ZPO für zulässig.

Die Revision ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass Beschädigungen einer Leitung (Kabel, Kanal etc), die einer vom Partner des Werkvertrags verschiedenen Person gehört, durch ein Bauunternehmen den Bestimmungen des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter unterliegen (vgl RIS‑Justiz RS0038135 [T7], zuletzt 8 Ob 28/12v). Ein mit Grabungsarbeiten beauftragter Unternehmer hat daher die Pflicht, sich bei entsprechenden Anhaltspunkten für einen unterirdischen Kabelverlauf nach unterirdischen Einbauten zu erkundigen (RIS‑Justiz RS0038135; vgl auch RS0021969). Eine Erfolgshaftung des verantwortlichen Bauführers (hier der Beklagten), wie die Revisionswerberin offensichtlich meint, wenn sie darauf besteht, dass eine Haftungsbefreiung des unmittelbaren Schädigers nicht denkbar sei, wird dadurch aber nicht begründet.

2. Der Grabungsunternehmer hat sich zwar „sorgfältig und gewissenhaft“ über die Lage von Versorgungsleitungen zu informieren. Der Umfang dieser Erkundigungspflicht richtet sich aber nach den Umständen des Einzelfalls (6 Ob 256/02v; 4 Ob 28/07g). Dessen Beurteilung begründet nur dann eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO, wenn das Berufungsgericht in unvertretbarer Weise von den Leitlinien der Rechtsprechung abgewichen ist. Das ist hier nicht der Fall.

3. Der Baggerfahrer der Beklagten arbeitete unter der Aufsicht und nach konkreten Anweisungen des für das Bauvorhaben verantwortlichen Poliers der Nebenintervenientin, der auch in Kenntnis der tatsächlichen Lage des zuvor ohne Mitwirkung der Beklagten an eine andere Stelle verlegten Kabels war. Die vertragliche Verpflichtung der Beklagten beschränkte sich damit im Wesentlichen auf die Überlassung des Baggers samt Beistellung eines Fahrers (vgl dazu 4 Ob 28/07g). Bei dieser Sachlage ist es aber zumindest vertretbar, wenn es das Berufungsgericht als ausreichend erachtete, dass sich der Baggerfahrer auf die Auskunft des Poliers verließ, und damit im Ergebnis davon ausging, dass die Beklagte im konkreten Fall keine (weiteren) Erkundigungspflichten trafen.

4. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

5. Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Aus diesem Grund hat ihnen die Klägerin die Kosten für die Revisionsbeantwortungen zu ersetzen (§§ 50, 41 ZPO). Zum Kostenverzeichnis des Nebenintervenientenvertreters ist zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Entlohnung gemäß § 15 RATG nicht vorliegen.

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