Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Partei betreibt das Gewerbe "Brunnenmeister" und ist im Geschäftszweig "Brunnenbau und Bodenerkundung" tätig. Die Nebenintervenientin ist ein Fachunternehmen für Umwelttechnologie und Abfallwirtschaft, führt Boden- und Grundwasseruntersuchungen durch und saniert kontaminierte Standorte. Am 26. 5. 1998 beschädigte ein bei der beklagten Partei beschäftigter Geräteführer bei Bohrungen auf einem von der Firma A***** Anfang der 1960er-Jahre zum Betrieb einer Tankstelle in Bestand genommenen Grundstück in Wien-Kaiserebersdorf Fernmeldekabel der klagenden Partei.
Die klagende Partei begehrt mit ihrer Klage von der beklagten Partei Zahlung der Kosten der Reparatur der beschädigten Fernmeldekabeln von zuletzt 15.974,47 EUR sA. Die beklagte Partei habe die ihr obliegende Sorgfaltspflicht, auf unterirdische Kabelanlagen der klagenden Partei zu achten, verletzt. Sie habe es vor Durchführung der Arbeiten unterlassen, von der klagenden Partei die genaue Lage des Kabelkanals in Erfahrung zu bringen. Das Vertragsverhältnis zwischen der beklagten Partei und dem Werkbesteller entfalte Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber der klagenden Partei als Einbautenträgerin. Es müsse nahezu überall - ohne dass zwischen öffentlichem und privatem Grund zu unterscheiden sei - mit unterirdischen Einbauten, insbesondere bei Arbeiten im Ortsgebiet, gerechnet werden. Das Kabel sei im Jahr 1976 dem Stand der Technik entsprechend und in Übereinstimmung mit der Kabelschutzanweisung verlegt worden. Das Leitungsrecht sei ordnungsgemäß begründet worden. Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Betreiber der Tankstelle habe sich wegen Erfassung von Art und Ausmaß des wegen eines undichten Tanks verursachten Umweltschadens an die Nebenintervenientin gewandt. Diese habe in der Folge zahlreiche Bohrungen durchgeführt. Die Beklagte sei von der Nebenintervenientin als Gehilfin bzw als Subunternehmerin unter anderem damit beauftragt worden, an einer Stelle - auf Privatgrund -, wo die Nebenintervenientin selbst schon gebohrt gehabt habe, eine Bohrung mit größerem Durchmesser herzustellen. Die Nebenintervenientin habe ihr mitgeteilt, dass "alle zuständigen Stellen für unterirdische Einbauten aller Art kontaktiert worden seien und die Vergrößerung der Bohrung... ohne Beschädigung irgendwelcher Einbauten" möglich sei. Da sie "von kompetenter Seite über stattgehabte Überprüfungen und Rückfragen in Kenntnis" gesetzt worden sei, habe sie keine Erkundigungspflicht und sich auf diese Antworten verlassen dürfen. Deshalb hafte sie nicht. Das Allein- bzw überwiegende Verschulden treffe die Klägerin, die gegenüber der Nebenintervenientin unrichtige Auskünfte erteilt oder diese nicht ausreichend unterstützt habe. Die Kabel seien entgegen der Empfehlung der Ö-Norm B 2533 neben dem Gehsteig und überdies in einer Tiefe von mehr als 1,65 m verlegt gewesen, wo mit Einbauten nicht gerechnet werden könne. Die Leitung sei nicht in orts- und landesüblicher Weise in einem Kabelkanal, sondern lediglich durch ein Kunststoffrohr geschützt gewesen. Bereits 1976 hätten Kabelschutzkanäle dem Stand der Technik entsprochen. Die Nebenintervenientin brachte vor, die Klägerin treffe das Alleinbzw ein Mitverschulden, weil die Kabel auf Privatgrund verlegt seien und der Liegenschaftseigentümer, der von der Lage der Kabel nicht verständigt worden sei, nicht damit rechnen habe müssen, dass innerhalb der Grundstücksgrenzen Kabel ohne weitere Sicherheitsmaßnahmen verlegt seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf noch folgende weitere Feststellungen:
Anfang 1998 kontaminierte austretendes Benzin Erdreich des Tankstellengeländes. Zur Erstellung eines Sanierungskonzepts führte die Nebenintervenientin erste Sondierungsbohrungen durch. Unter anderem wurde an der Stelle, an der es später zu dem Schadensfall kam, eine Rammkernsondierung mit einem Bohrdurchmesser von 36 mm bis in eine Tiefe von 4 m durchgeführt. Dabei kam es zu keinem Zwischenfall. Zuvor waren die von einem Techniker der Tankstellenbetreiberin zur Verfügung gestellten neuesten Einbautenpläne studiert worden, um sicherzugehen, dass keine der zahlreichen Einbauten der auftraggebenden Tankstellenbetreiberin beschädigt würden. Einbauten der klagenden Partei waren in diesen Plänen nicht eingezeichnet. Deshalb ging der Niederlassungsleiter der Nebenintervenientin davon aus, dass solche nicht vorhanden seien. Die Nebenintervenientin erstellte daraufhin ein Gutachten für die Sanierung. Mit diesem Gutachten gewann sie die Ausschreibung der Tankstellenbetreiberin. In diesem Gutachten waren die Bohrungspunkte festgelegt und von der Tankstellenbetreiberin begutachtet und genehmigt worden. Auch der zuständigen Magistratsabteilung wurde das Sanierungskonzept vorgelegt; sie nahm es zustimmend zur Kenntnis. Bevor die Nebenintervenientin der Beklagten den Auftrag erteilte, die Kernbohrungen durchzuführen, für welche sie selbst nicht über die nötigen Geräte verfügte, wurden nochmals mit der Tankstellenbetreiberin sämtliche Bohrungspunkte begutachtet und auf ihre Unschädlichkeit hin überprüft. Erkundigungen über Einbauten wurden bei der klagenden Partei nicht eingeholt. Die Nebenintervenientin vertraute diesbezüglich, wie sie das gewöhnlich im Falle eines Auftrags durch einen Tankstellenbetreiber tat, darauf, dass die ihr von der Tankstellenbetreiberin vorgelegten Pläne vollständig seien, auch deshalb, weil sich die Bohrungspunkte allein auf Privatgrund und nicht auf öffentlichem Grund befanden. Schließlich erteilte die Nebenintervenientin der Beklagten als Subunternehmerin den Auftrag, an den von ihr gekennzeichneten Punkten die Kernbohrungen (Schnecken- oder Trockenbohrungen mit einem Durchmesser von 280 mm) durchzuführen. Die Stellen wurden mit Holzpfählen gekennzeichnet. Der Geräteführer der Beklagten begann am 26. 5. 1998 an der Stelle, wo es später zu dem Schaden kam, zu bohren. Zuvor hatte er von seinem Vorgesetzten, der dies mit dem Niederlassungsleiter der Nebenintervenientin abgesprochen hatte, den Auftrag erhalten, das bereits vorhandene Loch zu vergrößern. Weitere Erkundigungen darüber, ob Hindernisse vorliegen könnten, holte daher auch er nicht ein. In einer Tiefe von etwa 1,7 bis 1,9 m stieß der Bohrer auf die Einbauten der klagenden Partei und beschädigte mindestens zwei Kabelstränge.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, es bestehe eine unmittelbare Schadenersatzpflicht des verantwortlichen Bauführers bei schuldhafter Beschädigung von Fernmeldekabeln. Ein Verschulden liege dann vor, wenn der Bauführer es unterlasse, Erkundigungen über mögliche Einbauten vorzunehmen, insbesondere wenn die Baustelle - wie hier - im Ortsgebiet liege. Dazu sei auch die Beklagte verpflichtet, wenn sie selbst als Bauführerin tätig sei. Wenn sie nur als Subunternehmerin für einen anderen Bauführer tätig sei, könne sie sich darauf verlassen, dass dieser in sämtliche Pläne Einsicht genommen habe und die in Auftrag gegebene Bohrung unbedenklich sei. Dies sei um so mehr der Fall, wenn an dieser Stelle bereits eine Probebohrung - wenn auch mit geringerem Durchmesser - durchgeführt worden sei. Es fehle daher ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Ferner erklärte es den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es vertrat die rechtliche Auffassung, obliege einem Vertragspartner als vertragliche Nebenpflicht eine Schutzpflicht gegenüber dritten Personen, die der Vertragsleistung nahestünden, werde diesen dritten Personen die Geltendmachung ihres eigenen Schadens aus einem fremden Vertrag zuerkannt. Deshalb sei stets die unmittelbare Schadenersatzverpflichtung des verantwortlichen Bauführers bei schuldhafter Beschädigung unterirdischer Einbauten angenommen worden. Der mit den Grabungsarbeiten beauftragte Unternehmer, der verantwortliche Bauleiter, unter Umständen auch der verantwortliche Polier oder eine diesem gleichzustellende Person habe die Pflicht, vor Grabungsbeginn in verbautem Gebiet sich bei den zuständigen Stellen nach dem Verlauf unterirdischer Einbauten zu erkundigen. Verletze ein Bauführer bzw sein Bauleiter die Nachfrage bei diesen Stellen, so verstoße er gegen die Schutzpflicht zugunsten des Dritten, dem durch die Beschädigung von Einbauten ein Schaden entstehe. Die Nebenintervenientin sei als Generalunternehmerin tätig geworden. Die Beklagte sei von der Nebenintervenientin als Subunternehmerin mit Bohrungsarbeiten beauftragt worden. Die Beklagte als beauftragte Subunternehmerin sei daher nach der gemäß § 1299 ABGB zu fordernden Diligenzpflicht eines gewissenhaften Bauunternehmens verhalten, Beschädigungen des Fernmeldekabels auszuschließen. Ob die Nebenintervenientin verpflichtet gewesen sei, Erkundigungen bei den zuständigen Stellen über unterirdische Einbauten einzuholen, könne auf sich beruhen. Die Beklagte sei als ausführende Subunternehmerin nämlich von sich aus verpflichtet gewesen, diese Maßnahmen zu treffen. Deshalb treffe sie ein Verschulden am eingetretenen Schaden. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 22. 6. 1977, 1 Ob 628/77, sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Nach dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt habe der dort beklagte Baggerführer über Anweisung des Bauführers Grabungsarbeiten durchgeführt. Die Ausführung in dieser Entscheidung, dass "sich die Untergebenen und Bediensteten anderer Unternehmen, die beim Bau eingesetzt werden, auf Auskünfte des Bauführers verlassen können und grundsätzlich nicht verpflichtet sind, selbständig Erhebungen anzustellen" sei irreführend, weil der Bagger nicht einem Unternehmen gehört habe, das beim Bau eingesetzt worden sei, sondern einem Unternehmen, das gerade nicht auf der gegenständlichen, sondern auf einer in der Nähe gelegenen Baustelle gearbeitet habe und lediglich der Bagger samt Baggerführer "weiterverliehen" worden sei. Da das Erstgericht ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht Feststellungen zur Höhe des entstandenen Schadens nicht getroffen habe, sei sein Urteil aufzuheben. Die ordentliche Revision (gemeint: der Rekurs an den Obersten Gerichtshof) sei zulässig, weil die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 628/77 einen sinnstörenden Fehler enthalte, der der Klärung bedürfe.
Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse der beklagten Partei und ihrer Nebenintervenientin mit den auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils gerichteten Abänderungsanträgen.
Die klagende Partei beantragt in ihren Rekursbeantwortungen, die Rekurse zurückzuweisen bzw ihnen nicht Folge zu geben. Die Rekurse sind zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die Nebenintervenientin sei selbst ein Fach- und Spezialunternehmen, das regelmäßig Bodenproben entnehme und hiezu auch Bohrungen vornehmen müsse. Deshalb sei schon die Nebenintervenientin als Generalunternehmerin verpflichtet gewesen, Informationen über unterirdische Einbauten einzuholen. Da die Beklagte von dieser Pflicht gewusst habe und ein Bohrloch bereits vorhanden gewesen sei, habe sie davon ausgehen können, dass die Nebenintervenientin ihrer Pflicht bereits nachgekommen sei. Daher habe sie auf die Informationen und Anweisungen der Nebenintervenientin vertrauen können. Eine besondere Verpflichtung, dieselben Informationen wie die Nebenintervenientin nochmals einzuholen, wäre eine Überspannung der die Beklagte treffenden Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten.
Die Nebenintervenientin macht geltend, es treffe nicht zu, dass auf Grund des Rechtsinstituts des Vertrags mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter stets die unmittelbare Schadenersatzhaftung des verantwortlichen Bauführers bei schuldhafter Beschädigung unterirdischer Einbauten angenommen worden sei. Es sei unklar, ob nach Auffassung des Berufungsgerichts nun der Vertrag zwischen der Tankstellenpächterin und der Nebenintervenientin oder der Vertrag zwischen letzterer und der Beklagten Haftungsgrundlage sei, die Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter entfalte. In beiden Fällen hafte die Beklagte aber nur deliktisch und für ihren Mitarbeiter nach § 1315 ABGB, weil gegen die Nebenintervenientin ohnehin ein vertraglicher Anspruch auf Schadenersatz bestünde, wenn die Fernmeldekabel der klagenden Partei in den Schutzbereich einer dieser Verträge einbezogen würden. Den Grundsätzen der Entscheidung 1 Ob 628/77 sei zu folgen. Schließlich könne der Beklagten kein Verschulden angelastet werden. Diese habe nur ein von der Nebenintervenientin gebohrtes Loch vergrößert. Bei dieser Sachlage könne von der Beklagten nicht verlangt werden, nochmals hinsichtlich entsprechender Einbauten nachzufragen, habe diese doch davon ausgehen dürfen, dass die diesbezüglich erforderlichen Erhebungen bereits - etwa von der Nebenintervenientin - angestrengt worden seien. Sie habe aber auch darauf vertrauen dürfen, dass dann, wenn durch die Bohrungen der Nebenintervenientin augenscheinlich kein Schaden verursacht worden sei, kein Schaden eintreten würde, wenn die Beklagte mit einem etwas dickeren Bohrgestänge bohre.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Auf die von der Nebenintervenientin im Zusammenhang mit der vom Berufungsgericht angenommenen vertraglichen Haftung der Beklagten aufgeworfenen Fragen muss nicht eingegangen werden, weil die deliktische Haftung der beklagten Partei wegen rechtswidriger und schuldhafter Verletzung des Eigentumsrechts der klagenden Partei an den beschädigten Leitungen (vgl 6 Ob 643/91) zu bejahen ist. Fragen der vertraglich übernommenen Schutzpflicht zugunsten Dritter sind dabei unerheblich. Die Beklagte war Erfüllungsgehilfe der Nebenintervenientin. Der Erfüllungsgehilfe haftet dann mit dem vertraglich gebundenen Geschäftsherrn aus dem Rechtsgrund des Delikts solidarisch, wenn sein Verhalten unabhängig von der Existenz des Schuldverhältnisses, in das er nicht einbezogen war, rechtswidrig und schuldhaft war (SZ 62/173; SZ 62/138; JBl 1992, 323 mwN uva). Grabungsunternehmer wie die Beklagte, die im Bereich der ihnen übertragenen Arbeiten mit dem Vorhandensein von (unterirdischen) Versorgungsleitungen (Strom-, Gas-, Öl-, Telefon-, Wasserleitungen etc) rechnen müssen, haben sich nach ständiger Rechtsprechung besonders sorgfältig und gewissenhaft über deren Lage zu vergewissern (§ 1299 ABGB; JBl 1973, 35 mwN; 3 Ob 227/75; JBl 1988, 788 ua; RIS-Justiz RS 0038135), weil die Folgen, die durch die Beschädigung solcher Leitungen entstehen können, unverhältnismäßig groß sind. Im Besonderen sind sie verpflichtet, sich bei denjenigen zu erkundigen, die verlässlich und verbindlich über die Lage von Versorgungsleitungen Auskunft geben können; das sind die in Frage kommenden Versorgungsunternehmen (JBl 1973, 35; SZ 46/78; 2 Ob 224/79). Wenn mit unterirdisch verlegten Leitungen gerechnet werden muss, entfällt diese Pflicht nicht schon dann, wenn Leitungen in den dem Bauunternehmer zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen nicht aufscheinen (2 Ob 224/79 mwN). Der Bauführer darf sich auch nicht damit begnügen, dass die Frage nach dem allfälligen Vorhandensein von Leitungen vom Bauherrn oder vom Grundeigentümer verneint wird (5 Ob 136/72; 2 Ob 224/79; 6 Ob 48/02f).
Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der ausführende Grabungsunternehmer auch als Subunternehmer verpflichtet ist, die zur Vermeidung der Beschädigung unterirdischer Einbauten erforderlichen Maßnahmen zu treffen (3 Ob 227/75; 5 Ob 252/74; 2 Ob 505/89) und den mit der Durchführung der Arbeiten beauftragten Personen entsprechende Anweisungen zu erteilen (3 Ob 227/75; 2 Ob 505/89).
Von diesen Grundsätzen ist die vom Berufungsgericht kritisierte Entscheidung 1 Ob 628/77 nicht abgewichen. In dieser hatte der Oberste Gerichtshof die Haftung des beklagten Baggerführers zu beurteilen, der von einem Bauführer (im Sinn der Steiermärkischen Bauordnung 1968) mit der Bedienung eines Baggers, der einem anderen Unternehmen - dem Dienstgeber des Baggerführers - gehörte, beauftragt war und auf einem Grundstück eine Künette mit einer Tiefe von höchstens 0,8 m zu graben hatte und dabei ein unterirdisches Starkstromkabel der dort klagenden Partei beschädigte. Auf die vor Grabungsbeginn gestellte Frage des Baggerführers, ob beim Aufgraben besondere Vorsicht am Platze sei, ob etwas "drinnen" sei, hatte der Bauführer geantwortet, es sei nur ein Kanal in einer Tiefe von 1,5 m "drinnen". Der Bauführer hatte dem Baggerführer noch einen seiner Vorarbeiter zur Verfügung gestellt, der die Trassenführung anzeigte und auch sonst nähere Anweisungen gab. Der Oberste Gerichtshof führte aus, der Bauführer sei verpflichtet, vor Durchführung von Erdarbeiten Auskünfte über die Lage allfälliger Kabel einzuholen. Die dem Bauführer oder einem von ihm beauftragten örtlichen Bauleiter übertragene Verpflichtung zur Einholung von Auskünften habe aber auch zur Folge, dass sich die Untergebenen und Bediensteten anderer Unternehmen, die beim Bau eingesetzt werden, auf Auskünfte des Bauführers verlassen könnten und grundsätzlich nicht verpflichtet seien, selbständig Erhebungen anzustellen. Eine allfällige Haftung des Unternehmens, bei dem der Baggerführer beschäftigt war, wurde in dieser Entscheidung nicht erörtert.
Unter Berufung auf diese Entscheidung verneinte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 635/85 die Haftung des Subunternehmers und dessen Geschäftsführers für die Beschädigung von Telefonleitungen durch den Geschäftsführer bei Grabungsarbeiten zur Errichtung von Tennisplätzen. Diese hatten ausdrücklich nach den Anweisungen und unter Aufsicht des Unternehmers zu arbeiten, der vom Tennisklub mit der Errichtung der Tennissportanlage beauftragt worden war und ausdrücklich die Bauüberwachung auch für die nicht von ihm selbst durchzuführenden Erdbewegungsarbeiten übernommen hatte. Dieser Unternehmer sei daher zur Einholung der erforderlichen Auskünfte bei der Österreichischen Post- und Telegraphenverwaltung verpflichtet gewesen. Die unter seiner Aufsicht und nach seinen Anweisungen tätigen Unternehmen und deren Bedienstete seien - entsprechend der Entscheidung 1 Ob 628/77 - nicht verpflichtet gewesen, selbständig Erhebungen anzustellen, und hätten sich deshalb auf die dem Geschäftsführer des Subunternehmers auf dessen Frage, ob es Anlagen im Boden gebe oder ob er gefahrlos graben könne, vom bauüberwachenden Unternehmer oder des von diesem bestellten Bauleiters erteilte Auskunft verlassen dürfen, die Grabungsarbeiten enthielten keine Gefahr. Anhaltspunkte, dass der Geschäftsführer aus eigenem hätte erkennen können, dass die erteilte Auskunft unrichtig gewesen sei, bestünden nicht.
In dem der Entscheidung 2 Ob 505/89 zu Grunde liegenden Fall hatte der Baggerfahrer des Subunternehmers bei Grabungsarbeiten ein Stromkabel beschädigt. Der Baggerfahrer hatte von seinem Arbeitgeber generell die Anweisung erhalten, sich an Ort und Stelle zu erkundigen, ob Kabeleinbauten vorhanden seien. Der Bereich, in dem der Baggerfahrer die Aushubarbeiten zu verrichten hatte, war von einem Baupolier des Generalunternehmers, der im Stadtgebiet eine Reihenhausanlage zu errichten hatte, in der Natur durch Linien markiert worden. Vor Beginn der Grabungsarbeiten hatte der Baggerfahrer den Baupolier gefragt, ob er beim Baggern auf Erdeinbauten achten müsse. Der Baupolier hatte dies verneint und gesagt, es sei nichts da. Der Baggerfahrer hatte angenommen, der Baupolier habe die Kanaltrasse auf Grund eines Plans markiert, aber nicht gefragt, welche Planunterlagen für die Trassierung zur Verfügung gestanden seien. Der Oberste Gerichtshof verwies auf die Entscheidung 3 Ob 227/75, wonach der ausführende Unternehmer im Rahmen seiner Diligenzpflicht gemäß § 1299 ABGB verpflichtet sei, die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung der Beschädigung von Kabeleinbauten zu treffen und seinem Baggerführer die entsprechenden Anweisungen zu erteilen. Er verneinte aber unter Bezugnahme auf die Entscheidung 1 Ob 628/77 die Haftung des Subunternehmers, weil sich die Untergebenen und Bediensteten anderer Unternehmen, die beim Bau eingesetzt werden, diesbezüglich auf Auskünfte des Bauführers verlassen könnten. Die Frage, ob deshalb, weil im verbauten Gebiet mit Kabeln gerechnet werden müsse, der Subunternehmer oder sein Bauführer (gemeint offenbar: Baggerführer) verpflichtet gewesen wären, trotz der Auskunft des Baupoliers noch weitere Erkundigungen einzuholen, um die Beschädigung von Kabeln, deren Vorhandensein allenfalls auch dem Bauführer unbekannt sein könnte, müsse nicht geprüft werden. Bei dem beschädigten Kabel habe es sich nämlich nicht um ein im verbauten Gebiet vorhandenes Kabel gehandelt, von dessen Existenz der Bauführer nur bei eingehenden Nachforschungen hätte Kenntnis erlangen können. Vielmehr habe es sich um ein Kabel gehandelt, das erst wegen des vom Bauführer zu errichtenden Bauwerks verlegt worden sei, das der Bauführer gekannt und dessen Lage in den dem Bauführer zur Verfügung stehenden Plänen eingezeichnet gewesen sei. Um die Beschädigung eines solchen Kabels zu vermeiden, habe die Anfrage beim zuständigen Baupolier jedenfalls ausgereicht. In seinem Aufhebungsbeschluss 7 Ob 627/95 (HS 26.408, 26480, 26708) führte der Oberste Gerichtshof aus, der mit den Grabungsarbeiten beauftragte Unternehmer, der verantwortliche Bauleiter, unter Umständen auch der verantwortliche Polier oder eine diesem gleichzustellende Person hätten die Pflicht, vor Grabungsbeginn in verbautem Gebiet sich bei den zuständigen Stellen nach dem Verlauf unterirdischer Einbauten zu erkundigen. Nur die Untergebenen und Bediensteten anderer Unternehmen, die beim Bau eingesetzt werden, könnten sich auf diesbezügliche Auskünfte des Bauführers verlassen. Da aber im zu entscheidenden Fall nicht feststehe, ob die zweitbeklagte Auftraggeberin ein Bauunternehmen sei und die Erstbeklagte, deren Arbeitnehmer mit einem Radlader das Stromkabel beschädigt hatte, als Subunternehmerin eingesetzt habe oder ob die Zweitbeklagte über keine Konzession für ein Bauunternehmen verfügt habe und die erstbeklagte Auftragnehmerin sohin ihre Bauleiterin gewesen sei, könne nicht beurteilt werden, wen die erforderliche Sorgfaltspflicht getroffen habe.
Die zuletzt genannten vier Entscheidungen gehen - wie dargestellt - von der eingangs zitierten Rechtsprechung aus, wonach der ausführende Grabungsunternehmer (auch als Subunternehmer), der im Bereich der ihm übertragenen Arbeiten mit dem Vorhandensein von Versorgungsleitungen rechnen muss, verpflichtet ist, die zur Vermeidung der Beschädigung unterirdischer Einbauten erforderlichen Maßnahmen zu treffen und den mit der Durchführung der Arbeiten beauftragten Personen entsprechende Anweisungen zu erteilen. Wie sich insbesondere aus der Entscheidung 2 Ob 505/89 ergibt, richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, welche Maßnahmen des Grabungsunternehmers genügen, um seiner Pflicht zu entsprechen, sich besonders sorgfältig und gewissenhaft über die Lage von Versorgungsleitungen zu vergewissern.
Dass im vorliegenden Fall nicht nur mit unterirdischen Einbauten der Tankstellenbetreiberin, sondern auch mit Versorgungsleitungen zu rechnen war, ergibt sich schon aus dem - nicht bewiesenen - Vorbringen der Beklagten, wonach ihr die Nebenintervenientin mitgeteilt habe, dass "alle zuständigen Stellen für unterirdische Einbauten aller Art kontaktiert worden seien und die Vergrößerung der Bohrung ohne Beschädigung irgendwelcher Einbauten" möglich sei. Ob sich die Beklagte auf eine solche Auskunft verlassen hätte dürfen, muss nicht geprüft werden, weil die Richtigkeit dieser Behauptung nicht erwiesen wurde. Auch in ihrem Rekurs stellt die Beklagte nicht in Abrede, dass sie mit Versorgungsleitungen rechnen musste. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass zwischen der Beklagten und der Nebenintervenientin vor Beginn der Bohrungsarbeiten nicht einmal erörtert wurde, ob und wie sich die Nebenintervenientin über die Lage von Versorgungsleitungen erkundigt hatte. Die die Beklagte treffenden Sorgfaltspflichten konnten nicht entfallen, wenn die Nebenintervenientin die Bohrungspunkte bezeichnete und an der Stelle, wo der Geräteführer die Telefonleitung beschädigte, schon gebohrt hatte. Diese Umstände allein boten keine ausreichende Gewähr dafür, dass die Nebenintervenientin nicht nur nach Einbauten der Tankstellenbetreiberin, sondern auch nach Fremdleitungen geforscht hatte. Die Möglichkeit von Missverständnissen war nicht ausgeschlossen. Die Vorbohrung gab keinen ausreichenden Grund für die Annahme, dass an dieser Stelle von der Beklagten gefahrlos gebohrt werden konnte, war doch von ihr ein Bohrloch mit einem erheblich größeren Durchmesser herzustellen, sodass mit dem Vorhandensein von Versorgungsleitung im Bereich dieser Bohrung weiterhin gerechnet werden musste. Die gesteigerte Sorgfaltspflicht der Beklagten hätte es daher geboten, dass ihr Geschäftsführer entweder sich selbst in geeigneter Weise vor dem Bohren darüber vergewissert, ob und wie die Nebenintervenientin nach etwaigen Fremdleitungen geforscht hatte, oder zumindest die mit der Durchführung der Arbeiten betrauten Personen - insbesondere den Vorgesetzten des Geräteführers - anweist, diese Erkundigung vorzunehmen. Weder das eine noch das andere wurden behauptet. Schon das Unterlassen solcher Nachforschungen oder Anweisungen an die Beschäftigten stellt ein Verschulden des Geschäftsführers der Beklagten dar, durch das die Verkehrssicherungspflicht gegenüber der klagenden Partei als Eigentümerin der beschädigten Leitung verletzt wurde. Für das deliktische Verhalten ihres Geschäftsführers haftet die Beklagte (§ 26 ABGB; SZ 44/45; SZ 68/14 mwN uva). Ob auch dem Geräteführer ein deliktisches Verhalten vorzuwerfen ist, und die Haftung der Beklagten dafür bedürfen daher keiner Erörterung. Den Rekursen war aus diesen Erwägungen nicht Folge zu geben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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