OGH 6Ob108/13w

OGH6Ob108/13w28.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P*****, vertreten durch DDr. Hans René Laurer, Rechtsanwalt in Wien, 2. C*****, vertreten durch Laurer & Arlamovsky Rechtsanwalts Partnerschaft GmbH in Wien, 3. B*****, vertreten durch Mag. Michael Scheibner, Rechtsanwalt in Wien, 4. G*****, vertreten durch Mag. Petra Cernochova, Rechtsanwältin in Wien, 5. M*****, vertreten durch Dr. Markus Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, 6. V*****, vertreten durch Dr. Matthias Preuschl, Rechtsanwalt in Wien, 7. „W***** *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, 8. Dr. Wolfgang K*****, vertreten durch Lanker Obergantschnig Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, 9. Mag. G***** S*****, vertreten durch Dr. Norbert Wess, Rechtsanwalt in Wien, 10. J***** K*****, vertreten durch Mag. Martin Stärker, Rechtsanwalt in Wien, 11. Mag. H***** G*****, vertreten durch PHH Prochaska Heine Havranek Rechtsanwälte OG in Wien, 12. Dr. G***** K*****, vertreten durch Dr. Michael Rohregger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 37.000.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert 11.000.000 EUR; Gesamtstreitwert 48.000.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 25.623.233,12 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2013, GZ 1 R 238/12w‑168, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 22. August 2012, GZ 47 Cg 103/11s‑152, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00108.13W.0828.000

 

Spruch:

 

 

I. Das gegen den Achtbeklagten geführte Verfahren ist unterbrochen.

II. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, jeder beklagten Partei mit Ausnahme der achtbeklagten Partei die mit je 36.945,36 EUR (darin enthalten je 6.157,56 EUR USt) bestimmten Kosten der jeweiligen Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

Zu I. Über das Vermögen des Achtbeklagten wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 21. Juli 2014, AZ *****, das Schuldensregulierungs-verfahren eröffnet, dem Schuldner die Eigenverwaltung entzogen und Dr. Stefan Riel zum Masseverwalter bestellt. Gemäß § 7 Abs 1 iVm § 181 IO ist damit das gegen den Achtbeklagten geführte Verfahren unterbrochen.

Zu II. Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, ist eine Bank. Sie begehrt von den zwölf Beklagten die Zahlung von insgesamt 37.000.000 EUR sA zur ungeteilten Hand. Dieses Begehren besteht aus 17.248.757,80 EUR sA an Schadenersatz für „Dividendenschäden“ und aus 19.751.242,20 EUR sA für Schäden aus Kreditausfällen. Weiters begehrt die Klägerin die Feststellung der solidarischen Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden, die der Klägerin künftig aufgrund der im Jahr 2004 bei einer im Konzern mit der Klägerin verbundenen Aktiengesellschaft erfolgten Kapitalerhöhung um 100.000.000 EUR und der damit im Zusammenhang stehenden Ausgabe und dem Verkauf von 100.000 Stück Vorzugsaktien zu je 1.000 EUR entstehen werden. Hilfsweise stellt die Klägerin verschiedene Eventualbegehren.

Die Klägerin brachte vor, sie sei das übergeordnete Kreditinstitut des Konzerns H*****. Dieser Konzern bilde eine Kreditinstitutsgruppe, deren Jahresabschlüsse auf Konzernebene zu konsolidieren seien. Im Jahr 2004 sei bei einer Konzerngesellschafteine überwiegend konzernintern finanzierte Kapitalerhöhung um 100.000.000 EUR durchgeführt worden, obwohl die Konzerngesellschaft diese Mittel gar nicht benötigt habe. Das Motiv sei nämlich gewesen, in den konsolidierten Jahresabschlüssen entgegen den Vorschriften des BWG Eigenmittel auszuweisen, um damit eine BWG‑konforme Mindesteigenmittelquote darstellen und auf dieser Grundlage bei der Klägerin eine Geschäftsausweitung vornehmen zu können, obwohl diese Eigenmittel aus der Kapitalerhöhung in Wahrheit wirtschaftlich gar nicht verfügbar gewesen seien. Durch diese Vorgangsweise sei ‑ ausgehend von einer tatsächlich nicht vorhandenen Kapitalausstattung ‑ das Kreditvolumen der Klägerin um 1.490.000.000 EUR erweitert worden. Die Klägerin habe (Kredit‑)Geschäfte gemacht, die sie bei einer gesetzmäßigen Darstellung der Eigenmittel nicht hätte abschließen dürfen, weil die Eigenmittelvorschriften sie nicht zugelassen hätten. Aus diesen Geschäften habe die Klägerin sodann erhebliche Kreditausfälle erlitten.

Im Zuge der erwähnten Kapitalerhöhung seien stimmrechtslose Vorzugsaktien an die Erst- bis Siebentbeklagte veräußert worden. Der Ankauf dieser Vorzugsaktien sei überwiegend aus Konzernmitteln finanziert worden. Den Erst‑ bis Siebentbeklagten sei als Vorzugsaktionären eine garantierte Dividende von jährlich 6,25 % des eingesetzten Kapitals zugesagt und bezahlt worden. Wären die Kapitalerhöhung und die Veräußerung der Vorzugsaktien unterblieben, wären keine Vorzugsdividenden von 17.248.757,80 EUR an die Erst- bis Siebentbeklagten ausgeschüttet worden. Den Erst- bis Siebentbeklagten sei bewusst gewesen, dass das Kreditvolumen der Klägerin aufgrund der falsch ausgewiesenen Eigenmittel ausgeweitet werden und es dadurch bei der Klägerin zu Kreditausfällen kommen werde. Die Kreditausfälle hätten sie in Kauf genommen.

Die Acht‑ bis Zehntbeklagten hafteten als ehemalige Vorstandsmitglieder der Klägerin für die Verletzung der sie gemäß § 84 AktG und § 39 BWG treffenden Sorgfaltspflichten.

Die Elft‑ und Zwölftbeklagten hätten die Gesamtkonstruktion entwickelt und die Acht‑ bis Zehntbeklagten zu deren Umsetzung angestiftet, weshalb sie nach § 100 AktG für die Anstiftung hafteten. Sie hätten im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung und der Ausgabe der Vorzugsaktien auch entgeltlich beraten, weshalb sie überdies als Berater nach § 1299 ABGB hafteten.

Bei den eingeklagten Schäden aus Kreditausfällen (19.751.242,20 EUR) handle es sich um einen Teil von Forderungsausfällen im Gesamtbetrag von 59.883.757,33 EUR, in eventu um einen Teilbetrag von als uneinbringlich feststehenden Forderungen von insgesamt 71.035.685,06 EUR, in eventu um einen Teilbetrag von aufgrund der unzulässigen Darstellung der Eigenmittel im Gesamtausmaß von 517.024.758,53 EUR notwendig gewordenen Wertberichtigungen. Aufgrund der Ausweitung der ausgewiesenen Eigenmittel habe die Klägerin von Juli 2004 bis Dezember 2006 Kredite vergeben, von denen bislang eine Gesamtforderung der Klägerin von 59.883.757,33 EUR vollständig bilanziell ausgebucht (abgeschrieben) habe werden müssen.

Die Beklagten wendeten zu den Schäden aus Kreditausfällen im Wesentlichen ein, die Klage sei unschlüssig. Die Klägerin habe das Zahlungsbegehren nicht schlüssig abgeleitet und den Grundsatz der konkreten Schadensberechnung mittels einer Differenzrechnung über ihr Vermögen mit und ohne das schädigende Ereignis missachtet. Es fehle ein Vorbringen, welche konkreten Kredite der konkreten Kapitalerhöhung bei der Konzerngesellschaft zuzuordnen seien. Nur die Ausfälle solcher Kredite wären durch die Kapitalerhöhung kausal verursacht. Die Schadensberechnung sei unschlüssig. Die Mittelgewährung durch die Vorzugsaktionäre sei weder rechtswidrig noch schuldhaft erfolgt. Insgesamt hätten sich ‑ zumindest vor der Finanzkrise 2008 ‑ aus den Kreditausweitungen als Folge der Kapitalerhöhung sogar Gewinne ergeben.

Durch die §§ 22 ff BWG solle nicht das Kreditinstitut selbst vor allfälligen Verlusten geschützt, sondern solle der Kapitalmarkt als solcher stabilisiert werden. Der Schaden der Klägerin aus Kreditausfällen stehe daher in keinem Rechtswidrigkeitszusammenhang zu den übertretenen gesetzlichen Vorschriften. Die §§ 22 ff BWG seien kein Schutzgesetz zugunsten der Klägerin. Es handle sich bloß um bankenaufsichtsrechtliche Ordnungsnormen, die einen internen Kontrollmechanismus von Kreditinstituten gewährleisten sollten.

Das Erstgericht sprach mit Teilurteil nur über die geltend gemachten Schäden aus Kreditausfällen (19.751.242,20 EUR sA) und die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungs‑ und Eventualbegehren ab und wies dieses Klagebegehren ohne vorheriges Beweisverfahren ab. Die Klage zu den Schäden aus Kreditausfällen sei unschlüssig, weil die Klägerin ihren Schaden nicht hinreichend bestimmt dargestellt habe. Sie hätte einen Vergleich der tatsächlich bestehenden Situation mit der bei Hinwegdenken der unzulässigen Ausweitung von Eigenmitteln hypothetisch bestehenden Situation darzulegen gehabt. Es sei nicht zulässig, dem Schadenersatzanspruch lediglich einzelne Kredite zugrunde zu legen, bei denen die Klägerin einen Verlust erlitten habe, weil nicht auszuschließen sei, dass sich bei einer Betrachtung des gesamten auf die zusätzlichen Eigenmittel entfallenden Kreditportfolios letztlich ein Gewinn ergebe. Der Gesetzeszweck der §§ 22 ff BWG sei bloß eine Stärkung des Finanzmarkts. Es solle sichergestellt werden, dass der Kapitalmarkt stabilisiert werde und funktioniere. Hingegen solle das Kreditinstitut nicht selbst vor Verlusten geschützt werden. Bloße Wertberichtigungen seien rein bilanzielle Maßnahmen, aus denen noch kein Schaden abgeleitet werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Teilurteil. Es verneinte die geltend gemachte Nichtigkeit und einen relevierten Verfahrensmangel des erstinstanzlichen Verfahrens wegen mangelhafter Erörterung der Schlüssigkeit des Klagebegehrens und führte in rechtlicher Hinsicht Folgendes aus:

1. Zum Schutzzweck der §§ 22 ff BWG:

Aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens sei nur für jene Schäden zu haften, die die übertretene Verhaltensnorm gerade verhindern sollte („Rechtswidrigkeitszusammenhang“). Entscheidend sei dabei der Normzweck, der durch teleologische Auslegung zu ermitteln sei. Im Allgemeinen genüge es, dass die übertretene Norm zumindest „auch“ vor dem eingetretenen Schaden schützen solle. Die Verhinderung des konkreten Schadens müsse daher zumindest mitbezweckt, dürfe also nicht nur Neben- oder Reflexwirkung der Norm sein.

Den §§ 22 ff BWG liege die Richtlinie 2000/12/EG vom 20. März 2000 zugrunde, die mit der Richtlinie 2006/48/EG vom 14. Juni 2006 neu gefasst worden sei. In den Erwägungsgründen dieser Richtlinie, insbesondere in den Erwägungsgründen 5, 6, 9 und 57, kämen als deren Zwecke lediglich der Schutz der „Sparer“ (Erwägungsgrund 5) als „Publikum“, das rückzahlbare Gelder einem Kreditinstitut übergebe (Erwägungsgründe 6, 9 und 57), weiters die Schaffung gleicher Bedingungen für den Wettbewerb unter diesen Kreditinstituten (Erwägungsgrund 5) und die Sicherung der Stabilität des Finanzsystems (Erwägungsgrund 57) zum Ausdruck. Nach Erwägungsgrund 12 der EU-Richtlinie 2006/49/EG sei es zweckmäßig, gemeinsame Basisstandards für Eigenmittel festzulegen, um das Finanzsystem der Gemeinschaft zu stärken und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Nach in der Literatur vertretener Ansicht stelle § 22 Abs 1 BWG die zentrale Ordnungsnorm des Bankaufsichtsrechts dar (Blume in Dellinger, BWG § 22 Rz 1). Mit § 22 Abs 1 BWG werde das Mindesterfordernis an Eigenmitteln, die Kreditinstitute als Deckungsmasse zur Absicherung gegen bestimmte bankbetriebliche und bankgeschäftliche Risiken halten müssen, normiert. Demnach hätten Kreditinstitute jederzeit über anrechenbare Eigenmittel zumindest in der Höhe der Summe, die sich aus den Anforderungen der Z 1 bis 5 ergebe, zu verfügen. Die in § 22 Abs 1 BWG aufgelisteten Mindesteigenmittelerfordernisse würden addiert, die Summe stelle das Gesamteigenmittelerfordernis eines Kreditinstituts bzw einer Kreditinstitutsgruppe dar. § 22 BWG komme überdies die Funktion einer Geschäftsbegrenzung zu: Die Höhe der anrechenbaren Eigenmittel determiniere das potenzielle Geschäftsvolumen (Blume aaO § 22 Rz 1). § 23 BWG sei eine Hilfsnorm zu § 22 BWG, die konkretisiere, welche Passiva und sonstigen Instrumente in welcher Weise als „Eigenmittel“ angerechnet werden könnten (Blume aaO § 23 Rz 1).

Der Zweck dieser Vorschriften gehe dahin, dass den Banken eine bestimmte Eigenmittelausstattung vorgeschrieben werde, damit sie das mit bestimmten Geschäften verbundene Risiko gegebenenfalls tragen könnten. Dabei gehe es aber um die unerwarteten Risiken, denn erwartbare Risiken seien schon in die jeweilige Preisgestaltung (zB ermittelte Ausfallswahrscheinlichkeiten in die Kreditzinsen) einzukalkulieren. Die Eigenmittel hätten also die Funktion eines Risikopuffers, der es unwahrscheinlicher machen solle, dass bei Verwirklichung eines Risikos Gläubiger des Kreditinstituts einen Ausfall erleiden (Dellinger/Burger/Puhm in Dellinger, BWG § 23 Rz 2).

In der Entscheidung 6 Ob 287/00z habe der Oberste Gerichtshof zum Zweck der in § 27 BWG geregelten Großveranlagungsgrenzen, die mit den Eigenmittelvorschriften der §§ 22 ff BWG durchaus vergleichbar seien, ausgesprochen, dass durch die Sicherung der Liquidität der Banken und die Risikobegrenzung bei der Kreditvergabe ein funktionierendes Bankwesen mit ausreichendem Gläubigerschutz gewährleistet werden solle, und dass diesem Zweck die im Gesetz (BWG) selbst vorgesehenen Sanktionen dienten.

Aus all diesen Grundsätzen und Erwägungen sei im Ergebnis der Schluss zu ziehen, dass die Eigenmittelvorschriften der §§ 22 ff BWG eben nur auf den Gläubigerschutz und auf die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen abzielten, wovon der Gläubigerschutz aber im Vordergrund stehe.

Es lasse sich weder aus den Bestimmungen des BWG selbst noch aus den ihnen zugrunde liegenden Richtlinien oder aus den Gesetzesmaterialien ableiten, dass § 22 BWG auch nur mitbezweckte, den Bankunternehmer (das Kreditinstitut) selbst vor einem Vermögensschaden infolge einer von ihm vorgenommenen Risikoausweitung durch Kreditvergaben zu schützen.

Der behauptete Schaden der Klägerin durch von ihr erlittene Kreditausfälle stehe daher nicht im personellen Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der angeblich übertretenen Vorschrift des § 22 BWG. Ein Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen einer von den Beklagten veranlassten bzw begangenen Übertretung dieser Rechtsnorm scheide folglich schon dem Grunde nach aus.

2. § 39 BWG und § 84 AktG als Anspruchsgrundlage:

Soweit die Klägerin als Anspruchsgrundlage für ihren durch Kreditausfälle erlittenen Schaden § 39 BWG und § 84 AktG ins Treffen führe, sei ihr der mangelnde Schutzgesetzcharakter des § 39 BWG (Oppitz in BWG [2011] § 39 Rz 4 mwN) entgegenzuhalten: § 39 Abs 1 BWG umschreibe lediglich den Sorgfaltsmaßstab, den Geschäftsleiter eines Kreditinstituts bei ihrer Geschäftsführung anzuwenden hätten, begründe aber keine besonderen Pflichten. Für die Haftung des Geschäftsleiters gegenüber der Gesellschaft ‑ also dem Kreditinstitut ‑ selbst sei § 84 Abs 2 AktG die Anspruchsgrundlage (Oppitz aaO). Danach seien Vorstandsmitglieder, die ihre Obliegenheiten verletzten, der Aktiengesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Ersatz sei dabei allerdings nur für solche Schäden zu leisten, die durch ein objektiv pflichtwidriges (= rechtswidriges) Verhalten entstanden seien, wobei die verletzte Verhaltensvorschrift den Schadenseintritt bei der Aktiengesellschaft verhindern solle (Ch. Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 84 Rz 25). Eine Haftung gegenüber der Aktiengesellschaft nach § 84 Abs 2 AktG bestehe also nur dann, wenn die Aktiengesellschaft vom (personellen) Schutzzweck der übertretenen Norm erfasst sei.

Mangels eines für die Klägerin geltenden Schutzzwecks des § 22 BWG scheide daher auch eine Haftung der Beklagten nach § 84 Abs 2 AktG schon grundsätzlich aus.

§ 84 Abs 1 AktG lege genauso wie § 39 Abs 1 BWG (der auf § 84 Abs 1 AktG verweise) bloß einen erhöhten objektiven Sorgfaltsmaßstab fest, ohne aber selbst ein Schutzgesetz zu sein (RIS‑Justiz RS0116167).

3. § 1299 ABGB als Anspruchsgrundlage:

Dasselbe gelte für § 1299 ABGB, den die Klägerin als Anspruchsgrundlage für aus einer Vertragsverletzung resultierende Schadenersatzansprüche gegenüber den Elft‑ und Zwölftbeklagten ansehe: § 1299 ABGB begründe keine eigenständigen Pflichten, sondern hebe nur den Verschuldensmaßstab an, sei aber für sich kein Schutzgesetz. Die Pflicht selbst beruhe auf einem Vertrag oder unmittelbar auf dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0107870). Die Klägerin stelle auch nicht dar, inwiefern die Elft‑ und Zwölftbeklagten sie entgegen einem ihnen konkret erteilten Beratungsauftrag falsch beraten haben sollten.

4. Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen sittenwidriger Schädigung:

Die Klägerin sehe einen Schadenersatzanspruch wegen sittenwidriger Schädigung darin verwirklicht, dass zwischen allen Beklagten Einvernehmen über die entgegen § 22 BWG unrichtige Eigenmitteldarstellung bestanden habe. Auch dieser Vorwurf beziehe sich im Ergebnis auf eine Verletzung des § 22 BWG, der gegenüber der Klägerin aber ‑ wie ausgeführt ‑ schon grundsätzlich keinen Schutzzweck entfalte.

Der für eine sittenwidrige Schädigung nach § 1295 Abs 2 ABGB erforderliche Schädigungsvorsatz sei allerdings ohnehin bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ausgeschlossen, wonach es das Ziel der Vortäuschung von Eigenmitteln gewesen sei, das Geschäfts‑(Kredit‑)Volumen der Klägerin zu erhöhen. Aus dieser Behauptung ergebe sich nämlich zwingend, dass das primäre Ziel eine Gewinnerzielung der Klägerin ‑ durch mehr Kreditvergaben ‑ gewesen sei, und dabei (teilweise) Kreditausfälle bloß als ein jedem Kreditgeschäft innewohnendes übliches Risiko eben mit in Kauf genommen worden seien. Ein zielgerichteter Schädigungswille könne aus dieser Sachlage nicht abgeleitet werden.

5. Haftung nach § 100 AktG:

Da die Klägerin hier bloß Rechtsgrundsätze wiedergebe, ohne darzustellen, inwiefern sich anhand der von der Klägerin behaupteten Tatsachen eine konkrete Haftung der einzelnen Beklagten nach § 100 AktG rechtlich ableiten ließe, mangle es der Rechtsrüge hier an einer ordnungsgemäßen Darstellung.

6. Der Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen Kreditausfällen bestehe schon dem Grunde nach nicht zu Recht, weshalb eine Prüfung der Höhe unterbleiben könne.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu bestehe, ob der Schutzzweck des § 22 BWG Vermögensschäden eines Kreditinstituts umfasse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Folgendes wurde erwogen:

1. Der Oberste Gerichtshof hält die Begründung des angefochtenen Urteils für zutreffend, und verweist die Revisionswerberin darauf (§ 510 Abs 3 ZPO). Dagegen sind die Revisionsausführungen nicht stichhaltig. Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

2. Unschlüssigkeit des Klagebegehrens

2.1. Die Beklagten haben schon in ihren Klagebeantwortungen auf die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens hingewiesen. Sie haben auch vorgebracht, die Zinsgewinne aus den nicht notleidend gewordenen Krediten seien als Vorteil schadensmindernd zu berücksichtigen, insgesamt habe sich aus der Kreditausweitung ein Gewinn ergeben.

Der Erstrichter hat in der Verhandlung vom 31. Jänner 2012 (ON 85) den Klagevertreter aufgefordert, das Klagevorbringen zu konkretisieren und der klagenden Partei die Erstattung eines Schriftsatzes binnen sechs Wochen ab Zustellung des Verhandlungsprotokolls aufgetragen.

Die klagende Partei hat sodann am 4. Mai 2012 einen mehr als 200 Seiten starken vorbereitenden Schriftsatz (ON 92) erstattet, in dem auf den Seiten 113 bis 183 mehrere notleidend gewordene Kredite dargestellt werden. Summiert man aus diesen Krediten die ausgezahlten Kreditvaluten, kommt man auf eine Summe von etwas unter 320.000.000 EUR. (Die genaue Summe lässt sich nicht angeben, weil zwei Kredite in Schweizer Franken [CHF] gewährt wurden.)

In der Verhandlung vom 3. Juli 2012 (ON 132) wies der Erstrichter auf die seiner Ansicht nach noch immer bestehende Unschlüssigkeit des auf die „Schäden aus Kreditausfällen“ gegründeten Klagebegehrens hin und führte aus, es sei der Klägerin nicht gelungen, die „Schäden aus Kreditausfällen“ substanziiert darzulegen, und zwar durch eine Minderung am Vermögen der Klägerin, die sich durch einen Vergleich der realen Situation einerseits mit der hypothetisch bestehenden Situation bei Hinwegdenken der klagsseitig als unzulässig angesehenen Ausweitung von Eigenmittel ergebe. Der Klagevertreter brachte dazu nur vor, dem positiven Schaden von 59.883.757,33 EUR (Forderungsausfälle) stünden keine Vorteile gegenüber.

2.2. Die Beurteilung des Erstgerichts, das Klagsvorbringen zu den Schäden aus Kreditausfällen sei unschlüssig, ist zutreffend:

2.2.1. Ein wesentlicher Teil des Ertrags einer Bank wird aus den Zinsen für gewährte Kredite erzielt. Nach dem Vorbringen der Klägerin selbst beträgt ihr durch die Kapitalerhöhung der Konzerngesellschaft im Jahr 2004 bedingtes vermehrtes Kreditvolumen 1.490.000.000 EUR. Zieht man davon die ca 320.000.000 EUR (ca 21,5 % des gesamten vermehrten Kreditvolumens) an notleidend gewordenen Krediten ab, verbleiben noch rund 1.170.000.000 EUR (ca 78,5 % des gesamten vermehrten Kreditvolumens) an wegen der Kapitalerhöhung vermehrt ausgezahlten Kreditsummen. Dass diese Kredite bzw die daraus erlösten Zinsen überhaupt keinen Vorteil für die Klägerin dargestellt haben bzw überhaupt keinen Einfluss auf das Geschäftsergebnis der Klägerin gehabt haben, hat die Klägerin nicht konkret dargelegt.

2.2.2. Soweit die Klägerin in erster Instanz unter Berufung auf § 1191 ABGB behauptet hat (ON 29, 73; ON 92, 195), Vorteile aus anderen, nicht ausgefallenen Kreditgeschäften dürften nicht auf den Schaden der Klägerin angerechnet werden, hat sie dieses Vorbringen in der Revision nicht aufrechterhalten. Darüber hinaus wäre dem zu entgegnen, dass § 1191 ABGB eine Norm zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, die für den vorliegenden Fall, der keinen ersichtlichen Bezug zu Rechtsfragen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufweist, irrelevant ist. Dass Schaden und Vorteil nicht aus demselben Ereignis entsprungen sind, schließt nach ständiger Rechtsprechung entgegen der Ansicht der Revisionswerberin die Vorteilsausgleichung nicht aus, weil es genügt, wenn beide im selben Tatsachenkomplex wurzeln (RIS‑Justiz RS0022824).

2.2.3. Die Klägerin macht einen einheitlichen Gesamtschaden geltend, sodass auch im Rahmen der Schadensberechnung das durch die unrichtig dargestellten Eigenmittel zusätzlich getätigte Kreditgeschäft der Klägerin als Gesamtes zu betrachten ist. Durch die angeblich schädigenden Ausweitungen der Kreditvergabe sind damit Vor- und Nachteile am selben Schutzobjekt („beschädigten Gut“) entstanden. Es wäre sachfremd, genau jenen Vorteil, den das rechtswidrige Verhalten bewirken sollte, hier nicht als Vorteil anzurechnen (vgl 8 Ob 6/10f).

2.2.4. Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung trifft zwar die Behauptungslast für die Vorteilsausgleichung den Schädiger, der konkret die Umstände zu behaupten hat, die einen Vorteilsausgleich rechtfertigen (RIS‑Justiz RS0036710). Das Institut der Vorteilsausgleichung ist materiellrechtlich betrachtet ein Problem der Schadensberechnung. Für die Beurteilung der Behauptungslast im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob man die Anrechnung der erzielten Gewinne hier als „reine“ Schadensberechnung und damit als rechtsbegründende Tatsache oder als rechtsvernichtenden Einwand der Vorteilsausgleichung ansieht. Hier liegt insofern ein untypischer Fall der Vorteilsausgleichung vor, als es nicht um die Zuwendungen Dritter geht, die aus Anlass des entstandenen Schadens geleistet werden. Es handelt sich vielmehr um Vorteile, die unmittelbar aus dem behaupteten schädigenden Verhalten entstanden sind. Auch aus dem Vorbringen der Klägerin und der prozentuellen Berechnung des Schadens ergibt sich, dass sie die aus dem Zusatzgeschäft entstandenen Forderungsausfälle als Gesamtschaden behandelt haben will. Daher ist hier das Vorbringen zu den entstandenen Vorteilen zu den rechtsbegründenden Tatsachen zu zählen, die bereits im Stadium der „reinen“ Schadensberechnung zu berücksichtigen sind und daher nach allgemeinen Grundsätzen vom Geschädigten, hier also von der Klägerin, zu behaupten gewesen wären.

2.2.5. Für diese Behauptungslast (und Beweislast) spricht weiters, dass den Beklagten mangels Kenntnis der internen Vorgänge bei der Klägerin und mangels Einsichtsmöglichkeit in deren überdies vom Bankgeheimnis geschützte Unterlagen ein schlüssiges, ziffernmäßiges Vorbringen zu den von der Klägerin durch die zusätzlichen Kreditvergaben lukrierten Gewinnen unmöglich ist. Hingegen stehen der Klägerin die entsprechenden Kenntnisse zur Verfügung, sodass ihr die entsprechende Behauptung und Beweisführung ohne weiters zugemutet werden kann. Damit liegen nach der Rechtsprechung von der Nähe zum Beweis auch die Voraussetzungen für eine Umkehr der Behauptungs- und Beweislast vor (RIS‑Justiz RS0013491 [T1]; RS0006261 [T10]; RS0040182).

2.2.6. Die Revisionswerberin verweist darauf, sie habe in erster Instanz eine konkrete Schadensbehauptung aufgestellt. Die diesbezüglichen Ausführungen in erster Instanz lassen sich dahin zusammenfassen, 21,18 % des Neugeschäfts zwischen Juli 2004 und Dezember 2006 seien auf die rechtswidrige Kapitalerhöhung zurückzuführen. Die Ausfallsrate für in diesem Zeitraum abgeschlossene und auch (also nicht nur) auf die fehlerhafte Eigenmittelbasis zurückzuführende Geschäfte betrage 28,2 %. Die Ausfallsrate des Neugeschäfts im Vergleichszeitraum 2002 bis 2003 sei bei 14,6 % gelegen, somit habe sich die Ausfallsrate um 13,6 Prozentpunkte oder 93 % erhöht. Auf Basis der Darstellung des „Kreditexposures“ und der Ausfallsraten ergebe sich ein Wertberichtigungsbedarf auf den Konten der Klägerin, die zwischen Juli 2004 und Dezember 2006 gegründet worden seien, per 31. 3. 2012 bei rund 517.000.000 EUR; dieser Betrag sei der der Klägerin aufgrund der rechtswidrigen Eigenmittelausweitung entstandene Schaden.

Wie schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, gilt im österreichischen Recht der Grundsatz der konkreten Schadensberechnung (vgl dazu auch Harrer in Schwimann, ABGB3 [2006], Vor §§ 1293 ff Rz 21 ‑ 23; G. Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 [2013], § 1293 Rz 21 ‑ 24). Danach sind alle Auswirkungen im Vermögen des Geschädigten festzustellen, sodass auch die tatsächliche Entwicklung des gesamten Vermögens nach dem schädigenden Ereignis und die vermutliche Entwicklung ohne dieses in die Betrachtung einzubeziehen sind. Das subjektiv-konkrete Interesse wird berechnet, indem die tatsächliche Entwicklung des Vermögens jener, wie sie ohne das schädigende Ereignis eingetreten wäre, gegenübergestellt wird (vgl nur RIS‑Justiz RS0030138 [T2, T3]).

Die oben dargestellten Ausführungen der Klägerin mit prozentuellen Berechnungen und einem sich daraus ergebenden Wertberichtigungsbedarf können einen konkret berechneten Schaden nicht darstellen. Auch unter Zugrundelegung der Berechnungen der Klägerin ist es noch immer möglich, dass die Zinsgewinne aus den wegen der Kapitalerhöhung 2004 vermehrt gewährten Krediten die deswegen vermehrten Kreditausfälle in absoluten Zahlen übersteigen und so kein Schaden eingetreten ist.

2.2.7. Im Übrigen teilt der erkennende Senat die Ansicht des Erstgerichts, dass Wertberichtigungen per se keinen Schaden darstellen, sondern eine bilanzielle Maßnahme als Reaktion auf eine bereits eingetretene Wertminderung (die für sich freilich einen Schaden bedeuten kann) eines in der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerts darstellt.

2.3. Zusammengefasst können daher die Revisionsausführungen die erstgerichtliche Beurteilung, das Klagebegehren betreffend Schäden aus Kreditausfällen sei unschlüssig, nicht erschüttern.

3. In Erwiderung auf die Rechtsrüge der Revisionswerberin ist noch Folgendes auszuführen:

3.1. Zum Schutzzweck der §§ 22 ff BWG:

Über die zutreffenden Gründe des Berufungsgerichts hinaus wurde noch erwogen:

Zum Schutzzweck der §§ 22 ff BWG liegt bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Oberstgerichtliche Entscheidungen, die sich mit dem Schutzzweck anderer Vorschriften des BWG beschäftigen, sind folgende:

In 6 Ob 287/00z wird ausgeführt, die Großveranlagungsbestimmungen des KWG und des BWG aF stellten kein Schutzgesetz zugunsten des Kreditnehmers dar, weil das Ziel dieser Bestimmungen darin zu sehen sei, das besondere bankgeschäftliche Risiko einer Großveranlagung jederzeit angemessen zu begrenzen. Durch die Sicherung der Liquidität der Banken und die Risikobegrenzung bei der Kreditvergabe solle ein funktionierendes Bankwesen mit ausreichendem Gläubigerschutz gewährleistet werden.

In 1 Ob 251/05a führte der Oberste Gerichtshof aus, es sei nicht Zweck der Normen über die Bankenaufsicht, Bankunternehmen durch die Ergreifung bestimmter Aufsichtsmaßnahmen vor dem Eintritt eines Vermögensschadens infolge fehlerhafter Geschäftsführung zu schützen. Das gelte auch für die Vermögensinteressen der Mehrheitsaktionäre von Bankunternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betrieben würden.

In 1 Ob 142/06y sprach der Oberste Gerichtshof aus, der Primärzweck des § 69 BWG liege in der Gewährleistung eines funktionsfähigen Bankwesens im volkswirtschaftlichen Interesse. Nur in sekundärer Hinsicht sollten die Normen der Bankenaufsicht auch bestimmte Gläubiger von Banken (Einleger, Sparer) schützen. Vor diesem Hintergrund sowie unter Bedachtnahme auf den allein öffentlichen Interessen gerecht werdenden gemeinschaftsrechtlichen Schutzzweck der Bankenaufsicht könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, der ‑ dem Individualschutz des „einzelnen Einlegers oder Sparers“ dienende ‑ sekundäre Schutzzweck des BWG gehe soweit, dass auch von einem anderen Kreditinstitut bei gewerbsmäßiger Abwicklung von Vertriebsgeschäften eingegangene Risken mitumfasst seien.

In 8 Ob 145/09w führte der Oberste Gerichtshof aus, die den Finanzinstituten durch die §§ 39 ff BWG auferlegten Verhaltenspflichten seien auf die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung bezogen. Eine allgemeine Pflicht zur Verhinderung von Vortaten zur Geldwäscherei könne aus diesen Bestimmungen nicht abgeleitet werden. Auch auf den Schutz einzelner Geschädigter aus solchen Vortaten seien diese daher nicht gerichtet. Nach der konkreten Schutzzweckprüfung komme den §§ 40 und 41 BWG kein spezifischer Individualschutzzweck im Sinn des § 1311 ABGB zu.

Die im Einklang mit der Literatur stehende Ansicht des Berufungsgerichts vom hier nicht vorliegenden Rechtswidrigkeitszusammenhang liegt auf der Linie der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung: Nicht das Kreditinstitut selbst soll vor allfälligen Verlusten geschützt werden; es soll vielmehr sichergestellt werden, dass der Kapitalmarkt stabilisiert wird und funktioniert. Dass sich die diesbezüglichen Bestimmungen im Wege einer bloßen Reflexwirkung auch zugunsten des Kreditinstituts auswirken, ändert nichts daran, dass die §§ 22 ff BWG kein Schutzgesetz zugunsten des Kreditinstituts darstellen.

Soweit die Revisionswerberin Entscheidungen des BGH (zB BGHZ 74, 144; NJW 1973, 1547; NJW‑RR 2006, 1713; NJW‑RR 2010, 1187; NJW 2012, 3177 ua) ins Treffen führt, lässt sich daraus für ihren Rechtsstandpunkt nichts gewinnen, weil dort der Schutzzweckcharakter von Normen des dKWG für Gläubiger, Kunden und Anleger, nicht aber für das Kreditinstitut selbst bejaht wird.

3.2. Die Revisionswerberin bringt erstmals in der Revision vor, die Kreditvergabe sei wirtschaftlich völlig unvertretbar gewesen, weil keine ausreichenden Sicherheiten bestellt worden seien, keine ausreichenden Kontrollmöglichkeiten zugunsten der Klägerin bestanden hätten und die Bonität einzelner Kreditnehmer nicht gesichert gewesen sei.

Dieses Vorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot. Darüber hinaus wird ausgeführt: Es ist durchaus möglich, dass die ehemaligen Vorstandsmitglieder bei der Vergabe einzelner Kredite auf die behauptete Weise sorgfaltswidrig im Sinn des § 84 AktG gehandelt haben und dadurch der Klägerin für allfällige Ausfälle aus einzelnen Kreditgewährungen haftbar sind, weil etwa bei pflichtgemäßem Verhalten der vormaligen Vorstandsmitglieder diese Kreditvergaben unterblieben wären.

Darauf hat aber die Klägerin das Klagebegehren betreffend die Kreditausfälle in erster Instanz nicht gestützt, sondern nur auf die unzulässige Ausweitung des Kreditvolumens aufgrund der Kapitalerhöhung 2004. Das Revisionsvorbringen verstößt insofern gegen das Neuerungsverbot. Überdies fehlte es an einem konkreten Vorbringen, welche Kredite bei sorgfältigem Verhalten der Vorstandsmitglieder nicht vergeben worden wären.

3.3. Die Revisionswerberin stützt sich auch auf die (mittlerweile rechtskräftige: 13 Os 131/12g) Verurteilung des Acht-, Neunt-, Elft- und Zwölfbeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB.

In diesem Strafverfahren wurden die Genannten wegen eines im Jahr 2004 abgeschlossenen Kaufvertrags über 55.000 Vorzugsaktien der Konzerngesellschaft und eines dadurch verursachten Schadens von etwa 5.490.000 EUR bis zur Rückabwicklung des Aktienverkaufs im Mai 2007 aufgrund der Differenz zwischen den Vorzugsdividenden und den Kreditzinsen verurteilt.

Ein der Klägerin zugefügter Schaden wegen des ausgeweiteten Kreditvolumens ist aber nicht Gegenstand dieser Verurteilung; diese ist daher für den hier geltend gemachten Schaden irrelevant.

3.4. Die Revisionswerberin rügt ‑ wie schon in der Berufung ‑ die Nichtanwendung des § 273 ZPO durch das Erstgericht.

Das Berufungsgericht hat sich ‑ ausgehend davon, der Klageanspruch betreffend die Kreditausfälle bestehe schon dem Grunde nach nicht zu Recht ‑ mit dieser Rüge nicht auseinandergesetzt.

Durch § 273 ZPO wird nur die Beweislast erleichtert, nicht aber die Behauptungslast abgenommen. Der Verpflichtung, die zur Ableitung des Begehrens sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach erforderlichen Tatsachen vorzubringen, wird der Beweisführer nicht enthoben (RIS‑Justiz RS0040439; vgl auch RS0040504; RS0040513; RS0040511).

Das Erstgericht hat daher zutreffend das Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit abgewiesen. Zur Sanierung dieses Umstands steht aber § 273 ZPO nicht zur Verfügung, wie sich aus der zitierten Rechtsprechung ergibt.

4. Entscheidungsrelevante Verfahrensmängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor, was keiner Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der ERV-Zuschlag beträgt gemäß § 23a RATG 1,80 EUR.

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