OGH 12Os81/14z

OGH12Os81/14z25.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinksi als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Breuß als Schriftführerin in der Strafsache gegen Paulius P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 24. April 2014, GZ 13 Hv 19/14b‑82, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00081.14Z.0925.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält, wurde Paulius P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, als auch in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen (§ 128 StGB) als auch von Diebstählen durch Einbruch (§ 129 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannten fremde bewegliche Sachen durch Einbruch in ein Gebäude in einem 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert

I./ weggenommen, und zwar

1./ am 13. Oktober 2013 in N***** Hermann M***** durch Aufbrechen einer Kellertüre dessen Einfamilienhauses diversen Schmuck und Münzen im Gesamtwert von zumindest 5.000 Euro;

2./ am 30. November 2013 in A***** Heinrich und Christine S***** durch Aufbrechen eines Küchenfensters deren Einfamilienhauses diversen Schmuck im Gesamtwert von 9.556 Euro;

3./ am 2. Dezember 2013 in A***** Monika R***** durch Aufbrechen einer Eingangstüre deren Einfamilienhauses Bargeld, Schmuck und Lebensmittel im Gesamtwert von 999 Euro;

4./ am 2. Dezember 2013 in A***** Erich und Renate K***** durch Aufbrechen einer Kellertüre deren Einfamilienhauses diversen Schmuck im Gesamtwert von 2.270 Euro;

II./ werthaltige Sachen wegzunehmen versucht, und zwar

1./ am 13. Oktober 2013 in N***** Ferdinand Z***** durch Aufbrechen einer Eingangstüre sowie eines Kellerfensters dessen Einfamilienhauses;

2./ am 2. Dezember 2013 in A***** Karl G***** durch Aufbrechen eines Fensters dessen Einfamilienhauses;

3./ am 2. Dezember 2013 in N***** N. P***** durch Aufbrechen der Eingangstüre dessen Einfamilienhauses.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus Z 3 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Nichtig nach der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO ist ein Urteil nur dann, wenn in der Hauptverhandlung eine Vorschrift verletzt oder vernachlässigt wurde, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt. Neben einigen hier nicht relevanten Vorschriften in Nebengesetzen, welche nach Inkrafttreten der Strafprozessordnung erlassen worden waren, kommen nur die in der Z 3 taxativ angeführten Bestimmungen der Strafprozessordnung zum Tragen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 193).

Wenn die Rüge vorbringt, der Angeklagte sei zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung ‑ wie er nunmehr angebe - depressiv gewesen und unter Medikamenteneinfluss gestanden und damit nicht bzw nur eingeschränkt verhandlungsfähig gewesen, was sich schon an seinen Aussagen zeige, bringt er damit keinen Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 281 Abs 1 Z 3 StPO zur Darstellung (14 Os 137/05; aA SSt 46/74, 9 Os 30/79, offenbar auch 14 Os 131/04). Vielmehr wäre es ihm und seinem Verteidiger oblegen, entsprechende Anträge in der Hauptverhandlung zu stellen und sich so den Nichtigkeitsgrund der Z 4 leg cit zu sichern. Dass sie an dieser Antragstellung gehindert waren, wird nicht behauptet.

Die vom Beschwerdeführer begehrte analoge Anwendung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ist nach ständiger Judikatur nicht zulässig (RIS‑Justiz RS0099088, RS0099118) und auch mit Blick auf die von ihm angeführten Bestimmungen (§ 6 StPO, § 6 ZPO und Art 6 EMRK) schon deshalb nicht indiziert, weil das rechtliche Gehör insoweit durch ein entsprechendes, mit Nichtigkeit bewehrtes Antragsrecht abgesichert ist.

Im Übrigen wurde der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 24. April 2014 eingehend vernommen, er hat sich zu den Vorwürfen ausführlich geäußert und lediglich in seinem Schlusswort, ersichtlich jedoch auf seine Delinquenz und seine Lebensführung im Allgemeinen bezogen, geäußert, er habe seinen Verstand verloren (ON 81 S 12). Gegen die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestehen nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls somit keine Bedenken. Auch der Verteidiger sah sich demgemäß nicht veranlasst, eine entsprechende ärztliche Untersuchung des Angeklagten und/oder eine Vertagung zu beantragen.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810). Der Beschwerdeführer muss von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarstellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§ 259, § 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 584).

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) ausreichende Feststellungen zur beabsichtigten Dauer der Einbruchstätigkeit vermisst und sich damit gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung wendet, lässt sie außer Acht, dass das Erstgericht davon ausging, der Angeklagte habe bereits vor seiner Einreise nach Österreich im Oktober 2013 den Entschluss gefasst, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen und von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 5), und dass er in der Folge ‑ getragen von eben dieser Absicht (US 8) ‑ in der Zeit von 13. Oktober bis 2. Dezember 2013, unterbrochen durch einen Auslandsaufenthalt zwecks Verwertung erbeuteten Diebsguts (US 6), die ihm angelasteten, mit professionellem Einbruchswerkzeug (US 5) verübten sieben Einbruchsdiebstähle beging (US 6 bis 8). Damit wird sie den oben angeführten Erfordernissen nicht gerecht.

Im Übrigen reicht es aus, dass der Täter seine strafbaren Handlungen über einen Zeitraum von „zumindest einigen Wochen“ mit gewerbsmäßiger Tendenz zu wiederholen beabsichtigt (RIS‑Justiz RS0107402; Jerabek in WK² § 70 Rz 7).

Dass es für die Beurteilung gewerbsmäßigen Handelns von Relevanz sein sollte, dass der Beschwerdeführer das Beutegut gegen Drogen eingetauscht und zur Bezahlung von Schulden verwendet habe, wird bloß begründungslos behauptet, nicht jedoch ‑ wie geboten (vgl RIS‑Justiz RS0116569, RS0116565) ‑ methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (siehe demgegenüber Jerabek in WK² § 70 Rz 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte